Inhalt

VGH München, Urteil v. 13.02.2019 – 19 N 15.420
Titel:

Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2
BJagdG § 21 Abs. 1, Abs. 2, § 22 Abs. 1 S. 3
BayWaldG Art. 1 Abs. 2 Nr. 2
BayJG Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, Art. 32 Abs. 2 S. 2, Art. 33 Abs. 3 Nr. 1
Leitsätze:
1. Abgesehen vom Verbissschutz-Anspruch besteht kein Anspruch auf einen bestimmten Wildbestand (Parallelentscheidung zum U.v. 11.12.2017 Az. 19 N 14.1022; Fortführung der bisherigen Rspr.). (Rn. 88)
2. Die Aufhebung von Schonzeiten zur Ermöglichung/Unterstützung der Schutzwaldsanierung kann auf § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG gestützt werden (Gründe der Landeskultur, Schutz vor übermäßigen Wildschäden, sonstiger besonderer Grund). (Rn. 106 – 118)
3. Eine Abgrenzung des Geltungsbereichs einer jagdlichen Verordnung, die bei dem jeweiligen Abschuss die Feststellung erlaubt, dass der Jagdausübungsberechtigte und das angesprochene Wild im Geltungsbereich stehen, genügt dem Bestimmtheitserfordernis. (Rn. 120 – 125)
4. Verstöße gegen naturschutzrechtliche, wasserrechtliche oder tierschutzrechtliche Bestimmungen sind nicht zu erkennen. (Rn. 126 – 135)
Schlagworte:
Verordnung über die Aufhebung von Schonzeiten, Teilbarkeit der Verordnung, Befugnis zur Normenkontrolle (Einzelfall eines irreführenden Betroffenheitsvorbringens), Schonzeiten-Aufhebung aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Landeskultur und zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, Bestimmtheit des Geltungsbereichs der Verordnung, natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen („Wald vor Wild“), Vereinbarkeit mit sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere Naturschutzrecht, Wasserrecht, Tierschutzrecht), Verbissschutz, Wildbestand, Schonzeit, Jagdausübung, Bestimmtheitserfordernis, Entstehungszeit, Wildschaden, Gefahrenabwehr, Sanierungsgebiet
Fundstelle:
BeckRS 2019, 10612

Tenor

I. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Antragsteller ist Eigentümer des Eigenjagdreviers „… … … …“, das knapp 500 ha groß ist. In diesem Eigenjagdrevier, das der Hochwildhegegemeinschaft M. angehört, ist der Antragsteller Jagdausübungsberechtigter. Das Revier ist zu ca. 80% bewaldet. Es herrschen stark fichtendominierte Bergmischwälder vor.
2
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014, die im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 4/2014 am 21. Februar 2014 amtlich bekannt gemacht wurde und der Sanierung von - fast ausschließlich staatseigenem - Schutzwald dient.
3
Dieser Verordnung gingen zunächst Einzelverwaltungsakte zur Schonzeitverkürzung für zahlreiche Gebiete in Oberbayern und anschließend (zum Zwecke der Vereinheitlichung der Regelungen) drei Rechtsverordnungen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt und identischer Zielsetzung voraus. Es handelte sich um folgende Verordnungen, die alle die nunmehrigen Verordnungsteilgebiete H., S. und St. noch nicht beinhalteten:
4
1. Verordnung über die Aufhebung der Schonzeit für Schalenwild im Regierungsbezirk Oberbayern vom 27. Januar 2000 mit Geltung vom 15. Februar 2000 bis zum 1. August 2002.
5
2. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 21. Februar 2003 mit Geltung vom 8. März 2003 bis zum 1. August 2008.
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3. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008 mit Geltung vom 15. Dezember 2008 bis zum 14. Dezember 2013.
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Die angefochtene Verordnung vom 14. Februar 2014 hat folgenden Inhalt:
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8
In den in § 2 bezeichneten Gebieten darf die Jagd im Rahmen der geltenden Abschussplanung abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten wie folgt ausgeübt werden:
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Rotwild:
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Hirsche Klasse III vom 1. Februar bis 31. Juli
11
Kälber vom 1. Februar bis 31. März
12
Schmaltiere vom 1. April bis 31. Mai
13
Gamswild:
14
Gamswild vom 16. Dezember bis 31. Januar
15
Böcke, Jährlinge und weibliches Gamswild bis zwei Jahre vom 1. Februar bis 31. Juli
16
Kitze vom 1. Februar bis 31. März
17
Rehwild:
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Böcke vom 16. Oktober bis 30. April
19
Kitze vom 16. Januar bis 31. März
20
Schmalrehe vom 16. Januar bis 31. Januar und vom 1. April bis 30. April
21
Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar
§ 2
22
(1) Die in § 1 geregelte Schonzeitaufhebung gilt für die in den Verordnungskarten (Maßstab 1:25.000) dargestellten Flächen folgender Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebiete: (…)
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4. Im Landkreis M.:
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(…) H. (…)
25
S. (…)
26
St. (…)
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(2) Diese Gebiete sind als gerasterte Flächen in 5 Kartenblättern, Maßstab 1:200.000, und, abgegrenzt durch rote Linien, in 25 Karten, Maßstab 1:25.000, jeweils ausgefertigt durch die Regierung von Oberbayern, eingetragen. Die Karten im Maßstab 1:200.000 werden als Bestandteil dieser Verordnung (Anlage Blatt 1 - 5) veröffentlicht und dienen zur Orientierung über die Lage der Gebiete im Regierungsbezirk Oberbayern. Die Karten im Maßstab 1:25.000 werden als Bestandteil der Verordnung bei der Regierung von Oberbayern archivmäßig verwahrt und sind während der Dienststunden (Montag bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr) allgemein zugänglich. Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.
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(3) In Zweifelsfällen über den genauen Geltungsbereich der Verordnung sind die archivmäßig verwahrten Karten, Maßstab 1:25.000 (Innenseite der roten Linien), maßgebend.
§ 3
29
Diese Verordnung tritt am 22. Februar 2014 in Kraft; sie tritt am 21. Februar 2019 außer Kraft.“
30
Das gesamte Eigenjagdrevier des Antragstellers gehört zum Schutzwaldsanierungsgebiet „S.“ (1970 ha, GA 19 N 15.420, S. 451), weist aber keine Überschneidungen mit einem Verordnungsteilgebiet auf. Im Eigenjagdrevier des Antragstellers ist die Schutzwaldsanierungsfläche L. (Nr. …, 7,1 ha, GA 19 N 15.420, S. 452; geschälte Fichte im unmittelbaren Einzugsbereich der Fütterung) ausgewiesen (die Sanierungsfläche A. < geschälte Fichte > wurde im Dezember 2015 aufgelöst). Das Eigenjagdrevier grenzt mit seiner Ostseite zur Hälfte an das Verordnungsteilgebiet H. an, das Sanierungsflächen enthält, aber keinem Sanierungsgebiet angehört, und mit seiner Süd- bzw. Westseite vollständig bzw. zur Hälfte an das Verordnungsteilgebiet S., das Teil des Sanierungsgebiets S. ist und mehrere Sanierungsflächen enthält. Das Verordnungsteilgebiet St. liegt östlich des Verordnungsteilgebiets H., ist Teil des Sanierungsgebiets St. und enthält keine Sanierungsflächen. Die Verordnungsteilgebiete H., S. und St. bilden eine zusammenhängende Fläche und gehören zum Staatsjagdrevier „Forstbetrieb Sc.“.
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Am 20. Februar 2015 hat der Antragsteller gegen die Verordnung vom 14. Februar 2014 einen Antrag nach § 47 VwGO gestellt.
32
Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus, die Verordnung greife in sein Eigentumsgrundrecht ein. Seine Antragsbefugnis könne nicht aufgrund der Abschusszahlen in den streitgegenständlichen Verordnungsgebieten infrage gestellt werden. Aus Abschusszahlen könnten nur dann sinnvoll Erkenntnisse gezogen werden, wenn sie Rückschlüsse darauf zuließen, welche Abschüsse dort erfolgt seien, wo die Schonzeitaufhebung wirken solle. Notwendig wäre eine exakte Angabe, welche Anzahl an Rot-, Reh- und Gamswildabschüssen in welchem Zeitraum seit Einführung der Verordnung in dem jeweiligen Verordnungsgebiet erfolgt sei. Gleichbleibend hohe Abschusszahlen wiesen keineswegs auf eine nach wie vor hohe Population hin. Verbissgutachten seien nur dann zur Beurteilung geeignet, wenn sie die Situation in den einzelnen Verordnungsgebieten und in den umliegenden Gebieten erkennbar machten. Für die Frage, ob eine bestimmte Rechtsverordnung den Antragsteller möglicherweise in seinen Rechten verletze, könne es keinesfalls auf die Frage ankommen, in welcher Intensität diese angewendet worden sei, solange sie existiere und angewendet werden könne. In Reaktion auf die Bejagung in den Verordnungsteilgebieten während der Schonzeit ziehe sich das Wild in Bereiche zurück, in denen - wie im Eigenjagdrevier des Antragstellers - eine solche Bejagung nicht stattfinde, wo dann zusätzlicher Verbiss an jungen Bäumen entstehe. Der durch die Vergrämung ausgelöste Stress der Tiere verursache aus wildbiologischen Gründen einen massiven stressbedingten Zusatzverbiss. Die Störung des natürlichen Stoffwechseltiefs des Wildes in der Schonzeit bewirke einen erhöhten Nahrungsbedarf. Eine Verbissvermeidung durch Anhebung der Abschusszahlen sei nicht möglich, da dem Antragsteller in der Entstehungszeit durch die regulären Schonzeiten die Hände gebunden seien. Außerdem würde die Ausweitung der Jagdaktivitäten einen erhöhten Personalaufwand und zusätzliche Kosten verursachen. Im Grunde würde die Problematik lediglich auf die angrenzenden Jagdausübungsberechtigten verlagert. Für den vergrämten zusätzlichen Wildbestand treffe den Antragsteller ein zusätzlicher Hegeaufwand in Gestalt höherer Fütterungskosten sowie Kosten zur Vorbeugung gegen die Bovine Tuberkulose. Ebenso komme es zu einer Erhöhung der Wildschadensfälle. Im Jagdrevier des Antragstellers stelle sich eine geschlechtlich unausgewogene Wildpopulation ein, weil die Schonzeitaufhebung überwiegend auf männliche Tiere konzentriert sei. Mittelfristig führe die Vergrämung des Gamswilds zu einer massiven Reduzierung der Gamspopulation im bayerischen Voralpen- und Alpenraum, die die Existenz des Steinadlers gefährde. Durch die Schonzeitaufhebung und die sonstigen Maßnahmen der Schutzwaldsanierung werde der von vielen Arten, wie z.B. Raufußhühner, dringend benötigte Lebensraum lichter Waldflächen und Freiflächen weiter reduziert.
33
Im Verordnungsverfahren sei durch die fehlende Beteiligung der Eigentümer der benachbarten Gebiete und der unterlassenen Anhörung der Naturschutz- und der Wasserschutzbehörden das Rechtsstaatsprinzip verletzt worden. Außerdem sei keine ausreichend lange Auslegung der Verordnungsgebiete erfolgt, die zudem nicht amtlich bekannt gemacht worden sei. Eine wirksame Bekanntmachung der Verordnung sei zweifelhaft. Der Antragsgegner habe nicht dargelegt, dass die Veröffentlichung einer genauen Karte, z.B. in dem vom Antragsgegner für die archivmäßige Verwahrung gewählten Maßstab von 1:25.000, nicht möglich gewesen wäre. Wenn eine Veröffentlichung einer genauen Karte nicht möglich sein sollte, müsse der Verordnungsgeber zusätzlich zu dem Verweis auf das Archiv mit dieser genauen Karte jedenfalls auch die Karte mit dem drucktechnisch bzw. veröffentlichungstechnisch maximal möglichen Maßstab veröffentlichen.
34
Die Einhaltung der genauen räumlichen Grenzen der Verordnungsgebiete könne nicht sichergestellt werden. Eine Norm, die bei Erlass auch unter Hinzuziehung der archivmäßig verwahrten Karten nicht ausreichend bestimmt sei, könne nicht dadurch bestimmt werden, dass den Rechtsbetroffenen auf anderem Wege (durch ein zusätzliches Regelwerk, eine entsprechende Überwachung und andere Maßnahmen) der Anwendungsbereich der Norm deutlich gemacht werde.
35
Es fehle an einer Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnung. Die Rechtsverordnung nenne eine solche nicht. Der Antragsgegner habe sich keine Gedanken über die genaue Ermächtigung seiner Vorgehensweise gemacht. Er hätte die notwendigen Untersuchungen über die Wirkungsweisen vor Erlass der Verordnung tätigen müssen, um eine Bewertung der betroffenen Rechtsgüter vornehmen zu können. Als Ermächtigungsgrundlage kämen nur die in Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG konkret aufgeführten Gründe in Frage, da eine Ermächtigungsgrundlage, die auf besondere Gründe abstelle, und anschließend - wie hier - konkrete Gründe benenne, wegen eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot insoweit nichtig sei, wie die Gründe nicht hinreichend deutlich in der Ermächtigung angegeben seien. Der Antragsgegner lege nicht dar, dass auf den kleinflächigen Verordnungsflächen der Wildverbiss besonders hoch sei. Dem Verordnungsgeber gehe es nicht um die Vermeidung übermäßiger, sondern nur normaler Wildschäden, was nach dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt sei. Das eigentliche Ziel des Antragsgegners sei eine weitreichende Reduzierung des Schalenwildbestandes, um ein sinnvolles, aber aufgrund des variierenden Wanderungs- und Verbissverhaltens von Wild nicht steuerbares Maß an Verbiss auf den Sanierungsflächen zu erreichen. Auch Belange der Landeskultur, also solche einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, könnten den Erlass der Verordnung nicht stützen. Zwar könne unter anderem der ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung unter Berufung auf die Belange der Landeskultur gegenüber der zahlenmäßigen Hege von Wildarten Vorrang gewährt werden. Hierfür sei allerdings durch die Auswirkungen und Anpassungen der jeweiligen Bejagung im Rahmen der Abschussplanung Genüge getan. Nur wenn diese Vorgehensweise ausnahmsweise nicht ausreiche, könne auf eine Schonzeitlockerung oder gar Schonzeitaufhebung zurückgegriffen werden. Es sei jedoch fraglich, ob die Notwendigkeit der Schutzwaldsanierung überhaupt auf Belange der Landeskultur zurückgeführt werden könne. Entscheidend sei nämlich, dass die Schutzwaldsanierung nach den Angaben des Antragsgegners der Gefahrenabwehr diene (Schutz vor Lawinen, Hochwasser und Muren). Für Aspekte der Gefahrenabwehr, die weder ein jagdlicher oder forstwirtschaftlicher Grund noch ein Belang der Landeskultur sei, mangele es an einer Ermächtigungsgrundlage. In der amtlichen Begründung der Verordnung würden die Belange der Landeskultur oder gar die forstwirtschaftliche Nutzung als Teil der Landeskultur nicht erwähnt. Dass der Antragsgegner im Rahmen der forstwirtschaftlichen Bodennutzung selbstverständlich auch Rücksicht auf die Schutzfunktion des Waldes nehmen müsse, mache die Gefahrenabwehr aber nicht zum Bestandteil der forstwirtschaftlichen Nutzung. Vor dem Hintergrund der Regelbeispiele in Art. 33 BayJG könne der Begriff der Landeskultur nicht so weit ausgelegt werden.
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In der Verordnung würden die Begriffe Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebiet genannt, die amtliche Begründung stelle aber ausschließlich auf die Schutzwaldsanierung in den Sanierungsflächen ab und erwähne Gefährdungsgebiete oder Maßnahmen aufgrund zukünftiger Gefährdungslagen nicht. Es bleibe unklar, auf welcher gesetzlichen oder verwaltungsinternen Grundlage ein Gebiet als Gefährdungsgebiet eingestuft werde und nach welchen Kriterien dies erfolge. Welche Verordnungsgebiete vom Verordnungsgeber als Sanierungsgebiet und welche als Gefährdungsgebiet eingestuft würden und mit welcher Begründung und aufgrund welcher Tatsachenerhebungen, gehe weder aus der Verordnung noch aus sonstigen gesetzlichen oder verwaltungsinternen Normen hervor. Insgesamt nur 50% der Verordnungsteilflächen H., S., St. - in denen Rot-, Gams- und Rehwild, geschützte und seltene Schneehasen sowie Rauhfußhühner wie Birk-, Hasel- und Auerwild vorzufinden seien - seien als Sanierungsgebiet eingestuft. Die übrigen Flächen dienten weder der Sanierung von Sanierungsflächen noch seien sie Gefährdungsgebiete, sodass darin die Schonzeit ohne einen nach Sinn und Zweck der amtlichen Begründung rechtfertigenden Grund aufgehoben worden sei.
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Aus den trotz der angeblich bestehenden Sanierungsbedürftigkeit keine Pflegemaßnahmen vorsehenden Planungsunterlagen der Sanierungsgebiete aus dem Jahre 2011 sei keinerlei Zusammenhang mit der räumlichen Festlegung der Verordnungsgebiete erkennbar. Wenn ein Verordnungsgebiet der Freihaltung einer Sanierungsfläche diene, müsse es irgendeinen - nicht dargelegten - Zusammenhang mit der Sanierungsfläche geben. Es sei erklärungsbedürftig, wie sichergestellt werde, dass auch die in den deutlich außerhalb gelegenen Sanierungsflächen vorhandenen Tiere vergrämt würden, und wie verhindert werde, dass die in den Verordnungsflächen vergrämten Tiere nicht sogar in die außerhalb gelegenen Sanierungsflächen ausweichen. Die Rechtmäßigkeit des Verordnungsteilgebietes S. sei insgesamt infrage gestellt, da dieses Gebiet die Freihaltung der außerhalb gelegenen Sanierungsflächen sicherstellen solle, dieses aber nicht bewirke. Vom S. gehe keine erhöhte Hochwassergefahr für die Bevölkerung bzw. Gebäude oder wesentliche Infrastruktur aus, jedenfalls keine, die durch die Maßnahmen in den Sanierungsflächen wesentlich reduziert werden könnte. Der S. sei in der Hochwassergefahrenkarte des Bayerischen Landesamtes für Umwelt nicht als Gewässer enthalten, von dem eine erhöhte Hochwassergefahr ausgehe. Von den Sanierungsflächen im Bereich des Quellgebiets des S. könnten keine Lawinen, Schneeabgänge, Muren oder Hangrutschungen ausgehen, die Menschen oder Sachwerte bedrohten, da diese im dortigen Bereich nicht existierten. Das Verordnungsteilgebiet St. habe keine Funktion, da es weder eine Sanierungsfläche zum Gegenstand habe noch einer solchen jagdlich zugeordnet sei. Das Verordnungsteilgebiet H. beinhalte zwar Sanierungsflächen, diese seien aber nicht Teil eines Sanierungsgebietes. Es sei nicht erkennbar, geregelt oder vorgetragen, dass es sich bei dem Verordnungsteilgebiet H. um ein Gefährdungsgebiet handle. Dies wäre auch nicht möglich, da in einem Gefährdungsgebiet keine forstlichen Sanierungsmaßnahmen nötig seien. Im Übrigen wäre dies auch rechtlich nicht möglich, da keine Auflistung von Gefährdungsgebieten existiere, die Norm dann aber wegen Unbestimmbarkeit nichtig wäre. Die Einordnung der Sanierungsflächen im Verordnungsteilgebiet H. mit der Kategorie 5 bzw. einmal 4 sei nicht nachvollziehbar, da die Einstufung in Abhängigkeit von der Priorität des hier nicht vorhandenen Sanierungsgebietes erfolge. Es sei außerdem davon auszugehen, dass Sanierungsflächen mit entsprechend niedrigen Prioritätsstufen 5 bzw. einmal 4 jedenfalls nicht die Schonzeitaufhebung in einem so großflächigen Gebiet wie dem Verordnungsteilgebiet H. rechtfertigten.
