Inhalt

FG München, Urteil v. 29.07.2019 – 7 K 2025/16
Titel:

Steueranrechnung bei peruanischer Kapitalgesellschaft auf inländische Organgesellschaft

Normenketten:
KStG a.F. § 26 Abs. 2, 3
GSW § 42
EStG § 34c
Schlagwort:
Organschaft
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
EFG 2019, 1997
BeckRS 2019, 27238
LSK 2019, 27238

Tenor

1. Die Körperschaftsteuerbescheide 1999 bis 2001, jeweils vom 22. Februar 2008 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2016 werden mit der Maßgabe geändert, dass die bezogenen Gewinnanteile aus der Beteiligung der Organgesellschaft (X GmbH) an der … Peru S.A. II für die Steueranrechnung nach § 26 Abs. 3 KStG a.F. ungekürzt in 1999 mit … DM, in 2000 mit … DM und in 2001 mit … € angesetzt werden. Dem Finanzamt wird aufgegeben, die festzusetzende Körperschaftsteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe zu berechnen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Streitig ist die Höhe der Steueranrechnung bei einer Organträgerin in den Streitjahren 1999 bis 2001 im Zusammenhang mit Gewinnausschüttungen einer peruanischen Kapitalgesellschaft an eine inländische Organgesellschaft.
2
Die Klägerin entstand im Jahr 2003 im Wege der formwechselnden Umwandlung aus der … GmbH (Y GmbH). Unternehmensgegenstand der Y GmbH war der Erwerb und das Halten von Beteiligungen in Deutschland, insbesondere an Unternehmen des … Konzerns, die Verwaltung sowie Leitung von Beteiligungsgesellschaften und ferner die Erbringung von allen mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängenden Dienstleistungen. Das Wirtschaftsjahr der Y GmbH lief vom 1.12. bis 30.11.
3
Die Y GmbH gründete mit notariellem Vertrag vom 13. August 1997 die inländische … GmbH (X GmbH) mit einem Stammkapital von 50.000 DM. Gleichzeitig schloss sie mit der X GmbH einen Gewinnabführungsvertrag. Demzufolge bestand in den Streitjahren 1999 bis 2001 zwischen der Y GmbH (Organträgerin) und der X GmbH (Organgesellschaft) eine Organschaft nach §§ 14 ff. Körperschaftsteuergesetz (KStG). Das Wirtschaftsjahr der X GmbH lief vom 1.11. bis 31.10.
4
Im November 1997 leistete die Y GmbH eine Einlage in die Kapitalrücklage der X GmbH in Höhe von … DM. Diese Einlage war durch ein Darlehen in Höhe von … DM finanziert worden, welches die Y GmbH bei einer Schwestergesellschaft aufgenommen hatte. In der Folgezeit erwarb die X GmbH mit Vertrag vom 20. November 1997 Anteile an den peruanischen Gesellschaften A… S.A. und C… S.A. (99,99%) zum Kaufpreis von … DM. Im Laufe des Novembers 1998 erwarb die X GmbH - nach einer weiteren Kapitaleinlage i.H.v … DM durch die Y GmbH - dann 99,99% der Anteile an der … S.A. (… Peru S.A. I). Weiter wurde die C… S.A. in … S.A. (… Peru S.A. II) umfirmiert. Zum 31.12.1998 wurden die A… S.A. und die … Peru S.A. I auf die … Peru S.A. II verschmolzen (Verschmelzung zur Aufnahme).
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Die X GmbH bezog von der … Peru S.A. II in den Streitjahren Dividenden i.H.v. … DM (1999), … DM (2000) und … € (2001). Diesbezüglich wurde ein Antrag auf Steueranrechnung nach § 26 Abs. 3 KStG a.F. gestellt. Die auf das Darlehen der Y GmbH auf die Finanzierung der Kapitaleinlagen in die X GmbH entfallenden Zinsen betrugen in den Streitjahren … DM (1999), … DM (2000) und … € (2001).
