Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 09.05.2019 – W 3 K 17.62
Titel:

Untersagung der Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Lasertag-Arena

Normenketten:
JuSchG § 7 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 114 S. 1, 2
GVG § 198
BBG § 139
Leitsätze:
1. Bei der in § 7 S. 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vom Spiel Lasertag kann eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ausgehen (hier bejaht). (Rn. 77) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Jugendschutz, jugendgefährdender Betrieb, Lasertag-Arena, psychologisches Sachverständigengutachten, Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen unter 16 Jahren, Ermessenserwägungen, milderes Mittel, entscheidungserheblicher Zeitpunkt, Ermessensfehler, Gewerbebetrieb, Gefahrenprognose, Jugendamt, Vorhaben
Fundstelle:
BeckRS 2019, 21010

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet. 

Tatbestand

I.
1
Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung … … … in … eine Anlage, in welcher das Spiel Lasertag angeboten wird. Die Beteiligten streiten um einen diesbezüglichen Bescheid des Beklagten auf der Grundlage von § 7 JuSchG.
2
Im Rahmen des von der Klägerin angebotenen Spiels Lasertag spielen (je nach Spielmodus) Einzelspieler oder Mannschaften gegeneinander, die in einem abgedunkelten und mit Hindernissen versehenen Raum innerhalb einer vorgegebenen Zeit versuchen, an den gegnerischen Spielern bzw. Mitgliedern der gegnerischen Mannschaften angebrachte bzw. im Raum verteilte Sensoren mittels von sog. „Phasern“ ausgesandten Laserstrahlen (eigentlich: Infrarot-Strahlen) zu markieren und damit möglichst viele Punkte zu erzielen. Die Klägerin lässt auch Kinder ab der Vollendung des 12. Lebenjahrs und Jugendliche zum Lasertag-Spiel zu.
3
Auf der Grundlage einer Inspektion der Lasertag-Anlage hörte der Beklagte die Geschäftsführer der Klägerin mit Schreiben vom 29. Januar 2015 zur Absicht des Beklagten an, durch eine entsprechende Anordnung Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren die Teilnahme am Lasertag-Spiel, auch in etwaiger Begleitung Minderjähriger durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen, zu untersagen und diese Anordnung mit der Auflage zu verbinden, dies an gut sichtbarer Stelle zum Aushang zu bringen und auf der Homepage des Betriebes entsprechend gut sichtbar darauf zu verweisen. Dies wurde damit begründet, im Rahmen der Inspektion am 13. November 2014 sei festgestellt worden, wesentliches Ziel des Spieles sei das verharmlosend als Markieren bezeichnete Abschießen der menschlichen Gegner mit einem waffenähnlich aussehenden Objekt, dem Phaser. Innerhalb einer vorgegebenen Spielzeit bekämen die Spieler für das Markieren der menschlichen Gegner Punkte. Hierfür würden die Treffer computergestützt erfasst, mit realitätsnahen Soundeffekten unterstützt und am Ende des Spiels die Summe gewertet. Nach den eigenen Angaben der Klägerin sei das Spiel in der Anlage als Wettbewerb mit realitätsnahen Elementen ausgestattet und biete hierdurch auch Gelegenheiten zum Ausleben destruktiven und gewalttätigen Verhaltens. Die in der Halle aufgebauten Hindernisse und Versteckmöglichkeiten könnten den Eindruck eines simulierten Nahkampfs erwecken. Die Dunkelheit und der Einsatz von Nebeleffekten verstärkten nicht nur den Laserstrahl der Phaser, sondern auch die Atmosphäre eines Kampfes. Realitätsnähe werde dadurch erzeugt, dass sich zwei Menschen körperlich gegenüber stünden, die zugleich als Schütze und als auszuschaltende Kontrahenten fungierten. Trotz der teilweise futuristischen Gestaltung könne nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass Jugendliche zwischen Spiel und Realität differenzieren könnten. Die körperliche Anstrengung erzeuge eine intensive Wahrnehmung und ein intensives Spielerleben, was eine Abstraktion erschwere. Die Teilnahme am Laser-Game stelle eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit dar und gefährde damit das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen zumindest unter 16 Jahren im Sinne des § 7 JuSchG.
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Am 29. September 2016 fand ein erneuter Ortstermin von Mitarbeitern des Beklagten in der Anlage der Klägerin statt.
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Am 11. Januar 2017 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Bescheid mit folgendem Tenor:
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1. Der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen/Betriebsgelände der … … Anlage …, … … … … … wird untersagt. Dies gilt auch für eine etwaige Begleitung unter 16-jähriger Kinder und Jugendlicher durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen.
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2. Der Inhalt dieser Anordnung ist an gut sichtbarer Stelle gut lesbar bekannt zu geben. Außerdem ist dies auf der Homepage und anderen Werbewegen entsprechend bekannt zu machen.
8
Dies wurde damit begründet, von der … … Anlage als Gewerbebetrieb gehe eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Personen unter 16 Jahren aus, sodass nach § 7 JuSchG deren Zutritt untersagt werden könne. Wesentliches Ziel des Spiels sei das verharmlosend als Markieren bezeichnete Abschießen der menschlichen Gegner mit einem waffenähnlich aussehenden Objekt, auch „Phaser“ genannt. Es gebe zehn Spielversionen mit sechs Schwierigkeitsgraden; dies fordere die Spieler heraus, immer angriffslustiger und effizienter zu werden, um sich möglichst zu verbessern. Innerhalb einer vorgegebenen Spielzeit bekämen die Spieler für das Markieren der menschlichen Gegner und von extra Bonuszielen jeweils Punkte. Dies werde mit realitätsnahen hörbaren Soundeffekten und fühlbaren Vibrations- und Rückstoßeffekten in der Innenjacke unterstützt. Nach den Angaben der Klägerin sei das Spiel als Wettbewerb mit „realitätsnahen Elementen ausgestattet“ und biete hierdurch Gelegenheiten zum Ausleben destruktiven oder gewalttätigen Verhaltens. Mit dem Ziel, die höchste Punktzahl zu erreichen, fordere das Spiel geradezu auf, „Held“ zu sein. Gerade bei Heranwachsenden und jungen Menschen, die sich in einer sozial-emotional instabilen Situation befänden, könne durch die realitätsverzerrende psychische Wirkung dieses „Spiels“ das Aggressionspotential auch in intolerante Bereiche gesteigert werden. Die in der Halle aufgebauten Hindernisse und Versteckmöglichkeiten könnten den Eindruck eines simulierten Nah- und Häuserkampfes erwecken. Die Dunkelheit und der Einsatz von Nebeleffekten und farbigen Lichteffekten mit Stroboskoplicht verstärkten nicht nur den Laserstrahl der Phaser, sondern auch die Atmosphäre einer Kampfsituation. Weltraumrauschen oder harte Technomusik heizten die Stimmung an. Die Spannung werde durch neu eingerichtete Gruselecken mit Windstoßeffekten von seitlich und oben erweitert. Roboter mit Selbstschussanlagen machten das Szenario noch unberechenbarer und spannender. Realitätsnähe werde dadurch erzeugt, dass sich zwei Menschen körperlich gegenüber stünden, die zugleich als Schütze und als auszuschaltende Kontrahenten fungierten. Dauerschussabgabe bis 100 Schuss und Raketenfunktionsaktivierung bei längerem Anvisieren sollten zudem die Spannung wachsen lassen. Durch die teilweise futuristische Gestaltung könne nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass Jugendliche zwischen Spiel und Realität differenzieren könnten. Durch die körperliche Anstrengung und intensivere Wahrnehmung werde laut Betreiber ein „adrenalinintensiveres“ Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Schussgeräusche und Vibration in den Innenjacken verstärkten das Kampfempfinden bis ins Innerste. Hinzu komme, dass im Gegensatz zu Computerspielen der Gegner als Mensch und nicht als verfremdetes, abstraktes Ziel erkannt werde.
