Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 18.06.2019 – W 8 S 19.620
Titel:

Sofortiger Rechtsschutz bei Ankündigung der Erteilung einer lebensmittelrechtlichen Verbraucherinformation

Normenketten:
VwGO § 65, § 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 § 80a Abs. 3 Satz 2
VIG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Satz 1 Nr. 2, § 5 Abs. 4 S. 1, § 6 Abs. 1 S. 2
LFGB § 40 Abs. 1a Nr. 2
Leitsätze:
1. In einem Verwaltungsrechtsstreit um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Ankündigung einer lebensmittelrechtlichen Verbraucherinformation ist der Informationssuchende notwendig beizuladen (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beabsichtigt derjenige, der Auskunft über lebensmittelrechtliche Kontrollberichte begehrt, die Informationen auf einer Internetplattform zu publizieren, kann die Auskunft den gleichen Anforderungen wie staatliches Informationshandeln unterliegen.  (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Übermittlung lebensmittelrechtlicher Kontrollberichte im Rahmen der Verbraucherinformation setzt voraus, dass die Behörde ein Verhalten als Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften bewertet. (Rn. 18 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein lebensmittelrechtliches Informationsbegehren kann missbräuchlich sein, wenn es nicht dazu dient, etwaige Missstände aufzudecken und abzustellen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
5. In die für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erforderliche Abwägung ist zugunsten des Betroffenen einzustellen, dass die Übermittlung von Kontrollberichten zu einem nicht mehr zu korrigierenden Schaden führen kann. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sofortverfahren, Sofortantrag gegen beabsichtigte Auskunft nach dem Verbraucherinformationsgesetz an beigeladenen Dritten, „Topf, Secret“ (Foodwatch/FragDenStaat), Antrag über Internetplattform, beantragte Auskunft zum Zweck der Veröffentlichung auf Internetplattform, Umfang des Antrags auf Informationsgewährung, Frage des Missbrauchs, Vorwegnahme der Hauptsache, Interessensabwägung, notwendige Beiladung, aufschiebende Wirkung, Sofortige Vollziehung, Internetplattform, Veröffentlichung, Informationsgewährung, Missbrauch des Informationsverlangens, Verbraucherinformation, Lebensmittelrechtlicher Kontrollbereicht
Fundstelle:
BeckRS 2019, 12609

Tenor

I. Herr …, wird zum Verfahren beigeladen.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid der Stadt Würzburg vom 14. Mai 2019 wird angeordnet.
III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Mai 2019, in dem einem Antrag des Beigeladenen auf Gewährung von Verbraucherinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) stattgegeben wurde. Die Antragstellerin betreibt ein Restaurant.
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1. Mit E-Mail vom 2. Februar 2019 beantragte der Beigeladene über die Internetplattform „Topf Secret“ (Foodwatch/FragDenStaat) die Herausgabe folgender Informationen in elektronischer Form:
1. Wann haben die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im folgenden Betrieb stattgefunden: …
2. Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts an mich.
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Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 18. Februar 2019 erhielt die Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Antragstellerin hat sich nicht geäußert.
4
Mit Bescheid vom 14. Mai 2019, adressiert an den Beigeladenen und ausgelaufen am 16. Mai 2019, gab die Antragsgegnerin dem Antrag auf Informationsgewährung statt (Nr. 1). Die Informationsgewährung erfolge in folgender Form: Bekanntgabe der Daten der beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen (Nr. 2.a). Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte, wenn Beanstandungen im Sinne von unzulässigen Abweichungen von den Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelrechts (LFGB), der auf Grund des LFGB erlassenen Rechtsverordnungen und unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des LFGB vorliegen (Nr. 2.b). Die Information werde zehn Tage nach Zustellung dieses Bescheides an den betroffenen Dritten in Schriftform bekanntgegeben, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei. Die Antragsgegnerin wies zugleich darauf hin, dass das Verbraucherinformationsgesetz keine Aussage zur Zulässigkeit der Weiterverwendung der erhaltenen Informationen durch den Beigeladenen treffe und dies daher in alleiniger Verantwortung und im Risiko des Beigeladenen läge.