6
Im Rahmen einer Außenprüfung für die Streitjahre (Prüfungsanordnung vom 13. Dezember 2004) wurde die beantragte Steueranrechnung dem Grunde nach anerkannt. Es wurde jedoch die Auffassung vertreten, dass die Darlehenszinsen, die von der Y GmbH zur Finanzierung der Kapitaleinlagen in die X GmbH aufgenommen worden seien, den Gewinnausschüttungen der … Peru S.A. II zuzuordnen seien. Es wurde daher eine Kürzung der Dividendeneinkünfte für die Berechnung der fiktiven Steueranrechnung um die damit in Zusammenhang stehenden Zinsen vorgenommen. … Die Veranlagungsstelle folgte der Auffassung der Außenprüfung und erließ am 22. Februar 2008 Änderungsbescheide für die Streitjahre i.S. Körperschaftsteuer. Dabei wich sie jedoch insoweit von den Feststellungen der Außenprüfung ab, als sie die um die Darlehenszinsen verminderten Dividenden der … Peru S.A. II nicht der Ermittlung einer Steueranrechnung fiktiver ausländischer Steuer zugrunde legte, sondern die von der Außenprüfung für die Steueranrechnung ermittelten Einkünfte vom Jahresüberschuss der Y GmbH abzogen.
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Gegen diese Bescheide legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein (Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2016). Nach Auffassung des Finanzamts sei der Steueranrechnungsbetrag, der bei der Organgesellschaft verursacht werde, bei der Organträgerin zu ermitteln. Ein direkter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Darlehenszinsen und Dividenden sei im Streitfall gegeben. Ein Verstoß gegen Europarecht liege nicht vor. Die Berücksichtigung der Darlehenszinsen sei daher bei der Berechnung der Steueranrechnungsbeträge zu Recht erfolgt.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin und macht geltend, die Berücksichtigung des Zinsaufwands im Rahmen der fiktiven Steueranrechnung nach § 26 Abs. 3 KStG a.F. sei systemwidrig. Ferner bestehe kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Zinsaufwand und den Dividendenerträgen, weil das Darlehen ausschließlich zur Finanzierung der Einlage aufgenommen worden sei. Die Berücksichtigung des Zinsaufwands verstoße im Übrigen gegen die EUrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 1999 bis 2001 vom 22. Februar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2016 dahingehend zu ändern, dass die bezogenen Gewinnanteile aus der Beteiligung der Organgesellschaft (X GmbH) an der … Peru S.A. II für die Steueranrechnung nach § 26 Abs. 3 KStG i.d. in den Streitjahren geltenden Fassung mit … DM für 1999, … DM für 2000 und … € für 2001 angesetzt werden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Das Finanzamt verweist auf die Einspruchsentscheidung und macht geltend, dass für die Höchstbetragsberechnung auf die Verhältnisse des Organträgers abzustellen sei. Es bestehe ein direkter wirtschaftlicher und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Zinszahlungen und den Dividenden. Aufgrund des körperschaftsteuerlichen Organschaftsverhältnisses sei die Eigenständigkeit der X GmbH steuerlich bzw. wirtschaftlich betrachtet untergegangen. Es sei Ziel der Y GmbH gewesen, die Anteile der peruanischen Gesellschaften zu erwerben. Sie habe sich lediglich der X GmbH bedient. Wirtschaftlich betrachtet sei die Y GmbH unmittelbare Eigentümerin der Anteile an den peruanischen Gesellschaften. Insoweit hingen auch die Zinszahlungen mit den ausländischen Dividenden zusammen und seien bei der Anrechnung nach § 26 KStG zu berücksichtigen. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Gesetzeszweck des § 19 Absatz 1 KStG.
II.
12
Die Klage ist begründet.
13
Die Zinszahlungen der Organträgerin (Y GmbH) zur Finanzierung der Einlage in die Organgesellschaft (X GmbH) sind im Rahmen der streitgegenständlichen Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2, 3 i.V.m. § 19 Körperschaftsteuergesetz in der in den Streitjahren anwendbaren Fassung (KStG a.F.) nicht zu berücksichtigen. Allein der Umstand, dass der Erwerb der Anteile an der … Peru S.A. II durch die X GmbH durch eine fremdfinanzierte Einlage der Y GmbH erfolgte, führt nicht dazu, dass im Rahmen der Ermittlung des anzurechnenden fiktiven Steuerbetrags auf Ebene der Organträgerin die von der Organgesellschaft bezogenen ausländischen Gewinnanteile um hierdurch bei der Organträgerin angefallene Darlehenszinsen zu vermindern sind.