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Richtungweisend sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. April 2016 i.V.m. dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Juli 2016; die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen gälten in Bezug auf das Spiel Lasertag auch für die vorliegende Anlage in den zuvor benannten und ausgeführten Punkten. Eine Altersbeschränkung ab 16 Jahren sei in jedem Fall gerechtfertigt. Gerade bei Heranwachsenden und jungen Menschen, die sich in einer sozial-emotional instabilen Situation befänden, könne durch eine realitätsverzerrende psychische Wirkung dieses „Spiels“ das Aggressionspotential auch in intolerante Bereiche gesteigert werden. Die dem Spiel innewohnende Tendenz zur Bagatellisierung von Gewalt habe eine Auswirkung auf die allgemeine Wertvorstellung und das Verhalten in der Gesellschaft. Die hiervon ausgehende desorientierende Wirkung auf Kinder und Jugendliche werde durch den im Spiel erlebten „Macht- und Lustgewinn“ zusätzlich verstärkt. Der Jugendschutz habe die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft Einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen, dies gelte insbesondere auch für Kinder und Jugendliche mit fehlender moralischer und sozialer Orientierung. Daher stelle die Teilnahme am Lasertag in der … … Anlage … eine Gefahr für die Entwicklung zur einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit dar und gefährde somit das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen. Deshalb seien Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren von der Teilnahme am Lasertag auszuschließen. Diese Entscheidung entspreche einer pflichtgemäßen Handhabung des durch § 7 JuSchG eingeräumten Ermessens. Der Zutritt von Personen unter 16 Jahren in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen komme als milderes Mittel nicht in Betracht. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren könnten aufgrund ihrer Entwicklungsphase noch nicht durchgängig zwischen Spiel und Realität differenzieren, unabhängig von einer entsprechenden Begleitung. Die wirtschaftlichen Überlegungen des Pflichtigen müssten hinten angestellt werden, dem Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes der Vorrang eingeräumt werden. Unter Abwägung der öffentlichen Interessen und der geschäftlichen Interessen des Veranstalters sei die Anordnung erforderlich und angemessen. Die Auflage, dass die Anordnung an gut sichtbarer Stelle gut lesbar zum Aushang gebracht werden müsse und auf der Homepage und anderen Werbewegen entsprechend bekannt zu geben sei, beruhe auf § 7 Satz 2 JuSchG und diene der Sicherung der Anordnung und somit Verhinderung der Gefährdung von Personen unter 16 Jahren. Der Bescheid wurde der Klägerin am 12. Januar 2017 zugestellt.
II.
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Am 19. Januar 2017 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und zuletzt beantragen,
Der Bescheid des Landratsamts … vom 11. Januar 2017 wird aufgehoben.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, zwar würden selbstverständlich Punkte vergeben, wenn ein anderer Spieler markiert werde, doch erhalte man wesentlich mehr Punkte, wenn bestimmte im Spielfeld angebrachte Sensoren durch den Laserstrahl ausgelöst werden würden. Das Markieren eines Mitspielers sei demnach nicht Hauptziel des Spiels. Held zu sein führe nicht zum Sieg; vielmehr müssten die Teilnehmer des Spiels zusammenarbeiten, auch ein Vorgehen mit Bedacht und Planung erhöhe die Chancen. Es gebe verschiedene Spielmodi, manche davon unterstützten ein Mitgliedskartensystem. Durch regelmäßiges Spielen und Erzielen von Punkten habe der Teilnehmer Vorteile gegenüber anderen Mitspielern. Derzeit biete die Klägerin folgende Varianten an: JEDER GEGEN JEDEN, SUPERCHARGE, TEAMMATCH, TEAMMATCH SUPERCHARGE, PURE, MANIAC, CATCH ME!, SHADOWS, GLADIATOR, CAPTURE THE FLAG.
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Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren seien durch die Teilnahme am Spiel nicht in ihrem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl gefährdet. Es sei nicht auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen, sondern auf das durchschnittliche Mitglied des betroffenen Personenkreises. Das Belohnungssystem in Verbindung mit der Kundenkarte rege nicht automatisch zum einem rücksichtslosen und gewaltverherrlichenden Verhalten an. Da das Spiel gemeinschaftlich mit Anderen gespielt werde, trage es eher zu einer Stärkung von sozialen Bindungen bei. Die Atmosphäre insbesondere in Verbindung mit den farbigen Westen und bunten Leuchtstrahlen erinnere eher an eine futuristische Darstellung eines Raumschiffes als an ein bekanntes Gebiet, in welchem ein Häuserkampf tobe. Die vermeintlich harte Technomusik begegne den Spielern auch andernorts. Die „Gruselecken“ seien von Fahrgeschäften auf Kirchweihen bekannt. Der konkrete Spielablauf trage zur Unterscheidung zwischen echtem Leben und Spiel bei. Militärische Kleidung und Ausstattung sei verboten.
13
Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sei mitgeteilt worden, dass es sich um den Betrieb einer Lasertag-Anlage handele; aus den Betriebsbeschreibungen gehe hervor, dass das Mindestalter zwölf Jahre betrage. Schon damals hätte der Beklagte eingreifen können. Nunmehr sei das Konzept verwirklicht worden; bei einem Wissen um einen Ausschluss der Teilnehmer zwischen 12 und 16 Jahren hätte die Anlage anders konzipiert werden müssen. Der gegenständliche Bescheid hätte für die Klägerin eine geschätzte Umsatzeinbuße von 30% zur Folge.
14
Unverhältnismäßig sei das Verbot, die Anlage zu betreten; als milderes Mittel hätte ein Ausschluss von der Teilnahme geprüft werden müssen. Auch hätte man die Spielbeschreibung anpassen können, um den sportlichen Charakter deutlich hervorzuheben. Auch wäre der Ausschluss von Mitgliedern des betroffenen Personenkreises von einzelnen Spielmodi möglich gewesen.
15
Die Aushangpflicht habe eine „Prangerwirkung“. Zudem könne der betroffene Personenkreis vom Aushang keine Kenntnis erlangen, wenn er die Anlage nicht einmal betreten dürfe. Eine Platzierung des Hinweises auf der Homepage hätte negative Folgen und würde weitere Umsatzeinbußen nach sich ziehen.
16
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
17
Zur Begründung wurde ausgeführt, Streitgegenstand sei der Bescheid mit Datum 11. Januar 2017; das Spiel werde bewusst als Strategiespiel mit entsprechenden Begriffen aus der Spielewelt vorgestellt. Dies verharmlose das zentrale Element des „Spiels“. Schließlich werde der Beschuss mit einem waffenähnlichen Gerät „direkt auf Menschen“ simuliert. Das Markieren, also „Abschießen“ der Gegner, sei neben dem Abschießen von Gegenständen ein wesentlicher Bestandteil des Spiels. Neben einer Selbstschussanlage und anderen eingebauten „Gruselecken“ könne der Spieler sich im Dauerschussmodus mit bis zu 100 Schüssen in „Schnellfeuermanier“ mit dem waffenähnlichen Gerät wehren. Zusätzlich könne nach längerem Anvisieren mit dem Phaser eine Raketenfunktion mit Bombengeräusch extra ausgelöst werden. Vibrations- und Rückstoßeffekte in den Innenjacken verstärkten die Wahrnehmung des Schussvorgangs. Der Beklagte differenziere in der Anordnung, dass je nach Alter, Entwicklung und psychosozialem Kontext ein Einlass ohne erwachsene Begleitperson ab 16 Jahren sehr wohl möglich sei. Nachdem rein äußerlich vom Betreiber nur sehr schwer feststellbar sein dürfte, ob ein durchschnittlicher Minderjähriger unter Umständen gefährdungsgeneigt sei oder nicht, dürfe die Behörde dies durch eine entsprechende Anordnung juristisch legitimiert sicherstellen.
