Inhalt

VGH München, Beschluss v. 30.07.2019 – 6 ZB 19.538
Titel:

Verfahren wegen Fürsorgepflichtverletzung

Normenketten:
BBG § 78
VwGO § 86, § 124 Abs. 2
Leitsätze:
1. Eine Schadensersatzpflicht des Dienstherrn als Dienstunfallfolge ist zu verneinen, wenn die dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beamten nicht auf das (gelegentliche) Tragen einer Körperschutzausrüstung zurückzuführen sind, sondern vielmehr typische Folgen einer Kombination genetischer Anlagen mit degenerativen Prozessen sind; auch aus dem Vortrag einer unterlassenen einschränkungskonformen oder leidensgerechten dienstlichen Verwendung ergibt sich hier kein Schadensersatz aus Fürsorgepflichtverletzung. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aufgrund unterlassener Beförderung infolge vorgeblich fehlerhafter Beurteilungen, da die Beurteilungen vorliegend durch Urteil für rechtmäßig befunden wurden und zudem (angeblich) fehlerhafte Beurteilungen für sich gesehen noch keinen Schaden darstellen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein aus lange andauernder Dienstunfähigkeit heraus gestellter Antrag auf Aufstockung von Teilzeit- auf Vollzeitbeschäftigung ist rechtsmissbräuchlich, wenn er allein dem Zweck dient, aus monetären Gründen „formal“ eine Vollzeitbeschäftigung herbeizuführen, ohne jedoch in dieser Zeit dem Dienstherrn auch nur zeitweise zur Verfügung zu stehen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat und sich dem  Gericht die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsermittlung nicht hat aufdrängen müssen, ein gestellter Beweisantrag nicht entscheidungserheblich war und es ermessensfehlerfrei dem Grundsatz der Prozessbeschleunigung den Vorrang vor rechtlichem Gehör (Ablehnung einer Schriftsatzfristverlängerung) eingeräumt hat. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Bundesbereitschaftspolizei, Gesundheitsstörung, Schadensersatz, Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn (verneint), Körperschutzausrüstung, Auswahlentscheidung, dienstliche Beurteilung, Verfahrensmangel, Teilzeit, Rechtsmissbrauch
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 12.02.2019 – B 5 K 17.541
Fundstelle:
BeckRS 2019, 17764

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 12. Februar 2019 - B 5 K 17.541 - wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg.
2
Der (1970 geborene) Kläger war bis zu seiner (bestandskräftigen) Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. November 2015 Polizeiobermeister im mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundesbereitschaftspolizei. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 machte er bei der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen Fürsorgepflichtverletzung geltend. Diese lehnte mit Bescheid vom 17. Februar 2016 den Antrag auf Schadensersatz ab. Nachdem über den Widerspruch des Klägers ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden war, erhob er Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht mit den Anträgen, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17. Februar 2016 zu verpflichten, 1. den Kläger im Wege des Schadensersatzes aus Fürsorgepflichtverletzung so zu stellen, wie er gestellt wäre, soweit die entstandene Körperschädigung durch das Tragen der Körperschutzausrüstung als Dienstunfall/Dienstbeschädigung anerkannt worden wäre; 2. ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm aus entgangener Beförderung im Zusammenhang mit der fehlerhaften Beurteilung 2010/2012 sowie der im Anschluss daran ausgebliebenen Aktualisierung der periodischen Beurteilung seit 2012 mit dem damit verbundenen faktischen Ausschluss vom Beförderungsgeschehen entstanden sei; 3. ihm Schadensersatz für die Zeiten zu gewähren, in denen er aufgrund einer durch Fürsorgepflichtverletzung verursachten (teilweisen) Dienstunfähigkeit nicht in der Lage gewesen sei, Vollzeit tätig zu sein unter Einbeziehung auch der Zeiten der Elternzeit; hilfsweise: 4. ihm den entstandenen und entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen aus dem Rechtsgrund der Fürsorgepflichtverletzung aufgrund der Körperschädigung durch das Tragen der Körperschutzausrüstung; hilfsweise: 5. ihm den materiellen und immateriellen Schaden wegen Fürsorgepflichtverletzung sowie Verletzung der Pflichten aus dem Beamtenverhältnis zu ersetzen, der dem Kläger durch das Tragen der Körperschutzausrüstung entstanden sei.
3
Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nicht zustehe, weil schon keine Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn ersichtlich sei. Auch äußere sich der Kläger in keiner Weise zum erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Fürsorgepflichtverletzung. Es fehle insoweit an jedweder Substantiierung der vorgeblich schadensauslösenden Ereignisse in örtlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht. Schließlich fehle es an einer Bezifferung eines etwaigen Schadens.