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Der Zweck der Verordnung, die Förderung der Schutzwaldsanierung und somit der Hochwasserschutz, werde nicht erfüllt. In den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. befinde sich kein dem Objektschutz dienender Schutzwald. Er habe wegen stark wasserdurchlässiger kalkalpiner Böden keine Hochwasserschutzfunktion. Unterstellt man die Hochwasserschutzfunktion des Waldes als solche, sei es in erster Linie entscheidend, welche Quantität an Waldflächen insgesamt im Einzugsbereich vorhanden sei. Eine bestimmte Vernetzung der Waldflächen sei nicht der entscheidende Faktor. Selbst bei unterstellter Funktion als Hochwasserschutzwald habe die Sanierung keine messbare Auswirkung auf den Hochwasserschutz. Im Vergleich zu den insbesondere im Bereich des S.s getroffenen Hochwasserschutzmaßnahmen falle der marginale Effekt der Schutzwaldsanierung in keiner Weise ins Gewicht. Sollten die Hochwasserschutzmaßnahmen ausnahmsweise in Zukunft nicht ausreichen, sei es nicht vorstellbar, dass die Situation in irgendeiner Weise entscheidend durch die angeblich verbesserte kleinflächige Sanierungsfläche im Einzugsgebiet beeinflusst werde. Selbst bei unterstellter Förderung des Hochwasserschutzes durch den Schutzwald würde die Schonzeitaufhebung hierzu keinen wirksamen Beitrag leisten. Die Bejagung bewirke keine wesentliche Verbissreduzierung in den Verordnungsgebieten, weil nicht vergrämte Tiere deutlich mehr verbissen und dadurch das Weniger an Verbiss aufgrund des reduzierten Wildbestandes wieder zunichtemachten. Bei unterstellter Reduzierung des Verbisses bewirke eine Verbissreduzierung keine Verbesserung der Hochwasserschutzfunktion des Schutzwaldes. Eine Verbissreduzierung fördere das Entstehen einer Altersklassen-Monostruktur und das Fehlen der natürlichen Auslesefunktion. Letztendlich könne der Verbiss sogar zu einer erhöhten Struktur des Waldbestandes führen, was wiederum eine höhere Bestandsstabilität bewirke. Ein für den Hochwasserschutz kontraproduktiver Nebeneffekt der Schonzeitaufhebung für die Sanierungsflächen und die weiter umgreifenden Verordnungsgebiete sei die Zunahme der Verbuschung der Sanierungsflächen, die aufgrund der Schattenbildung zu einer massiven Reduzierung des Graswachstums und in der Folge zu einem Wegfall der als Wasserspeicher den entscheidenden Faktor für den Hochwasserschutz bildenden Humusschicht führe. Die punktuelle Begünstigung der Schutzwaldsanierung auf den Sanierungsflächen, die jedoch keine Qualitätsverbesserung bewirke, führe zu Schutzwaldschäden in den Aufnahmegebieten des vergrämten Schalenwilds.
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Die Verordnung verstoße gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Schalenwildvergrämung weder geeignet (keine Förderung des Hochwasserschutzes) noch erforderlich (ein Konzept mit kürzeren Jagdzeiten und längeren Ruhezeiten, dessen Effekt durch die Einrichtung von Winterruhezonen noch verbessert werden könne, bewirke weniger Verbiss, da weniger Tiere durch einen Abschuss in Unruhe versetzt würden; mechanischer Schutz der einzelnen Bäume wäre möglich) oder verhältnismäßig sei (eine minimale Wirkung auf Kleinstflächen gehe mit einer massiven Beeinträchtigung weitaus größerer Flächen sowie mit der Beeinträchtigung zahlreicher geschützter Tierarten einher; die Geltungsdauer der Schonzeitaufhebung werde üblicherweise um Jahre verlängert; der Effekt der Schonzeitaufhebung auf die sehr kleine Sanierungsfläche sei vernachlässigbar).
40
Durch die mit der Bejagung einhergehende Reduzierung des Gamsbestandes verstoße die Verordnung gegen die FFH-Richtlinie. Der Rückgang der Gamspopulation manifestiere sich darin, dass das Durchschnittsalter der erlegten Tiere seit vielen Jahren kontinuierlich sinke. Zudem würden die Vogelschutzrichtlinie und die in deren Umsetzung erlassenen gesetzlichen Normen verletzt, da insbesondere dem Steinadler durch die weitgehende Eliminierung der Nahrungsgrundlage Gamswild der Lebensraum entzogen werde. Gleiches gelte für die Raufußhühner, insbesondere das Auerwild. Im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Wildbestand, insbesondere aber im Hinblick auf die Auswirkungen des Gamsbestandes, aber auch bezüglich der dargestellten Auswirkungen für den Steinadler und die sonstigen geschützten Tierarten, stelle die Verordnung zur Aufhebung der Schonzeiten auch eine ungerechtfertigte Verletzung von Art. 20a GG dar.
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Der Antragsteller beantragt,
42
1. die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten von Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014, bekannt gemacht im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 4 vom 21. Dezember 2014, in Kraft gesetzt zum 22. Dezember 2014, für ungültig zu erklären,
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2. hilfsweise für ungültig zu erklären, soweit sie die Einbeziehung der in der als Anlage K1 (dort auf S. 29 des Oberbayerischen Amtsblatts Nr. 4/2015) schwarz umrandeten Verordnungsgebiete zum Gegenstand hat.
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Der Antragsgegner beantragt,
45
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
46
Der Antragsgegner führt zur Begründung insbesondere aus, entgegen der Auffassung des Antragstellers habe er durchaus Zweifel an dessen Antragsbefugnis. Der Antragsteller habe einen Eingriff in sein Eigentum lediglich behauptet und nicht dargetan. Es seien weder massive zusätzliche Verbissschäden noch zusätzliche wirtschaftliche Aufwendungen im Bereich der Wildhege oder des Wildschadenersatzes belegt. Es sei nicht davon auszugehen, dass sämtliches vergrämte Wild im Eigenjagdrevier des Antragstellers auftauchen und dort Schäden verursachen werde. Eine Abwanderung von Wild bedeute nicht zwangsläufig oder nach denklogischen naturwissenschaftlichen Zusammenhängen einen Schaden. Weder der typische Verbiss von zugewandertem Wild noch die vom Antragsteller behaupteten, aber nicht belegten erhöhten Futter- und Vorsorgekosten dürften eine Rechtsverletzung bedeuten. Der Antragsteller mache erhöhte Futter- und Vorsorgekosten geltend, die ihm durch Wildzuwanderung wegen der angefochtenen Verordnung entstehen könnten, sorge aber mit einem großen und nach Kenntnis der Jagdbehörde mit hochwertigem Futter (nicht nur Überlebensfutter) bestückten Futterstadel selbst für eine gewisse Anziehungskraft seines Reviers. Der Antragsteller habe die Möglichkeit, Verbissschäden durch eigene Bejagung und gegebenenfalls eine Erhöhung des Abschusses zu verhindern. Die vom Antragsteller vorgeschlagenen Abschusspläne hätten für das Eigenjagdrevier, in dem eine vom Berufsjäger des Antragstellers organisierte und in der Regel durch beauftragte örtliche Unternehmen durchgeführte Waldnutzung mit angemessener Intensität stattfinde, regelmäßig bestätigt werden können. Beim Rehwild liege die Abschussplanerfüllung bei ca. 100%. Der jährliche Abschussplan für Gamswild (drei Stück) werde in der Regel nicht erfüllt. Beim Rotwild habe die Erfüllung des Abschussplans in den letzten beiden Jagdjahren (2016/2017 und 2017/2018) bei 84% bzw. 88% gelegen. Nach dem Eindruck der Forstverwaltung dominierten für den Antragsteller jagdliche Interessen, was sich an der sehr unbefriedigenden Waldverjüngung in seinem mit sehr hohen Rotwildbeständen von über zehn Stück pro 100 ha aufwartenden Eigenjagdrevier zeige.
47
Der Verordnungsentwurf sei an den Landratsämtern in ihrem Geltungsbereich ausgelegt und die höhere Naturschutzbehörde beteiligt worden, obwohl es keine Verfahrensvorschriften für den Erlass der streitgegenständlichen Verordnung gebe, die die Beteiligung von Grundstücksnachbarn, Naturschutzbehörden oder Wasserbehörden vorschreiben. Die Veröffentlichung der vollständigen Verordnungskarte in einem Maßstab, der den Verlauf der Grenzen der Verordnungsgebiete genau wiedergibt, sei im Bayerischen Staatsanzeiger oder Oberbayerischen Amtsblatt nicht möglich gewesen. Der Antragsgegner sei weder verpflichtet gewesen, die drucktechnischen Möglichkeiten seiner Publikationsorgane zu erweitern noch die Karten mit dem drucktechnisch oder veröffentlichungstechnisch maximal möglichen Maßstab zu veröffentlichen. Die bei der Veröffentlichung der Verordnung mit abgebildeten Karten im Maßstab 1:200.000 dienten neben der Benennung der einzelnen Verordnungsgebiete der groben Umschreibung im Sinne des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 LStVG. In Zweifelsfällen wären die bei der Regierung von Oberbayern archivmäßig verwahrten und bei den jeweils betroffenen Landratsämtern und den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für deren jeweiligen Zuständigkeitsbereich einsehbaren Karten im Maßstab 1:25.000 heranzuziehen. Weitere Kartensätze hätten die Bayerischen Staatsforsten und der Landesjagdverband Bayern erhalten. Jeder im Bereich der Verordnung tätige Jäger - Beschäftigte der Bayerischen Staatsforsten; im Ausnahmefall seien zuverlässige, erfahrene und ortskundige private Jäger nach Einweisung beteiligt - könne mittels der von den Bayerischen Staatsforsten erstellten und dort verfügbaren Karten verlässlich beurteilen, ob er sich innerhalb eines Verordnungsgebietes befindet oder nicht.
48
Die in der Verordnung benannten Sanierungs- und Gefährdungsgebiete seien ausreichend bestimmt. Für die Bestimmtheit der Verordnung sei die Abgrenzbarkeit der Verordnungsgebiete nach den von der Verordnung in Bezug genommenen Verordnungskarten entscheidend und hinreichend. In der Verordnung müsse nicht nachvollziehbar gemacht werden, weshalb die Bereiche zu Verordnungsgebieten erklärt worden seien. Die Verordnung nehme nicht eins zu eins Sanierungs- oder Gefährdungsgebiete im Sinne der Anweisung zur Schutzwaldsanierungsplanung in Bezug. Die Bezeichnungen hätten gewählt werden können, da die Begriffe nicht gesetzlich definiert seien. Verordnungsgebiete müssten nicht ihrer räumlichen Abgrenzung nach mit Sanierungs- und Gefährdungsgebieten im forstlichen Sinne übereinstimmen. Die in der Schonzeitverordnung genannten Gebiete lägen in der Regel in Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten oder umfassten auch nur einzelne, isoliert liegende Sanierungsflächen. Aus jagdlichen Gründen und/oder wegen einer klaren Abgrenzung im Gelände könnten auch Flächen außerhalb solcher Gebiete mit in ein Schonzeitverordnungsgebiet integriert sein. Auch um die Verordnung gut handhabbar zu machen, würden die Grenzen der Verordnungsgebiete soweit möglich an im Gelände auffindbaren Gegebenheiten wie Wasserläufen oder Wegen gezogen oder orientiert. Ein jagdlicher Zusammenhang aller Sanierungsflächen eines Sanierungsgebiets zu einem Verordnungsgebiet sei nicht erforderlich, um die Festlegung eines Verordnungsgebiets zu rechtfertigen. Für die innerhalb von Verordnungsgebieten liegenden Sanierungsflächen liege ein jagdliches Interesse allerdings auf der Hand und auch für Sanierungsflächen, die Verordnungsgebieten benachbart seien, könne dies unterstellt werden. Der jagdliche Zusammenhang ergebe sich insofern auch aus den Wanderbewegungen des Wildes. Die Rechtmäßigkeit der Verordnungsteilgebiete H., S., St. könne nicht infrage gestellt werden. Das Wildbacheinzugsgebiet des S. werde von der Wasserwirtschaftsverwaltung als sehr gefährlicher Wildbach geführt. Bei entsprechenden Niederschlagsereignissen müsse mit stark erhöhten Abflüssen und großräumigen Hangvernässungen bis hin zu Vermurungen gerechnet werden, die eine Gefahr für die westlichen Ortsteile von Bad Wiessee bedeuteten. Das Verordnungsgebiet St. erfasse einen Teil des Sanierungsgebiets St. und befinde sich in räumlicher Nähe zu den Sanierungsflächen am H. Die zum Erlass der Verordnung ermächtigende Norm enge den normgeberischen Gestaltungsspielraum der höheren Jagdbehörde nicht dahingehend ein, dass ein Verordnungsgebiet notwendigerweise eine oder mehrere Sanierungsflächen einschließen müsse. Sanierungsflächen wie das Gebiet H., die sich nicht einem einheitlichen Schutzziel oder einer geographischen Einheit wie etwa einem Wildbacheinzugsgebiet zuordnen ließen, würden nach der „Anweisung zur Schutzwaldsanierungsplanung“ unter dem Sanierungsgebiet „Sammelnummer“ zusammengefasst und nur nach der Priorität der jeweiligen Fläche eingestuft. Die Sanierungsnotwendigkeit einer Sanierungsfläche ergebe sich aus der Schutzbedeutung der Fläche als solcher, nicht aus ihrer Lage in einem Sanierungsgebiet.
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Die Verordnung finde ihre Grundlage in Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 BayJG. Mit dem forstwirtschaftlichen Zustand der sogenannten Sanierungsflächen - sanierungsnotwendige Schutzwaldbestände oder auch Aufforstungsbereiche, bei denen es sich aufgrund ihrer Lage in den Hoch- und Kammlagen der Alpen um Schutzwald im Sinn des Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 BayWaldG handle - seien besondere Gründe gegeben, die eine Verkürzung der Schonzeit rechtfertigen und eine verstärkte Bejagung in den Verordnungsgebieten legitimieren, wobei nicht jegliche Sanierungsfläche oder gar jegliches Sanierungsgebiet (im forstlichen Sinne) mit einem Verordnungsgebiet belegt werden solle. Auf zusätzliche Schutzwaldeigenschaften komme es nicht an.
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Der besondere Grund der Vermeidung übermäßiger Wildschäden setze nicht voraus, dass solche bereits eingetreten seien. Es sei vielmehr ausreichend, dass das übliche Maß in erheblichem Umfang übersteigende Wildschäden zu befürchten seien und diese durch eine Schonzeitaufhebung vermieden werden könnten. Auf Sanierungsflächen könnten im Vergleich zu normalen Waldflächen übermäßige Wildschäden entstehen, da sie oft bevorzugte Wintereinstände mit jahreszeitlich bedingten, zum Teil sehr hohen Wildkonzentrationen seien. Ein Vorrang der Abschussplanung vor einer Jagdzeitenverlängerung sei aus dem Gesetz nicht unbedingt ersichtlich.
51
Die besonderen Gründe der Landeskultur ergäben sich hier aus der Schutzbedeutung, die Berg- und Schutzwälder in den Schonzeitverordnungsgebieten für den besiedelten Lebensraum in den Alpen, aber auch für den Schutzwaldstandort an sich hätten. Die Schonzeitverordnungsgebiete umfassten Sanierungsgebiete oder Gefährdungsgebiete sowie Sanierungsflächen mit Schutzwäldern, die gegen Naturgefahren wie Lawinen, Steinschlag, Hochwasser, Muren oder anderen Erosionsformen eine gegenüber anderen Gebieten besonders hohe Schutzbedeutung hätten. In vielen Fällen handele es sich um sog. Objektschutzwälder. Viele Verordnungsgebiete umfassten auch Schutzwaldbereiche an Wildbächen, die von der Wasserwirtschaftsverwaltung als sehr gefährlich mit hohen Schadpotenzial eingestuft würden. In diesen Wildbacheinzugsgebieten werde von den Experten der bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung die Bedeutung des Bergwaldes für den Hochwasserschutz als Ergänzung zu den technischen Maßnahmen als sehr hoch angesehen. In einigen Schonzeitverordnungsgebieten bestehe auf größeren Flächen nach Sturmwurf und/oder Borkenkäferbefall die Gefahr von größeren Waldverlusten und damit verbundenen Erosionsschäden wie Humusschwund. Im Bereich von ausgewiesenen Sanierungsflächen könne der Schutzwald seine Funktionen nicht mehr oder nur eingeschränkt erfüllen und müsse zur Verhinderung von Naturgefahren saniert werden. In den Gefährdungsgebieten müssten durch Schutzwaldpflegemaßnahmen (zur Vermeidung von späteren Sanierungsflächen) die Schutzfunktionen zur Vorbeugung von Naturgefahren erhalten werden. Soweit die Sorge um den Schutzwald auch aus Gründen der Gefahrenabwehr bestehe, hindere dieser Aspekt nicht, sie zum Anlass für eine entsprechende Verordnung zu nehmen. Die Sicherung der Schutzfunktion des Waldes als Teil der ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung sei im Staatswald ausdrücklich als Aufgabe der mit der Bewirtschaftung betrauten Stellen vorgesehen. Die amtliche Begründung der Verordnung beschreibe mit der Vorsorge gegen Naturgefahren wie Steinschlag, Lawinen und Hochwasser, der Bedeutung der mit der Verordnung bezweckten Schutzwaldsanierung für die Daseinsvorsorge, den angepassten Wildbeständen sowie der laufenden Verjüngung der Bergwälder besondere Gründe i.S.d. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG. Dabei sei weder die Nichtigkeit der Norm ersichtlich noch müsse sie wegen eines Verfassungsverstoßes verfassungskonform ausgelegt werden. Ungeschriebene besondere Gründe müssten mit den aufgezählten vergleichbar sein. Als vergleichbare Gründe kämen naturgemäß in erster Linie jagdlich und forstlich relevante Umstände in Betracht.