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Die von der Klägerin subjektiv empfundene Prangerwirkung sei gesetzeskonform. Eine Gefährdung im Sinn des § 7 JuSchG liege in der Regel dann vor, wenn die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen würden, die Phantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt werde oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt werde. Maßstab sei die Achtung der Menschenwürde. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich auch auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen. Auf dieser Grundlage habe der Beklagte die Entscheidung getroffen.
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Im Baugenehmigungsverfahren werde das Jugendamt von Seiten des Gesetzgebers infolge der juristischen Verschlankung im Baugenehmigungsverfahren nicht beteiligt. Es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, im Zuge ihrer Rechte und Pflichten derartige Fakten mit der zuständigen Abteilung für Jugendschutz abzustimmen. Dies sei im Vorfeld des Baugenehmigungsprozesses zu keiner Zeit geschehen.
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Das Gericht führte am 12. Juli 2018 eine mündliche Verhandlung durch und erhob mit Beschluss vom 16. Juli 2018 Beweis über die Richtigkeit der Behauptung des Beklagten, von der Teilnahme von Kindern im Alter von 12 und 13 Jahren und von Jugendlichen im Alter von 14 und 15 Jahren an dem von der Klägerin in … angebotenen Spiel „Laser …“ gehe eine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus, dies unabhängig davon, ob sie in Begleitung eines Personensorgeberechtigten bzw. einer erziehungsbeauftragten Person sind oder nicht, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Gericht beauftragte mit der Erstellung des Gutachtens Diplom-Psychologen PD Dr. … R. Der Gutachter besichtigte die Anlage und erstattete unter dem 28. Januar 2019 ein psychologisches Sachverständigengutachten zur Beweisfrage.
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Zum Gutachten äußerte sich der Klägerbevollmächtigte dahingehend, im angegriffenen Bescheid hätte eine Differenzierung unter Berücksichtigung der einzelnen Spielmodi und deren Ausgestaltung stattfinden müssen. Das pauschale Verbot des Zutritts für Personen unter 16 Jahren könne einer Überprüfung nicht standhalten.
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Der Beklagte äußerte sich dahingehend, der Gutachter differenziere hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung nach den verschiedenen angegebenen Spielen und gebe unterschiedliche Altersempfehlungen ab, dies allerdings unter der Voraussetzung, dass die vom Gutachter aufgestellten allgemeinen Bedingungen für einen Gefährdungsausschluss umgesetzt seien.
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Die vom Gutachter geforderten Bedingungen seien zum Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheides am 11. Januar 2017 im Wesentlichen nicht erfüllt gewesen. Beispielsweise habe keine kontinuierliche Spielaufsicht durch Personal im Raum oder durch Kameras bestanden. Es habe eine für Personen ab zwölf Jahren verfügbare Kundenkarte gegeben. Warnhinweise zu möglichen Verletzungsrisiken seien nicht vorhanden gewesen. Vom Gutachter beanstandete militärische, kriegerische und aggressionsnahe Begrifflichkeiten seien verwendet worden. Die allgemeine Einweisung am Anfang sei äußerst kurz gehalten worden. Dies habe insbesondere für Personen gegolten, die schon einmal am Spiel teilgenommen hätten. Bei der Einweisung sei nicht nach unterschiedlichen Spielformen differenziert worden. Die Spielauswertung an der Tafel habe zu einem „überhöhten“ Wettbewerb animiert. Auch eine Geldrückgabe bei Spielabbruch sei nicht im Gespräch gewesen. Damit sei der Bescheid insgesamt nicht zu beanstanden.
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In der mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2019 erläuterte der Gutachter sein Gutachten.
25
Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2019, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten des Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 11. Januar 2017, mit welchem der Beklagte auf der Grundlage von § 7 Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2730), zuletzt geändert durch Art. 11 G.v. 10. März 2017 (BGBl I S. 420), Personen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen/Betriebsgelände der … … Anlage … - auch bei Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt (Ziffer 1. des Bescheides) sowie anordnet, den Inhalt der Anordnung an gut sichtbarer Stelle gut lesbar bekanntzugeben, dies zusätzlich auch auf der Homepage und anderen Werbewegen (Ziffer 2. des Bescheides).
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass die Klage abzuweisen ist.
28
Dies ergibt sich aus Folgendem:
29
Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 7 JuSchG. Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann gemäß § 7 Satz 1 JuSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Nach § 7 Satz 2 JuSchG kann die Anordnung Altersbeschränkungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.
30
Tatbestandvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass von einem Gewerbebetrieb - und ein solcher ist im vorliegenden Fall der Anlage … … unstreitig gegeben - eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG von Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind) oder von Jugendlichen (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 JuSchG von Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind), ausgeht. Eine derartige Gefährdung ist anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird. Die Gefahr muss nicht unmittelbar drohen, sondern es genügt, dass Kinder und Jugendliche an den fraglichen Orten nach Kenntnis der Behörde einer solchen dauernd oder zeitweise ausgesetzt sind (Liesching in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: März 2019, § 7 JuSchG, Rn. 4 m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist eine Gefahrenprognose zu erstellen. Deren Grundlage müssen ausreichende und tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungen des täglichen Lebens, das Erfahrungswissen von Polizeibeamten oder Sozialarbeitern oder wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sein (Liesching, a.a.O., Rn. 5). Der Begriff der Gefährdung in § 7 JuSchG kann mit dem Begriff der Jugendbeeinträchtigung im Sinn des § 14 Abs. 1 JuSchG gleichgesetzt werden, also mit der Gefahr, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt wird (Gutknecht in Nikles/Roll/Spürck/Erdemir/Gutknecht, Jugendschutzrecht, 3. Aufl. 2011, § 7 JuSchG Rn. 6 m.w.N.). In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Frage, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt wird, die Grundsätze der freiwilligen Selbstkontrolle der F. GmbH, 21. Fassung vom 1. Dezember 2012, heranziehbar (FSK-Grundsätze). Nach deren § 18 Abs. 2 wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Fantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 FSK-Grundsätze; vgl. hierzu auch Liesching, a.a.O., § 14 JuSchG Rn. 6). Als Wertmaßstäbe sind in diesem Zusammenhang die Grundwerte der Verfassung zu beachten, insbesondere die Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG (Liesching, a.a.O., § 14 JuSchG, Rn. 5 m.w.N.; BVerwG, B.v. 24.10.2001 - 6 C 3/01 - BVerwGE 115, 189 ff.).
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In diesem Zusammenhang ist auch auf den Gedanken in Ziffer 2.2 der Leitkriterien der USK für die jugendschutzrechtliche Bewertung von Computer- und Videospielen, beschlossen und in Kraft gesetzt durch den Beirat der Freiwillige S. U. GmbH - USK - (USK-Kriterien) vom Juni 2011 hinzuweisen. Nach diesem verallgemeinerungsfähigen Gedanken ist nicht nur auf den durchschnittlichen, sondern auch auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen, wobei aber Extremfälle auszunehmen sind (vgl. hierzu auch Ziffer 2.4 USK-Kriterien) (vgl. zu den gesamten Ausführungen; VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 - W 3 K 14.438 - juris, bestätigt durch BayVGH, B.v. 21.7.2016 - 12 ZB 16.1206 - juris).
32
Bei der in § 7 Satz 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist.
33
Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem von der Klägerin im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in … angebotenen Spiel Lasertag eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen im Alter unter 16 Jahren ausgeht. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht, dem es an diesbezüglicher eigener Fachkompetenz fehlt, auf der Grundlage des vom Gericht mit Beweisbeschluss vom 16. Juli 2018 in Auftrag gegebenen, am 28. Januar 2019 schriftlich erstatteten und in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2019 mündlich erläuterten Gutachten des Sachverständigen, Dipl. Psychologen PD Dr. … R. vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V..