4
Der Zulassungsantrag hat die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass schon keine Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn ersichtlich sei, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten erschüttert. Sämtliche gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Zulassungsgründe bleiben ohne Erfolg. Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Gutachten, Atteste und sonstigen Unterlagen führen zu keiner anderen Beurteilung. Aus den - zweifellos bestehenden - gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers kann nicht geschlossen werden, dass diese auf ein fürsorgepflichtwidriges Verhalten der Beklagten zurückzuführen wären.
5
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
6
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
7
Nach § 78 BBG hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung. Ein Schadensersatzanspruch eines Beamten gegen den Dienstherrn aufgrund einer Fürsorgepflichtverletzung setzt neben einem bezifferbaren Schaden voraus, dass sich der Dienstherr gegenüber dem Beamten rechtswidrig und schuldhaft verhalten hat, dass dieses Verhalten den Schaden adäquat kausal herbeigeführt hat und der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (BVerwG, U.v. 15.6.2018 - 2 C 19.17 - juris; B.v. 17.11.2017 - 2 A 3.17 - juris Rn. 26; B.v. 3.11.2014 - 2 B 24.14 - juris Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 2.4.2015 - 6 ZB 13.2560 - juris Rn. 10; B.v. 12.3.2014 - 6 ZB 12.470 - juris Rn. 8).
8
In Anwendung dieses Maßstabs ist das Verwaltungsgericht mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass im vorliegenden Fall schon keine Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn gegenüber dem Kläger ersichtlich ist. Dies gilt auch hinsichtlich der pauschalen Behauptung des Klägers, er sei seitens des Dienstherrn nicht einschränkungskonform dienstlich verwendet worden, und hinsichtlich seines Vorwurfs einer Fürsorgepflichtverletzung insbesondere durch den Polizeiarzt Dr. B. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, fehlt es dabei an jedweder Substantiierung der vorgeblich schadensauslösenden Ereignisse in örtlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht. Der Zulassungsantrag setzt den konkreten Erwägungen des Verwaltungsgerichts lediglich eine eigene subjektive Bewertung der Geschehensabläufe entgegen. Mit seiner akribischen und detailreichen Darstellung greift der Kläger zwar eine Vielzahl aus seiner Sicht wichtiger Aspekte auf, verliert dabei aber die maßgeblichen rechtlichen Anforderungen an einen Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung (§ 78 BBG) aus dem Blick. Auch bei einer Gesamtschau der im Einzelnen vorgebrachten Umstände kann der Senat nicht erkennen, dass die Schwelle zur schadensersatzbegründenden - noch dazu rechtswidrigen und schuldhaften - Fürsorgepflichtverletzung durch den Dienstherrn überschritten sein könnte. Vielmehr versucht der Kläger nunmehr, über den Weg des sekundären Rechtsschutzes etwas zu erlangen, wofür ihm bereits der Primärrechtsschutz rechtskräftig versagt worden ist.
9
a) Das Verwaltungsgericht hat die im Zusammenhang mit dem Tragen der Körperschutzausrüstung (KSA) stehenden Klageanträge 1, 4 und 5 zu Recht als unbegründet abgewiesen.
10
Es hat hierzu das zuvor in dieser Angelegenheit zwischen den Beteiligten ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2016 (B 5 K 15.116) herangezogen. Mit diesem rechtskräftigen Urteil war festgestellt worden, dass der Kläger infolge des Tragens der KSA keinen Anspruch auf die Anerkennung der geltend gemachten Körperschäden als Dienstunfallfolgen hat; diese seien nach den fachlich kompetenten Angaben des Leiters des Polizeiärztlichen Dienstes der Bundespolizeiabteilung Dr. B. nicht auf das (gelegentliche) Tragen der KSA zurückzuführen, sondern vielmehr typische Folgen einer Kombination genetischer Anlagen mit degenerativen Prozessen. Wenn das Verwaltungsgericht im vorliegenden Schadensersatzprozess hieraus den Schluss zieht, dass keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bestehen, dass gerade das Tragen der Körperschutzausrüstung beim Kläger zu dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat und deshalb in den vom Dienstherrn angeordneten KSA-Tragezeiten keine Fürsorgepflichtverletzung gesehen werden kann, ist dies naheliegend und rechtlich nicht zu beanstanden. Daran ändert auch nichts, dass der Kläger pauschal das Gegenteil behauptet und u.a. geltend macht, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien auf eine nicht einschränkungskonforme dienstliche Verwendung zurückzuführen. Auch die Verweise auf vorangegangene, rechtskräftig abgeschlossene Verfahren des Klägers mit dem Ziel der Versetzung oder Abordnung an den (noch heimatnäheren) Standort B. (vgl. u.a. BayVGH - 6 ZB 10.1143, 6 CE 12.474, 6 ZB 14.1550) und eine - nicht näher bezeichnete - Dienstvereinbarung für nicht mehr voll einsatzfähige Beamte sind insoweit nicht zielführend. Mit dem Zulassungsantrag werden jedenfalls keine Unterlagen dahingehend vorgelegt, dass der Kläger zuvor beim Dienstherrn eine einschränkungskonforme oder leidensgerechte dienstliche Verwendung beantragt hat.