52
Die Verordnung sei geeignet, den ihr zugedachten Zweck der Schutzwaldsanierung zu erfüllen. Um den Wildverbiss auf sanierungsbedürftigen Flächen in Grenzen zu halten, sei es Mittel der Wahl, dafür zu sorgen, dass sich dort weniger Wild aufhalte bzw. dorthin komme um zu äsen. Einzäunungen oder eine ständige Bewachung seien im Hochgebirge nicht durchführbar. Die Verordnung beinhalte keine Verpflichtung, in den festgelegten Gebieten während der gesetzlichen Schonzeit zu jagen, sie erlaube es lediglich. Es sei nicht zu erwarten, dass von der Jagdmöglichkeit während der Sonderjagdzeiten exzessiv Gebrauch gemacht werde. Es komme nicht darauf an, dass in den Verordnungsgebieten H., S. und St. keine Siedlungen, Ortschaften oder Infrastruktureinrichtungen lägen, die vor Hochwasser besonders zu schützen seien. Die Schutzfunktion des Bergwalds gehe über seinen Bestand bzw. über seine eigene Fläche hinaus. Dass die Funktion des Hochwasserschutzes bereits aufgrund der Qualität des dort vorhandenen Bodens erfüllt werde, sei lediglich Spekulation und widerlege nicht die Bedeutung des Schutzwalds. Auch die rein quantitative Betrachtung der Waldzunahme im Alpenraum sei nicht überzeugend. Qualität und Wirkung des Ökosystems Wald würden nicht von der Menge, sondern von einer hinreichenden Vernetzung abhängen. Die Behauptung, die Bejagung in der Schonzeit bewirke keine Reduzierung des Verbisses, weil das gestresste Wild umso mehr verbeiße, sei spekulativ und wildbiologisch nicht belegt. Vergleichbares gelte für die Behauptung des Antragstellers, die Verbissreduzierung führe zu einer Altersklassenmonokultur und das Fehlen einer natürlichen Auslese, die für eine natürliche Waldbaumentwicklung erforderlich sei. Es gehe im Vollzug der Verordnung nicht darum, das Wild vollständig aus den Sanierungsflächen fernzuhalten. Ohne Verbissreduzierung sei zu befürchten, dass keine oder fast keine Bäume mehr über Verbisshöhe hinaus kämen. Die Einschätzung hinsichtlich einer zunehmenden Verbuschung sei ebenfalls überzogen. Ein überwiegender Schaden werde in der Gesamtbilanz der Schutzwälder nicht verursacht. Die Schonzeitaufhebung sei erforderlich, um die damit bezweckte Schutzwaldsanierung zu erreichen. Allein mit forstwirtschaftlichen Maßnahmen sei ein vergleichbarer Zweck nicht zu erreichen und der Erfolg der vom Antragsteller benannten Alternativen überaus fraglich.
53
Die Überlegungen des Antragstellers zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne träfen nicht zu. Es handle sich bei den Sanierungsflächen nicht um vernachlässigbare Kleinstflächen und es komme zu keiner massiven Beeinträchtigung auf benachbarten Flächen. Die Verordnung solle dazu beitragen, das Schalenwild, das den Sanierungsgebieten gefährlich werde, zum einen zu reduzieren und zum anderen etwas zu verteilen. Je größer das Verordnungsgebiet sei, desto größer sei der Raum für die Verteilung des Schalenwilds. Gerade die Langfristigkeit der Maßnahme zeige, dass kein plötzlicher Verlauf angestrebt werde, sondern dass ein maßvolles Vorgehen beabsichtigt sei.
54
Die Verordnung verstoße, soweit sie den Abschuss von Gamswild betreffe, nicht gegen die FFH-Richtlinie. Die Tierart Rupicapra rupicapra (Gämse) sei keine besonders streng geschützte Art. Die anwendbaren Art. 14 ff der FFH-Richtlinie zielten auf die Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands, geböten aber keine Bestandswahrung. Eine Bestandsregulierung durch Jagd sei nicht verboten. Die verfahrensgegenständliche Verordnung verstoße auch nicht gegen die Europäische Vogelschutzrichtlinie. Die diesbezüglichen Ausführungen des Antragstellers seien unsubstantiiert. Die Ausweisung der im Landkreis M. befindlichen Europäischen Vogelschutzgebiete DE … „T.“ (nördlich von M.*) sowie DE … „M.“ (südöstlich der Verordnungsgebiete H., S. und St.*) bedeute nicht, dass die Gebiete von jeglichem Einfluss aus ihrer näheren oder weiteren Umgebung freizuhalten seien. Auerhuhn und Birkhuhn dürften nach der Verordnung sogar bejagt werden, seien jedoch nach nationalen Vorschriften ganzjährig von der Jagd verschont. Ein Verstoß gegen Art. 20a GG liege nicht vor, da im Anwendungsbereich der Vorschrift der Tierschutz keinen Vorrang genieße. Auch der Wald rechne zu den natürlichen Lebensgrundlagen.
55
Die mit Beschluss vom 24. Februar 2016 beigeladenen Bayerischen Staatsforsten haben keinen eigenen Antrag gestellt. Sie führen schriftsätzlich insbesondere aus, dass ein Sanierungs-/Gefährdungsgebiet H. nicht existiere. Das gegenständliche Schonzeitaufhebungsgebiet liege genau zwischen den Sanierungsgebieten St. und S. Innerhalb der Kulisse des Schonzeitaufhebungsgebietes H. lägen allerdings die Sanierungsflächen „36 H.-Sammelnummern (SF 21, 42 und 23)“. Darüber hinaus habe das Gebiet der Schonzeitaufhebungsfläche H. bezüglich der Vergrämung eine wichtige Fernwirkung auf die benachbarten Sanierungsgebiete. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass das benachbarte Sanierungsgebiet S. von der Wasserwirtschaftsverwaltung mit der höchsten Gefährdungsstufe III geführt werde. Das Schonzeitaufhebungsgebiet H. sei außerdem in die Verordnungskulisse mit aufgenommen worden, weil sich dadurch klar erkennbare Außengrenzen ergeben hätten.
56
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Sitzungsniederschrift vom 13. Februar 2019 sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenakten.

Entscheidungsgründe

57
Der Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO) und innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden, hat jedoch keinen Erfolg.
I.
58
Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 insgesamt für unwirksam zu erklären.
59
Diesem Antrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen, weil die Verordnung, durch die auf 105 Teilflächen von namentlich bezeichneten Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern die gesetzliche Schonzeit für bestimmte Schalenwildarten differenziert (nach Schalenwildarten und Tiergruppen) aufgehoben wird, um zur Sanierung und Naturverjüngung erosionsgefährdeter Waldbereiche die Umsetzung der Jagdstrategie der letalen Vergrämung auch in der Schonzeit des Schalenwilds zu ermöglichen, unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB teilbar ist und für den weitaus größten Teil der 105 Verordnungsgebiete bereits wegen ihrer Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers (die Entfernung beträgt teilweise mehr als 100 km) dessen Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht erkennbar ist.
60
Die Verordnung stellt - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 11. Dezember 2017 (19 N 14.1022 - juris) ausgeführt hat, das allen Beteiligten vollumfänglich zugänglich gewesen ist - eine Zusammenfassung von 105 inhaltsgleichen Verordnungsregelungen dar, die für unterschiedliche Räume mit unterschiedlicher Struktur und rechtlicher Wertigkeit (Verordnungsgebiete) gelten und einzeln (jede für sich) auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden müssen. Bevor die Regierung von Oberbayern im Jahr 2000 begonnen hat, jeweils mehrjährig geltende Verordnungen zu erlassen, ist der Zweck der Verordnung durch Schonzeitenausnahmebescheide der jeweils örtlich zuständigen Jagdbehörde für die einzelnen Gebiete erfüllt worden. Weil den Verordnungsbestimmungen hinsichtlich jeder Teilfläche ein von den örtlichen Verhältnissen abhängiger, eigenständiger Schutzzweck innewohnt, kann und muss jede Teilfläche gesondert betrachtet werden. Bei dem Erlass neuer Verordnungen werden regelmäßig Verordnungsteilbereiche neu aufgenommen bzw. bisher aufgenommene gestrichen, je nachdem wie sich der Schutzwald während der Geltung der vorherigen Verordnung entwickelt hat. Ein selbständiger Regelungswille des Verordnungsgebers (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2012 - 9 B 56.11 - NVwZ 2012, 375 m.w.N.) liegt jeweils vor (zur Teilbarkeit und teilweisen Anfechtbarkeit von Regelungen vgl. BVerwG, U.v. 17.2.2005 - 7 CN 6/04 - juris Rn. 15), sodass die Unwirksamkeit der Verordnung hinsichtlich eines Gebietes nicht zu ihrer Unwirksamkeit hinsichtlich der anderen Gebiete führt. Die überwiegend formalen Gegenargumente des Antragstellers vermögen schon angesichts der Bewältigung der Problematik bis zum Jahr 2000 mittels Einzelfallbescheiden und des regelmäßigen Hinzukommens und Wegfallens von Verordnungsteilbereichen bei jeder neuen Verordnung nicht durchzugreifen. Die Bestimmung der Geltungsbereiche ist auf der Grundlage einer einheitlichen Zielsetzung anhand der spezifischen örtlichen Gegebenheiten und Verhältnisse erfolgt. Die für alle Gebiete gleichlautenden Schonzeitverkürzungen begründen angesichts völlig unterschiedlicher örtlicher Verhältnisse keine gebietliche Unteilbarkeit der Verordnung. Insbesondere liegen zahlreiche Geltungsteilbereiche der Verordnung im Gegensatz zu anderen in Natura-2000-Gebieten, und zwar vielfach in unterschiedlichen. Vielmehr wird im Rahmen der Schutzwaldsanierung mit jedem Gebiet ein selbständiger und ausschließlich ortsbezogener Schutzzweck von unterschiedlichem Gewicht (insbesondere Vorsorge oder Sanierung) verfolgt. Wechselwirkungen zwischen den Verordnungsgebieten sind allenfalls in Einzelfällen möglich. Die völlig unterschiedlichen naturräumlichen Gegebenheiten erfordern eine differenzierte Betrachtung der Verordnungsteilbereiche. Das Ausscheiden eines Verordnungsteilgebietes bei Erlass einer neuen Verordnung bleibt ohne Einfluss auf die anderen Verordnungsteilgebiete. Die formale Verknüpfung der Verordnungsteilgebiete durch die einheitlichen Regelungen der Verordnung steht einer Teilbarkeit der Verordnung hinsichtlich der Verordnungsteilgebiete ebenso wenig entgegen wie die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (Az.: 3 BN 1/11). Diese ist zum einen in einem Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand (der im Jahr 2013 ausgelaufenen Verordnung) ergangen und sie trifft zum anderen keinerlei Aussagen zur Frage der Teilbarkeit der Verordnung.
61
Für den Fall, dass die Verordnung nicht als Ganzes für unwirksam erklärt wird, hat der Antragsteller die Unwirksamerklärung hinsichtlich der Verordnungsteilgebiete H., S. und St. beantragt. Die Unwirksamerklärung anderer Verordnungsteilbereiche hat der Antragsteller nicht beantragt, sodass sich der Normenkontrollantrag nicht auf sie bezieht. Wäre dies anders, so wäre bei den meisten Verordnungsteilgebieten die Antragsbefugnis schon wegen der Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers auszuschließen. Bei allen Verordnungsteilgebieten fehlt sie - wie sich aus der Gründen für die Ablehnung des Hilfsantrags (vgl. Nr. II.) ergibt - jedenfalls angesichts der konkreten Fallumstände.
II.
62
Gegenstand des Verfahrens ist auch der (hilfsweise für den - hier vorliegenden, vgl. I. - Fall, dass die Verordnung nicht in ihrer Gesamtheit für ungültig erklärt wird und die einzelnen Verordnungsteilgebiete jeweils für sich genommen beurteilt werden müssen, gestellte) Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 hinsichtlich der Verordnungsteilgebiete H., S. und St. für unwirksam zu erklären.
63
Auch dem Hilfsantrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen. Die Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt nicht vor (1.). Darüber hinaus wäre der Antrag auch unbegründet (2.).
64
1. Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt.
65
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zu bejahen, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in einer eigenen Rechtsposition verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Die Antragsbefugnis fehlt daher nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 ff.>; B.v. 2.3.2005 - BN 7.04 - juris Rn. 6 und v. 8.6.2011 - 4 BN 42.10 - BauR 2011, 1641).
66
Nach diesen Grundsätzen ist eine Antragsbefugnis des Antragstellers nicht zu erkennen. Die streitgegenständliche Ausweitung der Jagdzeiten in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. betrifft kein rechtlich geschütztes Interesse des Antragstellers (1.1). Es spricht darüber hinaus nichts dafür, dass der Vollzug der Verordnung verbisserhöhende Auswirkungen auf das Eigenjagdrevier des Antragstellers hat (1.2).
67
1.1 Das Interesse, das der Antragsteller (entgegen seinen Behauptungen zu § 47 Abs. 2 VwGO) tatsächlich am Unterbleiben des Verordnungsvollzugs hat, ist rechtlich nicht geschützt.
68
Der Antragsteller macht geltend, er werde durch die Verordnung auf den Flächen seines Eigenjagdreviers (als Eigentümer) und damit in einer Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO beeinträchtigt, weil durch die Verordnung Wild zugetrieben werde und vermehrt Jungpflanzen verbeiße. Die Behauptung, er werde durch hohen Verbiss beeinträchtigt (mit der die Verantwortung für die überhöhten Wildbestände im Eigenjagdrevier der Verordnung zugeschrieben wird), ist jedoch unwahr; in Wirklichkeit ist der Antragsteller mit dem überhöhten Verbiss auf seinen Grundflächen einverstanden und strebt ihn sogar an, indem er überhöhte Wildbestände hegt (1.1.1). Für den Antragsteller ist der Bodenertrag (die Forstwirtschaft) nachrangig; im Zentrum seines Interesses steht die herkömmliche trophäenorientierte Jagd, die mit hohen Wildbeständen und einer weder nachhaltigen noch ökologischen Forstwirtschaft verbunden ist und das gesetzlich verankerte Prinzip „Wald vor Wild“ missachtet (1.1.2). Eine Verbissbeeinträchtigung behauptet der Antragsteller lediglich deshalb, weil er durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, die Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Annahme einer Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO verleiten möchte. Er will sich auf diese Weise die Möglichkeit verschaffen, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen, die infolge des Vakuumeffekts (Tendenz des Wildes, Flächen mit geringerer Wilddichte aufzusuchen) eine bestandsmindernde Wirkung im Eigenjagdrevier haben kann. Das vom Antragsteller tatsächlich verfolgte (und durch die Verordnung für bedroht gehaltene) Interesse an hohen Schalenwildbeständen, die dem überkommenen, trophäenorientierten Jagdinteresse dienlich sind, ist rechtlich nicht geschützt (1.1.3). Insgesamt trifft die mehrfache Angabe der Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung nicht zu, die Haltung des Antragstellers zu Wald und Wild stimme nicht mit der Haltung des Antragstellers im Verfahren 19 N 14.1022 überein. Vielmehr hat das Verfahren ergeben, dass der Antragsteller die Haltung des Antragsteller im Verfahren 19 N 14.1022 teilt, der zur „Mobilmachung“ gegen die Bemühungen des Antragsgegners und der Beigeladenen um mäßige Wildbestände und insbesondere gegen den gesetzlichen Grundsatz „Wald vor Wild“ (vgl. hierzu Rn. 74 des Parallelurteils) aufgerufen hat. Abgesehen von den unter Rn. 79 und Rn. 80 dargestellten Gemeinsamkeiten sprechen auch prozessuale Parallelen für eine zwischen den beiden Antragstellern abgestimmte Verfahrensführung (vgl. die im Allgemeinen weitgehend unbekannte, vorliegend aber annähernd zeitgleich erhobene Beschwerde nach § 26 DRiG).
69
1.1.1 Für den Antragsteller stellt hoher Verbiss keine Beeinträchtigung dar. Er ist mit einem erhöhten Verbiss auf seinen Grundflächen einverstanden, weil er Wert auf einen hohen Wildbestand legt und dieser nicht ohne entsprechend hohen Verbiss gehalten werden kann.
70
Aus den Forstlichen Gutachten ergibt sich seit vielen Jahren ein erhöhter Verbiss in dem der Hochwildhegegemeinschaft M. angehörenden Eigenjagdrevier des Antragstellers.
71
Wie der Senat im Beschluss vom 20. November 2018 (19 ZB 17.1601 - juris 21 ff. m.w.N.) ausgeführt hat, wird in den gem. § 32 Abs. 1 Satz 3 BayJG eingeholten forstlichen Gutachten, die nicht gesondert für jedes Jagdrevier, sondern für die Hegegemeinschaft insgesamt erstellt werden müssen, der Zustand der Vegetation und der Waldverjüngung insbesondere im Hinblick auf die Einwirkungen des Schalenwildes dargestellt und bewertet. Nachdem der Wildverbiss allgemein und insbesondere bei der natürlichen Waldverjüngung das wichtigste Indiz zur Beurteilung der Frage darstellt, ob der Wildbestand überhöht ist, sind die Forstbehörden besonders geeignet zu dieser Beurteilung und zur Sammlung und Bewertung aller weiteren, mit den Verbissfeststellungen abzuwägenden Indizien mit Aussagekraft bezüglich der Wildbestandshöhe. Aufgrund des landesweiten Behördennetzes, das seit 1986 die forstlichen Gutachten erstellt, sind sie in besonderer Weise in der Lage, auf Erfahrungen zurückzugreifen und vergleichende Bewertungen vorzunehmen. Der Umstand, dass Bedienstete des Antragsgegners die Gutachten erstellen, begründet nicht ihre organisatorische Befangenheit. Zum einen sind sie dadurch in besonderer Weise der Beachtung rechtlicher Vorgaben, zur Objektivität und dem Gemeinwohl verpflichtet. Zum anderen sind die behördlichen Mitarbeiter im Rahmen des Beamtenverhältnisses vor rechtswidrigen Einflussnahmen besonders geschützt; im Prozess sind sie als Zeugen, nicht aber als Partei zu hören. Die Beteiligung von Fachbehörden ist im Verwaltungsrecht nicht unüblich. In wasserrechtlichen Verwaltungsverfahren ist die Einschaltung des Wasserwirtschaftsamtes als Fachbehörde und amtlicher Sachverständiger ständige Praxis und von der Rechtsprechung mit Vorrang gegenüber privaten Gutachtern gebilligt. In beamtenrechtlichen Verfahren werden Amtsärzte in besonderem Maße als neutral und unabhängig erachtet, denn sie unterliegen den beamtenrechtlichen Grundpflichten, insbesondere der Pflicht, die übertragenen Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen. Eine Bindung an voreingenommen oder sachwidrig erstellte Gutachten ist ebenso wie bei Gutachten in anderen Bereichen nicht gegeben und wird auch von der gesetzlichen Regelung nicht vorgeschrieben. Das forstliche Gutachten unterscheidet sich insoweit nicht vom allgemeinen Begutachtungswesen, bei dem eine Voreingenommenheit des Gutachters, die Zugrundelegung eines falschen oder unvollständigen Sachverhalts, die unrichtige Feststellung, Gewichtung oder Bewertung eines Anhaltspunkts, Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse usw. vorkommen können. Die für die Gutachtenserstellung entwickelten Methoden bedürfen daher keiner normativen Verankerung. Liegt ein unvoreingenommen und sachkundig erstelltes sowie auch in seinen Schlussfolgerungen nicht erfolgreich angegriffenes Forstgutachten vor, bleibt es - wie bei einem einwandfreien Gutachten mit anderer Thematik - auch im Streitfall zwischen den Beteiligten maßgeblich und ist eine weitere Beweiserhebung zur begutachteten Frage nicht veranlasst.