34
Aus dem Gutachten ergibt sich Folgendes:
35
Für die Beantwortung der Beweisfrage hat der Sachverständige zunächst auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Akten des Gerichts und des Beklagten den bisherigen Sachverhalt einschließlich der unterschiedlichen Sichtweisen der Parteien dargestellt. Sodann hat er die im Beweisbeschluss des Gerichts enthaltenen juristischen Tatsachenfragen in die psychologische Fragestellung „übersetzt“, ab welchem Alter bei einer Teilnahme an den von der Klägerin in … angebotenen Spielformen des Lasertag-Spiels eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (Ziffer 4. des Gutachtens).
36
Nach Ansicht des Sachverständigen wäre die genannte Personengruppe aus psychologischer Perspektive dann in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, wenn das Spiel Lasertag eine aggressivitätssteigernde Wirkung aufweist. Zudem ist eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung dann gegeben, wenn es bei der Teilnahme am Spiel Lasertag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppe dadurch kommt, das die im Spiel dargebotenen Reize in der Weise überfordernd sind, dass sie starke Angstreaktionen auslösen können und gleichzeitig keine hinreichenden Möglichkeiten bestehen, das Spiel abzubrechen (Ziffer 4. am Ende des Gutachtens).
37
Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob die Teilnahme am Spiel Lasertag eine aggressivitätssteigernde Wirkung hat, hat der Sachverständige eine Risikoprognose auf der Grundlage des General Aggression Model (im Folgenden: GAM) erstellt. Diese Entscheidung hat er auf der Grundlage der Erkenntnis getroffen, dass es bislang international keine veröffentlichten empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen von Lasertag- oder LaserGame-Angeboten auf Kinder und Jugendliche gibt (Ziffer 2.2 des Gutachtens). Zudem hat er festgestellt, dass die empirischen Forschungen zu den Wirkungen vom gewalthaltigen Computerspielen nicht unmittelbar auf den hier zu beurteilenden Gegenstand übertragen werden können, weil Computerspiele sich in vielen Aspekten vom Lasertag-Spiel unterscheiden (Ziffer 2.2 des Gutachtens). Als Grundlage für die wegen des Fehlens verwendbaren empirischen Materials erforderliche Risikoprognose hat sich der Sachverständige für das GAM entschieden, nach Mitteilung des Sachverständigen ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorien in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (mit Verweis auf Anderson & Dill, 2000; Bushman & Anderson, 2002).
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Auf der Grundlage dieses Modells berücksichtigt der Sachverständige kurzfristige und langfristige Wirkmechanismen.
39
Im Rahmen der kurzfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn der aktuelle innerpsychische Erlebniszustand im Rahmen situativer oder personenbezogener Input-Variablen durch eine kognitive, eine affektive und eine psychophysiologische Aktivierungskomponente beeinflusst wird. Im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn die wiederholte Nutzung gewalthaltiger Spiele zu einer Ausdifferenzierung und Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen führen kann. Dies kann nach den Ausführungen des Sachverständigen durch fünf voneinander unabhängige Wirkmechanismen geschehen: Durch die Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen, aggressiver Wahrnehmungsschemata, feindseliger Attributionstendenzen und aggressiver Verhaltensskripte sowie durch eine aggressionsbezogene Desensibilisierung (vgl. zu allem: Ziffer 4. des Gutachtens).
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Nach dem GAM wäre eine aggressivitätssteigernde Wirkung eines Spielangebots dann anzunehmen, wenn die Teilnahme kurzfristig einen aggressiven Erlebniszustand hervorrufen und langfristig zu einer Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen beitragen kann.
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Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob das von der Klägerin angebotene Spiel Lasertag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen auf der Grundlage starker Angstreaktionen führt, hat der Sachverständige allgemeine psychologische Überlegungen herangezogen.
42
Zur Beantwortung der Beweisfrage auf dieser Grundlage hat der Sachverständige die Akte des Gerichts sowie die Akte der Beklagten herangezogen und eine Ortsbegehung in der Anlage … … … vorgenommen, die eine Vorstellung des Spielangebots durch die Betreiberin, eine passive Beobachtung des Spielbetriebs mit Kunden, halbstrukturierte Interviewfragen an die Betreiberin, eine teilnehmende Beobachtung am Spiel mit Kunden, die Prüfung der übrigen angebotenen Spielformen, die im Alltagsbetrieb durch die Kunden nicht nachgefragt wurden, mittels halbstrukturierter Fragen und im Rahmen eines Testbetriebs sowie eine Fotodokumentation der wesentlichen Ausstattungsmerkmale der Lasertag-Arena beinhaltete (vgl. Ziffern 5. und 6. des Gutachtens).
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In diesem Zusammenhang beschreibt der Gutachter die zehn angebotenen Spielformen im Einzelnen sowohl verbal (vgl. Ziffer 6.2.7 des Gutachtens) als auch tabellarisch (vgl. Tabelle 2 des Gutachtens).
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Auf dieser Basis beantwortet der Sachverständige die Fragestellung, ob vom Spiel Lasertag eine Gefährdung des geistigen oder seelischen Wohls von Kindern und Jugendlichen ausgeht, wie folgt:
„Die Teilnahme am Spiel LaserTag erzeugt einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand. Dies ergibt sich daraus, dass die Teilnahme zu aggressiven Gedanken und Gefühlen führt und psychophysiologisch aktiviert. Die Erzeugung aggressiver Gedanken und Gefühle basiert auf dem in allen begutachteten Spielformen belohnten Verhalten, andere Spieler mit einem abstrakt waffenähnlichen Objekt simuliert zu beschießen. Dies gilt nach Ansicht des Gutachters auch dann, wenn bei der Präsentation des Spielangebots auf kriegerische und kampfbetonte Begrifflichkeiten weitestgehend verzichtet wird. Der Aktivierung aggressiver Gedanken und Gefühle steht auch die abstrakt gestaltete Spielarena mit nur geringfügig ausgeprägten Verweisen auf Alltagsschauplätze nicht entgegen, ebenso die Verfügbarkeit nichtaggressiver spielrelevanter Handlungsoptionen, letzteres soweit das Markieren/Treffen anderer Spieler weiterhin vorgesehener Bestandteil der Spielhandlung ist und entsprechend belohnt wird.“
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Die psychophysiologische Aktivierung kommt durch den bewegungsintensiven Charakter des Spiels in Verbindung mit dem Handlungsdruck zustande, ergänzt durch die kognitive und emotionale Verarbeitung des Spiels, das Erleben der reizintensiven Arena sowie durch den rasanten Spielablauf, bei dem vielfach auch schnelle Reaktionen gefragt sind.
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Die Teilnahme am Spiel Lasertag bewirkt - so der Gutachter - eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der wiederholten Teilnahme am Spiel (hier kommt es nach den Ausführungen des Gutachters nicht auf eine Mindestanzahl an Wiederholungen an) bei allen Spielformen zu einer Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen sowie bei den Spielformen JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE) und CATCH ME! zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte und bei der Spielform CAPTURE THE FLAG zu einer aggressionsbezogenen Desensibilisierung kommt, dies ungeachtet der Tatsache, dass die beiden letztgenannten Faktoren nicht für alle Spielformen einschlägig sind und eine Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata sowie eine Verstärkung feindseliger Attributionstendenzen für keine Spielform festgestellt werden kann.
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Eine Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen ist dann gegeben, wenn das Spiel auf normativer Ebene aggressiv verarbeitete gegenüber nicht aggressiv verarbeiteten Verhaltensweisen in besonderer Weise belohnt oder in den Vordergrund der Spielinszenierung stellt.