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Mit Schreiben vom 14. Mai 2019, laut Postzustellungsurkunde zugestellt am 17. Mai 2019, teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Bezugnahme auf den an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 14. Mai 2019 mit, dass dem Antrag auf Informationsgewährung stattgegeben werde. Auf die Rechtsbehelfsbelehrung:im an den Beigeladenen Bescheid wurde hingewiesen.
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2. Am 23. Mai 2019 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 19.618 Klage erheben und im vorliegenden Sofortverfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 23. Mai 2019 gegen den Bescheid der Stadt Würzburg vom 14. Mai 2019, Az.: VVL 514/100-290/19 anzuordnen.
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Zur Begründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen ausführen: Aufgrund von sprachlichen Barrieren sei die Antragstellerin auf die Hinzuziehung eines Dolmetschers bei jeglichem Schriftverkehr angewiesen. Das Schreiben der Antragsgegnerin habe die Antragstellerin fälschlicherweise als Übersendung der Kontrollberichte eingeschätzt und somit die Tragweite und den Hintergrund des Informationsgewährungsantrages überhaupt nicht erfasst. Erst unter Hinzunahme eines Dolmetschers sei der Antragstellerin der Inhalt des Bescheids bekannt geworden. Die Herausgabe der Kontrollberichte und die Veröffentlichung dieser Berichte stelle eine erhebliche Gefahr für die Antragstellerin dar, denn es seien hierdurch erhebliche Wettbewerbs- und Kreditschädigungen zulasten der Antragstellerin zu erwarten. Die Herausgabe stelle auch einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Die Herausgabe der Kontrollberichte sei ein betriebsbezogener Eingriff, der sich gerade gegen den Betrieb sowie die Organisation und gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richte aufgrund der Gefahr der geschäftsschädigenden Veröffentlichungen. Die Herausgabe der Kontrollberichte verletze das Recht der Antragstellerin auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Denn deren unkommentierte Veröffentlichung könne, obwohl sämtliche Beanstandungen in kürzester Zeit behoben worden seien, Gäste oder potentielle Gäste vom Besuch des Etablissements der Antragstellerin abhalten und stelle damit auch einen mittelbaren Eingriff in das Eigentumsrecht der Antragstellerin gem. Art. 14 GG, zu dem das Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehöre, sowie eine nicht zumutbare Beeinträchtigung des Rechts auf freie Berufsausübung gem. Art. 12 GG, dar. Grundlage des Bescheids sei hier § 40 LFGB. Dieser sei allerdings nur einschlägig, wenn von der Antragstellerin Gesundheitsgefährdungen in nicht unerheblichem Ausmaß ausgingen. Dies sei hier weder durch die Antragsgegnerin geprüft worden noch könne solch ein Verstoß hier festgestellt werden, dies gehe auch nicht aus den Kontrollberichten hervor. Zumal eine etwaige Gefährdung mittlerweile ausweislich des Folgeberichts ohnehin nicht mehr bestehe. Dass es zu einer Gefahrenverwirklichung gekommen sein solle, sei der Antragstellerin derzeit nicht bekannt und ihr auch nicht vorgeworfen worden.
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3. Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 13. Juni 2019:
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Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 23. Mai 2019 (W 8 K 19.618) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Mai 2019, Az. VVL 514/100-290/19, wird abgelehnt.