72
Zwischenzeitlich haben die Forstbehörden ihre Methodik zur Erstellung der Gutachten zur Situation der Waldverjüngung weiterentwickelt und verfeinert. Seit dem Jahr 2012 werden die Hegegemeinschaftsgutachten durch Revierweise Aussagen zur aktuellen Verjüngungs- und Verbisssituation im Jagdrevier ergänzt. Diese werden für die Jagdreviere in „roten“ Hegegemeinschaften erstellt, in denen im vorangegangenen Hegegemeinschaftsgutachten die Verbissbelastung als „zu hoch“ oder „deutlich zu hoch“ bewertet worden ist und in denen folglich Handlungsbedarf besteht. Die Revierweisen Aussagen sind laut der Anweisung zur Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussagen zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 gutachtliche Feststellungen, die im Wesentlichen auf den örtlichen Erfahrungen der jeweils zuständigen Forstbeamten beruhen. Sie sollen sich daneben möglichst auch auf Erkenntnisse stützen, die aus gemeinsamen Revierbegängen, aus Weiserflächen, aus den Aufnahmen zur Verjüngungsinventur für das Hegegemeinschaftsgutachten, aus einfachen Traktverfahren o.ä. seit der Erstellung des vorangegangenen Forstlichen Gutachtens gewonnen werden. Die Revierweisen Aussagen sind Teil des Forstlichen Gutachtens für die Hegegemeinschaft. Revierweise Aussagen können nur für Jagdreviere erstellt werden, in denen es für die Beurteilung geeignete Verjüngungsbestände gibt. Wesentlicher Maßstab bei beiden Begutachtungen ist das Erreichen des sogen. Waldverjüngungsziels.
73
Die von den Bayerischen Forstbehörden entwickelte Gutachtensmethodik ist rational und beruht ersichtlich auf vernünftigen Überlegungen (wie hier auch Knoke/Hothorn/Mosandl/Kennel, Wissenschaftliche Expertise zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung in Bayern vom 1. September 2007, in Auftrag gegeben durch das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten; hier wird feststellt, im Rahmen des in Bayern praktizierten Verfahrens zur Erfassung und Beurteilung des Zustandes der Waldverjüngung würden repräsentative Verjüngungsflächen objektiv ausgewählt und die Diskussion um den Zustand der Waldverjüngung werde durch die Begutachtung mit Verbissprozentsätzen im Mittelpunkt in Kombination mit der fachlichen Bewertung durch die vor Ort zuständigen, gut ausgebildeten Forstleute auf eine quantitative und belastbare Grundlage gestellt). Ein Widerspruch zu Denkgesetzen oder zu wissenschaftlichen Erkenntnissen ist weder im hiesigen Verfahren noch in einem anderen dem Senat bekannten Verfahren dargetan worden. Es ist nicht die Aufgabe der forstlichen Gutachten, den konkreten Wildbestand für das einzelne Jagdrevier oder für die Hegegemeinschaft zahlenmäßig zu ermitteln, da der Wildbestand nach den bisherigen Erfahrungen und den übereinstimmenden Auffassungen aller Experten nicht sicher festgestellt werden kann. Das landesweit einheitliche Erhebungsverfahren ermöglicht die Einbeziehung unterschiedlicher Naturräume und Waldstrukturen. Anhaltspunkte für eine Unbrauchbarkeit des Verfahrens unter bestimmten Standortbedingungen sind weder bekannt noch werden sie vom Antragsteller vorgetragen.
74
Wesentliche Grundlage der forstlichen Gutachten sind die Ergebnisse der Verjüngungsinventur. Mit diesem systematisch durchgeführten Stichprobenverfahren werden die natürliche Waldverjüngung sowie der Wildverbiss auf Hegegemeinschaftsebene erfasst. Anhand eines bayernweiten Gitternetzrasters werden je Hegegemeinschaft 30 bis 40 „Verjüngungsflächen“ (Stichproben-Flächen) festgelegt, auf denen durch die Untere Forstbehörde Daten zur Waldverjüngung anhand eines genau festgelegten Verfahrens erhoben werden. Aufgrund des Strichprobenverfahrens sind bei vertretbarem Arbeitsaufwand Feststellungen möglich, die für die Hegegemeinschaft repräsentativ sind. Die seit dem Jahr 1986 praktizierte und währenddessen verbesserte Methodik der Stichproben-Verjüngungsinventur ist für den Zweck der Bestandsregulierung geeignet, angemessen und ausreichend und beachtet die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Sie hat sich in der Praxis - auch für den Bergwald - als tauglich erwiesen und bewährt. Die Fortschreibung der Inventur im Turnus von drei Jahren gewährleistet eine stetige Aktualisierung und erlaubt durch den fortlaufenden Vergleich die Ableitung von Entwicklungen und Trends, insbesondere bei Waldentwicklung und Wildbestand. Ansätze zur Verbesserung des Begutachtungsverfahrens, die der Antragsgegner unbeachtet gelassen hat, sind vom Antragsteller nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht erkennbar. Nachdem es sich bei der Waldverjüngungsinventur um ein repräsentatives, mit gleichmäßig verteilten Rasterpunkten arbeitendes Stichprobenverfahren handelt, wird ihre Brauchbarkeit nicht durch den Nachweis abweichender Verhältnisse in einzelnen Teilen der Hegegemeinschaft oder gar in Teilen eines einzelnen Jagdreviers in Frage gestellt, denn bei einem solchen Verfahren ist in wieder anderen Teilen mit Abweichungen in die Gegenrichtung zu rechnen. Die Richtigkeit ihrer Ergebnisse könnte lediglich durch eine andere Ermittlungsweise in Frage gestellt werden, die ebenfalls mit guten Gründen den Anspruch auf Repräsentativität erheben kann oder die die Fläche der Hegegemeinschaft oder des Jagdreviers komplett erfasst. Solche anderen (gleichwertigen) Ermittlungsweisen sind dem Senat bislang nicht vorgelegt worden.
75
Bereits vor mehr als 10 Jahren hat das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Rotwildbestand im Eigenjagdrevier des Antragstellers als „weit überhöht“ eingeschätzt (Stellungnahme vom 28.12.2007 betreffend den Bau eines Futterstadels, Bl. 32 der Bauakte). In der Ergänzenden Revierweisen Aussage 2012 ist die Verbisssituation durch Schalenwild im Eigenjagdrevier des Antragstellers als zu hoch bewertet worden, während in der Hochwildhegemeinschaft M. laut Forstlichem Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2012 (Verbisssituation tragbar) eine Verbesserung im Vergleich zum Forstlichen Gutachten 2009 (Verbisssituation zu hoch) eingetreten war. Zwar bescheinigt die Ergänzende Revierweisen Aussage 2012 im Eigenjagdrevier des Antragstellers in den letzten Jahren gebietsweise eine Verbesserung der Verbisssituation. Die zahlreichen Wildwechsel und Losungen deuteten aber (immer noch) auf einen deutlich zu hohen Wildbestand mit entsprechend negativem Einfluss auf die Verjüngung hin. Die nächsten Jahre würden entscheiden, ob sich auch die Mischbaumarten Buche und Tanne maßgeblich an der nächsten Waldgeneration beteiligen können. Das Forstliche Gutachten 2015 für die Hochwildhegegemeinschaft M. stufte die Verbissbelastung in der Hochwildhegegemeinschaft (weiterhin) als tragbar ein, da die Verbesserungen gegenüber der letzten Verjüngungsinventur zeigten, dass die Hochwildhegegemeinschaft auf einem guten Weg sei. Der Zustand der Verjüngung sei in den einzelnen Revieren der Hochwildhegegemeinschaft sehr unterschiedlich; die Einstufung der Verbissbelastung reiche von „günstig“ bis „deutlich zu hoch“; ein Verbissschwerpunkt sei u.a. das Eigenjagdrevier des Antragstellers. Da die Verbissbelastung in der Hochwildhegegemeinschaft M. im Forstlichen Gutachten 2012 als tragbar eingestuft worden ist, wäre im Rahmen der Verbissbegutachtung 2015 eine Ergänzende Revierweise Aussage für das Eigenjagdrevier „… … … …“ nur dann erstellt worden, wenn dies der Antragsteller beantragt hätte. Ein solcher Antrag ist aber nicht gestellt worden, sodass die in der Ergänzenden Revierweisen Aussage 2012 für entscheidend erklärte weitere Entwicklung („die nächsten Jahre werden über die Beteiligung der Mischbaumarten Buche und Tanne an der nächsten Waldgeneration entscheiden“) und insbesondere die Entwicklung der sowohl im Jahr 2012 als auch im Jahr 2015 als zu hoch eingeschätzten Verbissbelastung im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht von Amts wegen einer näheren Betrachtung durch eine Ergänzende Revierweisen Aussage unterzogen worden ist. Auch in der Folge ist eine Verbesserung der Verbisssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers offensichtlich nicht eingetreten. Im Forstlichen Gutachten 2018 wird die Verbissbelastung in der Hochwildhegegemeinschaft als zu hoch bewertet und das Eigenjagdrevier des Antragstellers als Verbissschwerpunkt ausgewiesen. Auf eine Ergänzende Revierweise Aussage 2018 (wegen der tragbaren Verbissbelastung 2015 im gesamten Bereich der Hochwildhegegemeinschaft nicht von Amts wegen erstellt), auf deren Fehlen der Antragsteller Wert legt und die er abermals nicht beantragt hat, kommt es somit gar nicht an. Aufgrund der hohen Verbissbelastung im Eigenjagdrevier des Antragstellers hat die zuständige Fachstelle für Schutzwaldmanagement Pflanzmaßnahmen auf der Sanierungsfläche L., die im Eigenjagdrevier des Antragstellers liegt, bis auf weiteres zurückgestellt.
76
Nicht nur der Umstand, dass der Antragsteller einerseits Ergänzende Revierweise Aussagen so weit als möglich vermeidet und andererseits betont (auch in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019), für eine Beurteilung des aktuellen Vegetationszustands im Eigenjagdrevier fehle es an ausreichenden Tatsachenfeststellungen, belegt, dass der überhöhte Wildbestand und damit auch die hohe Verbissbelastung in seinem Eigenjagdrevier seinem Willen entspricht. Der Antragsteller hält auch die festgesetzten Abschusspläne für Rot- und Gamswild nicht ein (in Rotwildgebieten bezieht sich das überkommene, trophäenorientierte Jagdinteresse nicht auf das Rehwild). Abschusspläne haben das Ziel, landesweit die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayWaldG < „Wald vor Wild“ >). Sie leisten den von Seiten der Jagd erforderlichen Beitrag zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, also zu einer Bewirtschaftung, die so gestaltet ist, dass die Artenvielfalt des Waldes, seine Produktivität, seine Regenerationsfähigkeit, seine Vitalität und sein Potenzial, auch in Zukunft wichtige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllen können, erhalten bleiben und andere Ökosysteme nicht geschädigt werden (vgl. die Definition des Begriffs „nachhaltige Waldbewirtschaftung“ der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, Helsinki 1993); insbesondere tragen sie dazu bei, dass der Wald gegenüber natürlichen Bedrohungen, beispielsweise gegenüber Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten, widerstandsfähiger wird. Ein übermäßiger Schalenwildbestand führt - entsprechend dem nicht erfolgreich angegriffenen Vorbringen des Antragsgegners und entsprechend den langjährigen Erfahrungen des Senats (vgl. insoweit auch Rn. 130 des Senatsurteils vom 11. Dezember 2017 - 19 N 14.1022 - juris) - zum Verschwinden der Krautschicht, zum weitgehenden Ausfall der besonders verbissgefährdeten Baumarten, zur Entmischung des Waldes, zum Biodiversitätsverlust, zur Überalterung des Waldes und schlimmstenfalls zu seinem Untergang (auch durch Erosion), der jedenfalls längerfristig den Verlust der Bodendecke nach sich zieht. Dies bedeutet eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt, der Wasser und Klima regulierenden Wirkung, der Kohlenstoffspeicherung, der Reinigung von Luft und Süßwasser sowie des Schutzes vor Naturkatastrophen und - im Falle des Totalverlusts - den vollständigen Wegfall dieser positiven Effekte des Lebensraumes Wald im fraglichen Bereich.
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In den letzten fünf abgeschlossenen Jagdjahren (2013/2014 bis 2017/2018) hat der Antragsteller von den (entsprechend seinen Vorschlägen) insgesamt festgesetzten 19 Stück Gamswild lediglich ein Tier - im Jagdjahr 2014/2015 einen Bock der Klasse IIb, dessen Abschuss im Abschussplan nicht vorgesehen war - erlegt. Dies entspricht einer Erfüllung der Gamswildabschusspläne der letzten fünf Jahren von 5,3%. Bei Einbeziehung des Jagdjahres 2012/2013, in dem von den zwei festgesetzten Abschüssen keiner realisiert wurde, beläuft sich die Abschussplanerfüllungsquote auf nur 4,8%. Von den in den Abschussplänen festgesetzten Rotwildabschüssen hat der Antragsteller im selben Zeitraum (Jagdjahre 2013/2014 bis 2017/2018) - inklusive Fallwild - lediglich 74,2% erfüllt (festgesetzte Stückzahl: 240; Abschüsse: 171; Fallwild: 7). Auch der Umstand, dass seine Abschussplanvorschläge in den Jagdjahren 2014/2015 (Erfüllungsquote: 63,8%), 2016/2017 (Erfüllungsquote: 84,4%) und 2017/2018 (Erfüllungsquote: 88,9%) bestätigt worden sind (also eine Anhebung der Abschussfestsetzungen, die aufgrund des überhöhten Wildbestands angezeigt gewesen wäre, unterblieben ist; lediglich im Jagdjahr 2013/2014 ist der Rotwildabschuss erhöht < Erfüllungsquote: 81,0% > und im Jagdjahr 2015/2016 < Erfüllungsquote: 51,1% > ist der Abschuss nur in der Klassenverteilung verändert festgesetzt worden), hat ihn nicht zu einer Erfüllung veranlasst. Zudem ist von einer Verlässlichkeit der Abschussmeldungen in den Jagdjahren 2013/2014 und 2014/2015, die Grundlage der diesbezüglichen Erfüllungsquoten sind, nicht auszugehen. Wegen Zweifeln an der Richtigkeit der Abschussmeldungen in den Jagdrevieren der Hochwildhegegemeinschaft M. ist mit Bescheid der Unteren Jagdbehörde vom 27. April 2015 der körperliche Nachweis für die in diesen Revieren erlegten Alttiere und Schmaltiere angeordnet worden. Im ersten Jahr nach der Einführung (Jagdjahr 2015/2016) hat die Anordnung hegegemeinschaftsweit zu einem Einbruch der gemeldeten Abschusserfüllung bei den Alt- und Schmaltieren auf nur mehr 49% geführt, woraus die Behörde nachvollziehbar auf die Begründetheit ihrer Zweifel an den früheren Abschussmeldungen geschlossen hat (vgl. den Bescheid vom 12.3.2018, BA Bl. 49 < 51 >, durch den die Anordnung des körperlichen Nachweises bis zum 31.3.2021 verlängert worden ist; zur mangelnden Verlässlichkeit von Wildzählungen vgl. die Ausführungen in den beiden Senatsbeschlüssen vom 20.11.2018 - 19 ZB 17.1601 und 19 ZB 17.1602 - jeweils juris Rn. 32).
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Der Antragsgegner trägt zwar hinreichend Sorge für einen effektiven Vollzug des gesetzlichen Grundsatzes „Wald vor Wild“, wenn es um staatseigene Flächen geht (zur vorbildlichen Bewirtschaftung dieser Flächen durch die Beigeladene vgl. Rn. 94); gegenüber privaten Jagdausübungsberechtigten ist dies jedoch nicht der Fall (vgl. die Beanstandungen in den Jahresberichten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes 1999 - TNr. 41 - und 2009 - TNr. 28, denen auch in der Folgezeit nicht wirksam abgeholfen worden ist, obwohl das Staatsministerium Analyse und Bewertung des BayORH teilt). Dieser Vollzug und das diesbezügliche Engagement ist daher der Höheren und vor allem der für konkrete Maßnahmen zuständigen Unteren Jagdbehörden überlassen. Während sich die für den Antragsteller im Parallelverfahren 19 N 14.1022 zuständige Untere Jagdbehörde dieser Aufgabe zumindest angenommen hat (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 20.11.2018 - 19 ZB 16.1601, 19 ZB 16.1602 sowie 19 ZB 17.1798 und vom 17.1.2019 - 19 ZB 16.479 betreffend Abschussfestsetzungen und eine Kontingentfestsetzung), hat es die für den hiesigen Antragsteller zuständige Untere Jagdbehörde sogar vermieden, die Missstände im Eigenjagdrevier des Antragstellers wenigstens deutlich und nachhaltig zur Sprache zu bringen. Zwar hat der Leiter der Unteren Jagdbehörde in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019 eingeräumt, das Eigenjagdrevier des Antragstellers bilde einen „Brennpunkt in der Hegegemeinschaft“. Auf eine diesbezügliche Frage des Gerichts hat der Leiter der Unteren Jagdbehörde jedoch mitgeteilt, er könne sich nicht zur Angemessenheit des Wildbestandes äußern. Dies ist nicht nachvollziehbar, weil alle Forstgutachten sowie die übrigen erwähnten Anhaltspunkte bekannt und durchgreifende Zweifel an einem der Forstgutachten weder dargetan noch sonst ersichtlich sind (der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Forstbegutachtung unter Bezugnahme auf eine Waldbegehung unter Teilnahme von Behördenvertretern geltend gemacht; jedoch hat der Senat in seinem Beschluss vom 20.11.2018 - 19 ZB 17.1601 - juris Rn. 23 ff. - darauf hingewiesen, dass Waldbegehungen ohne wissenschaftliche Grundlage ungeeignet sind, ein nach den Regeln der bayerischen Forstverwaltung erstelltes Verbissgutachten infrage zu stellen). Um darzutun, dass die Abschusserfüllung im Eigenjagdrevier des Antragstellers bei dem den Zuwachs tragenden weiblichen Wild durchschnittlich höher liege als im Rest der Hegegemeinschaft, hat der Leiter der Unteren Jagdbehörde - der in der mündlichen Verhandlung von einem guten Kontakt zum Antragsteller gesprochen hat - Tabellen zur Rotwildabschussplanerfüllung vorgelegt. Diese Tabellen vernachlässigen jedoch einen entscheidenden Faktor, nämlich die jeweilige Wildbestandshöhe, und sind daher ungeeignet, Anstrengungen des Antragstellers zur Herstellung eines angemessenen Wildbestandes zu belegen. In der mündlichen Verhandlung hat der Leiter der Unteren Jagdbehörde mitgeteilt, er sei in dieser Funktion seit dem Jahr 2010 tätig und seit diesem Jahr sei man auf einem guten Weg. Diese Äußerungen stehen in vollkommenem Gegensatz zum aktuell immer noch massiv überhöhten Rotwildbestand im Eigenjagdrevier des Antragstellers. Nach der Angabe des Vertreters der Forstverwaltung in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019 ist im Eigenjagdrevier des Antragstellers ein Rotwildbestand von lediglich einem (1) Stück auf 100 ha tragbar. Diese Angabe ist vom Antragsteller nicht bestritten worden; sie wird bestätigt durch eine Abwägung der Maximalwerte, die in den Richtlinien für die Abschussregelung vom 4. März 1969 genannt sind (LMBl. 13, Abschnitt A.II.6 lit. c; die späteren Abschuss- bzw. Hegerichtlinien benennen Maximalwerte nicht mehr), mit der streitgegenständlichen Situation und insbesondere den Tatsachen, dass diese Abschussrichtlinie noch die Trophäenjagd in den Mittelpunkt stellt (vgl. Abschnitt A.I.), dass sie die Berücksichtigung weiterer Schalenwildarten vorsieht (vgl. Abschnitt A.II.6 lit. a) und dass Schutzwald-Sanierungsbedarf besteht. Aus dem Verhältnis des zur Abschussbemessung herangezogenen Rotwildbestands - der nur in den Abschussplänen für die Jagdjahre 2014/2015, 2016/2017 und 2017/2018 ausgewiesen und dann nahezu unverändert fortgeschrieben worden ist (71, 76, 75) - zu der speziellen Rotwildfläche des Eigenjagdreviers des Antragstellers (475 ha) errechnet sich jedoch eine Rotwilddichte von über 15 Stück/100 ha (zu der vom Antragsteller betriebenen Fütterungsanlage und der diesbezüglichen Haltung der Unteren Jagdbehörde vgl. nachfolgend). Die Pflichtenvernachlässigung durch die Untere Jagdbehörde ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass in erster Linie der Antragsteller als Jagdausübungsberechtigter den jagdrechtlichen Bestimmungen Genüge zu leisten hat und er auch durch eine Untätigkeit der Unteren Jagdbehörde nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird, zumal der Senat davon auszugehen hat, dass der Einfluss des Antragstellers eine der wesentlichen Ursachen dieser Untätigkeit ist. Die Bedeutung derartiger Einflüsse ist auch dem Jahresbericht 2009 des Bayerischen Obersten Rechnungshofes zu entnehmen. Hiernach werden Maßnahmen zur Effektivierung des gesetzlichen Grundsatzes „Wald vor Wild“ in Bayern vom zuständigen Staatsministerium nicht ergriffen, weil „ansonsten Akzeptanzprobleme bei der Jägerschaft zu befürchten“ seien (TNr. 28.5 des Jahresberichts).
