Inhalt

OLG München, Beschluss v. 28.10.2019 – 34 Wx 444/19 Kost
Titel:

Erfolgreiche Beschwere gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss

Normenketten:
RVG § 13
VV-RVG Nr. 3200, Nr. 3500
GBO § 18
ZPO § 567 Abs. 2, § 568 Abs. 1 S. 1
BGB § 247
Leitsatz:
Eine einer Kostenfestsetzung zugrundeliegende Beschwerdeentscheidung, in der neben der Zwischenverfügung nach § 18 GBO auch über einen weitergehenden Antrag entschieden wird, stellt sich nicht als bloße Entscheidung über eine Neben- oder Zwischenentscheidung des Grundbuchamts im Sinne von Nr. 3500 VV-RVG dar. (Rn. 10)
Schlagworte:
Grundschuld, Grundbuch, gesetzte Frist, Kostenfestsetzungsbeschluss, sofortige Beschwerde, Eintragung, Beschwerde, Vollmacht, Widerruf
Fundstellen:
FGPrax 2019, 286
JurBüro 2019, 635
RPfleger 2020, 99
LSK 2019, 25939
BeckRS 2019, 25939

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde vom 11. September 2019 der Beteiligten zu 2 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Ebersberg - Grundbuchamt - vom 26. August 2019 aufgehoben.
II. Die von dem Beteiligten zu 1 an die Beteiligte zu 2 zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 3.832,75 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 1. April 2019.