10
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die antragsgebundene Informationsgewährung im Rahmen des VIG werde durch die §§ 3, 5 Abs. 1, 6 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 VIG Genüge getan, welche einen Ausgleich zwischen dem Informationsinteresse der Verbraucher und dem Schutzbedürfnis des von der Information betroffenen Unternehmers vermitteln. Es werde darauf hingewiesen, dass Grundlage des Bescheides entgegen der Ausführungen des Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 23. Mai 2019 nicht § 40 LFGB sei, sondern vielmehr § 2 Abs. 1 Nr. 1 a VIG. Die aktive staatliche Verbraucherinformation sei von der antragsgebundenen Informationsgewährung zu unterscheiden. Die Maßstäbe, die an ein behördliches Informationshandeln im Rahmen des § 40 LFGB angelegt würden, seien daher nicht auf § 2 Abs. 1 VIG anwendbar. Mit aktivem Informationshandeln gemäß § 40 LFGB wende sich der Staat nicht an einen einzelnen, zuvor selbst initiativ gewordenen Anspruchsteller, sondern an alle Marktteilnehmer und wirke so unter Inanspruchnahme amtlicher Autorität direkt auf den öffentlichen Kommunikationsprozess ein. Die Informationsgewährung auf Grundlage des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG erfolge durch die Antragsgegnerin lediglich ausschließlich gegenüber dem Antragsteller im VIG-Verfahren und unter Hinweis darauf, dass eine etwaige Weiterverwendung hiervon nicht umfasst sei, so dass erhebliche Wettbewerbs- oder Kreditschädigungen durch eine mögliche geschäftsschädigende Veröffentlichung nicht zu erwarten seien. Es sei de lege nicht Voraussetzung des Informationszugangs, dass ggf. festgestellte Abweichungen noch fortdauerten. Im Falle der Einlegung von Rechtsmitteln liefe der Informationsanspruch weitgehend leer, wenn nur die Information über noch bestehende Mängel herausgegeben werden könnten. Sofern durch eine Veröffentlichung der gewährten Informationen durch Private im Internet eine dem staatlichen Informationshandeln vergleichbare Breitenwirkung erzielt werde, so könnten sich die betroffenen Unternehmer zivilrechtlich zur Wehr setzen. Zudem sei zu beachten, dass privaten Veröffentlichungen auch im Fall einer vergleichbaren Breitenwirkung nicht die Autorität staatlicher Publikation zukomme.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.618) Bezug genommen.
II.
12
Die Beiladung unter Nr. I des Tenors beruht auf § 65 Abs. 2 VwGO. Beantragt ein Dritter die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem die informationspflichtige Stelle einem Antrag auf Zugang zu ihn betreffenden Informationen stattgibt, ist der oder die durch den Verwaltungsakt Begünstigte notwendig beizuladen. Die mit einem solchen Antrag begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kann nicht getroffen werden, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig die Rechte des Beigeladenen verändert oder aufgehoben werden. Damit kann die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO ergehen. Durch die Beiladung wird die Sachentscheidung des Gerichts gemäß § 121 VwGO auch dem Beigeladenen gegenüber wirksam (vgl. VG Würzburg, B.v. 8.1.2018 - W 8 S 17.1396 - juris sowie Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, § 5 VIG Rn. 34; Schulz in PdK Bu K-6 C, Juli 2018, § 5 VIG Erl. 6; a.A. VG Leipzig, B.v. 11.2.2014 - 5 L 555/13 - juris).
13
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die an den Beigeladenen adressierte Entscheidung über die Erteilung der Informationen nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und begründet.
14
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist entgegen dem Vorbringen der Antragstellerseite nicht § 40 LFGB, sondern § 2 Abs. 1 VIG, da kein aktives staatliches Informationshandeln vorliegt.
15
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation wie folgt entschieden (vgl. VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris):
„1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.
a) Statthaft ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG, da die in der Hauptsache statthafte Drittanfechtungsklage in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Vorliegend geht es um den Fall der festgestellten nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c VIG.
b) Der Antragsteller ist nach § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt. Adressat des angegriffenen Bescheids ist zwar nur der Beigeladene und nicht der Antragsteller, jedoch kann der Antragsteller auf der Grundlage seines Antragsvorbringens die Verletzung einer drittschützenden Norm geltend machen. § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG sieht nach seinem ausdrücklichen Wortlaut auch den Schutz privater Belange vor. Hiernach entfällt der Anspruch auf Informationsgewährung, wenn die dort abschließend aufgezählten Belange berührt werden. Die Veröffentlichung von Informationen über (inzwischen beseitigte) Mängel im Betrieb des Antragstellers kann möglicherweise auch zu einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 - 1 BvF 1/13 -, juris und VG Würzburg, Beschluss vom 08. Januar 2018 - W 8 S 17.1396 -, juris).
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 30.01.2019 ist zudem begründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.).
Vorliegend ist zu beachten, dass es sich in der konkreten Fallkonstellation zum einen um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt und darüber hinaus eine Ablehnung des Antrags die Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte zur Folge hätte, was dazu führt, dass es sich bei der Ablehnung des Antrags um eine Regelung handelt, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, auch wenn die Entscheidung in der Hauptsache anders ausfällt. Regelungen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können und die praktisch die Hauptsache vorwegnehmen, sind im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes jedoch nur zulässig, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig sind und wenn außerdem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht. Die Rechtmäßigkeit allein genügt deshalb noch nicht, um eine Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen (vgl. Kopp/Schenke, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 156 und Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO § 80 Rn. 92 und OVG B.-B., Beschluss vom 18.02.2014- 12 S 124.12 -, juris).