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Die Antragstellerseite führt nunmehr den stark überhöhten Verbiss auf eine jährliche Zuwanderung von Tieren aus den Verordnungsteilgebieten zurück, wo sie vergrämt worden seien; dementsprechende Abschussfestsetzungen hält sie für rechtswidrig, da diese Tiere im Sommer wieder abwanderten (vgl. insbesondere S 4. bis S. 7 des Verhandlungsprotokolls). Der Antragsteller versucht, mit dieser Behauptung gegenläufiger Wanderungsbewegungen während unterschiedlicher Abschnitte desselben Jahres seine Behauptung zu plausibilisieren, der Verbiss im Eigenjagdrevier sei wegen der Verordnung überhöht und die Schalenwildbestände im Eigenjagdrevier seien an sich angemessen. Dieser Erläuterungsversuch ist zunächst deshalb nicht überzeugend, weil er erst jetzt unternommen wird; bisher ist lediglich von einer Zuwanderung aufgrund Vergrämung die Rede gewesen. Auch im Parallelverfahren 19 N 14.1022 ist ein gleichartiger Erläuterungsversuch erst gegen Ende des Verfahrens unternommen worden (vgl. Rn. 64 des Senatsurteils vom 11.12.2017 im Verfahren 19 N 14.1022). Dem Erläuterungsversuch steht darüber hinaus entgegen, dass sich zwar die Vergrämung im Rahmen der streitgegenständlichen Verordnung auf wenige Monate beschränkt, die Verordnung jedoch lediglich dazu bestimmt ist, die wegen der beschränkten Dauer des Jagdjahres bestehende zeitliche Lücke zu schließen, also die ganzjährige Vergrämungspraxis der Beigeladenen zu ermöglichen. Der Jagd- und Vergrämungsdruck wird auf den Sanierungsflächen nicht als kurzfristiger und sich ständig wiederholender Prozess, sondern ganzjährig und konsequent praktiziert, sodass für die behauptete und dem Antragsgegner sowie der Beigeladenen angelastete jährliche Hin- und Zurückwanderung des Wilds zwischen dem Eigenjagdrevier und den Verordnungsflächen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019 zwar ausgeführt, mittels Telemetriedaten nachweisen zu können, wo sich das Wild wann aufhalte und wie es sich bewege. Er hat jedoch weder diese Telemetriedaten vorgelegt noch den Anlass, den Umfang, das Ziel o. ä. der diesbezüglichen Untersuchungen genannt oder Angaben gemacht, die für ihre Nutzbarkeit im vorliegenden Verfahren sprechen (zur fehlenden Verfahrensförderung durch die im Verfahren 19 ZB 17.1601 angesprochenen Telemetriedaten vgl. Rn. 40 ff. des diesbezüglichen Senatsbeschlusses v. 20.11.2018). Der Umstand, dass der Antragsteller trotz des deutlich überhöhten Verbisses seine Abschussplanvorschläge nicht angehoben hat (diese sind im Zeitraum der Jagdjahre 2013/2014 bis 2017/2018 sogar rückläufig), belegt ebenfalls, dass der Antragsteller auf einen erhöhten Wildbestand Wert legt und den damit einhergehenden erhöhten Verbiss billigt. Der Antragsteller hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass er als Jagdausübungsberechtigter etwas gegen einen (langfristig oder auch nur kurzfristig, vollflächig oder auch nur in Randbereichen aufgetretenen) überhöhten Verbiss unternommen hat (wie etwa eine Schwerpunktbejagung oder eine allgemein verstärkte Bejagung). Die Auffassung des Antragstellers, man könne von ihm nicht verlangen, eine Schonzeitaufhebung zu beantragen, die die Bejagung in Übereinstimmung mit der streitgegenständlichen Verordnung während der Schonzeit ermöglichen würde - nur eine solche mache Sinn, weil die Zusatzschäden gerade während dieser Zeit entstünden -, da er zum einen das Recht habe, die gesetzlich festgelegten und als Teil seines Jagdausübungsrechtes geschützten Schonzeiten einzuhalten, um nicht gezwungen zu sein, zu seinen Lasten in die natürliche Population einzugreifen, und da dies zum anderen einen erhöhten Personalaufwand und zusätzliche Kosten verursachen würde, vermag nicht zu überzeugen. Der mit einer gesetzeskonformen Bejagung verbundene Aufwand obliegt ihm als Revierinhaber. Anhaltspunkte dafür, dass der Wildbestand in seinem Eigenjagdrevier in wesentlichem Umfang nicht auf seinem eigenen Verhalten beruht, sondern auf Vorgängen in der Nachbarschaft, fehlen bereits im Hinblick auf die dargestellte Verfahrensweise des Antragstellers im Bereich des Abschussplanwesens. Soweit sich der Antragsteller auf das Recht beruft, die Regelschonzeit einzuhalten, ist er darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Einhaltung der Schonzeit um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt und nicht um eine Regelung, die seinem Interesse zu dienen bestimmt ist. Der Umstand, dass der Antragsteller die Regelschonzeit als eigenes Recht für sich in Anspruch nimmt und gegen jagdliche Maßnahmen zur Minderung von Verbissschäden ins Feld führt, belegt ebenfalls sein Interesse an hohen Wildbeständen.
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Die Überzeugung, dass die hohe Verbissbelastung im Eigenjagdrevier des Antragstellers seinen eigenen Absichten entspricht, wird auch durch den Umstand bestätigt, dass der Antragsteller eine weit überdimensionierte Fütterungsanlage betreibt, während in benachbarten Revieren in den letzten 10 Jahren Wildfütterungen, die für einen angemessenen Wildbestand nicht erforderlich sind, aufgegeben worden sind. Ein derartiges künstliches Futterangebot im natürlichen Aktionsradius des Schalenwildes ist geeignet, auf dieses eine erhebliche Anziehungskraft zu entfalten und dessen Wanderungsverhalten maßgeblich zu beeinflussen. Die Wildbiologin Dr. C.M., in der mündlichen Verhandlung vom Antragsteller als Beistand beigezogen, hat zwar ausgeführt, der Antragsteller sei aufgrund der Hegepflicht und der Pflicht zur Fütterung von Wild in Not zu den Fütterungsmaßnahmen verpflichtet und andere Jagdinhaber seien bereits wegen Verstoßes gegen diese Pflichten bei der Unteren Jagdbehörde angezeigt worden. Der Senat kann jedoch nicht davon ausgehen, dass die vom Antragsteller betriebene Fütterung der Erfüllung der Verpflichtung dient, in der Notzeit für angemessene Wildfütterung zu sorgen und die dazu erforderlichen Fütterungsanlagen zu unterhalten (Art. 43 Abs. 3 Satz 1 BayJG). Zum einen hat der Antragsgegner - vom Antragsteller unbestritten - mit Schriftsatz vom 24. September 2018 ausgeführt, nach Kenntnis der Jagdbehörde sei der Futterstadel des Antragstellers nicht mit „Überlebensfutter“, sondern mit hochwertigem Futter bestückt. Zum anderen ergibt sich die Unangemessenheit der Wildfütterung auch aus der dort - für die gesamte Winterperiode (Bauakte, Bl. 20) - vorgehaltenen Futtermenge für einen deutlich überhöhten Rotwildfütterungsbestand. Der Futterstadel des Antragstellers hat eine Grundfläche mit Seitenlängen von 8 m und 26 m (und auf der gesamten Länge einen ohne Genehmigung errichteten, von der zuständigen Behörde lediglich geduldeten, rundum belichteten Dachaufbau). Die Fütterungsanlage dient insbesondere als Lagerfläche von Futtermitteln für einen Rotwildfütterungsbestand von 50 Tieren. Dieser Bestand - der nicht identisch ist mit dem gesamten Wildbestand im Revier, sondern nur Schlüsse auf diesen zulässt, weil die Futterstelle erfahrungsgemäß nicht von allen Tieren genutzt wird - ist von der Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019 nicht bestritten worden und aufgrund der Fütterungszählungen des Antragstellers nachvollziehbar (Jagdjahr 2017/2018: 45 Tiere). Die Untere Jagdbehörde hat den Futterstadel für einen artgerechten und zielführenden Wildbestand als deutlich überdimensioniert bewertet (Bauakte, Bl. 139 f.; die Nutzungsangaben, die die Antragstellerseite im Baugenehmigungsverfahren nach der Feststellung dieses entgegenstehenden öffentlichen Belangs gemacht hat, sind weder konsistent noch belegt). Hinsichtlich der von der Antragstellerseite geltend gemachten Pflicht zur Fütterung in der Notzeit hat der Beigeladenenvertreter in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dem Wild stehe in räumlicher Nähe zum Futterstadel des Antragstellers eine Winterfutterstelle der Beigeladenen zur Verfügung. Der Antragsteller hat dies nicht grundsätzlich bestritten. Seine Behauptung einer unregelmäßigen und unzureichenden Beschickung dieser Fütterungsanlage der Beigeladenen ist unsubstantiiert. Dies deutet darauf hin, dass Grundlage dieser Behauptung des Antragstellers seine Auffassung ist, überhöhte Wildbestände seien durch Fütterung zu bewirken bzw. zu erhalten. Auch die Angabe des Antragstellers, er füttere, weil bereits andere Revierinhaber wegen fehlender Notfütterungen bei der Unteren Jagdbehörde angezeigt worden seien, räumt die Anhaltspunkte für die Unangemessenheit seiner Fütterung nicht aus. Die Anzeige bei der Unteren Jagdbehörde gegen den Jagdvorsteher und den angestellten Jäger des an das Eigenjagdrevier des Antragstellers angrenzenden Gemeinschaftsjagdreviers Kreuth-West ist vom Aktionsbündnis zum Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräume in Bayern (Wildes Bayern e.V.) erstattet worden und wird derzeit noch geprüft (http://www.wildes-bayern.de/?q=node/204). Nach seinem Internetauftritt unterstützt dieses Aktionsbündnis - unter Betonung von Anliegen des Natur- und Tierschutzes - das Jagdinteresse gegen den Grundsatz „Wald vor Wild“, ist sein 2. Vorsitzender der Antragsteller im Parallelverfahren 19 N 14.1022 und seine 1. Vorsitzende die Wildbiologin Dr. C. M., die als Beistand des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019 aufgetreten ist und seine Überhege verteidigt hat. Mit der weiteren Angabe des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung, die Futterstelle der Beigeladenen diene im Wesentlichen dem Abschuss, wird ebenfalls ein Rechtsverstoß behauptet, da in Notzeiten Schalenwild in einem Umkreis von 200 Metern von Fütterungen nicht erlegt werden darf (§ 19 Abs. 1 Nr. 10 BJagdG). Eine Substantiierung dieses Vorwurfs oder die Angabe diesbezüglicher Beweismittel ist nicht erfolgt. In Zusammenschau sämtlicher genannter Umstände ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für ein weitgehendes Verbot der vom Antragsteller betriebenen Fütterung vorliegen. Die Verwirklichung des Hegeziels im Sinne § 1 Abs. 2 BJagdG - die Pflege und Sicherung der Lebensgrundlagen zur Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten Wildbestandes - darf nicht durch Fütterung des Wildes gefährdet werden (§ 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG). Eine missbräuchliche Wildfütterung kann von der zuständigen Jagdbehörde im Einzelfall verhindert werden (§ 23a Abs. 1 AVBayJG). Sie kann im Regelfall angenommen werden, wenn Schalenwild in oder im unmittelbar räumlichen Zusammenhang mit Schutzwäldern nach Art. 10 Abs. 1 BayWaldG gefüttert und dadurch die Schutzfunktion des Waldes beeinträchtigt oder gefährdet wird. Vorliegend ist der Wildbestand des Antragstellers - unter Verstoß gegen den Grundsatz „Wald vor Wild“ - deutlich überhöht, ist südlich des Futterstadels Schutzwald i.S.d. Art. 10 BayWaldG ausgewiesen (Bauakte, Bl. 15) und steht der überhöhte Wildbestand des Antragstellers Schutzwald-Sanierungsmaßnahmen im Nahbereich des Eigenjagdreviers entgegen (vgl. insoweit insbesondere die obigen Ausführungen zum Schutzwaldbereich L.; allgemein zur Beeinträchtigung der Schutzwaldsanierung durch überhöhten Wildverbiss vgl. TNr. 28.2.2 des BayORH-Jahresberichts 2009). Überlegungen der Unteren Jagdbehörde hinsichtlich einer Anwendung des § 23a AVBayJG sind jedoch nicht erkennbar.
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1.1.2 Der Antragsteller ist mit der überhöhten Verbissquote in seinem Eigenjagdrevier einverstanden, weil er zu dem Teil der Jägerschaft gehört, der noch das überkommene trophäenorientierte, durch hohe Wildbestände geförderte Jagdinteresse verfolgt, das die Hauptursache für die Ablehnung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ und für die dementsprechende Degradierung des Waldes und Gefährdung des Schutzwaldes ist (zum überkommenen trophäenorientierten Jagdinteresse im Einzelnen vgl. das Senatsurteil vom 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 70). Wie erwähnt hegt der Antragsteller weit überhöhte Wildbestände, wie sie für das überkommene trophäenorientierte Jagdinteresse typisch sind.
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Ein Wirtschaftsinteresse von Gewicht, das das Jagdinteresse begrenzen könnte, gibt es nicht.
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Der Antragsteller betreibt zwar laut den vorgelegten Steuerunterlagen für die Jahre 2013 bis 2017 und der Gewinn- und Verlustrechnung 2012 unter seinem Namen ein land- und forstwirtschaftliches Einzelunternehmen, wobei in der Regel örtliche Unternehmer mit forstlichen Arbeiten beauftragt werden. Die diesbezüglichen Steuerbescheide erkennen aber durchgehend erhebliche Verluste an (2012: -97.238,68 EUR; 2013: -125.099,15 EUR; 2014: -93.210,12 EUR; 2015: -13.612,78 EUR; 2016: -213.544,38 EUR; 2017: -92.328,00 EUR). Der Antragsteller behauptet, die forstliche Nutzung des Waldes erfolge nicht nur mit Gewinnerzielungsabsicht, sondern generiere diese auch tatsächlich, da sich der Ertrag der Forstwirtschaft in 2013 auf 24.793, in 2014 auf 42.904, in 2015 auf 125.502, in 2016 auf -71.991 und im Jahr 2017 auf 39.962 EUR belaufe. Die zum Beleg hierfür vorgelegte Profit-Center-Betrachtung der Kostenstellen der forstwirtschaftlichen Nutzung (deren Überprüfung durch eine unabhängige Stelle nicht behauptet wird) nimmt hingegen ohne substantiierte Begründung („die sonstigen steuerlich relevanten (…) Aufwendungen sind für diese Berechnung irrelevant“) eine Trennung der in den Steuerbescheiden anerkannten Aufwendungen vor und rechnet „sonstige Aufwendungen“ (Abschreibungen, Zinsen und ähnliche Aufwendungen, die nicht näher beschrieben werden) dem forstwirtschaftlichen Betrieb nicht zu. Unabhängig von der - steuerlich relevanten - Frage, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht, bleibt es somit bei der Feststellung, dass der Antragsteller ausweislich der Steuererklärungen und Steuerbescheide keine Gewinne mit seinem land- und forstwirtschaftlichen Einzelunternehmen generiert. Insgesamt liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Unmaßgeblichkeit der Steuerbescheide vor. Der Senat hat somit davon auszugehen, dass die Forstwirtschaft auf den Flächen des Antragstellers nachhaltig erheblich defizitär ist und diese Flächen vornehmlich einem anderen Zweck dienen. Angesichts der Verfahrenserkenntnisse drängt es sich auf, dass dieser andere Zweck das überkommene, den waldrechtlichen Vorgaben widersprechende trophäenorientierte Jagdinteresse ist, dessen Kosten (die Verluste des forstwirtschaftlichen Betriebs) darüber hinaus zu einer Minderung der Gesamtsteuerlast des Antragstellers genutzt werden können.
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Der Antragsteller ist öffentlich zugänglichen Quellen zufolge Inhaber einer Unternehmensgruppe mit mehr als 500 Mio. EUR Umsatz, die über 68 Standorte in 19 europäischen Ländern mit rund 2.500 Mitarbeitern verfügt (https://www. …, abgerufen am 24.1.2019), sodass davon auszugehen ist, dass er auf einen Waldertrag nicht angewiesen ist und unschwer die Kosten seines überkommenen Jagdinteresses zu tragen vermag, zumal er diese gesamtsteuer-mindernd geltend machen kann.
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Soweit der Antragsteller - neben dem Anspruch auf Schutz vor überhöhtem Verbiss - den Artenschutz ins Feld führt, befasst er sich nur mit Habitatfaktoren, die für hohe Schalenwildbestände günstig sind, und verabsolutiert diese. Beispielsweise hebt er hervor, durch die Schonzeitaufhebung und die sonstigen Maßnahmen der Schutzwaldsanierung werde der von vielen Arten, z.B. den Raufußhühnern, dringend benötigte Lebensraum lichter Waldflächen und Freiflächen weiter reduziert; er hebt auch hervor, Gamskitze dienten dem Steinadler als Nahrung, und die durch die Schonzeitaufhebung und die damit einhergehende Reduzierung der Nahrung verstärkte Verbuschung und Verdichtung der betroffenen Wälder bewirke das Fehlen der für den Steinadler zur Beutejagd notwendigen lichteren Flächen. Eine Gesamtbetrachtung der Lebensbedingungen der jeweiligen Tierart, wie sie für einen ernsthaft betriebenen Artenschutz entscheidend wäre, nimmt er nicht vor.
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Der Antragsteller belegt durch seine Ausführungen, dass er jedenfalls insoweit die in Art. 18 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG vorgesehene Sanierung von Wald mit Gemeinwohlbedeutung ablehnt, als sie mithilfe von Maßnahmen im Bereich der Jagd durchgeführt wird. Jedoch kann ohne jagdliche Maßnahmen eine Schutzwaldsanierung mit längerfristigem Erfolg nicht durchgeführt werden.
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1.1.3 Das vom Antragsteller tatsächlich verfolgte (und durch die Verordnung für bedroht gehaltene) Interesse an hohen Schalenwildbeständen, die dem überkommenen, trophäenorientierten Jagdinteresse dienlich sind, ist rechtlich nicht geschützt.