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1. Im Streitfall ist § 26 KStG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG) vom 23.10.2000 (BGBl. I 2000, 1433; KStG a.F.) anwendbar.
15
1.1. Zwar bestimmt § 34 Abs. 9 Satz 2 KStG in der derzeit gültigen Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl. I 2014, 2417), dass auf vor dem 1. Januar 2014 zugeflossene Einkünfte und Einkunftsteile § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung (KStG n.F.) in allen Fällen anzuwenden ist, in denen die Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Eine Fortgeltung des § 26 Abs. 2 bis 5, 7 und 8 KStG a.F. für Veranlagungszeiträume vor Anwendbarkeit der Änderungen durch das StSenkG wurde nicht ausdrücklich angeordnet.
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Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass auch für die vorliegend streitigen Veranlagungszeiträume, in denen aufgrund des anhängigen Klageverfahrens noch keine bestandskräftigen Steuerfestsetzungen vorliegen, die Möglichkeit einer indirekten Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2 bis 5, 7 KStG a.F. nun ausgeschlossen sein soll und sich die Steueranrechnung allein nach § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F. richtet, mit der Folge, dass auch eine bis zur Anwendbarkeit des § 26 i.d.F.d. StSEnkG mögliche fiktive Steueranrechnung nicht mehr möglich sein soll. Abgesehen von verfassungsrechtlichen Bedenken an einem solchen Verständnis der Anwendungsvorschrift, kann aus dem systematische Zusammenhang geschlossen werden, dass § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F. nicht an die Stelle des die indirekte Steueranrechnung regelnden § 26 Abs. 2 KStG a.F. getreten ist. Vielmehr greift § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F. inhaltlich den § 26 Abs. 6 a.F. auf und enthält allgemeine Regelungen zur Umsetzung der Steueranrechnung nach § 34c Einkommensteuergesetz (EStG), die auch für die direkte Steueranrechnung nach § 26 Abs. 1 KStG von Bedeutung sind. Demzufolge bleiben die Regelungen zur indirekten Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2 bis 5, 7 KStG a.F. unverändert für Veranlagungszeiträume vor Inkrafttreten des StSenkG sowie nach Maßgabe der Anwendungsvorschriften des StSenkG anwendbar.
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1.2. § 26 KStG a.F. ist nicht nur in den Streitjahren 1999 und 2000, sondern auch noch im Streitjahr 2001 anwendbar.
18
Nach § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG ist § 26 KStG i.d.F. des StSenkG zwar bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2001 anwendbar, so dass die Aufhebung der Absätze 2 bis 5 des § 26 KStG a.F. grundsätzlich bereits ab diesem Veranlagungszeitraum greifen und damit die indirekte Steueranrechnung keine Anwendung mehr finden kann. Jedoch verschiebt § 34 Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG als Sonderregelung die erstmalige Anwendbarkeit des § 26 KStG i.d.F. des StSenkG auf den Veranlagungszeitraum 2002, wenn das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht und das erste im Veranlagungszeitraum 2001 endende Wirtschaftsjahr vor dem 1. Januar 2001 beginnt. Im Streitfall ist diese Voraussetzung erfüllt, da sowohl die Y GmbH (1.12 bis 30.11.) als auch die X GmbH (1.11 bis 31.10.) abweichende Wirtschaftsjahre hatten, so dass die Regelungen zur indirekten Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2 bis 5, 7 KStG a.F. auch im Streitjahr 2001 noch zur Anwendung kommen.
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2. Im Streitfall ist die auf Ebene der Organträgerin (Y GmbH) begehrte Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2, 3 i.V.m. § 19 KStG a.F. ohne Berücksichtigung der für die Einlage in die Organgesellschaft (X GmbH) angefallenen Darlehenszinsen zu ermitteln.