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Dies bejaht der Gutachter für sämtliche zehn Spielformen aus folgenden Gründen:
49
Bei den Spielformen JEDER GEGEN JEDEN, JEDER GEGEN JEDEN (SUPERCHARGE), TEAMMATCH, TEAMMATCH (SUPERCHARGE), MANIAC und SHADOWS können Punkte durch das Treffen gegnerischer Spieler und durch das Treffen von Arenazielen erworben werden. Allerdings ist das Treffen bzw. Deaktivieren anderer Spieler als maßgeblicherer Bestandteil der Spielhandlung zu bewerten. In diesen Spielmodi kann ein Spieler einzig auf das Treffen von Spielern setzen und dadurch das Spiel erfolgreich bestreiten. Dies wird durch die in diesen Spielmodi verfügbare Rakete und durch das Deaktivieren mehrerer gegnerischer Spieler in schneller Abfolge unterstützt. Gleiches gilt für die Spezialfähigkeiten wie z.B. Schnellfeuer, Atombomben, Payback und Reset. In der Gesamtbetrachtung gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass in den genannten Spielmodi zwar Punkte auch durch das Treffen von Arenazielen erworben werden können, das Treffen gegnerischer Spieler aber im Vordergrund der Spielinszenierung steht und vergleichsweise stark belohnt wird.
50
Zwar fokussiert die Spielform CAPTURE THE FLAG die Handlungen der Spieler stärker darauf, die Basen der Spieler, an denen sich jeweils die eigene bzw. gegnerische Flagge befindet, zu treffen, was der Gutachter zunächst als entlastend beurteilt; dennoch besteht auch in diesem Spielmodus ein eindeutiger Fokus auf dem Deaktivieren anderer Spieler, um das Spiel gewinnen zu können, dies aufgrund der Tatsache, dass bei einer Einzelkonfrontation der unterlegene Spieler mit Punktabzug bestraft wird und etwaige Powerups verliert und aufgrund der Tatsache, dass ein großer Teil der Spielinszenierung das Abziehen der Lebensenergie gegnerischer Spieler sowie das Bewahren bzw. Regenerieren der eigenen Lebensenergie zum Gegenstand hat. Damit sieht der Gutachter das Deaktivieren gegnerischer Spieler als spielentscheidend an.
51
Bei den Spielmodi JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE) und CATCH ME! bestehen keinerlei Möglichkeiten, Punkte durch das Markieren von Arenazielen zu erwerben. Das Spiel kann allein durch das Deaktivieren von Gegenspielern gewonnen werden.
52
Eine Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte ist dann gegeben, wenn aufgrund der Bestandteile des Angebots (z.B. Arena, Ausrüstung, Spielform) darauf geschlossen werden kann, dass das Erlernen gefechtsähnlicher Handlungsabläufe begünstigt wird. Dies realisiert sich beispielsweise durch das Zielen mit waffenähnlichen Objekten, durch Rückmeldungen, die eine Optimierung des Vorgehens beim Spiel ermöglichen und durch die Begünstigung des Trainings realistischer Bewegungsabläufe innerhalb bewaffneter Gefechte.
53
Auf dieser Grundlage stellt der Gutachter zunächst fest, dass die verwendete Ausrüstung nur bis zu einem gewissen Grade dazu geeignet ist zu simulieren, ob Spieler einander tatsächlich getroffen hätten, wenn es sich um echte Schusswaffen handelte. Er stellt damit fest, dass ein Gefährdungsausschluss im Hinblick auf Lernerfahrungen, denen ein potenzieller Transfereffekt im Hinblick auf die Verwendung echter Schusswaffen zukommt, nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfolgen kann. Dies bedeutet - so der Gutachter in der mündlichen Verhandlung - dass die Gestaltung und Handhabung des Phasers für sich gesehen zwar kritisch ist, allein jedoch noch nicht hinreichend ist, um eine Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte anzunehmen.
54
Weiterhin stellt der Gutachter für alle angebotenen Spielformen fest, dass noch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass die vorhandenen Informationsbestandteile in systematischer Weise zur schrittweisen Optimierung des eigenen Spielverhaltens herangezogen werden können. Hinsichtlich der Spielformen JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE) und CATCH ME! stellt der Gutachter fest, dass diese den alleinigen Fokus auf das Markieren (Treffen) von gegnerischen Spielern legen und deshalb ein Gefährdungsausschluss für das Erlernen realistischer Bewegungsabläufe innerhalb bewaffneter Gefechte nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erfolgen kann. Zu diesem Ergebnis gelangt der Gutachter trotz der „entlastenden“ Tatsache, dass ein Respawn nicht vorgesehen ist, also kein Zwang, nach dem Getroffenwerden zur eigenen Basis zurückkehren zu müssen, um erneute Handlungsfähigkeit zu erlangen.
55
In der Gesamtbetrachtung gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte lediglich durch die Spielformen JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE) und CATCH ME! erfolgt, dies für die weiteren Spielformen jedoch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
56
Eine aggressionsbezogene Desensibilisierung ist gegeben, wenn die Nutzung des Spiels als simulierte Gewalthandlung dazu beitragen könnte, die emotionalen Reaktionen auf Gewaltfolgen wie Verletzungen, Schmerzen oder Tod zu reduzieren und entsprechende Gewöhnungsprozesse anzuregen.
57
In diesem Zusammenhang bewertet der Gutachter die in allen Spielformen zu findende leichte Vibration der eigenen Weste beim Getroffenwerden als nicht entscheidend, da diese so schwach ausfällt, dass dies keinen unangenehmen Stimulus für den betroffenen Spieler darstellt.
58
Allerdings stellt der Gutachter für die Spielform CAPTURE THE FLAG fest, dass hier ein Spieler einem anderen Spieler je nach Lebensstatus die Lebensenergie vollständig abziehen muss, um ihn zu deaktivieren. Hierdurch erfolgt implizit eine Koppelung des Spielverhaltens an kalkulierte und auch intendierte (spielerisch simulierte) „Verletzungsfolgen“ an die sich Spieler mit ihrer Spielteilnahme gewöhnen können. Damit besteht - so der Gutachter - für die Spielform CAPTURE THE FLAG eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie zu einer aggressionsbezogenen Desensibilisierung beitragen kann.
59
Demgegenüber hat der Gutachter die Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata durch die Teilnahme am Lasertagspiel verneint. Diese wäre gegeben, wenn durch die Spielteilnahme Lernerfahrungen gemacht werden, die dazu beitragen, dass bestimmte Alltagssituationen, Alltagsszenarien oder realweltliche Orte außerhalb des Lasertag als bedrohlicher oder aggressiver eingeschätzt werden. Dies hat der Gutachter für alle begutachteten Spielformen als äußerst unwahrscheinlich eingeschätzt, dies deshalb, weil die Spielarena allenfalls abstrakte Ähnlichkeiten zur real existierenden Schauplätzen aufweist.
60
Auch die Verstärkung feindlicher Attributionstendenzen erfolgt nach Ansicht des Gutachters durch die Teilnahme am Spiel nicht. Dies wäre gegeben, wenn durch die Spielteilnahme psychologisch relevant Misstrauen gegenüber anderen gelernt wird und dieses Misstrauen sich auf den Alltag überträgt. Der Gutachter stützt seine Einschätzung auf die Erkenntnis, dass in allen begutachteten Spielformen die eigene Gruppe und damit auch die gegnerische Gruppe entweder klar definiert ist oder alle anderen Spieler eindeutig als Gegner festgelegt sind. Damit kann nie ein Zweifel darüber bestehen, wer Gegner ist, entsprechende Täuschungen zur Teamzugehörigkeit sind nicht möglich. Somit kann auch kein Misstrauen gegenüber anderen gelernt werden.