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Das vom Antragsteller (verschleiert, jedoch tatsächlich) verfolgte Interesse an hohen Schalenwildbeständen hat dazu geführt, dass die Rechtsprechung den Anspruch des Waldbesitzers entwickelt hat, von übermäßigen Wildschäden durch Verbiss verschont zu bleiben (vgl. insbesondere BVerwG, U.v. 30.3.1995 - 3 C 8/94 - juris Rn. 45). Der Antragsteller missbraucht diesen Anspruch, indem er ihn konträr zu seiner Zweckbestimmung zu verwenden sucht. Die Behauptung, er werde durch den Verbiss beeinträchtigt, stellt der Antragsteller lediglich deshalb auf, weil er sich durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, eine Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit die Möglichkeit verschaffen möchte, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen. Das Interesse an hohen Schalenwildbeständen ist rechtlich jedoch nicht geschützt, sodass dem Antragsteller keine Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO zur Seite steht. Die Regulierung des herrenlosen Wildes erfolgt anhand der Allgemeininteressen ohne Berücksichtigung des jagdlichen Aneignungsrechts und der damit verbundenen Vorstellungen. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Jagdausübungsberechtige keinen Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild (HessVGH, B.v. 5.1.2006 - 11 UZ 1111/04 - JE VI Nr. 63, juris Rn. 9 ff.; B v. 26.1.1982, NuR 1987, 96; OVG Lüneburg vom 28.3.1984 - JE I Nr. 34; zum Anspruch auf Rotwild vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996 - Vf. 15-VII-95 - juris, insbesondere Rn. 59 ff.).
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1.2 Darüber hinaus liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte für zurechenbare und spürbare Auswirkungen auf die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers vor, die vorliegend relevant sind. Da es bei der Frage spürbarer (betroffenheitsrelevanter) Auswirkungen um die Wirkungen der Verordnung in den Teilgebieten H., S. und St. geht, sind alle Auswirkungen unerheblich, die auf sonstigen Vorgaben oder Maßnahmen des Antragsgegners oder der Beigeladenen beruhen (1.2.1). Die Auswirkungen, die die Verordnung in den Bereichen H., S. und St. hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbisssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier auf Wild-Zuwanderung beruht, die dem Antragsgegner und der Beigeladenen anzulasten ist, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) geprägt, sowie durch den Vakuumeffekt, der - als anerkannte wildbiologische Tatsache - dazu führt, dass eine Mäßigung der Wildbestände, wie sie durch die Verordnung angestrebt wird, sich mäßigend auch auf Nachbarreviere auswirkt, in denen (wie im Eigenjagdrevier des Antragstellers) Wildbestände überhegt werden (1.2.2). Verordnungen der vorliegenden Art sind seit dem Jahr 2000 in etwa 100 Teilgebieten in Kraft. In der gesamten Zeit sind lediglich das Verfahren des Antragstellers, das Parallelverfahren 19 N 14.1022 und das noch nicht entschiedene Verfahren gegen die Vorgängerverordnung des Antragstellers im Verfahren 19 N 14.1022 (19 N 18.497) anhängig gemacht worden. Weitere Verfahren gegen die Verordnungen sind nicht anhängig gemacht worden, insbesondere keines, in dem plausibel eine Verbisserhöhung aufgrund der Nachbarschaft zu einem Verordnungsteilgebiet dargelegt worden ist.
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1.2.1 Die für die Kontrolle der Verordnung in den Teilgebieten H., S. und St. erforderliche Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO kann nur den Auswirkungen der Verordnung (in den genannten Teilbereichen) entnommen werden.
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Streitgegenstand und damit Bezugspunkt für die Frage der Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO ist weder die allgemeine Jagdausübung der Beigeladenen oder eine hierfür geltende Vorgabe noch das Gesamtkonzept der Beigeladenen zur Schutzwaldsanierung oder dessen Bestandteil, das Schalenwild flächenbezogen zu vergrämen, sondern ausschließlich der Beitrag zur Schalenwildvergrämung, den die Ausweitung der Jagdzeiten in den Verordnungsgebieten H., S. und St. ermöglicht.
92
Somit kommt es auch nicht auf die Bestandsregulierung des Schalenwildes an. Diese findet durch die Abschusspläne statt. Die für die Jagd der Beigeladenen geltenden Abschusspläne sind weder durch die Verordnung noch durch die Schutzwaldsanierung als Gesamtkomplex bedingt; Abschusspläne sind vielmehr für sämtliche bejagbaren Bereiche des Bundesgebiets aufzustellen (§ 21 Abs. 2 BJagdG).
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Durch die Abschusspläne soll ganz allgemein eine grundeigentumsschädliche, waldschädliche, ökologiewidrige und insgesamt gemeinschädliche Jagd und Hege verhindert werden (vgl. § 21 Abs. 1 BJagdG sowie Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG; die ursprünglich vom Reichsjagdgesetz bezweckte Hege von Trophäenträgern durch Abschusswahl ist nicht mehr das Ziel des Abschussplanwesens). Die Schutzwaldsanierung, zu der die Verordnung gehört, steht in einer gewissen Abhängigkeit vom Abschussplanwesen. Würde nicht mithilfe der Abschusspläne allgemein eine Wilddichte herbeigeführt, die übermäßige Sach- und Ökologieschäden verhindert, wäre es sehr schwierig und wesentlich aufwendiger, sanierungsbedürftige Schutzwaldteile nachhaltig zu sanieren; möglicherweise wäre es dann unmöglich. Abschusspläne, die der Bestimmung des § 21 BJagdG sowie den konkretisierenden bayerischen Rechtsvorschriften entsprechen, haben insbesondere das Ziel, landesweit die - vielfach durch gemeinschädliche Jagd und Hege unterbundene - natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG < „Wald vor Wild“ >). Sie bewirken - wenn sie eingehalten werden - den von Seiten der Jagd erforderlichen Beitrag zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, also zu einer Bewirtschaftung, die so gestaltet ist, dass die Artenvielfalt des Waldes, seine Produktivität, seine Regenerationsfähigkeit, seine Vitalität und sein Potenzial, auch in Zukunft wichtige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllen zu können, erhalten bleiben und andere Ökosysteme nicht geschädigt werden (vgl. die Definition des Begriffs „nachhaltige Waldbewirtschaftung“ der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, Helsinki 1993); insbesondere tragen sie dazu bei, dass der Wald gegenüber natürlichen Bedrohungen, beispielsweise gegenüber Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten, widerstandsfähiger wird. Die Begriffsdefinition der Ministerkonferenz trägt der Tatsache Rechnung, dass ein naturnaher, nachhaltig bewirtschafteter Wald nicht nur vielfältige wirtschaftliche Vorteile hat. Er hat großen Anteil an der europäischen Biodiversität, denn trotz vielfältiger Bedrohungen ist die biologische Vielfalt in Waldlebensräumen größer als in anderen wichtigen Lebensraumgruppen (Wiesen, Feuchtflächen usw.). Der Wald erbringt auch Ökosystemleistungen von besonderem Nutzen. Er schützt den Boden vor Erosion und reguliert den Grundwasserspiegel und die örtlichen hydrologischen Systeme durch Rückhaltung von Wasserströmen, er reguliert das Klima, speichert Kohlenstoff und schützt wertvollere Bestäuber, reinigt Luft und Süßwasser und bietet Schutz vor Naturkatastrophen wie Lawinen, Erdrutschen, Dürre und Überschwemmungen. Im Mittelpunkt der EU-Waldstrategie vom 20. September 2013 und der diesbezüglichen EU-Fördermittel-Programme steht eine klar von Naturnähe und Nachhaltigkeit geprägte Waldbewirtschaftung, zu der insbesondere auch die Vorbeugung von Schäden und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands von Wäldern nach Katastrophenereignissen gehört (vgl. etwa Art. 24 der VO - EU - Nr. 1305/2013). Dem jüngsten Bericht über den Zustand der Natur in der EU (im Mai 2015 veröffentlicht) ist zu entnehmen, dass die Waldlebensräume insgesamt in keinem guten Erhaltungszustand sind (vgl. zu diesem Begriff Art. 1 der Habitatrichtlinie) und dass noch sehr viel getan werden muss, wenn die Ziele der Biodiversitätsstrategie und der neuen EU-Waldstrategie bis 2020 erreicht werden sollen. Der gewichtigste Grund dafür, dass die Jagd häufig nicht oder nur unzureichend zur naturnahen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung beiträgt und sogar die Bemühungen anderer Akteure um eine solche Waldbewirtschaftung konterkariert, sodass Zustandsverbesserungen nicht vorankommen, ist das noch immer stark verbreitete, dem Grundsatz „Wald vor Wild“ diametral entgegenstehende überkommene Jagdinteresse (vgl. zum überkommenen trophäenorientierten Jagdinteresse U.v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 70, zu den Folgen einer mit dem überkommenen Jagdinteresse verbundenen Überhege die obigen Ausführungen Rn. 78 und zur Beachtung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ im Rahmen der Forstwirtschaft den Senatsbeschluss.v. 20.11.2018 - 19 ZB 17.1601 - juris Rn. 54). Fütterungen, Wildäcker und andere Hegeverfahren können im Einzelfall sinnvoll sein, werden aber ganz überwiegend zu Überhege genutzt und entfremden dann auch für sich allein genommen den von ihnen betroffenen Lebensraum der Natur.
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Die für die Durchführung der Schutzwaldsanierung zuständigen (hier beigeladenen) Bayerischen Staatsforsten, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, haben gem. Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“ (StFoG) gerade die Aufgabe den Staatswald vorbildlich zu bewirtschaften, weil er dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße dient, und dabei gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 StFoG in besonderem Maße die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen. Dasselbe ergibt sich aus Art. 1 BayWaldG. In dieser Bestimmung wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass die mit der Bewirtschaftung und der Verwaltung betrauten Stellen (das heißt vor allem die Beigeladene) insbesondere standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten und zu schaffen haben, und dass hierzu die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung ermöglicht werden soll. Weiter ist hier festgelegt, dass sie (auch) die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes und seine biologische Vielfalt zu sichern und zu verbessern haben und bei allen Maßnahmen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die Belange der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen haben (Art. 18 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 BayWaldG; ebenso Art. 3 Abs. 2 Satz 2 StFoG), den Wald vor Schäden bewahren müssen (Nr. 3), besondere Gemeinwohlleistungen zu erbringen haben (Nr. 4; nach Art. 22 Abs. 4 Satz 2 BayWaldG ist insbesondere die Schutzwaldsanierung eine dieser Gemeinwohlleistungen; für sie sieht Art. 22 staatliche Beihilfen vor) und besondere Belange der Jagd, wie die Reduktion von Schwarzwild und die Bestandssicherung ganzjährig geschonter Wildarten, zu berücksichtigen haben (Nr. 5). Infolge der Verpflichtung der Beigeladenen zur Bewirtschaftung des Staatswaldes unter Beachtung der Grundsätze einer naturnahen Forstwirtschaft in vorbildlicher Weise bedürfen diese Waldflächen gemäß Ziffer 5.5 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. September 2000 (AllMBl 2000, S. 544) keiner zusätzlichen Schutzmaßnahmen; sie werden als bereits ausreichend geschützt angesehen. Daher ist die Beigeladene - im Gegensatz zu privaten Forstunternehmen - von vornherein nicht nur den Gemeinwohlerfordernissen verpflichtet, die in allgemeinen Gesetzen festgelegt sind, sondern auch solchen, die in behördlichen Plänen, Richtlinien, Weisungen usw. festgelegt sind. Dies erlaubt der Beigeladenen ganz allgemein nicht diejenige Ausrichtung der Unternehmenstätigkeit an der Gewinnerwartung, die privaten Forstunternehmen erlaubt ist. Bei der Schutzwaldsanierung werden die Beigeladene (und der sie tragende Antragsgegner) überhaupt nicht profitorientiert tätig. Vielmehr hat die Schutzwaldsanierung nichtkommerziellen Charakter. Die Beigeladene wendet hier im Wesentlichen auf Rechnung des Antragsgegners umfangreiche Mittel auf, ohne dass auch nur annähernd ein entsprechender Ertrag zu erwarten ist.
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Die Abschusspläne der Beigeladenen erfassen zunächst die während des normalen Jagdjahres stattfindenden Abschüsse, auch soweit sie der letalen Vergrämung zur Schutzwaldsanierung dienen. In § 1 der Verordnung ist vorgegeben, dass mit der Ausweitung der Jagdzeiten durch die Verordnung keine Erhöhung der Abschusszahlen (hier: im Staatsjagdrevier Forstbetrieb Sc., in dem die Verordnungsgebiete H., S. und St. liegen) verbunden ist, sondern, dass die in den Abschussplänen festgelegten Abschusszahlen auch den Abschuss des Schalenwildes im Rahmen der Verordnung erfassen. Der plangeregelte Abschuss kann lediglich teilweise in den Verordnungszeitraum verlagert werden (weil in diesem Zeitraum auch und besonders mit Verbiss zu rechnen ist). Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG darf Schalenwild nämlich nur aufgrund und im Rahmen eines Abschussplans erlegt werden (daraus ergibt sich - ohne dass es vorliegend darauf ankommt -, dass der Vollzug der Verordnung den Schalenwildbestand nicht beeinflusst, also die eigentliche Befürchtung des Antragstellers nicht zutrifft, durch die Verordnung werde der Abschuss der Schalenwildbestände verstärkt; zur Neutralität einer Schonzeitverkürzung betreffend die Abschusszahlen vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10).
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Auch die sonstigen Maßnahmen der Beigeladenen mit Einfluss auf den Wildbestand, wie etwa Wildfütterungen oder wie die Zonierung der Bejagungsintensität, wie sie als „flankierende Maßnahme“ in Nr. 5 des Berichts der Bayerischen Staatsforsten vom 15. Juni 2011 über die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Verordnung beschrieben wird (vgl. hierzu auch Rudolf Plochmann, Gamswildbejagung bei den Bayerischen Staatsforsten am Beispiel des Forstbetriebs Bad Tölz, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagdverbandes Bayern; Zone 1 konzentriert sich demzufolge auf Sanierungsgebiete, insbesondere auf Bereiche mit Schonzeitaufhebung, und weitere für die Schwerpunktbejagung notwendige Flächen; hier findet auch außerhalb der durch die Verordnung verlängerten Jagdzeiten eine verschärfte Bejagung unter Anwendung aller jagdrechtlich zur Verfügung stehenden Mittel statt), sind vorliegend unerheblich. Alle diese Jagdstrategie- und Waldsanierungsmaßnahmen haben ihre Grundlage nicht in der angegriffenen Verordnung und würden durch einen Erfolg des Normenkontrollantrags auch nicht in Wegfall geraten oder unterbunden. Die Zahl der Abschüsse im Verordnungszeitraum würde im Fall einer Aufhebung der Verordnung lediglich in das normale Jagdjahr verschoben. Die mit der bloßen Anwesenheit von Menschen (Jägern) verbundene Vergrämungswirkung bliebe sogar in der (dann wieder geltenden) Schonzeit erhalten (zur Abgrenzung der dem Geltungsbereich der Verordnung unterliegenden Jagdausübung von der Wildhege und sonstigen Tätigkeiten des Jagdausübungsberechtigten vgl. BayObLG, B.v. 3.1.1983 - JE I Nr. 22; vgl. auch U.v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 80).
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1.2.2 Die Auswirkungen, die die Verordnung in den Bereichen H., S. und St. hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier nicht ihm selbst anzulasten sei, sondern dem Antragsgegner und der Beigeladenen, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) geprägt, sowie durch den Vakuumeffekt, der - als anerkannte wildbiologische Tatsache - dazu führt, dass eine Mäßigung der Wildbestände, wie sie durch die Verordnung angestrebt wird, sich mäßigend auch auf Nachbarreviere auswirkt, in denen (wie im Eigenjagdrevier des Antragstellers) Wildbestände überhegt werden.
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Die Verordnung soll nicht dazu beitragen, die Schalenwildbestände zu reduzieren, sondern dazu, das Schalenwild aus den Sanierungsflächen zu vertreiben, und zwar möglichst vollständig (vgl. Plochmann, a.a.O.; der Antragsgegner und die Beigeladene gehen nicht davon aus, dass eine völlige Schalenwildfreiheit der Sanierungsflächen erreichbar ist). Das Schalenwild soll durch konsequentes Auslösen eines Flucht- und Meidungsverhaltens der Tiere von den Sanierungsflächen möglichst ferngehalten werden; eine mit deren Einzäunung vergleichbare Wirkung soll erreicht werden. Die Umstände, dass die Wildvergrämung aufgrund der Verordnung nur auf verhältnismäßig kleinen Flächen stattfindet und dass im übrigen Staatsjagdrevier nicht mit derselben Intensität, aber gemäß dem Grundsatz „Wald vor Wild“ (mit der Folge einer mäßigen Wilddichte) gejagt wird, sprechen gegen die vom Antragsteller (im Rahmen seiner Betroffenheitsargumentation) behauptete Wild-Zuwanderung aus den Verordnungsteilgebieten im Staatsjagdrevier. Die streitgegenständlichen Verordnungsteilgebiete H., S. und St. umfassen 788 ha (H.: 377 ha; S.: 355 ha; St.: 56 ha; siehe hierzu GA 19 N 15.420, S. 206). Innerhalb der Verordnungsteilgebiete nehmen die zu sanierenden und deshalb zu schützenden Waldflächen (im Schutzwaldsanierungskonzept als Sanierungsflächen S. (Nr. …: 37,5 ha), Si. (Nr. …: 9,2 ha), W. … (Nr. …: 4,2 ha) und G. (Nr. …: 6,2 ha) bezeichnet; siehe hierzu GA 19 N 15.420, S. 451 ff.) 57,1 ha ein. Auf diese Sanierungsflächen beziehen sich alle Erhaltungs-, Pflege- und Schutzmaßnahmen einschließlich der konsequenten Vergrämung, durch die die Naturverjüngung des (noch vorhandenen oder nachgepflanzten) Schutzwalds gesichert werden soll. Der größere Umgriff der Verordnungsteilgebiete ist bedingt durch die jagdtechnischen Erfordernisse der Schalenwild-Freihaltung der Sanierungsflächen. Die Fläche, um deren annähernde Wildfreihaltung während weniger Monate des Jahres es geht (nur der Verordnungszeitraum ist relevant), entspricht - selbst bei Berücksichtigung aufenthaltsfördernder Faktoren - dem Raumbedarf allenfalls eines (1) Tieres (vgl. die Maximalwerte, die in den - allerdings noch die Trophäenjagd in den Mittelpunkt stellenden, vgl. Abschnitt A.I. - Richtlinien für die Abschussregelung vom 4.3.1969 - LMBl. 13 - genannt sind; sie sind in der Folgezeit zunehmend überschritten worden und die späteren Abschuss- bzw. Hegerichtlinien benennen Maximalwerte nicht mehr). Eine derartige Wildfreihaltung ist schon nicht geeignet, die Wilddichte in der unmittelbaren Umgebung (also im angemessen bejagten Staatsjagdrevier) spürbar zu beeinflussen.