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2.1. § 26 Abs. 2 KStG a.F. eröffnete bis zur Systemumstellung in der Körperschaftsteuer durch das StSenkG neben der - unverändert möglichen - direkten Steueranrechnung nach § 26 Abs. 1 KStG unter besonderen Voraussetzungen eine Anrechnung einer Steuer, die vom Gewinn der Tochtergesellschaft erhoben wurde (indirekte Steueranrechnung).
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Ist demnach eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (Muttergesellschaft) nachweislich ununterbrochen seit mindestens zwölf Monaten vor dem Ende des Veranlagungszeitraums oder des davon abweichenden Gewinnermittlungszeitraums mindestens zu einem Zehntel unmittelbar am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes (Tochtergesellschaft) beteiligt, die in dem nach § 26 Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. maßgebenden Wirtschaftsjahr ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes (AStG) fallenden Tätigkeiten oder aus unter § 8 Abs. 2 des AStG fallenden Beteiligungen bezieht, so ist auf Antrag der Muttergesellschaft auf deren Körperschaftsteuer von Gewinnanteilen, die die Tochtergesellschaft an sie ausschüttet, auch eine vom Gewinn erhobene Steuer der Tochtergesellschaft anzurechnen (§ 26 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F.). Anrechenbar ist die der inländischen Körperschaftsteuer entsprechende Steuer, die die Tochtergesellschaft für das Wirtschaftsjahr, für das sie die Ausschüttung vorgenommen hat, entrichtet hat, soweit die Steuer dem Verhältnis der auf die Muttergesellschaft entfallenden Gewinnanteile zum ausschüttbaren Gewinn der Tochtergesellschaft, höchstens jedoch dem Anteil der Muttergesellschaft am Nennkapital der Tochtergesellschaft, entspricht (26 Abs. 2 Satz 2 KStG a.F.).
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Hat eine Tochtergesellschaft, die alle Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 KStG a.F. erfüllt, Geschäftsleitung und Sitz in einem Entwicklungsland, so ist bei Anwendung des § 26 Abs. 2 KStG a.F. davon auszugehen, dass der anrechenbare Betrag dem Steuerbetrag entspricht, der nach den Vorschriften dieses Gesetzes auf die bezogenen Gewinnanteile entfällt (§ 26 Abs. 3 KStG a.F.; fiktive indirekte Steueranrechnung).
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Als weitere Voraussetzungen für die indirekte Steueranrechnung bestimmt § 26 Abs. 4 KStG a.F., dass die Muttergesellschaft alle Nachweise erbringt, insbesondere durch Vorlage sachdienlicher Unterlagen nachweist, dass die Tochtergesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten oder aus unter § 8 Abs. 2 AStG fallenden Beteiligungen bezieht (Nr. 1), den ausschüttbaren Gewinn der Tochtergesellschaft durch Vorlage von Bilanzen und Erfolgsrechnungen nachweist (Nr. 2) und die Festsetzung und Zahlung der anzurechnenden Steuern durch geeignete Unterlagen nachweist (Nr.3).
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2.2. In Fällen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft (§ 14 KStG) regelt für die Streitjahre § 19 Abs. 1 KStG a.F., wie ein Anspruch der Organgesellschaft auf Anrechnung ausländischer Steuer nach § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. auf Ebene des Organträgers umzusetzen ist. Sind danach bei der Organgesellschaft die Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Tarifvorschriften - wie § 26 KStG - erfüllt, die einen Abzug von der Körperschaftsteuer vorsehen, und unterliegt der Organträger der Körperschaftsteuer, so sind diese Tarifvorschriften beim Organträger so anzuwenden, als wären die Voraussetzungen für ihre Anwendung bei ihm selbst erfüllt.
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2.3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im Streitfall zunächst festzustellen, dass auf Ebene der Organgesellschaft (X GmbH) hinsichtlich der gesamten Dividendenzahlungen der … Peru S.A. II in den Streitjahren gemäß § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. die Voraussetzungen für eine fiktive indirekte Steueranrechnung erfüllt sind.