Gründe

I.
1
Die Beteiligte zu 2 ist im Grundbuch als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen.
2
Namens der Beteiligten hatte ihr Vater, der Beteiligte zu 1, zu seinen Gunsten aufgrund einer Vollmacht eine Grundschuld mit Brief bestellt und die Eintragung im Grundbuch bewilligt. Deren Eintragung hatte der Notar beim Grundbuchamt unter Vorlage der Bestellungsurkunde in beglaubigter Abschrift beantragt. Davor war allerdings bereits beim Amtsgericht auf dem Faxgerät des Grundbuchamts die Information der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 eingegangen, dass diese den Widerruf der Generalvollmacht erklärt habe. Als Anlage war die Widerrufserklärung in Abschrift mitübersandt.
3
Am 27.9.2018 erließ daraufhin das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung und beanstandete darin das Fehlen eines Vollmachtnachweises als Eintragungshindernis. Die vom Beteiligten zu 1 eingelegte Beschwerde vom 10.10.2018 wandte sich gegen die Zwischenverfügung, beinhaltete aber den weitergehenden Antrag, die Eintragung der Grundschuld zu vollziehen. Mit Beschluss vom 15.1.2019 hob der Senat auf die Beschwerde zwar die Zwischenverfügung antragsgemäß auf, verwarf jedoch den weitergehenden Antrag auf Eintragung, da eine anfechtbare Entscheidung des Grundbuchamts insofern nicht vorliege.
4
Im Weiteren wies das Grundbuchamt den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 20.2.2019 zurück, da eine gültige Vollmacht oder die Genehmigung der Eigentümerin nicht vorgelegt worden sei.
5
Mit Anwaltsschreiben vom 22.3.2019 hat die Beteiligte zu 2 Kostenfestsetzung hinsichtlich der Beschwerde 10.10.2018 beantragt. Sie hat darin den Betrag von 3.832,75 € geltend gemacht, der sich aus einer 1,6 Verfahrensgebühr nach § 13 RVG mit Nr. 3200 VV RVG für das Beschwerdeverfahren nebst Umsatzsteuer zusammensetzt.
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Das Amtsgericht hat daraufhin am 26.8.2019 einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, wonach die zu erstattenden Auslagen auf 1.221,54 € festzusetzen sind. Die Beschwerde habe sich gegen eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts nach § 18 GBO gewandt. Eine solche stelle keine Endentscheidung im Sinne der Vorbemerkung 3.2.1 zu VV RVG dar, sondern unterfalle Nr. 3500 VV-RVG, so dass nur eine Verfahrensgebühr von 0,5 anfalle.
7
Gegen den am 2.9.2019 dem Anwalt der Beteiligten zu 2 zugegangenen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 2 mit der sofortigen Beschwerde vom 11.9.2019. Der Beteiligte zu 1 hat erklärt, der Beschluss des Amtsgerichts sei zutreffend.
II.
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1. Das als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel (§ 85 FamFG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist fristgerecht am 11.9.2019 per Fax bei Gericht eingegangen und auch im übrigen zulässig, insbesondere der Beschwerdewert (§ 567 Abs. 2 ZPO) überschritten.
9
Das Beschwerdegericht entscheidet durch den Einzelrichter, § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
10
2. Die Beschwerde hat Erfolg. Die vorliegende, dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugrundeliegende Beschwerdeentscheidung, in der neben der Zwischenverfügung nach § 18 GBO auch über einen weitergehenden Antrag entschieden wird, stellt sich nicht als bloße Entscheidung über eine Neben- oder Zwischenentscheidung des Grundbuchamts im Sinne von Nr. 3500 VV-RVG dar.
11
Welche Entscheidungen nach Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 lit b VV-RVG als Endentscheidung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit unter Nr. 3200 VV-RVG anzusehen sind, wird unterschiedlich kommentiert. Zum Teil wird vertreten, dass Beschwerden in Hauptsacheverfahren nach Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2. lit. b VV-RVG nach Nr. 3200 VV-RVG zu vergüten sind, ausgenommen nur Beschwerden gegen Kosten- oder andere Nebenentscheidungen (Schneider in BeckOK RVG/v. Seltmann 45. Edition Vorbemerkung 3.2.1 zum VV-RVG, Rn. 3). Andere grenzen Nr. 3500 VV-RVG von Nr. 3200 VV-RVG dahingehend ab, dass auf Zwischenentscheidungen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde i.S.d. § 567 Abs. 1 ZPO statthaft sei (Gierl/Maué in Mayer/Kroiß RVG 7. Aufl. Vorbemerkung 3.2.1 VV RVG Rn. 7).
12
Dafür, dass eine Zwischenverfügung ebenfalls nach Vorbemerkung 3.2.1 VV-RVG unter die Entscheidungen im Sinne von Nr. 3200 fallen, würde sprechen, dass das Grundbuchamt in einer Zwischenverfügung alle Hindernisse darzustellen hat, die binnen Frist behoben werden müssen, und zwar mit Hilfe derjenigen Wege und Mittel, die das Grundbuchamt benennt. Die Zwischenverfügung stellt somit die Summe des grundbuchamtlichen Prüfungsverfahrens dar. Mit der nach § 71 Abs. 1 GBO statthaften Beschwerde (Demharter GBO 31. Aufl. § 71 Rn. 34) wird sodann diese in der Hauptsache ergangene Entscheidung überprüft. Daher wird davon ausgegangen, dass die Zwischenverfügung nach § 18 GBO als Endentscheidung iSv § 38 FamFG zu sehen ist (Wilsch FGPrax 2009, 243/245). Soweit eine Endentscheidung nach § 38 FamFG angenommen wird, wenn sie zu einer unmittelbaren Verfahrensbeendigung führt (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 19. Aufl. § 38 Rn. 4), steht diese Definition der Einordnung der Zwischenverfügung als Endentscheidung nicht entgegen. Die Zwischenverfügung soll nämlich eine umgehende Verfahrensbeendigung durch Eintragung ermöglichen. Die Eintragungsverfügung selbst stellt jedoch keine Endentscheidung im Sinne von § 38 FamFG dar (vgl. Wilsch FGPrax 2009, 243/245). Wird in der erstrebten Entscheidung des Rechtsmittelgerichts die Zwischenverfügung aufgehoben, so ist regelmäßig das Prüfungsverfahren beendet und das Grundbuchamt kann eine Eintragung verfügen. Zudem kommt es nach einer Entscheidung des Beschwerdesenats über eine Zwischenverfügung in den meisten Fällen nicht zu einer Beschwerde gegen die dann ergangene Entscheidung des Grundbuchamts; eine rechtliche Überprüfung der sich stellenden Fragen ist schließlich schon durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Zwischenverfügung erfolgt.
13
Ein Grund, den Begriff der Endentscheidung in § 38 FamFG und in Nr. 3.2.1 VV-RVG jeweils unterschiedlich zu interpretieren, erschließt sich nicht. Wäre die Höhe der Anwaltsgebühren davon abhängig, ob sich die Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung oder eine Antragszurückweisung richtet, wäre einem anwaltlichen Vertreter zu raten, die gesetzte Frist verstreichen zu lassen und erst gegen die dann auf den in der Zwischenverfügung genannten Hindernissen basierende Zurückweisung des Antrags Beschwerde einzulegen. Trotz gleichen Begründungserfordernisses würde er nämlich dann höhere Anwaltsgebühren erhalten.
14
Es kann hier allerdings letztlich dahingestellt bleiben, ob im Falle einer Beschwerde, die sich allein gegen den Inhalt einer Zwischenverfügung wendet, dies ebenso zu sehen wäre. Selbst wenn hier das Grundbuchamt noch nicht endgültig über den Antrag auf Eintragung entschieden hatte, war mit der Beschwerde vom 10.10.2018 nämlich nicht nur die Zwischenverfügung selbst angegriffen, sondern ein weitergehender Antrag zur Entscheidung des Senats gestellt, dessen Zulässigkeit eine endgültige Ablehnung des Antrags vorausgesetzt hätte. Dass die Beschwerde folglich als unzulässig zu verwerfen war, ändert nichts daran, dass das Rechtsmittel kostenmäßig im Sinne von Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 lit. b VV-RVG als gegen eine Endentscheidung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtet zu bewerten ist. Dies zeigt auch der angesetzte Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens, der nicht an den Kosten der Behebung des Hindernisses bemessen wurde.
15
3. Die Berechnung der Anwaltsgebühren (1,6 Gebühren aus 200.000 nebst Umsatzsteuer) im Antrag der Beteiligten zu 2 vom 22.3.2019 erweist sich als zutreffend, weshalb der Beschluss vom 26.8.2019 entsprechend abzuändern ist.
III.
16
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
17
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.