Inhalt

OLG München, Beschluss v. 28.05.2019 – 7 W 598/19
Titel:

Streitwertfestsetzung nach Verbindung mehrerer aktienrechtlicher Beschlussmängelklagen

Normenketten:
AktG § 246 Abs. 3, § 247
GKG § 63 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 68 Abs. 3, Abs. 1 S. 5
Leitsatz:
1. Die bis zur Verfahrensverbindung in den hinzuverbundenen Verfahren entstandenen Gebühren bleiben bestehen und bestimmen sich auf der Basis des im führenden Verfahren endgültig festgesetzten Streitwerts; einer gesonderten und gestaffelten Wertfestsetzung bedarf es nicht. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Streitwert, Aktienrechtliche Beschlussmängelklage, Verbindung
Vorinstanz:
LG München I, Beschluss vom 11.03.2019 – 5 HK O 495/19 (2)
Fundstellen:
AG 2019, 848
LSK 2019, 10909
BeckRS 2019, 10909

Tenor

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 11.3.2019 (Az.: 5 HK O 495/19 (2)) wird zurückgewiesen.

Gründe

1
I. Streitgegenständlich in erster Instanz war ein Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten. Hiergegen richteten sich insgesamt drei Beschlussmängelklagen, die jeweils von einzelnen Gruppen der Kläger erhoben worden waren. Das Landgericht hat in allen drei Verfahren den Streitwert zum Zwecke der Vorschussanforderung durch Beschlüsse vom 18.1.2019 jeweils vorläufig auf 500.000,- € festgesetzt. Mit Beschlüssen vom 4.2.2019 hat das Landgericht die beiden anderen Verfahren zum vorliegenden Verfahren verbunden. Dieses Verfahren erledigte sich durch Klagerücknahmen seitens aller Kläger auf der Basis von außergerichtlichen Vergleichen. In diesen Vergleichen gingen die Parteien von einem Streitwert des vorliegenden Verfahrens von 3 Mio. € aus. Durch den angegriffenen Beschluss hat das Landgericht den Streitwert auf 3 Mio. € festgesetzt.
2
Hiergegen richtet sich die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse, mit der sie begehrt, den Streitwert für die Zeit bis zur Verbindung getrennt für die drei Ausgangsverfahren auf je 500.000,- €, für die Zeit zwischen Verbindung und Abschluss der außergerichtlichen Vergleiche für das verbundene Verfahren auf 1,5 Mio. € und für die Zeit ab Abschluss der Vergleiche auf 3 Mio. € festzusetzen. Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.5.2019 nicht abgeholfen.
3
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
4
1. Die Kriterien für die Festsetzung des Streitwerts bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen ergeben sich aus § 247 AktG. Keines dieser Kriterien stellt darauf ab, ob sich bei dem festgesetzten Streitwert Rückerstattungsansprüche gegen die Staatskasse ergeben. Daraus folgt auch (wie schon aus allgemeinen Kriterien), dass die Festsetzung eines vorläufigen Streitwerts zum Zwecke der Einforderung eines Gebührenvorschusses nach § 63 Abs. 1 GKG das Gericht bei der (am Ende der Instanz zu erfolgen habenden) Festsetzung des (endgültigen) Streitwerts nach § 63 Abs. 2 GKG nicht bindet.
5
Zu Recht hat daher das Landgericht den Streitwert für das Verfahren insgesamt nach den Verhältnissen am Schluss der Instanz, also unter Berücksichtigung der Verfahrensverbindungen festgesetzt. Dabei hat es seine Ermessensentscheidung, den „Deckelbetrag“ von 500.000,- € zu überschreiten, mit nachvollziehbaren Kriterien begründet, so dass hiergegen nichts zu erinnern ist. Dass diese Entscheidung im Ergebnis den Vorstellungen der Parteien in den außergerichtlichen Vergleichen folgt, ist insoweit in der Beschwerdeinstanz irrelevant, da das Landgericht hierauf bei seiner Ermessensausübung nicht abgestellt hat; jedenfalls aber kann hieraus kein Argument gegen den festgesetzten Streitwert hergeleitet werden.
6
2. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Beschwerde, dass für jedes der zunächst noch unverbundenen Verfahren getrennte Streitwerte für die Zeit bis zur Verbindung festzusetzen sind. Richtig ist zwar, dass die einzelnen Verfahren bis zur Verbindung rechtlich selbständig waren und die in diesen Verfahren bis zur Verbindung entstandenen Gebühren daher bestehen bleiben (BGH, Beschluss vom 14.5.2013, II ZB 12/12, Rz. 13; OLG Koblenz, Beschluss vom 22.4.2005, 14 W 232/05, Rz.8). Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass insoweit getrennte Streitwerte festzusetzen wären; vielmehr berechnen sich die endgültigen Verfahrensgebühren (und damit auch eventuelle Erstattungsansprüche der einzelnen Kläger bzw. Klägergruppen) auf der Basis des endgültig festgesetzten Streitwerts (OLG Koblenz, a.a.O. Rz. 9). Dass die Verfahren nach § 246 Abs. 3 AktG zwingend zu verbinden waren, rechtfertigt keine andere Beurteilung (OLG Koblenz, a.a.O., Rz. 10). Das bedeutet im konkreten Fall, dass die Verfahrensgebühr für jede der später verbundenen Klagen mit Einreichung der jeweiligen Klageschrift aus einem Streitwert von 3 Mio. € entstanden ist (zur Berechnung vgl. OLG Koblenz, a.a.O.); diesbezüglich bedarf es nicht einer gesonderten und gestaffelten Streitwertfestsetzung.
7
III. Eine Kostenentscheidung und eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht veranlasst (§§ 68 Abs. 3, Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 GKG).