Da der vorliegende Fall mehrere Sach- und Rechtsfragen aufwirft, kann im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung weder von einer (offensichtlichen) Rechtswidrigkeit noch von einer (offensichtlichen) Rechtmäßigkeit des an den Beigeladenen adressierten Bescheids vom 30.01.2019 ausgegangen werden, sodass die Erfolgsaussichten als offen zu bewerten sind und insbesondere kein für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlicher „hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren“ angenommen werden kann (a). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass eine sofortige Zugänglichmachung der Informationen nach dem VIG an den Beigeladenen aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes notwendig wäre. Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt damit zugunsten des Antragstellers aus (b).
a) Auf tatsächlicher Ebene ist in einem Hauptsacheverfahren zu klären, ob die streitgegenständlichen Kontrollberichte - wie von der Antragstellerseite ausgeführt - lediglich beschreibender Natur sind oder - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof fordert - auch eine rechtliche Subsumtion der Kontroll- und Untersuchungsergebnisse durch die zuständige Vollzugsbehörde beinhalten (BayVGH Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2017 - 20 BV 15.2208 -, Rn. 47, juris und VG Regensburg, 9. Juli 2015, RN 5 K 14.1110).
Darüber hinaus wirft der vorliegende Fall auch mehrere Rechtsfragen auf, insbesondere hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit eines über die von foodwatch/FragDenStaat betriebenen Plattform „Topf Secret“ gestellten Antrags, einer unzulässigen Umgehung des § 40 Abs. 1a LFGB und der Verfassungsmäßigkeit des Verbraucherinformationsgesetzes im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. März 2018, 1 BvF 1/13. Zwar handelt es sich vorliegend um kein staatliches Informationshandeln im Sinne einer unmittelbaren Veröffentlichung. Staatliches Handeln liegt jedoch auch grundsätzlich bereits in der behördlichen Herausgabe der Informationen an die antragstellenden Privatpersonen. Amtliche Informationen kommen einem Eingriff in die Berufsfreiheit aber jedenfalls dann gleich, wenn sie direkt auf die Marktbedingungen konkret individualisierter Unternehmen zielen, indem sie die Grundlagen von Konsumentscheidungen zweckgerichtet beeinflussen und die Markt- und Wettbewerbssituation zum Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 - BvF 1/13 -, juris). Zwar ist das Schutzbedürfnis des Unternehmens vor einer aktiven staatlichen Veröffentlichung unrichtiger Informationen ungleich größer als in den Fällen der antragsveranlassten individuellen Einsichtsgewähr. Denn die Öffentlichkeitsinformation, die - wie etwa eine produktbezogene Warnung - auf Initiative des Staates erfolgt, ist ihrer Intention nach auf eine unmittelbare Unterrichtung des Marktes gerichtet. Der Staat nimmt in diesem Fall selbst am öffentlichen Kommunikationsprozess teil und wirkt unmittelbar auf ihn ein. Er selbst wählt dabei die Informationen aus, die er bekannt geben will. Die Informationen sollen für die Verbraucherinnen und Verbraucher verständlich dargestellt werden, § 6 Abs. 1 Satz 4 VIG. Informationen, die der Staat in einem solchen Sinne direkt an alle Markteilnehmer richtet, finden eine breite Beachtung. Sie wirken sich auf die Wettbewerbsposition eines am Markt tätigen Unternehmens mit einer deutlich größeren Intensität aus als die Informationsgewährung an einen einzelnen Antragsteller (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 15.6.2015 - 7 B 22.14 - juris Rn. 12 und BayVGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - 20 BV 15.2208 -, Rn. 54, juris). Es stellt sich aber gerade in vorliegender Fallgestaltung die Frage, ob die staatliche Informationsweitergabe an einen Antragsteller, der seinen Antrag über die Plattform „Topf Secret“ stellt, aufgrund der zu erwartenden Veröffentlichung auf der Plattform in ihren Auswirkungen nicht einer unmittelbaren staatlichen Information sehr nahe kommt, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Staat - im Gegensatz zu einer eigenen Veröffentlichung der Informationen im Internet, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG - nach Herausgabe der Informationen an den Antragsteller auf den öffentlichen Kommunikationsprozess auf der von foodwatch/FragDenStaat betriebenen Plattform gerade nicht mehr einwirken kann und durch die Veröffentlichung der behördlichen Schreiben bzw. Bescheide beim Leser der Eindruck eines behördlichen Informationshandeln entstehen kann. Insofern müsste geprüft werden, ob in vorliegender Konstellation nicht ein wichtiger Grund i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG gegeben ist, der dazu führt, dass man den Antragstellern, die ihren Antrag erkennbar über die Plattform „Topf Secret“ stellen, die streitgegenständlichen Informationen gerade nicht durch Übersendung der Kontrollberichte, sondern im Rahmen von Akteneinsicht oder durch Auskunftserteilung, die schon dem Wortlaut nach gerade nicht auf die bloße Übersendung der Kontrollberichte beschränkt ist, zugänglich macht.