61
Die Fragestellung, wie hoch das affektive Wirkpotential einer Teilnahme am Spiel ist und wie stark damit die psychische Gesundheit von 12- bis 15-jährigen Personen gefährdet ist, beantwortet der Sachverständige wie folgt:
„Aufgrund der sehr lauten Musikuntermalung mit schnellen Beats und Licht- und Lasereffekten, aufgrund verschiedener Gruseleffekte, der Dunkelheit, des leichten Nebels und der Begrenzungswände mit Deckungen ist allgemein auf eine sehr hohe Reizintensität zu schließen. Insbesondere das Aufsuchen des Stollenraumes kann für bestimmte Spieler angstbesetzt sein. Treffen Kinder und Jugendliche auf Erwachsene und damit körperlich deutlich überlegene Spieler, kann dies als bedrohlich empfunden werden. Ein gegenüber den anderen Spielformen noch zusätzlich signifikant erhöhtes Angstpotential erkennt der Sachverständige bei den Spielformen SHADOWS, dies aufgrund der gedimmten oder sogar vollständig erloschenen Leuchten an den Westen, und CATCH ME!, dies bedingt durch die Spieldynamik, in deren Rahmen Normalmodus-Spieler sich vor den Fängern verstecken müssen und quasi aus dem Hinterhalt versuchen müssen, Punkte durch das Markieren der Fänger zu erzielen, ohne von diesen mit der Rakete deaktiviert zu werden. Für alle Spielformen problematisch sieht der Gutachter die Tatsache, dass keine Aufsichtsperson in der Arena selbst als Ansprechpartner bei Ängsten anwesend ist und die Kameraüberwachung im derzeitigen Umfang als unzureichend erscheint, so dass nicht sichergestellt ist, dass die betroffenen Spieler innerhalb einer angemessenen Frist entdeckt werden können. Auch die Spielinstruktion vor Beginn des Spiels ist aus Sicht des Gutachters nicht ausreichend, um das Angstpotential einzudämmen, dies vor allem wegen der unzureichenden Hinweise auf die Position der Notausgänge, der fehlenden Normalisierung des Spielabbruchs, des fehlenden Verweises auf Fairnessregeln und wegen der nicht korrekten Vermittlung einiger wesentlicher Bestandteile des Spiels.“
62
Zusammenfassend hält der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten fest, dass - vorausgesetzt, verschiedene im Einzelnen benannte allgemeine Bedingungen werden zusätzlich eingehalten - die Spielformen JEDER GEGEN JEDEN, JEDER GEGEN JEDEN (SUPERCHARGE), TEAMMATCH, TEAMMATCH (SUPERCHARGE), MANIAC und SHADOWS für die Altersgruppe der unter 14-Jährigen als entwicklungsbeeinträchtigend zu bewerten sind. Dies ergibt sich daraus, dass diese Spielformen einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand hervorrufen können, dass sie so ausgestaltet sind, dass aggressive Überzeugungen und Einstellungen bei den Spielern gefördert werden können und dass sie ein hohes affektives Wirkpotential aufweisen, das bei der Spielform SHADOWS noch höher ausfällt.
63
Die Spielformen JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE), CATCH ME! und CAPTURE THE FLAG bewertet der Gutachter für die Altersgruppe der unter 16-Jährigen als entwicklungsbeeinträchtigend. Dies beruht nach der Erkenntnis des Gutachters darauf, dass auch diese Spielformen einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand hervorrufen können und dass die Spielformen JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE) und CATCH ME! mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dazu beitragen, dass aggressive Überzeugungen und Einstellungen sowie aggressive Verhaltensskripte verstärkt werden; die Spielform CAPTURE THE FLAG trägt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dazu bei, dass aggressive Überzeugungen und Einstellungen verstärkt und eine aggressionsbezogene Desensibilisierung begünstigt wird. Allerdings benennt der Gutachter auch hier bestimmte allgemeine Bedingungen, die zusätzlich erfüllt sein müssen, um die von ihm genannte Altersgrenze als unproblematisch anzusehen.
64
Als Rahmenbedingungen für die wirksame Begegnung der genannten Gefährdung bezeichnet der Sachverständige neben der grundsätzlichen Beibehaltung der derzeit schon vorhandenen Rahmenbedingungen zusätzliche bislang nicht vorgesehene weitere Maßnahmen: Er hält es für erforderlich, eine kontinuierliche Spielaufsicht durchzuführen und die Bedingungen der Kundenkarte in einer Art und Weise zu gestalten, dass hierdurch keine Feindseligkeiten geschürt werden und keine Auszeichnungen angeboten werden, die auf bestimmten Arten von Treffern basieren. Zudem hält der Gutachter es für erforderlich, dass betreiberseitig eine Fachkenntnis vorgewiesen wird, die für alle angebotenen Spielformen sicherstellt, dass sie den Kunden inhaltlich korrekt vermittelt werden und nicht durch automatische Updates in problematischer Weise verändert werden. Zudem muss - so der Gutachter - sowohl die Homepage als auch das sonstige Werbematerial in korrekter Weise informieren, die Spielformen akkurat beschreiben und auf den körperlich fordernden und bewegungsintensiven Charakter des Spiels, das Verletzungsrisiko und das Risiko der Auslösung epileptischer Anfälle hinweisen. Zudem muss auf militärische, kriegerische oder aggressionsnahe Begrifflichkeiten verzichtet werden. Dies betrifft insbesondere die Begriffe „Abphasern“ und „Warbot“. Zudem nennt der Gutachter genaue Bedingungen für die Instruktion der Spieler vor dem Spiel und in diesem Zusammenhang insbesondere den Hinweis auf die Möglichkeit des Spielabbruchs, dies im Zusammenhang mit der Rückerstattung des Geldes für die Spielteilnahme.
65
Das Gericht hat das Gutachten des Sachverständigen überprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gutachten die Fragestellungen des Beweisbeschlusses des Gerichts inhaltlich richtig aufnimmt und sie adäquat und für das Gericht nachvollziehbar mit einem psychologischen Hintergrund aufarbeitet und spezifiziert, sozusagen in psychologische Fragestellungen „übersetzt“.
66
Das Gericht hat sich weiterhin davon überzeugt, dass der Sachverständige die richtige Grundlage bzw. Methode zur Beantwortung der Beweisfragen angewendet hat. Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass mangels vorhandener empirischer Erkenntnisse die Beantwortung der Beweisfragen aufgrund eigener empirischer Forschung hierzu mit einem Zeitaufwand von etwa fünf Jahren und Kosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verbunden wäre. Auf dieser Grundlage erachtet das Gericht die Entscheidung des Sachverständigen als sachgerecht, auf die Durchführung eigener empirischer Studien zur Beantwortung der Beweisfrage zu verzichten, da deren Zeit- und Kostenumfang in keinerlei angemessenem Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei (vgl. hierzu den festgesetzten Streitwert) steht und dem Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits in einem zeitlich angemessen Rahmen (vgl. hierzu auch den Rechtsgedanken des § 198 GVG) widerspricht.
67
Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass empirische Studien zur Beantwortung der Beweisfragen nicht in Betracht kommen, hat der Sachverständige zu Recht eine Risikoprognose erstellt; eine Alternative hierzu ist weder von der Klägerseite genannt worden noch für das Gericht erkennbar (vgl. hierzu auch: BayVGH, B.v. 21.7.2016 - 12 ZB 16.1206 - juris Rn. 9).
68
Zu Recht hat der Sachverständige der Risikoprognose das GAM zugrunde gelegt. Zur Begründung und für das Gericht nachvollziehbar hat der Sachverständige sowohl im schriftlich erstatteten Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass das GAM ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens darstellt, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorie in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (Ziffer 4. des Gutachtens). Damit hat er nachvollziehbar deutlich gemacht, dass das GAM insbesondere auch für die Beurteilung von Aggressionen in bislang diesbezüglich nicht erforschten Bereichen anwendbar ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Lexikon der Psychologie von Dorsch zum Stichwort GAM (https://p...; abgerufen am 9.5.2019). Nach dessen Ausführungen wurde das GAM bisher angewendet auf die Erklärung der aggressionserhöhenden Wirkung von Mediengewaltkonsum, extremen Temperaturen, Schmerzen etc. und wurde kürzlich theoretisch erweitert, u.a. bezüglich seiner Anwendbarkeit auf Gewalt in intimen Beziehungen und Gewalt zwischen Gruppen. Dies macht deutlich, dass das GAM nicht allein auf gewalthaltige Computerspiele anwendbar ist (vgl. die weiteren ausführlichen Erläuterungen zum GAM in: VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 - W 3 K 14.438 - juris Rn. 61 ff.)