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Eine Wildzuwanderung aus den Verordnungsteilgebieten H., S., St. in das Eigenjagdrevier des Antragstellers kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei Schalenwild nicht um Herdentiere handelt. Daher ist im Regelfall nicht davon auszugehen, dass sich andere Tiere in der unmittelbaren Umgebung eines Abschusses aufhalten, die durch ihn in die Flucht getrieben werden könnten. Selbst bei Anwesenheit eines anderen Tieres (soweit es nicht auch abgeschossen wird) oder bei Aufschreckung von Tieren im weitläufigeren Umkreis durch den abgegebenen Schuss käme es aufgrund der geringen Anzahl der Abschüsse, die von der Beigeladenen auf der Grundlage der Verordnung tatsächlich vorgenommen worden sind (diese Abschüsse müssen während des Jagdjahres auf der Grundlage der Abschussplanung abgeschätzt und für die verlängerte Jagdzeit aufgespart werden, vgl. Nr. 6 der Bestimmungen der Beigeladenen für die Jagdausübung im Rahmen der Verordnung), nicht zu einem allgemeinen Wanderungsverhalten. Eine übermäßige oder vollständige Abschussverlagerung in den Verordnungszeitraum ist angesichts der langjährig stabilen Jagdpraxis der Beigeladenen nicht zu befürchten. Nachdem es schon im Rahmen der vor dem Jahr 2000 erlassenen Schonzeit-Ausnahmebescheide zu äußerst geringen Abschusszahlen gekommen war, sind während der Geltung der seit dem Jahr 2000 aufeinander folgenden vier Rechtsverordnungen oberbayernweit pro Jahr und Verordnungsteilgebiet im Durchschnitt 0,6 Stück Rehwild, 0,3 Stück Rotwild und 2,9 Stück Gamswild erlegt worden. Die Zusammenstellungen der Beigeladenen über die auf der Grundlage der aufeinander folgenden Verordnungen getätigten Abschüsse von Rehwild, Rotwild und Gamswild während der Jahre 2001 bis 2014 belegen eine zielgerichtete und konsequente Vorgehensweise, die in erster Linie das Gamswild (zwischen 10,4% und 17,5% des jährlichen Abschusses) betrifft und bedeutend weniger das Reh- und Rotwild (bei Rehwild zwischen 1,8% und 3,9% und bei Rotwild zwischen 1,1% und 3,2% des jährlichen Abschusses). Die Abschusszahlen bis zum Jahr 2015 bestätigen diese Zahlenverhältnisse (vgl. hierzu U.v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 83). Die Angaben der Beigeladenen für die Verordnungsteilgebiete H., S. und St. über die im Rahmen der Verordnung getätigten Abschüsse überschreiten diese Größenordnungen - abgesehen vom Rehwildabschuss im Verordnungsteilgebiet St. - nicht. Laut den Angaben der Beigeladenen hat es im Verordnungsteilgebiet H. in den Jagdjahren 2013/2014 bis 2015/2016 und 2018/2019 überhaupt keine auf der Verordnung beruhenden Abschüsse, im Jagdjahr 2016/2017 einen Gamswildabschuss und im Jagdjahr 2017/2018 einen Rehwildabschuss gegeben (vgl. GA 19 N 15.420 Bl. 960, Stand: 12.2.2019). Dies entspricht einem durchschnittlichen Gamswildabschuss von 0,2 Stück, einem Rotwildabschuss von 0 Stück und einen durchschnittlichen Rehwildabschuss von 0,2 Stück. Im Verordnungsteilgebiet S. erfolgten im Jagdjahr 2013/2014 keine Abschüsse, im Jagdjahr 2014/2015 zwei Gamswildabschüsse, im Jagdjahr 2015/2016 fünf Gamswildabschüsse, im Jagdjahr 2016/2017 vier Gamswildabschüsse, im Jagdjahr 2017/2018 zwei Gamswildabschüsse und im Jagdjahr 2018/2019 ein Gamswildabschuss und drei Rehwildabschüsse (vgl. GA 19 N 15.420 Bl. 958, Stand: 12.2.2019). Durchschnittlich wurden somit 2,8 Stück Gamswild, 0 Stück Rotwild und 0,6 Stück Rehwild erlegt. Im Verordnungsteilgebiet St. wurden nur in den Jagdjahren 2014/2015 (ein Rehbock), 2016/2017 (drei Rehböcke), 2017/2018 (ein Rehbock) und 2018/2019 (ein Rehbock) Abschüsse vorgenommen (vgl. GA 19 N 15.420 Bl. 959, Stand: 12.2.2019). Dies entspricht einem durchschnittlichen Rehwildabschuss von 1,2 Stück. Allein der Umstand, dass der Antragsteller bereits zu einem Zeitpunkt von „massiven zusätzlichen Verbissschäden“ gesprochen hat, als die drei Verordnungsteilgebiete knapp eineinhalb Jahre lang (mit insgesamt drei Abschüssen in diesem Zeitraum) in Kraft gewesen sind, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit der Argumentation des Antragstellers erheblich.
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Es mag sein, dass vom Wild nicht nur Abschüsse, sondern instinktiv auch bloße Auftritte von Jägern wegen deren Aussehens und Verhaltens mit Gefahr verknüpft werden. Aber selbst wenn hiermit dieselbe Vergrämungsintensität verbunden wäre (wofür nichts spricht), erscheint die hieraus sich ergebende Vergrämungswirkung bei der unbestrittenen Frequenz von einer Begehung pro Woche äußerst gering. Wären derart seltene Maßnahmen geeignet, eine spürbare Wildwanderung auszulösen, wäre die allgemein übliche Art und Weise der Jagdausübung unmöglich, weil dann bereits das Aufscheinen eines Jägers zur großräumigen Abwanderung der Tiere führen würde. Im Übrigen sind auch insoweit die bereits dargelegten Gründe zu berücksichtigen, aus denen die Vergrämung zu keiner nennenswerten Veränderung der Wilddichte in der Umgebung der Verordnungsteilgebiete führt, und ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass für ein bloßes Auftreten als Jäger eine Schonzeit-Ausnahme nicht erforderlich (die angefochtene Verordnung also nicht kausal) ist.
101
Unterstellt, es käme zu einem spezifischen Wanderungsverhalten, hat der Antragsteller keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das vergrämte Wild gezielt in Richtung seines Eigenjagdreviers gedrängt würde, wie etwa bei einer Drückjagd. Der Antragsteller hat auch nicht schlüssig dargetan, dass vergrämtes Schalenwild aus sonstigen Gründen gezwungen wäre, ausschließlich oder überwiegend in Richtung seines Eigenjagdreviers zu wechseln. Einen die Fluchtmöglichkeiten einschränkenden Wildlebensraum gibt es nicht. Insbesondere für das Gamswild erscheinen steigungsbedingte Lebensraumgrenzen eher fernliegend; auch das Rotwild wandert im Winter - wenn es nicht durch günstige Umstände (wie etwa Fütterungen) oder durch ungünstige Umstände (wie etwa landschaftsverändernde Maßnahmen) abgehalten wird - bis in die Tallagen (zur Gebirgstauglichkeit des Schalenwildes vgl. auch Rn. 4 des Urteils des BVerwG v. 29.12.2011 - 3 BN 1/11 - a.a.O.). Angesichts dessen wäre - räumlich gesehen - eine Wildwanderung und -verteilung in andere umliegende Gebiete (beispielsweise in das Staatsjagdrevier Forstbetrieb Sc. selbst oder in das Gemeinschaftsjagdrevier K., in dem laut der Ergänzenden Revierweisen Aussage 2015 < GA 19 N 15.420, Bl. 595 > der Anteil der Tanne im Vergleich zur Situation im Jahr 2012 < vgl. die Ergänzende Revierweise Aussage 2012, GA 19 N 15.420, Bl. 557 ff. > - trotz noch zu hohem Verbiss - stetig zunimmt) nicht weniger wahrscheinlich als eine Wildwanderung in das Eigenjagdrevier. Schließlich sprechen die höhere Wilddichte im Eigenjagdrevier - der Antragsgegner geht vom höchsten Rotwildbestand im Landkreis M. aus und der Antragsteller hat dies nicht bestritten - sowie der Vakuumeffekt dafür, dass das Wild (soweit es nicht durch Fütterungsanlagen des Antragstellers angezogen wird) im äußerst unwahrscheinlichen Fall einer Abwanderung aus den Verordnungsteilgebieten diese anderen umliegenden Gebiete bevorzugen würde. Die Tiere würden sich im Eigenjagdrevier des Antragstellers allenfalls so kurzfristig aufhalten, dass eine nennenswerte Verbisserhöhung nicht die Folge wäre. Im Übrigen bringt zusätzliches Wild keine weitere Verschlechterung mit sich, wenn - wie der Vertreter der Forstverwaltung in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2019 nachvollziehbar ausgeführt hat - eine Entmischung der Waldverjüngung in einem solchen Ausmaß vorliegt wie im Eigenjagdrevier des Antragstellers. Die als Vakuumeffekt bezeichnete Tendenz des Wildes, Flächen mit geringerer Wilddichte aufzusuchen (angesichts der Unmöglichkeit einer vollständigen Wildfreihaltung sind auch die Verordnungs-Teilgebiete hiervon nicht ausgeschlossen), würde dazu führen, dass „vertriebenes Wild“ das Eigenjagdrevier des Antragstellers angesichts seines überhöhten Wildbestands (insbesondere aufgrund unzureichenden Abschusses) meiden würde. Würde dieses instinktive Verhalten durch die Anziehungskraft der vom Antragsteller umfangreich betriebenen Fütterung überlagert, läge die Ursache des überhöhten Verbisses in der Fütterung und nicht in der Bejagung der Verordnungsteilgebiete. Der Vakuumeffekt jedenfalls spricht für eine Wildwanderung aus dem Eigenjagdrevier in das Staatsjagdrevier (nach dem Ergebnis des Verfahrens ist es das eigentliche Ziel des Antragstellers, derartiges zu unterbinden). Die geringere Wilddichte im Staatsjagdrevier beruht aber nicht oder jedenfalls nicht wesentlich auf der Vergrämung in den Verordnungsteilgebieten während des Verordnungszeitraums, sondern auf der Beachtung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ im ganzen Staatsjagdrevier.
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Dass der Vollzug der Verordnung tatsächlich nicht zu einer Wildbestandserhöhung im Eigenjagdrevier (und auch nicht zu einer wesentlichen Abnahme) führt, wird auch durch die Begutachtung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Holzkirchen vom 17. April 2015 bestätigt (Jagdakte, Bl. 102), wonach die Verbissbelastung im Eigenjagdrevier deutlich zu hoch sei, sich die Situation zu den Randbereichen hin aber etwas verbessere. Zum Zeitpunkt dieser Stellungnahme ist die Verordnung bereits länger als ein Jahr in Kraft gewesen. Wäre der Verbiss Tieren zuzurechnen, die aus den Verordnungsteilgebieten in das Eigenjagdrevier flüchten, müsste der erhöhte Verbiss vor allem in den Randbereichen des Eigenjagdreviers zu finden sein.
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Auf die Frage, ob die genannten Gründe, die gegen eine nennenswerte Veränderung der Wilddichte in der Umgebung der drei Verordnungsteilgebiete und insbesondere im Eigenjagdrevier des Antragstellers sprechen, auch für die in zunehmender Entfernung vom Eigenjagdrevier des Antragstellers liegenden und deshalb zunehmend irrelevanten anderen Verordnungsteilgebiete (insbesondere für die Verordnungsteilgebiete S. und G., die südlich der Verordnungsteilgebiete H., S. und St. liegen) gelten, kommt es nicht an, da diese nicht Gegenstand des vom Antragsteller gestellten Hilfsantrags sind. Nach dem Ergebnis des Verfahrens ist dies jedoch erst recht nicht der Fall.
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2. Der Normenkontrollantrag hätte - wäre er zulässig - auch in der Sache keinen Erfolg. Die dies (hilfsweise) ergebende umfassende Prüfung der Gültigkeit der Vorschrift (lediglich die Überprüfung am Maßstab der Grundrechte des Landesverfassungsrechts ist dem Senat verwehrt, weil insoweit Art. 98 Satz 4 BV die ausschließliche Zuständigkeit des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vorsieht und damit der Vorbehalt des § 47 Abs. 3 VwGO greift) erfolgt trotz des Umstands, dass die Verordnung am 21. Februar 2019 ausläuft, die Verordnungsteilgebiete H., S. und St. in der Nachfolgeverordnung wohl nicht mehr enthalten sein werden (siehe Entwurf der Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 21. Februar 2019: https://www.regierung.oberbayern.bayern.de/imperia/md/content/regob/internet/dokumente/bereich1/sg10/2018-10-18_text_auslegung_vorlaeufig.pdf) und somit das nächstgelegene Verordnungsgebiet dann ca. 3,5 km vom Eigenjagdrevier des Antragstellers entfernt sein wird.
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2.1 Kein Regelungsinhalt der Verordnung und daher auch nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Festlegung von Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten; diese in § 2 Abs. 1 der Verordnung verwendeten Begriffe entstammen der Terminologie der bayerischen Forstverwaltung (vgl. Handbuch zur Schutzwaldsanierung, Bayerische Staatsforstverwaltung, München 1997, S. 132; Anweisung zur Schutzwaldsanierungsplanung der Bayerischen Forstverwaltung, Stand April 2012, Nr. 6.1, S. 697; Schreiben des AELF Weilheim v. 12.2.2016, GA 19 N 15.420 Bl. 189). Als Sanierungsgebiete bezeichnet diese großräumige Bereiche mit hohen Anteilen an Schutzwäldern (z.B. Bergflanken, Hänge über Ortschaften und Straßen, Wildbacheinzugsgebiete), in denen auf Teilflächen (den Sanierungsflächen) Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind. Als Gefährdungsgebiete definiert sie Bereiche mit hoher Schutzbedeutung des Waldes für Ortschaften und Infrastruktureinrichtungen. Hier sind derzeit noch keine Sanierungsmaßnahmen erforderlich, wären es jedoch in absehbarer Zeit, wenn die gegenwärtige Entwicklung tatenlos hingenommen würde. Zur konkreten Bezeichnung und Unterscheidung werden die Begriffe Sanierungsgebiet oder Gefährdungsgebiet jeweils mit einer aussagekräftigen Ortsangabe verbunden. Die Verordnungsteilgebiete werden durch die Verordnung selbst abgegrenzt. Für die Sanierungs- und Gefährdungsgebiete mit ihren unterschiedlichen Gebietsbezeichnungen sieht die Verordnung keine wie auch immer geartete Regelung vor. Die Einwendungen des Antragstellers betreffend eine fehlende Rechtsgrundlage der Sanierungs- und Gefährdungsgebiete, betreffend einen unklaren Inhalt dieser Begriffe und betreffend nicht hinreichend bestimmte Abgrenzungen der Geltungsbereiche stellen die Rechtmäßigkeit der Verordnung daher ebenso wenig erfolgreich in Frage wie der Umstand, dass das Verordnungsteilgebiet „H.“ weder in einem Sanierungsgebiet noch in einem Gefährdungsgebiet liegt. Bei sachgerechter Auslegung der Verordnung hat ihre Anwendung in einem Verordnungsteilgebiet nicht zur Voraussetzung, dass dieses Verordnungsteilgebiet Teil eines Sanierungs- oder eines Gefährdungsgebietes ist. Die Verordnungsflächen ergeben sich gem. § 2 Abs. 2 der Verordnung aus den Verordnungskarten. Zwar spricht § 2 Abs. 1 der Verordnung auch von „in den Verordnungskarten (Maßstab 1:25.000) dargestellten Flächen folgender Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebiete“. Dieser Text ist jedoch lediglich eine Erläuterung der regelmäßigen Lage der Verordnungsteilgebiete und nicht so zu verstehen, dass Flächen außerhalb von Sanierungs- und Gefährdungsgebieten - wie das Verordnungsteilgebiet „H.“ - nicht Teil des Verordnungsgebiets sein können. Wie bereits erwähnt, verknüpft die Verordnung keinerlei Regelungen mit den Begriffen „Sanierungsgebiet“ und „Gefährdungsgebiet“. Auch ermöglicht § 1 Abs. 2 der Verordnung keine Abgrenzung der Verordnungsteilgebiete; diese Abgrenzung ergibt sich ausschließlich aus § 2 Abs. 2 der Verordnung.
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2.2 Die Verordnung hat in § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG i.V.m. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG eine Ermächtigungsgrundlage.
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Nach dieser Bestimmung können die Länder die Schonzeiten für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdbezirke aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wildseuchenbekämpfung und Landeskultur, zur Beseitigung kranken oder kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu wissenschaftlichen, Lehr- und Forschungszwecken, bei Störung des biologischen Gleichgewichts oder der Wildhege aufheben. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG ermächtigt die höhere Jagdbehörde (dies ist gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 BayJG die Regierung), durch Rechtsverordnung die durch § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG eingeräumte Befugnis auszuüben.
108
Die gesetzlichen Vorschriften verlangen das Vorliegen besonderer Gründe für die Aufhebung der Schonzeit. Sie benennen beispielhaft mögliche Gründe zur Rechtfertigung einer Schonzeitaufhebung; die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht dabei deutlich, dass die Aufzählung der besonderen Gründe nicht abschließend ist. Die Vielfalt der vom Gesetzgeber benannten Gründe (jagdliche, landeskulturelle, wissenschaftliche) veranschaulicht, dass völlig unterschiedliche Motive eine Aufhebung der Schonzeit rechtfertigen können. Aus der gesetzgeberischen Wortwahl („besondere Gründe“) in Verbindung mit der Breite der benannten Beispiele ist zu ersehen, dass der Rechtfertigungsgrund für den Verordnungserlass kein außerordentliches oder herausragendes Gewicht haben muss. Es genügt, wenn die Ausweitung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände vernünftigerweise geboten ist. Es ist eine Sondersituation landesspezifischer Art erforderlich, die mittels der regulären administrativen Maßnahmen (insbesondere §§ 21, 27 BJagdG) nicht gesteuert werden kann und deshalb durch eine Abweichung von den allgemein geregelten Jagdzeiten bewältigt werden muss (Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl., Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2). Nachdem die Gründe für eine erweiterte Abschussmöglichkeit nicht näher abgegrenzt werden können, bedarf es keiner Benennung des Rechtfertigungsgrundes in der Verordnung selbst, sondern genügt es, wenn die besonderen Gründe höheres Gewicht haben als die Gründe für die allgemeine (regelmäßig dem Schutz von Brut- und Setzzeit dienende) Schonzeitregelung. Bei diesem sich aufdrängenden Verständnis macht die Ermächtigungsvorschrift hinreichend deutlich, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden und welchen Inhalt eine auf Grundlage der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann (zu diesen Voraussetzungen vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 1. Auflage 2009, Art. 55 Rn. 36).
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2.2.1 Der Senat teilt die Auffassung des Antragsgegners, dass (jedenfalls) in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. der Schutz des Bergwaldes als selbständiger besonderer Grund i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG die Schonzeitverkürzung für das Schalenwild rechtfertigt (vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Bergwald besitzt vielfältige Schutzwirkungen. Unter anderem bewahrt er den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser, Steinschlag und Muren. Der Verbiss ist das gravierendste Hindernis für die Schutzwaldsanierung (Hildebrandt, Schutzwaldmanagement im Bay. Alpenraum, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagdverbandes Bayern - http://jagd-bayern.de/fileadmin/_BJV/Akademie/Gamswild/BJV_Gamswild_08_Hildebrandt_V03. pdf).