b) Eine Abwägung der gegenläufigen Interessen des Antragstellers und des Beigeladenen fällt vorliegend zugunsten des Antragstellers aus. Nach Auffassung der erkennenden Kammer überwiegt hier das Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen Nichtherausgabe der streitgegenständlichen Informationen bis über das Hauptsacheverfahren entschieden worden ist, insbesondere da eine Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte an den Beigeladenen und damit die entsprechende Kenntnisnahme des Beigeladenen von den Informationen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte und der Informationszugang für den betroffenen Antragsteller zu erheblichen Nachteilen führen kann. Eine Herausgabe würde somit vollendete Tatsachen schaffen und damit zur Vorwegnahme der Hauptsache führen. Demgegenüber ist kein gesteigertes Interesse des Antragsgegners oder des Beigeladenen an der sofortigen Übermittlung der beantragten Informationen ersichtlich. Streitgegenständlich ist die Herausgabe von Kontrollberichten datiert auf den 10.03.2016 und den 07.06.2018, mithin um Berichte, die bereits vor drei Jahren bzw. neun Monaten erstellt wurden. Schwere und unzumutbare Nachteile aufgrund der vorläufigen Nicht-Zuänglichmachung der Informationen drohen für den Beigeladenen damit gerade nicht. Eine Eilbedürftigkeit der Herausgabe wurde zudem auch weder von Seiten des Antragsgegners noch von Seiten des Beigeladenen geltend gemacht.
Nach alledem war dem Antrag statt zu geben“.
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Das Verwaltungsgericht Würzburg schließt sich für den vorliegenden Fall den vorstehenden Ausführungen im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung an (siehe auch schon VG Würzburg, B.v. 3.4.2019 - W 8 S 19.239 - juris; B.v. 11.4.2019 - W 8 S 19.289 - juris; B.v. 15.4.2019 - W 8 S 19.311 - juris; B.v. 8.5.2019 - W 8 S 19.443 - juris; B.v. 27.5.2019 - W 8 S 19.506 und W 8 S 19.507; B.v. 11.6.2019 - W 8 S 19.625; B.v. 12.6.2019 - W 8 S 19.586. Ebenso im Ergebnis mit unterschiedlichen Schwerpunkten in der Argumentation VG Hamburg, B.v. 27.5.2019 - 20 E 934/19 - juris sowie - bislang - unveröffentlicht etwa VG Stade, B.v. 1.4.2019 - 6 B 380/19; VG Bayreuth, B.v. 8.4.2019 - B 7 S 19.286; VG Koblenz, B.v. 10.4.2019 - 1 L 287/19.KO; B.v. 7.5.2019 - 1 L 403/19.KO; VG Potsdam, B.v. 11.4.2019 - VG 9 L 221/19; VG Köln, B.v. 17.4.2019 - 13 L 471/19; VG Sigmaringen, B.v. 18.4.2019 - 10 K 1068/19; VG Neustadt a.d. Weinstraße, B.v. 30.4.2019 - 4 L 416/19.NW). Das Verwaltungsgericht Würzburg sieht den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache gleichermaßen als offen an. Insbesondere sind noch weitere Fragen zu klären. Angesichts einer bei Antragsablehnung erfolgenden Vorwegnahme der Hauptsache zum Nachteil der Antragstellerin fällt die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus.