11
b) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner einen Schadensersatzanspruch des Klägers aufgrund entgangener Beförderung im Zusammenhang mit der vorgeblich fehlerhaften Beurteilung 2010/2012 (Klageantrag 2) mangels Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn verneint. Es hat dabei auf sein Urteil vom 16. Mai 2015 (B 5 13.653) verwiesen, mit dem die dienstliche Beurteilung des Klägers vom 1. Oktober 2012 für rechtmäßig befunden worden ist. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden, nachdem der Senat den Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss abgelehnt hat (BayVGH, B.v. 3.11.2016 - 6 ZB 15.2243). In diesem Beschluss hat der Senat u.a. festgestellt, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen entgangener Beförderung aufgrund der für fehlerhaft gehaltenen Beurteilung 2010/2012 offensichtlich aussichtslos ist, und zwar unabhängig davon, ob er auf Fürsorgepflichtverletzung, Amtspflichtverletzung oder einen quasi-vertraglichen Anspruch aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestützt wird. Hieran hält der Senat fest. Zum einen stellt eine (angeblich) fehlerhafte Beurteilung für sich gesehen noch keinen Schaden dar (BayVGH, B.v. 23.12.2010 - 3 ZB 08.3368 - juris Rn. 8). Zum anderen wäre eine Auswahlentscheidung zugunsten des Klägers mangels gesundheitlicher Eignung nicht in Betracht gekommen.
12
c) Schließlich hat das Verwaltungsgericht - wiederum mangels Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn - zu Recht Schadensersatzansprüche hinsichtlich der Zeiten abgelehnt, in denen der Kläger lediglich Teilzeit arbeitete und infolgedessen reduziert besoldet wurde bzw. in Elternzeit war (Klageantrag 3). Der Kläger unterstellt auch hierbei eine Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn, die nicht feststellbar ist. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 27. November 2014 (6 ZB 14.1549) ausgeführt, dass der Kläger die Teilzeitbeschäftigung kurz zuvor selbst beantragt hat, seit dem 13. August 2012 dienstunfähig war und der seinerzeit von ihm gestellte Antrag auf Vollzeitbeschäftigung aus der lange andauernden Dienstunfähigkeit heraus rechtsmissbräuchlich war, weil er allem Anschein nach allein dem Zweck diente, aus monetären Gründen „formal“ eine Vollzeitbeschäftigung herbeizuführen, ohne jedoch in dieser Zeit dem Dienstherrn auch nur zeitweise zur Verfügung zu stehen. Dem ist nichts hinzuzufügen.
13
2. Es liegt kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
14
a) Die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Beweisantrags auf Einholung eines „orthopädisch-neurologischen Zusammenhangsgutachtens“ zum Beweis der Tatsache, dass die körperlichen Beschwerden des Klägers seit dem Jahr 2000 sich in den Folgejahren psychisch in einer mittelgradigen Depression und einem chronischen Schmerzsyndrom ausgedrückt haben, ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt insbesondere nicht die Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO. Das gleiche gilt für die sonstigen vom Kläger im Zulassungsantrag gerügten - vorgeblichen - Ermittlungsdefizite des Verwaltungsgerichts.
15
aa) Der in der mündlichen Verhandlung förmlich gestellte Beweisantrag ist durch einen gesondert begründeten Gerichtsbeschluss von der Kammer zu Recht abgelehnt worden (§ 86 Abs. 2 VwGO). Die unter Beweis gestellte Tatsache ist nicht relevant, weil sie nicht geeignet ist, die Entscheidung über das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn zu beeinflussen. Das Verwaltungsgericht konnte den Beweisantrag somit wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit ablehnen (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl 2019, § 86 Rn. 70). Selbst wenn man die vom Kläger unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellt, ergäbe sich daraus kein greifbarer Anhaltspunkt für eine - noch dazu rechtswidrige und schuldhafte - Fürsorgepflichtverletzung durch den Dienstherrn.