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2.3.1. Die erforderliche Haltefrist des § 26 Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. (zwölf Monate vor dem Ende des Veranlagungszeitraums oder des davon abweichenden Gewinnermittlungszeitraums) der X GmbH (Muttergesellschaft) an der … Peru S.A. II (Tochtergesellschaft) ist erfüllt. Dies gilt auch für das Streitjahr 1999.
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Im Streitfall erwarb die X GmbH zunächst im Jahr 1997 die Beteiligungen an den peruanischen Gesellschaften A… S.A. und C… S.A. Insoweit ist die Haltefrist unstreitig eingehalten. Die weitere Beteiligung an der … Peru S.A. I wurde zwar erst am 2. November 1998 erworben. Da das Wirtschaftsjahr der X GmbH (Muttergesellschaft i.S.d. § 26 Abs. 2 KStG a.F.) vom 1.11. bis 31.10. lief, wäre zum 31.10.1999 (Ende des Gewinnermittlungszeitraums für Wirtschaftsjahr 98/99) die Haltefrist von einem Jahr hinsichtlich der Beteiligung an der … Peru S.A. I bei Fortbestand der Beteiligung bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingehalten. Da jedoch die … Peru S.A. I zusammen mit der A… S.A. zum 31.12.1998 auf die umfirmierte … Peru S.A. II (vormals C… S.A.) im Wege der Verschmelzung zur Aufnahme umgewandelt wurde und hinsichtlich der C… S.A. die Haltefrist von zwölf Monaten gewahrt ist, können die gesamten Dividendenzahlungen der … Peru S.A. II im Streitjahr 1999 der Ermittlung der Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. zugrunde gelegt werden. Der Umstand, dass eine Umfirmierung stattfand hat auf den Lauf der Haltefrist keine Auswirkung, da diese auf den rechtlichen Bestand der Kapitalgesellschaft keine Auswirkung hatte.
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2.3.2. Vor dem Hintergrund, dass wirtschaftlich möglicherweise ein Teil der Dividendenzahlungen der … Peru S.A. II im Streitjahr 1999 auf die im Wege der Verschmelzung untergegangene … Peru S.A. I entfällt, hinsichtlich der die Haltefrist zum 31.10.1999 nicht eingehalten wäre, ist nicht veranlasst, die Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2 und 3 KStG a.F. einzuschränken. Ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 Abgabenordnung - AO) liegt nicht vor.
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2.3.2.1. Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung (AO a.F.) kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AO a.F.).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (so zuletzt wieder BFH, Urteil vom 11. Dezember 2018 VIII R 21/15, BFH/NV 2019, 542) ist ein Gestaltungsmissbrauch gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung aber noch nicht unangemessen. Sie ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll. Wann eine den Gestaltungsmissbrauch kennzeichnende unangemessene rechtliche Gestaltung vorliegt, entzieht sich einer allgemeinen Definition und lässt sich nur durch Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall feststellen (vgl. BFH, Urteil vom 11.12. 2018 VIII R 21/15, BFH/NV 2019, 542).
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2.3.2.2. Im Streitfall kann in der Verschmelzung der … S.A. I auf die … Peru S.A. II (vormals Cliva S.A.) kein Gestaltungsmissbrauch erkannt werden. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass Unternehmensverschmelzungen ein zulässiges und übliches Mittel zur Umstrukturierung von Unternehmen sind. Allein aus dem Umstand, dass die Verschmelzung zur Aufnahme auf die … Peru S.A. II erfolgte, bei der die Haltefrist nach § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F. erfüllt ist, und nicht umgekehrt auf die … S.A. I, ist nicht schädlich, da keine Verpflichtung besteht eine Verschmelzungsvariante zu wählen, die steuerliche Nachteile nach sich zieht. Im Übrigen bestanden offensichtlich auch beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Verschmelzung. Nach der im Klageverfahren vorgelegten Verschmelzungsurkunde sollte die Verschmelzung dazu dienen, die Aktivitäten der Gruppe in Peru in einem einzigen Unternehmen zu konsolidieren. Auch der Umstand, dass die Anschaffungskosten für die … S.A. I deutlich niedriger waren als für die beiden anderen peruanischen Gesellschaften, lässt es nachvollziehbar erscheinen, dass die geringer kapitalisierte … Peru S.A. I auf die Gesellschaft mit dem höheren Kapitalwert verschmolzen wurde.