Ergänzend ist noch auszuführen:
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Den betreffenden Kontrollberichten ist schon nicht zu entnehmen, dass es sich bei den dortigen Inhalten um von den zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von den Anforderungen der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG genannten Vorschriften handelt.
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Eine Abweichung bedeutet, dass ein bestimmter Vorgang mit lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Es geht um Daten über nicht zulässige Abweichungen vom gesamten geltenden nationalen und unionsrechtlichen Lebensmittel- und Futtermittelrecht. Die europäischen Regelungen müssen gegenständlich dem Lebensmittel- und Produktsicherheitsrecht zuzuordnen sein. Notwendig ist die Feststellung eines Tuns, Duldens oder Unterlassens, das objektiv mit Bestimmungen der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG genannten Vorschriften nicht übereinstimmt. Dazu bedarf es einer zusätzlich juristisch-wertenden Einordnung durch die zuständige Behörde im Sinne einer rechtlichen Subsumtion. Eine Abweichung muss durch die zuständige Behörde festgestellt sein. Ein Verstoß ist die Nichteinhaltung der betreffenden Bestimmungen, wobei ein objektiver Verstoß genügt (vgl. NdSOVG, U.v. 27.2.2018 - 2 LC 58/17 - LRE 76, 86; U.v. 24.10.2017 - 10 LA 90/16 - RdL 2018, 97; BayVGH, U.v. 16.2.2017 - 20 BV 15.2208 - LRE 74, 122; OVG NRW, U.v. 12.12.2016 - 13 A 846/15 - DVBl 2017, 445).
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Nichtzulässige Abweichungen erfordern daher eine objektive Diskrepanz zwischen den gesetzlichen Anforderungen und der tatsächlichen Situation unabhängig vom Verschulden. Die nichtzulässigen Abweichungen müssen sich dabei auf die Anforderungen der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG genannten lebensmittelrechtlichen Vorschriften beziehen (Rossi in BeckOK, Information und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 23. Edition, Stand 1.5.2018, § 2 VIG Rn. 14 ff.). Dazu bedarf es der Feststellung durch die zuständige Behörde in Form einer rechtlichen Bewertung. Eine nicht zulässige Abweichung von einer Rechtsvorschrift ist gleichbedeutend mit einem Verstoß gegen diese Rechtsvorschrift (Heinicke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 171. EL Juli 2018, § 2 VIG Rn. 18 ff.; Schulz in PdK Bu K-6c, Juli 2018, § 2 VIG, Erl. 5.1 und 5.1.1; Sicko in Debus, Informationszugangsrecht Baden-Württemberg, 1. Aufl. 2017, § 2 VIG Rn. 7 f.).
20
Einer Subsumtion im Sinne einer Unterordnung eines Sachverhalts unter einen (einschlägigen) Rechtssatz ist indes nicht ersichtlich. Ein wesentlicher Teil der Subsumtion ist das Erkennen des konkreten auf den zugrunde gelegten Sachverhalt anzuwendenden Rechtssatzes (vgl. dazu nur etwa Weidenkaff in Creifelds, Rechtswörterbuch, 22. Edition 2016, Stichwort „Subsumtion“ und Stichwort „Rechtsanwendung“). Die Anwendung des Rechts auf einen gegebenen Sachverhalt unter konkreter Zuordnung unter die einschlägigen lebens- oder futtermittelrechtlichen Rechtsvorschriften fehlt.
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Der Kontrollbericht vom 28. Januar 2019 enthält nach seiner Systematik die Beschreibung eines Zustandes im Sinne einer Sachverhaltsdarstellung unter dem Stichwort „Detailfeststellungen“. Rechtsnormen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG als Rechtsgrundlagen sind nicht genannt, so dass sich - jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Sofortverfahrens - nicht feststellen lässt, von welcher Rechtsvorschrift jeweils in unzulässiger Weise abgewichen worden sein soll. Der Rückschluss von einer dokumentierten Mängelbeschreibung genügt in der Allgemeinheit nicht, weil es an einem konkreten Bezug gerade zu den relevanten Vorschriften fehlt, die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG genannt sind und von denen ein unzulässiges Abweichen behördlicherseits festgestellt werden muss (so etwa BayVGH, U.v. 16.2.2017 - 20 BV 15.2208 - LRE 74, 122).