16
Daher greifen auch die Rügen des Klägers hinsichtlich seiner vorgetragenen psychischen Leiden und des chronischen Schmerzsyndroms, einer fehlenden Sachkunde des Polizeiarztes Dr. B. und die sonstigen gegen diesen gerichteten Vorwürfe, die mit den Schriftsätzen vom 15. und 18. April 2019 noch ergänzt wurden, nicht durch. Das gleiche gilt für die vorgelegten fachärztlichen Atteste, den Verweis auf die Krankenakte des Klägers und - nicht auf ihn bezogene - wissenschaftliche Studien. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der medizinischen Bewertung durch einen Polizeiarzt, wie § 4 Abs. 2 BPolBG zeigt, besonderes Gewicht zukommt (BVerwG, B.v. 8.3.2001 - 1 DB 8.01 - juris Rn. 12; vgl. auch BayVGH, B.v. 2.4.2013 - 6 ZB 12.2141 - juris Rn. 9). Denn dem Amts- oder Polizeiarzt kommt spezieller Sachverstand zu, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung sowie der gesundheitlichen Anforderungen, die an einen Beamten der jeweiligen Laufbahn gestellt werden, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich- oder ähnlich gelagerten Fällen beruht.
17
bb) Die Einwände, dass das Verwaltungsgericht es versäumt habe, eine umfangreiche Beweisaufnahme u.a. auf medizinischer Ebene durchzuführen, u.a. den Polizeiarzt Dr. B. als Zeugen zu vernehmen sowie der Hinweis darauf, dass der Kläger spätestens Anfang 2010 das Thema Schmerzentstehung mit dem Polizeiarzt besprochen habe, begründen ebenfalls keine Verfahrensrüge.
18
Ein Gericht verletzt nämlich seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, B.v. 16.4.2012 - 4 B 29.11 - BayVBl 2012, 640; BayVGH, B.v. 9.3.2016 - 6 ZB 15.622 - juris Rn. 15). Der anwaltlich vertretene Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nicht (förmlich) beantragt, den Polizeiarzt Dr. B als Zeugen zu vernehmen. Ein derartiger Antrag nach § 86 Abs. 2 VwGO befindet sich nicht im Protokoll (vgl. § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Die Aufklärungsrüge stellt jedoch kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 5.12.2018 - 5 B 30.18 - juris Rn. 7 m.w.N.). Die Tatsache‚ dass ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde‚ wäre nur dann unerheblich‚ wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Das ist hier nicht der Fall, weil - trotz des umfangreichen Vorbringens des Klägers und seiner gegenteiligen Behauptungen - eine (noch dazu rechtswidrige und schuldhafte) - Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn nicht erkennbar ist.
19
b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) dadurch verletzt, dass es den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist abgelehnt hat. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung, ob bei Vorliegen erheblicher Gründe eine Schriftsatzfrist einzuräumen ist, nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens als auch den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 23.9.2009 - 2 B 79.08 - juris Rn. 5). Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden ermessensfehlerfrei dem Grundsatz der Prozessbeschleunigung den Vorrang eingeräumt, zumal im Antrag kein Grund benannt ist, weshalb die Schriftsatzfrist verlängert werden sollte. Sollte sich die Schriftsatzfrist auf die Ablehnung des oben genannten Beweisantrags beziehen, lag hierfür kein erheblicher Grund vor, weil die Frage einer Fürsorgepflichtverletzung durch den Dienstherrn nach Gegenstand des Prozesses kein für den Kläger überraschender rechtlicher Gesichtspunkt sein konnte, sondern Grundvoraussetzung für den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist; zudem war der förmlich gestellte Beweisantrag, wie oben ausgeführt, nicht entscheidungserheblich.
20
c) Mit seiner Rüge, das Verwaltungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen, dass es seine Begründung im Wesentlichen auf die Angaben des Polizeiarztes Dr. B. im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren B 5 K 15.116 zu stützen beabsichtige, macht der Kläger weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils noch einen Verfahrensmangel geltend. Das Gericht konnte das zwischen den selben Beteiligten ergangene rechtskräftige Urteil, das einen Dienstunfall des Klägers infolge Tragens der Körperschutzausstattung verneint, und dessen tragende Begründungselemente zur Untermauerung der Tatsache heranziehen, dass auch keine schadensersatzbegründende Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn erkennbar ist. Hierbei bestand weder eine vorherige Hinweispflicht des Gerichts noch die Verpflichtung, dem Kläger eine Schriftsatzfrist einzuräumen oder die Akte B 5 K 15.116 förmlich beizuziehen.
21
3. Der Kläger hat keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Bei der aufgeworfenen Frage „nach dem Umfang und den Grenzen der Hinweispflicht gemäß § 86 Abs. 3 VwGO“ handelt es sich weder um eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage noch kommt ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zu.
22
4. Die Rechtssache weist aus den oben genannten Gründen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
23
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 173 VwGO, § 5 ZPO.
24
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).