69
Hinsichtlich der Beurteilung der Gefährdung der psychischen Gesundheit auf der Grundlage der Angstproblematik hat sich der Sachverständige nachvollziehbar auf allgemeine psychologische Grundsätze und Überlegungen gestützt. Dies haben die Parteien nicht in Frage gestellt.
70
Der Sachverständige hat mit den Akten des Gerichts und der Beklagten sowie mit der Ortsbegehung alles Material zu Beantwortung der Beweisfragen herangezogen, das zur Verfügung stand.
71
Der Sachverständige hat die Beweisfragen für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet.
72
Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen die beiden Bereiche „aggressivitätssteigernde Wirkung von Lasertag“ und „Gefährdung der psychischen Gesundheit“ (Angstproblematik) unabhängig voneinander geprüft hat. Er hat dargelegt, dass eine Prüfung von Wechselwirkungen beider Bereiche ohne empirische Daten problematisch ist. Damit gelangt der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass unabhängig voneinander sowohl eine aggressivitätssteigernde Wirkung des Spiels als auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit vorliegt und beide Erkenntnisse gleichermaßen Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen waren.
73
Bezüglich der Frage nach dem Gewicht von Treffern bei Gegnern zum Gewicht von Treffern bei Arenazielen hat der Gutachter erläutert, dass es lediglich eine begrenzte Zahl von Arenazielen gibt, die nicht ohne Weiteres alle aufzufinden sind. Deshalb sind die Spieler leichter zu finden und zu treffen als die Arenaziele und haben damit ein erheblich höheres Gewicht für den Erfolg im Spiel.
74
Weiterhin hat der Gutachter auf die Nachfrage des Gerichts erläutert, dass eine Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte allein aufgrund eines potentiellen Transfereffekts im Hinblick auf die Verwendung echter Schusswaffen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu besorgen ist und somit allein diese Tatsache für eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen nicht hinreichend ist. Erst durch die besonderen Bedingungen der Spielformen JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE) und CATCH ME! ist eine Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte zu besorgen.
75
Insbesondere hat der Gutachter aber in der mündlichen Verhandlung eindeutig dargelegt, dass die von ihm festgelegten Altersbegrenzungen (Mindestalter von 14 Jahren für die Spielformen JEDER GEGEN JEDEN, JEDER GEGEN JEDEN (SUPERCHARGE), TEAMMATCH, TEAMMATCH (Supercharge), MANIAC und SHADOWS; Mindestalter von 16 Jahren für die Spielformen JEDER GEGEN JEDEN (PURE), TEAMMATCH (PURE), CATCH ME! und CAPTURE THE FLAG) nur dann gültig sind, wenn die von ihm unter Ziffer 7.5.3 des Gutachtens genannten allgemeinen Bedingungen (vgl. oben) eingehalten sind. Ohne Einhaltung dieser Bedingungen und Auflagen ist - so der Gutachter - die Arena grundsätzlich nicht für unter 16-Jährige geeignet, einzelne Spielformen auch nicht für 16-Jährige und 17-Jährige (vgl. Ziffer 7.5.2, letzter Absatz, des Gutachtens).
76
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, die Fragestellungen des Gerichts richtig aufgreift, die richtige Methode zur Beantwortung der Fragen wählt, sämtliche zur Verfügung stehenden Materialien und Erkenntnismittel hinsichtlich des konkreten Falls berücksichtigt und die Fragen des Gerichts nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet. Es ist dazu geeignet, dem Gericht den notwendigen Sachverstand hinsichtlich der Tatsachenfrage, ob von dem Spiel Lasertag eine Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern im Alter von 12 bis 13 Jahren und Jugendlichen im Alter von 14 und 15 Jahren ausgeht, zu vermitteln. Deshalb macht sich das Gericht das Gutachten zu Eigen (vgl. hierzu: BVerwG, U.v. 2.4.1969 - VI C 76.65 - Buchholz 232 § 139 BBG Nr. 9).
77
Auf Basis dieses Gutachtens gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem von der Klägerin in … angebotenen Spiel Lasertag eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ausgeht. Hierbei ist zu beachten, dass das Gericht nicht - wie ansonsten bei Anfechtungsklagen erforderlich (W.-R. Schenke/R.P. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 25. Aufl. 2019, § 113 Rn. 31 ff.) - auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (hier: 11.1.2017) abzustellen hat. Vielmehr ist beim Vorliegen eines Dauerverwaltungsaktes auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, wenn das materielle Recht - wie hier - nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (BVerwG, U.v. 19.9.2013 - 3 C 15/12 - juris Rn. 9; BVerwG, B.v. 29.10.2014 - 9 B 32/14 - juris Rn. 3). Beim vorliegenden Bescheid handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der nach seinem Sinn und Zweck und dem einschlägigen materiellen Recht in seinen Wirkungen wesensmäßig auf Dauer angelegt und dadurch gekennzeichnet ist, dass er ein auf Dauer berechnetes oder in seinen Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet bzw. inhaltlich verändert (vgl. hierzu auch VG München, U.v. 20.3.2019 - M 18 K 17.3701 - juris Rn. 28 m.w.N.).
78
Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2019 waren die vom Gutachter unter Ziffer 7.5.3 seines Gutachtens (S. 47) genannten allgemeinen Bedingungen für einen Gefährdungsausschluss hinsichtlich 14- und 15-jähriger Jugendlicher bei den unter Ziffer 7.5.1 des Gutachtens genannten Spielformen nicht zur Gänze erfüllt. Die mündliche Verhandlung hat folgendes ergeben:
79
Eine kontinuierliche Spielaufsicht ist nach wie vor nicht gegeben, lediglich eine Kamera in der Mitte der Halle ist vorhanden.
80
Eine Kundenkarte wurde bis zum 20. Februar 2019 bereits an Kinder ab 12 Jahren ausgegeben, erst danach erst an Jugendliche ab 14 Jahren. Weitere konkrete Angaben zu Vorteilen oder Besonderheiten aufgrund des Innehabens der Kundenkarte konnte der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung nicht machen.
81
Der Klägerbevollmächtigte konnte in der mündlichen Verhandlung nicht darlegen, dass der Betreiber nunmehr einen Mitarbeiter mit der notwendigen Expertise zur Konzeption der einzelnen Spielformen beschäftigt.
82
Eine Nachschau des Gerichts am Verhandlungstag auf der Homepage der Klägerin hat ergeben, dass dort nicht in korrekter Weise und vollständig über das Lasertag-Spiel informiert wird. Werbematerial, das den vom Gutachter genannten Bedingungen entspricht, konnte die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung nicht vorlegen.
83
Mit Mail an den Gutachter vom 21. Januar 2019 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie das Arenaziel „Warbot“ in „Alfred“ umbenannt hat und den „Reaktor“ in „Laby“. Weitere Informationen zu im Rahmen des Spiels verwendeten Begrifflichkeiten, insbesondere zum „Abphasern“, konnte der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung nicht geben.
84
Hinsichtlich der Instruktionen der Spieler sowohl zu Beginn des Spieltags und unabhängig davon, ob der Spieler schon einmal das Spiel Lasertag gespielt hat, als auch zur spezifischen Instruktion für die einzelnen Spielformen konnte die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung keine aktuellen Informationen geben. Insbesondere hat sie keinerlei Dokumente vorgelegt, aus welchen Anweisungen des Personals für die entsprechenden Instruktionen hervorgehen. Zwar hat die Klägerin mit Mail vom 21. Januar 2019 an den Gutachter bestimmte diesbezügliche Veränderungen bzw. Vorhaben in Aussicht gestellt, jedoch deren Umsetzung nicht belegt. Der Klägerbevollmächtigte konnte in der mündlichen Verhandlung hierzu nicht Stellung nehmen.