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2.3.3. Nach Aktenlage sind neben der Haltefrist auch die weiteren Voraussetzungen für eine fiktive indirekte Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2, 3 und 4 KStG a.F. erfüllt. Insbesondere wurden die Vorgaben an die Mindestbeteiligung (1/10) der X GmbH (Muttergesellschaft i.S.d. § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F.) an der Tochtergesellschaft (… Peru S.A. II; 99,99%), der Ansässigkeit der Tochtergesellschaft (… Peru S.A. II) in einem Entwicklungsland (Peru; § 26 Abs. 3 KStG a.F. i.V.m. Anlage zu § 5 Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung 1994 vom 22.2.1996, BStBl. I 1996, 191) sowie die besonderen außensteuergesetzlichen Voraussetzung (§ 8 AStG) an die Herkunft der Bruttoerträge der Tochtergesellschaft (… Peru S.A. II) offensichtlich erfüllt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
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2.4. Die auf Ebene der Organgesellschaft (X GmbH) bestehende Möglichkeit der Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. kann gemäß § 19 Abs. 1 KStG 1999 vom Organträger (Y GmbH) geltend gemacht werden. Die bezogenen Gewinnanteile der Organgesellschaft (X GmbH) sind - entgegen der Auffassung des Finanzamts - bei der Berechnung des (fiktiven) Anrechnungsbetrags nicht um streitgegenständlichen Darlehenszinsen der Organträgerin (Y GmbH) zu kürzen.
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2.4.1. Die Rechtsfolge einer Organschaft i.S.d. §§ 14 ff. KStG besteht lediglich in der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organträger. Organgesellschaft und Organträger sind zivilrechtlich und steuerlich eigenständige Rechtssubjekte. Die jeweiligen Einkommen der Organgesellschaft sowie des Organträgers werden selbständig ermitteln (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie; BFH, Urteil vom 14.01.2009 I R 47/08, BFHE BFHE 224, 126, BStBl II 2011, 131). Demzufolge sind die beim Organträger (Y GmbH) angefallenen Darlehenszinsen aus der Finanzierung der Kapitaleinlage in die Organgesellschaft (X GmbH) nicht im Rahmen der Einkommensermittlung der Organgesellschaft anzusetzen. Diese Darlehenszinsen der Y GmbH stehen nicht im Zusammenhang mit Einkünften aus der Beteiligung der X GmbH an der … Peru S.A. II, sondern im Zusammenhang mit der Beteiligung der Y GmbH an der X GmbH. Der vorrangige steuerrechtliche Veranlassungszusammenhang der Darlehenszinsen zur Beteiligung an der X GmbH wird nicht durch die Verwendung der Kapitaleinlage durch die X GmbH zum Erwerb der Beteiligung an der … Peru S.A. II aufgehoben.
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2.4.2. Es ist der Regelung des § 19 Abs. 1 KStG nicht zu entnehmen, dass diese im Rahmen der Einkommensermittlung geltenden Veranlassungszusammenhänge im Rahmen der Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. keine Geltung haben sollen. § 19 Abs. 1 KStG bestimmt, dass auf Ebene der Organgesellschaft greifende besondere Tarifvorschriften beim Organträger so anzuwenden sind, als wären die Voraussetzungen für ihre Anwendung beim Organträger selbst erfüllt. Dies setzt zunächst die isolierte Prüfung voraus, ob auf Ebene der Organgesellschaft die Voraussetzungen einer besonderen Tarifvorschrift erfüllt sind.
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Vorliegend sind bei der X GmbH die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. erfüllt. Hinsichtlich der Durchführung der Anrechnung verweist § 26 Abs. 6 KStG a.F. auf § 34c EStG. Dabei sind als Rechengröße neben der inländischen Körperschaftsteuer (vgl. § 26 Abs. 6 Satz 3 KStG a.F.) auch die ausländischen Einkünfte maßgeblich. Bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte der X GmbH sind lediglich die durch die ausländischen Gewinnausschüttungen veranlassten Aufwendungen zu berücksichtigen. Hierzu zählen die auf Ebene des Organträgers angefallenen Darlehenszinsen nicht, da sie aus Sicht der Organgesellschaft (X GmbH) bei einem anderen Rechtsträger angefallen sind und darüber hinaus auch nicht mit ausländischen Einkünften zusammenhängen, sondern mit inländischen. Denn die Darlehenszinsen sind im Zusammenhang mit der Beteiligung der Y GmbH an der X GmbH angefallen, aus der die Y GmbH inländische Einkünfte erzielt bzw. aus der (im Rahmen der Organschaft) der Y GmbH inländische Einkünfte zugerechnet werden.