22
Des Weiteren ist offen, ob die Feststellung der unzulässigen Abweichungen durch die Behörde in einem bestandskräftigen Verwaltungsakt erfolgen muss. Zwar ist dies nach bisher überwiegender Auffassung nicht erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 - 20 BV 15.2208 - LRE 74, 122; Schulz in PdK Bu K-6c, Juli 2018, § 2 VIG, Erl. 5.1.1; Rossi in BeckOK, Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 23. Edition, Stand 1.5.2018, § 2 VIG Rn. 16). Jedoch hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision gegen das vorstehend zitierte Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit der ausdrücklichen Begründung zugelassen, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil das Revisionsverfahren voraussichtlich zur Klärung beitragen kann, ob es hinsichtlich der Voraussetzungen des Anspruchs auf freien Zugang zu Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes bedarf (BVerwG, B.v. 29.9.2017 - 7 B 6/17 - juris).
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Eine weitere offene Frage ist die Frage eines eventuellen Missbrauchs gemäß § 4 Abs. 4 VIG. Das nicht abschließende Regelbeispiel des § 4 Abs. 4 Satz 2 VIG ist wohl nicht erfüllt. Der Begriff des Missbrauchs ist im Übrigen in dem Zusammenhang nicht näher definiert. Eine Missbräuchlichkeit ist auch mit Blick auf vergleichbare Rechtsvorschriften dann gegeben, wenn das Informationsbegehren erkennbar nicht dem Zweck des Informationsgesetzes dient, Öffentlichkeit in dem betreffenden Bereich herzustellen und dadurch etwaige bestehende Missstände aufzudecken und letztlich abzustellen. Der Betreffende muss diesen Zweck mit seinem Informationsbegehren nicht unmittelbar erreichen. Ein behördlicher Missbrauch (querulatorischer Zweck) und ein verwendungsbezogener Missbrauch (Verwendungszweck außerhalb des Gesetzes) lassen sich unterscheiden. Ein querulatorischer Fall läge etwa vor, wenn eine Vielzahl identischer Informationsanträge lediglich zur Generierung anwaltlicher Gebühren gestellt würde oder wenn es erkennbar darum ginge, die Arbeit der Verwaltung zu erschweren oder ein Verwaltungsverfahren zu verzögern (vgl. NdsOVG, U.v. 27.2.2018 - 2 LC 58/17 - LRE 76, 86; OVG Bln-Bbg, U.v. 22.2.2018 - OVG 12 B 16.17 - NVwZ 2018, 1886; jeweils m.w.N.; siehe auch VG Regensburg, U.v. 9.7.2015 - RN 5 K 14.1110 - juris sowie VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris). Ob ein Missbrauchsfall anzunehmen ist, weil offenbar in einer Vielzahl von Fällen über eine bestimmte Internetseite Anträge nach dem VIG mit dem Zweck gestellt werden, Informationen sodann auf dieser Internetseite zeitlich unbegrenzt zu veröffentlichen, und ob jedenfalls insoweit eine subjektive Rechtsverletzung des/der Betroffenen anzunehmen ist (a.A. BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.978 - juris; B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 - LRE 74, 122), kann im vorliegenden Sofortverfahren bei summarischer Prüfung nicht abschließend entschieden werden.
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Zudem ist in der vorliegenden Konstellation offen, ob die Übersendung der Kontrollberichte in Schriftform das relativ mildeste Mittel im Rahmen der Art der Informationsgewährung darstellt. Das VG Regensburg hat in seinem Beschluss vom 15. März 2019 im Zusammenhang mit der klärungsbedürftigen Frage einer unzulässigen Umgehung des § 40 Abs. 1a LFGB bereits ausgeführt, dass geprüft werden müsste, ob in der vorliegenden Konstellation nicht ein wichtiger Grund i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG gegeben ist, der dazu führt, dass die Informationen nicht durch Übersendung der Kontrollberichte, sondern im Rahmen von Akteneinsicht oder durch Auskunftserteilung zugänglich macht (VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris; vgl. die oben zitierten Ausführungen). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, dass die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung in Bezug auf den Dritten das relativ mildeste Informationsmittel wählt (Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, 2013, Teil D, § 6 Rn. 3). Der Bescheid an den Beigeladenen enthält insofern keinen einschränkenden Hinweis, sondern stellt die Weiterverwendung der Informationen in die alleinige Verantwortung und das Risiko des Beigeladenen, so dass sich die Frage stellt, ob die Antragsgegnerin mit Blick auf die betroffenen wechselseitigen Grundrechte verpflichtet wäre, weitergehende Vorkehrungen im Rahmen der Informationsgewährung zu treffen.