85
Eine Erstattung des Geldes für die Spielteilnahme und für bereits im Voraus gebuchte Spiele im Falle eines Spielabbruchs aufgrund von emotionaler Überforderung hat die Klägerin weder im Vorfeld der mündlichen Verhandlung in Aussicht gestellt noch konnte dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt werden.
86
Auf dieser Grundlage wird deutlich, dass im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die vom Gutachter genannten Voraussetzungen dafür, dass bestimmte Spielformen bereits für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet sind, nicht vorliegen. Damit kommt die Beurteilung des Gutachters zum Tragen, dass zu diesem Zeitpunkt sämtliche von der Klägerin angebotenen und vom Gutachter überprüften Spielformen eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl, sowohl von Kindern von 12 und 13 Jahren als auch von Jugendlichen unter 16 Jahren darstellt. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG vor.
87
Auf dieser Grundlage hatte der Beklagte das ihm von § 7 Satz 1 und Satz 2 JuSchG eröffnete Ermessen auszuüben. Soweit der Beklagte damit ermächtigt ist, nach seinem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der Bescheid vom 11. Januar 2017 deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
88
Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler liegt zunächst dann vor, wenn die Behörde überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat (so genannter Ermessensausfall), wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (so genannte Ermessensüberschreitung) oder wenn sie die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten unterschätzt, also irrtümlich bestimmte Anordnungen für unzulässig gehalten hat (Ermessensunterschreitung). Ein Ermessensfehler liegt zudem dann vor, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, sie ihre Entscheidung also auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat und schließlich wenn von dem durch die Befugnisnorm eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, die Behörde sich also von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder ein Belang willkürlich falsch gewichtet (so genannter Ermessensfehlgebrauch) worden ist (vgl. W.-R. Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 114 Rn. 14 ff.; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 114 Rn. 114a ff.; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 16 ff.).
89
Ob die Ermessensausübung im Einzelfall pflichtgemäß oder fehlerhaft erfolgte, lässt sich nur anhand der nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG erforderlichen Begründung ermitteln (W.-R. Schenke/Ruthig, a.a.O., § 114 Rn. 14 ff.). Eine bezüglich der Ermessenausübung fehlende oder unzureichende Begründung indiziert einen Ermessensnicht- oder Fehlgebrauch, sofern sich nicht aus den Umständen anderes ergibt. Fehlt in einer gegebenen Begründung ein wesentlicher Gesichtspunkt, so spricht dies für die Annahme, dass dieser Punkt auch tatsächlich übersehen wurde (Rennert, a.a.O., § 114 Rn. 23).
90
Im vorliegenden Fall sind im Bescheid vom 11. Januar 2017 Ermessenserwägungen vorhanden. Insbesondere führt der Beklagte aus, gerade bei Heranwachsenden und jungen Menschen, die sich in einer sozial-emotional instabilen Situation befänden, könne durch eine realitätsverzerrende psychische Wirkung des Spiels das Aggressionspotenzial in intolerante Bereiche steigern. Die dem Spiel innewohnende Tendenz zur Bagatellisierung von Gewalt habe eine Auswirkung auf die allgemeinen Wertvorstellungen und das Verhalten in der Gesellschaft. Das Jugendschutzgesetz habe die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft Einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen; dies gelte insbesondere auch für Kinder und Jugendliche mit fehlender moralischer und sozialer Orientierung. Aus dem Entscheidungstenor wird deutlich, dass der Beklagte als milderes Mittel den Zutritt von Personen unter 16 Jahren in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen geprüft und verworfen hat, dies in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Gutachters, dass eine Begleitung die aufgefundenen Gefährdungen wieder systematisch vermindern noch erhöhen (Gutachten v. 28.1.2019, Ziffer 8.). Ergänzend hat der Beklagte im angegriffenen Bescheid ausgeführt, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren könnten aufgrund ihrer Entwicklungsphase noch nicht durchgängig zwischen Spiel und Realität differenzieren, dies unabhängig von einer entsprechenden Begleitung.
91
Der Beklagte hat weiterhin die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin berücksichtigt, diese jedoch hintangestellt und dem Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes den Vorrang eingeräumt.
92
Er hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten für ein Tätigwerden entschieden. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass eine Ermessenüberschreitung vorliegt, dass also die verhängte Rechtsfolge, das Zutrittsverbot zur Lasertag-Arena, von § 7 Satz 1 JuSchG nicht gedeckt wäre (vgl. Rennert, a.a.O., § 114 Rn. 16). Denn § 7 Satz 1 JuSchG eröffnet die Rechtsfolge, den betroffenen Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht zu gestatten. Dies ist der Sache nach dem Verbot des Zutritts zu den Betriebsräumen inhaltsgleich. Auch eine Ermessensunterschreitung liegt nicht vor (Rennert, a.a.O., § 114 Rn. 16). Zudem ist ein Ermessenfehlgebrauch nicht erkennbar. In diesem Rahmen ist auch der Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes zu berücksichtigen, insbesondere der Kontext des § 7 JuSchG zu den anderen Jugendschutzregelungen; die Ermessensausübung hat sich in diesem Rahmen zu bewegen (vgl. VG Bayreuth, B.v. 11.7.2014 - B 3 S 14.443 - juris Rn. 21 ff.). In dieser Hinsicht ergibt sich etwa aus § 4, § 5 und § 9 JuSchG eine besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Ab dem Alter von 16 Jahren nimmt der Gesetzgeber den Schutzgedanken zu Gunsten einer Selbstbestimmung der Jugendlichen deutlich zurück. Auf dieser Grundlage hat der Beklagte alles in seine Ermessenserwägungen eingestellt, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Insbesondere war entgegen der Meinung der Klägerin nicht zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Baugenehmigungsverfahren keine jugendschutzrechtliche Prüfung vorgenommen hat, dies deswegen, weil eine solche Prüfung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens gesetzlich nicht vorgesehen ist. Im Übrigen wäre sie auch gar nicht möglich gewesen, denn dem Gutachten ist zu entnehmen, dass es bei einer solchen Prüfung auf viele einzelne Details ankommt, die vor Inbetriebnahme der Arena noch überhaupt nicht erkennbar sind.
93
Der Beklagte hat weiterhin alle in die Ermessenserwägungen eingestellten Belange sachgerecht gewichtet und abgewogen. Insbesondere ist erkennbar, dass er auch wirtschaftliche Überlegungen zugunsten der Klägerin berücksichtigt, aber hintangestellt hat. Demgegenüber sind weder sachfremde Gesichtspunkte berücksichtigt noch einzustellende Belange falsch gewichtet worden. Auch wird deutlich, dass der Beklagte auf der Grundlage von § 7 Satz 2 JuSchG erwogen hat, ein milderes Mittel als ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzuwenden, welches die Gefährdung für deren geistiges oder seelisches Wohl ausschließt oder wesentlich mindert. Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, ein noch milderes Mittel als ein Zutrittsverbot sei das Verbot der Teilnahme am Spiel. Denn es ist nicht erkennbar, welche Vorteile eine bloße Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren im Vorraum der Lasertag Arena gegenüber einem Betretungsverbot haben könnte.
94
Hat aber der Beklagte auf der Grundlage der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG, dass vom Spiel Lasertag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Kindern im Alter von 12 bis 13 Jahren und Jugendlichen unter 16 Jahren ausgeht, ihr Ermessen ordnungsgemäß dahingehend ausgeübt, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen zu untersagen, ist diese Entscheidung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt auch für Ziffer 2. des Bescheides (vgl. hierzu § 3 Abs. 1 JuSchG). Insbesondere ist die von der Klägerin behauptete „Prangerwirkung“ dieser Regelung nicht nachvollziehbar.
95
Die Klage war damit abzuweisen.
96
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.