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2.4.3. Soweit durch § 19 Abs. 1 KStG die Steueranrechnungsberechtigung nach § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. auf die Ebene der Organträgerin verlagert wird, ist nicht erkennbar, dass sich dadurch die auf Ebene der Organgesellschaft zu ermittelnden ausländischen Einkünfte, die letztendlich auch in dieser Höhe Bestandteil der organschaftlichen Zurechnung sind, verändern. Diese ausländischen Einkünfte sind im vom Organträger zu versteuernde Einkommen in dieser Höhe enthalten und damit Bezugspunkt für die Ermittlung der auf sie entfallenden inländischen Körperschaftsteuer des Organträgers. Auch in diesem Zusammenhang sind die auf Ebene des Organträgers angefallenen Darlehenszinsen nicht bei den ausländischen Einkünften der X GmbH einkünftemindernd zu berücksichtigen, da diese vorrangig dem steuerlichen Gewinn des Organträgers zuzurechnen sind und damit mit inländischen Einkünften zusammenhängen. Sie sind damit auch im Rahmen des § 34c EStG nicht den ausländischen Einkünften aus der Beteiligung an der … Peru S.A. II zuzurechnen.
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2.4.4. Soweit das Finanzamt unter Verweis auf die zur Begründung einer Organschaft notwendige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung sowie Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine Verknüpfung von Dividenden und Zinszahlungen herstellen möchte, reicht dies im Rahmen des § 19 Abs. 1 KStG a.F. nicht aus. Denn § 19 Abs. 1 KStG knüpft lediglich an die den Tarifvorschriften zuzuordnende Steueranrechnung nach § 26 KStG an und lässt ansonsten die Grundsätze der Gewinnermittlung sowie die im Rahmen der Organschaft geltende rechtliche Selbständigkeit von Organträger und Organgesellschaft unberührt. Damit kann die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs im Rahmen der Gewinnermittlung nicht von dem im Rahmen der Steueranrechnung abweichen. Eine eigenständige (weiter gefasste) Definition des Veranlassungszusammenhangs für den Bereich der Steueranrechnung in der Organschaft kann § 19 Abs. 1 KStG nicht entnommen werden.
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2.4.4. Anhaltspunkte, dass ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) vorliegt, der eine Einschränkung der Steueranrechnung nach § 26 Abs. 2, 3 KStG a.F. zur Folge haben könnte, sind nicht erkennbar. Denn es ist nicht per se rechtsmissbräuchlich, wenn eine Auslandsbeteiligung nicht direkt, sondern durch Zwischenschaltung einer inländischen Tochtergesellschaft erworben wird. Anhaltspunkte, die einen Gestaltungsmissbrauch nahelegen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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3. Demzufolge sind der Ermittlung der Steueranrechnungsbeträge nach § 26 Abs. 3 KStG a.F. die von der … Peru S.A. II an die X GmbH ausgeschütteten Dividenden i.H.v. … DM (1999), … DM (2000) und … € (2001) ungekürzt zugrunde zu legen.
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Die Ermittlung der auf dieser Grundlage nach § 26 Abs. 3 a.F. anzurechnenden Beträge sowie die sich hieraus ergebende geänderten Körperschaftsteuerfestsetzungen für 1999, 2000 und 2001 wird dem Finanzamt übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO). Dabei ist zur Vermeidung eines doppelten Ansatzes zu berücksichtigen, dass die bisher angesetzten Anrechnungsbeträge systematisch unzutreffend im Rahmen der Gewinnermittlung angesetzt wurden.
42
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
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5. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.