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Das Gericht schließt sich schließlich auch den oben zitierten Ausführungen des VG Regensburg zur erforderlichen Interessenabwägung an (VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris). Die Abwägung der gegenläufigen Interessen der Antragstellerin und des Beigeladenen fällt vorliegend zugunsten der Antragstellerin aus. Das Informationsinteresse des Beigeladenen muss einstweilen zurücktreten. Denn die Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte könnte nicht mehr rückgängig gemacht werden und würde zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen. Besteht der Grundrechtseingriff in der Herausgabe von Informationen, so ist er im besonderen Maße irreversibel. Im Regelfall muss es bei dem aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitenden verfassungsrechtlichen Grundsatz bleiben, wonach die vollziehende Behörde nicht der Entscheidung über eingelegte Rechtsbehelfe vorgreift. Aufgrund der besonders verfassungsrechtlich verankerten Interessen, um deren Schutz es bei dem Begehren des betroffenen Dritten (hier des Antragstellers) regelmäßig gehen wird, wird in der Regel sein Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegen. Hinzu kommt, dass es im vorliegenden Fall durch die zu erwartende Einbindung der Kommunikation über die Internetseite, mit dem Ziel der Veröffentlichung der behördlichen Informationen auf dieser Internetseite, qualitativ und quantitativ nahe an einen direkten unmittelbaren Grundrechtseingriff zu Lasten der betroffenen Antragstellerin heranreicht, so dass in der vorliegenden Konstellation erst recht dem Interesse an einer zügigen Information der Bürger das gegenläufige Interesse der Antragstellerin entgegensteht, zumal die Hygienemängel vom 28. Januar 2019 nach dem Kontrollbericht vom 29. Januar 2019 weitgehend abgestellt waren (Rossi in BeckOK, Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 23. Edition, Stand 1.5.2018, § 5 VIG Rn. 25). Ein gesteigertes Interesse des Beigeladenen an einer sofortigen Informationsübermittlung ist demgegenüber vorliegend nicht erkennbar.
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Die Intensität eines Schadens zum Nachteil der Antragstellerin ist durch die Multiplikation über die Internetplattform „Topf Secret“ (Foodwatch/FragDenStaat) ungleich höher als bei einer Einzelauskunft an eine Privatperson. Die Streuung über den Multiplikator Internet erfolgt unmittelbar, unumkehrbar und unbefristet und anders als im Fall des § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB auch bei geringfügigen Beeinträchtigungen, bei denen kein Bußgeld in Höhe von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist. Zwar hat der Antragsgegner vorliegend erklärt, dass die Information an den Beigeladenen in Schriftform bekannt gegeben werde, so dass anders als bei einer Übersendung der Korrespondenz und Kontrollberichte an die durch das Portal „Topf-Secret“ generierte E-Mailadresse diese nicht automatisiert auf das Portal geladen werden könnten. Insofern ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine postalisch erfolgende Zustellung von Kopien der begehrten Kontrollberichte deren Scannen und anschließendes Einstellen auf die Plattform nicht verhindern kann, ebenso wenig wie der im streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Hinweis, dass die Weiterverwendung der Informationen in der alleinigen Verantwortung und Risiko des Beigeladenen liege.
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Nach alledem war dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage stattzugeben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat seine außergerichtlichen Kosten mangels Antragstellung gemäß § 154 Abs. 3 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen.
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Die Streitwertfestsetzung resultiert aus § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach für sonstige Maßnahmen im Lebensmittelrecht der Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen, sonst - wie hier - der Auffangwert von 5.000,00 EUR anzusetzen ist, welcher nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist, sodass 2.500,00 EUR festzusetzen waren.