110
Nach der unwiderlegten Darstellung des Antragsgegners befinden sich auf den Sanierungsflächen in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. Schutzwald im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Die indizielle Aussagekraft der Schutzwaldkartierung (Art. 10 Abs. 3 BayWaldG), welche die Sanierungsflächen in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. als Schutzwald im Sinn des Art. 10 Abs. 1 BayWaldG darstellt, hat der Antragsteller somit nicht durch substantiierten Vortrag widerlegt. Schutzwald in diesem Sinn ist Wald in den Hoch- und Kammlagen der Alpen und der Mittelgebirge (Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 BayWaldG), auf Standorten, die zur Verkarstung neigen oder stark erosionsgefährdet sind (Nr. 2) oder der dazu dient, Lawinen, Felsstürzen, Steinschlägen, Erdabrutschungen, Hochwassern, Überflutungen, Bodenverwehungen oder ähnlichen Gefahren vorzubeugen oder die Flussufer zu erhalten (Nr. 3). Diese Schutzfunktionen zu erhalten ist Aufgabe der Schutzwaldpflege, ihre Wiederherstellung Aufgabe der Schutzwaldsanierung. Nur intakte, nicht verlichtete Gebietswälder können die Schutzwaldfunktionen ausreichend erfüllen. Die Sanierung der Schutzwälder ist nach Art. 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG Aufgabe der Forstbehörden und damit öffentliche Aufgabe. Die Schutzfunktion dieser - wegen ihrer Bedeutung in Schutzwaldverzeichnissen ausgewiesenen - Wälder besteht im Wesentlichen darin, Niederschlagswasser zu binden, mit ihrer Verwurzelung die Bodenstabilität zu sichern und Gleitschnee bzw. Lawinen zu verhindern. Um diese Funktion langfristig sicherzustellen, bedarf es zum einen eines artenreichen Mischwaldes, der widerstandsfähig ist gegen Schädlingsbefall bzw. unterschiedliche klimatische Bedingungen und Einflüsse. Als heimische Hauptbaumarten sind in der hochmontanen Zone sowohl Fichte als auch Tanne, Buche, Bergahorn, Lärche und Latsche anzusehen. Zum anderen bedarf es eines möglichst dichten und stufigen Waldaufbaus, also eines Gemisches unterschiedlicher Altersstufen in der Bestockung. Voraussetzung hierfür ist wiederum eine laufende Verjüngung der Bewaldung, d.h. es muss kontinuierlich Nachwuchs der vorgenannten Hauptbaumarten ankommen und auch aufkommen. Reißt diese Naturverjüngung ab, kommt es früher oder später - entsprechend den Abläufen in der Natur ist hier in größeren Zeiträumen zu rechnen - zu Kahlstellen und schließlich Erosion. Von einer Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Waldes ist auszugehen, wenn Schäden am Bergwald bereits eingetreten sind, aufgrund derer sie nicht mehr ausreichend gewährleistet ist; von einer Gefährdung ist auszugehen, wenn die Schutzfunktion des Waldes in Zukunft beeinträchtigt wird oder gar gänzlich entfällt (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 - 19 B 99.2193 - juris Rn. 53). Diese Ausführungen des Senats haben nach wie vor Gültigkeit und sie werden durch die Ausführungen des Antragstellers, nicht der Grad der Bewaldung, sondern der Zustand des Bodens sei für den Hochwasserschutz entscheidend, nicht widerlegt. Intakte Schutzwälder besitzen entlang der Alpenflüsse eine - über den unmittelbaren Objektschutz weit hinausreichende - nicht zu unterschätzende Bedeutung für den vorbeugenden Hochwasserschutz. Der Antragsteller lässt unberücksichtigt, dass im Bergwald ein Teil des Niederschlags von den Baumkronen aufgefangen wird und gar nicht den Boden erreicht (sogen. Interzeptionsverlust) und dass die Schattenwirkung der Bäume zu einer verzögerten Schneeschmelze und damit ebenfalls zur Abmilderung von Hochwasserspitzen führt (vgl. das Handbuch zur Schutzwaldsanierung - nachfolgend: Handbuch - Abschnitt B 1.1. Wasserschutz). Eine intakte Waldbaumbestockung bietet sachgerechten Bodenschutz und verhindert Schneebewegungen im Bergwald (vgl. das Handbuch, Abschnitte B 1.2 und B 1.3). Große Niederschlagsmengen werden durch den intensiv durchwurzelten Waldboden gespeichert, wodurch der Oberflächenabfluss verhindert wird. Durch diese indirekte Schutzwirkung im Einzugsbereich der Bäche und Flüsse kommt es zu einem verzögerten Abfluss und zu einer merklichen Verminderung der Hochwasserspitzen. Die Wasserwirtschaftsverwaltung ist an der Erarbeitung des Konzepts zur Schutzwaldsanierung beteiligt gewesen und ihre Erkenntnisse sind in den Inhalt eingeflossen (vgl. die Einleitung zum Handbuch); auch die Sanierungsplanung für die einzelnen Sanierungsflächen wird mit der Wasserwirtschaftsverwaltung abgestimmt (vgl. Anweisung zur Schutzwaldsanierung, Nr. 1).
111
Die eigens eingerichteten drei Fachstellen für Schutzwaldmanagement (FSWM) in Bayern haben ihrer Auswahl der von der Verordnung erfassten Sanierungsflächen nach Maßgabe des Handbuchs zur Schutzwaldsanierung ein einheitliches Raster zugrunde gelegt, welches die Gründe für die Schonzeitaufhebung jeweils in den wesentlichen Zügen benennt und dabei gleichzeitig Prioritätsabstufungen vornimmt (vgl. Übersichten, GA Bl. 347 ff.).
112
Das Sanierungsgebiet S. umfasst mit einer Fläche von 1970 ha das Wildbacheinzugsgebiet des S.s. Die auf Anforderung des Senats vorgelegten Planungsunterlagen zum Sanierungsgebiet S. mit dem Planungsstand 2011 weisen - neben den Sanierungsflächen, die nicht Teil des Verordnungsgebietes sind (Nr. … - L., 7,1 ha; Nr. … B., 5,1 ha; Nr. … - G., 25,9 ha und Nr. … - H., 25,2 ha) - die Sanierungsfläche Nr. … - B. (37,5 ha) aus. Nach der vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 23. November 2017 vorgelegten Übersicht sei der westliche Ortsteil von B*. gefährdet und die Verjüngungssituation im Sanierungsgebiet S. durch die sehr hohen Wildbestände (vor allem auch aus dem Eigenjagdrevier des Antragstellers) vielfach unzureichend. Folglich sei das Ziel der Schutzwaldsanierung die Verjüngung der sich auflösenden Schutzwälder, die größtenteils auf wenig standsicheren Hängen stehen, zur langfristigen Sicherung der Lawinen- und Bodenschutzfunktionen. Aufgrund des hohen Gefährdungspotenzials im gesamten Gebiet komme neben der Sanierung einer dauerhaft funktionstüchtigen Waldbestockung mit einem hohen Anteil an tiefwurzelnden Baumarten, insbesondere der Tanne, eine immer größere Bedeutung zur langfristigen Vorsorge gegen Hochwasser, Rutschungen und Muren zu. In ihrer Stellungnahme zur Verordnung teilten die FSWM mit, im Sanierungsgebiet S. lägen z. T. verlichtete, sanierungsnotwendige Altbestände, aber auch Teilflächen mit hohem Potential an Naturverjüngung vor und Vergrämungsabschüsse zur Erreichung der waldbaulichen Ziele seien wegen hohem Verbissdruck auch aus dem angrenzenden Eigenjagdrevier des Antragstellers zwingend notwendig. In den Sanierungsflächen H., die auf 1220-1440 ü.M. (Nr. … - Si.*), 1420-1630 ü.M. (Nr. … - W. …*) und 1400-1510 ü.M. (Nr. … - G.*) liegen und zusammen 19,2 ha groß sind, herrscht laut Stellungnahme der FSWM sehr hoher Verbissdruck, der den Erfolg der mit hohem Aufwand durchgeführten Sanierungsbepflanzung stark gefährde. Konkrete Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Angaben und Bewertungen hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Dass im Bergwald Investitionen in Pflanzungen getätigt werden, die nicht rentabel sind und für die auch sonst keine sachliche Notwendigkeit besteht, erscheint fernliegend.
113
Der Einstufung des Sanierungsgebiets S. in die Kategorie 1 sind das Wildbacheinzugsgebiet S., der Hochwasserschutz, Hangrutsch- und Murengefahr zugrunde gelegt. Die vom Antragsteller angesprochenen Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich des S.s vermögen zwar die Bedeutung des Projekts für den unmittelbaren Hochwasserschutz zu relativieren; dass sie ihn vollständig aufheben würden, hat der Antragsteller nicht substantiiert behauptet und ist angesichts der Unkalkulierbarkeit von Naturereignissen (im Hochwasserschutz ist das hundertjährige Hochwasser Bezugsgröße) auch nicht anzunehmen. Aus forstlicher Sicht wird eine große Teilfläche des Sanierungsgebiets S. als sonnenseitiger Wintereinstand, als Ganzjahreseinstand für das Gamswild und Teilflächen als Ganzjahreseinstand für Rot- und Rehwild angesehen, also als Wald, der lagebedingt besonders verbissgefährdet ist.
114
Die Sanierungsflächen der Sammelnummern H. wurden aufgrund landeskultureller Belange (Erosion, Bodenschutz, Walderhaltung) in die Kategorie 3 eingestuft. Aus forstlicher Sicht werden diese Flächen als sonnenseitiger Wintereinstand sowie als Ganzjahreseinstand für das Gamswild angesehen, also ebenfalls als besonders verbissgefährdeter Wald. Außerdem kommt dem Gebiet der Schonzeitaufhebungsfläche H., durch deren Einbeziehung in die Verordnungskulisse sich im Osten eine klar bestimmbare Außengrenze der drei zusammenhängenden Verordnungsteilflächen ergibt - wie im Übrigen auch im Süd-Osten durch die Einbeziehung des Gebietes St. (G.straße, P.straße) -, laut der Beigeladenenseite eine wichtige Vergrämungsfernwirkung auf die benachbarten Sanierungsgebiete zu. Das Verfahren hat insoweit keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass es sich bei dem Wald auf den Sanierungsflächen in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. nicht um überalterten, rückgängigen und somit gefährdeten Bergmischwald handelt.
115
Der in die Verordnungsteilgebiete H., Söllbach und St. eingegliederte Teil des Sanierungsgebiets St. enthält keine Sanierungsfläche; insoweit beschränkt sich die Schutzwaldsanierung demzufolge auf die letale Vergrämung. Die FSWM erklärte zum Sanierungsgebiet St., dass Mischbaumarten noch hoher Verbissgefährdung unterlägen und dass wegen Wasser- und Bodenschutz eine dauerhaft funktionstaugliche Waldbestockung mit einem hohen Anteil an tiefwurzelnden Baumarten, insbesondere Tanne, erforderlich sei. Das Wildbacheinzugsgebiet St., der Hochwasserschutz, die Hangrutschgefahr und die Gefahr von Muren waren die ausschlaggebenden Gründe, das Sanierungsgebiet St. in die Prioritätskategorie 2 einzuordnen.
116
2.2.2 Der mit der Verordnung angestrebte Schutz des Bergwaldes stellt darüber hin-aus einen besonderen Grund der Landeskultur i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG dar (in diesem Sinn vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Begriff Landeskultur, dem es an einer gesetzlichen Definition mangelt, kann sehr weitgreifend verstanden werden (zum Meinungsstand vgl. Friesecke, NUR 2000, 81 ff.; für das Forstrecht vgl. Zerle/Hein/Foerst/Stöckel/Beck/Nüßlein/Pratsch, Forstrecht in Bayern, 2. Aufl. Stand Juni 2016, Art. 16 BayWaldG). Er umfasst jedenfalls die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung einschließlich der Maßnahmen zur Bodenerhaltung, Bodenverbesserung (Melioration), Neulandgewinnung und Flurbereinigung. Der Schutz des Bergwaldes, den der Antragsgegner als besonderen Grund für den Erlass der Verordnung benennt, ist unter den Begriff der Landeskultur zu subsumieren, da es bei der Bewahrung eines gesunden und lebensfähigen Bergwaldes auch um die Vermeidung erheblicher Schäden an der Kulturlandschaft geht.
117
2.2.3 Angesichts der besonderen Bedingungen, denen Wald im Hochgebirge ausgesetzt ist, sind die ausgeweiteten Jagdzeiten auch zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG erforderlich. Der Antragsteller weist im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass von einem übermäßigen Wildschaden erst auszugehen ist, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist (vgl. VG Ansbach, B.v. 30.04.1998 - AN 15 E 98.00625 - Jagdrechtliche Entscheidungen VI Nr. 45 - juris, Rn. 17; BayObLG, U.v. 10.4.1978 - RREg 2 Z 60/77 - BayObLGZ 1978, 69 - juris, Rn. 30). Dieser Ansatz ist der Erkenntnis geschuldet, dass in Anbetracht der Ernährungsgewohnheiten von Wildtieren der Verbiss von Pflanzen zum Naturkreislauf gehört und in einem gewissen Umfang der Waldregeneration nicht schadet. Ein Fall der Vermeidung übermäßiger Wildschäden ist jedoch ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn ohne die Ausweitung der Jagdzeiten die Naturverjüngung wegen des Wildverbisses unterbleibt und der Erhalt des Bergwaldes mit seinen vielfältigen Schutzfunktionen nicht mehr zu gewährleisten ist.
118
Es liegt auf der Hand, dass in die Subsumtion die Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind und dass der Eintritt von Schäden am Bergwald nicht abgewartet werden muss. Es wäre verfehlt, die Frage des Übermaßes von Wildschäden unabhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten ihres Auftretens und der Bedeutung der betroffenen Güter nach einem einheitlichen (landesweiten) Maßstab zu beurteilen. Im Bergwald, dem als Schutzwald besondere Gemeinwohlaufgaben zukommen, wird die Grenze zum übermäßigen, nicht mehr zumutbaren Wildschaden wesentlich früher erreicht sein als im Flachland. Angesichts der aus klimatischen und standortspezifischen Gründen erschwerten Wachstumsbedingungen für Jungbäume kann die Waldverjüngung hier - je nach Waldzustand - manchmal nur durch künstliche Anpflanzungen herbeigeführt werden (zu den Verjüngungsmethoden vgl. Handbuch, Abschnitt D.2) und oft nur durch weitestgehende Unterbindung von Verbiss. Wenn eine erosionshindernde Bewaldung nicht vorhanden ist, müssen zusätzlich Verbauungen errichtet werden. Der Antragsgegner hat hierzu vorgetragen, dass solche Sanierungsmaßnahmen sehr teuer sind. 1 ha Pflanzung koste bis zu 20.000 EUR, 1 ha Verbauung bis zu 500.000 EUR. Verbiss auf den Schutzwaldstandorten könne nicht wie im Flachland von den Pflanzen durch Ersatztriebe kompensiert werden. In vielen Fällen führe Verbiss zum Absterben der Pflanzen oder zu dauerhaftem Kümmern (vgl. auch Handbuch Abschnitt D 4.1 Wildschäden). Die Folge seien teure Ersatzpflanzungen, verbunden mit großen Zeitverzögerungen bei der Sanierung. Dies könne in Flächen, die mit temporären und damit begrenzt haltbaren Holzbauwerken gegen Schneebewegungen gesichert seien, eine zweite Verbauungsgeneration mit enormen Kosten zur Folge haben (vgl. Stellungnahme AELF v. 12.2.2016). Diesem vom Antragsteller nicht widerlegten Vorbringen ist zu entnehmen, dass Bergwald schon bei Verbissraten dauerhaft geschädigt wird, die im Flachland noch hingenommen werden könnten.
119
2.3 Mängel der Verordnung im Hinblick auf Vorschriften über die Zuständigkeit und das Verfahren mit Auswirkungen auf die streitgegenständlichen Verordnungsteilgebiete H., S. und St. sind nicht ersichtlich. Eine Begründungspflicht für Rechtsverordnungen besteht nicht (vgl. OVG SH, U.v. 22.5.2017 - 4 KN 2/15 - juris Rn. 45). Der Antragsteller rügt lediglich allgemein eine unzureichende Beteiligung der Eigentümer benachbarter Forstgebiete, der Naturschutzbehörden und der Wasserwirtschaftsverwaltung sowie eine nicht ausreichend lange - eine Auslegung an den Landratsämtern im Geltungsbereich der Verordnung erfolgte vom 11. November 2013 bis 22. November 2013 - und nicht amtlich bekannt gemachte Auslegung des Verordnungsentwurfs. Er benennt jedoch keine besondere jagdrechtliche Verfahrensvorschrift, der zufolge dies einen die Unwirksamkeit der Verordnung begründenden Verfahrensverstoß darstellt; eine solche Verfahrensvorschrift ist auch nicht ersichtlich. Im Übrigen ist das Programm zur Sanierung der Schutzwälder im Bayerischen Alpenraum in Zusammenarbeit mit den Behörden der Wasserwirtschaft erarbeitet worden (vgl. U.v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 105). Außerdem ist die höhere Naturschutzbehörde gem. Art. 49 Abs. 1 Satz 4 BayJG beteiligt worden.
120
Die amtliche Bekanntmachung der angegriffenen Verordnung entspricht einschließlich der Beschreibung der Grenzen des Geltungsbereichs für die Fläche der Verordnungsteilgebiete H., S. und St. den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
121
Die Bekanntmachung der Rechtsverordnung ist nach Maßgabe des Art. 51 LStVG erfolgt. Nach Art. 51 Abs. 1 LStVG gelten für die amtliche Bekanntmachung von Verordnungen der Regierungen die Vorschriften über die Bekanntmachung kommunaler Satzungen entsprechend. Lassen sich die Grenzen des Geltungsbereichs einer Verordnung oder die Grenzen des Bereichs, in dem einzelne ihrer Vorschriften gelten, nicht hinreichend deutlich und anschaulich beschreiben oder durch Abdruck einer genauen Karte festlegen, so genügt es nach Art. 51 Abs. 3 LStVG, wenn die Verordnung die Grenzen des Bereichs grob umschreibt und im Übrigen auf Karten (Maßstab mindestens 1:25.000) oder Verzeichnisse Bezug nimmt. Diese Unterlagen müssen von der in der Verordnung bezeichneten Behörde archivmäßig verwahrt werden und allgemein zugänglich sein.
122
Der Regelung ist zu entnehmen, dass das Gesetz im Regelfall eine Grenzbeschreibung in Worten oder durch Abdruck einer genauen Karte vorsieht. Von einer wörtlichen Beschreibung kann Abstand genommen werden, wenn auf diese Weise eine hinreichend deutliche und anschauliche Beschreibung nicht mehr möglich ist. Es liegt auf der Hand, dass sich mit einer zunehmenden Anzahl von Geltungsbereichen der Verordnung deren Grenzen immer weniger deutlich und anschaulich mit Worten beschreiben lassen. Vorliegend handelt es sich um 105 verschiedene Einzelflächen, die über den gesamten oberbayerischen Alpenraum verteilt liegen. Schon ein Blick auf die Verordnungsgebiete in den fünf im oberbayerischen Amtsblatt (OBBayABl Nr. 4 v. 21.2.2014, S. 25 ff.) veröffentlichten Übersichtskarten im Maßstab 1:200.000 zeigt, dass eine verbale Beschreibung bereits wegen des benötigten außerordentlichen Umfangs der geforderten Anschaulichkeit abträglich wäre. Ebenso veranschaulichen die fünf Übersichtskarten, dass der Abdruck der 105 Teilgebiete in genauen Karten, die im Amtsblatt der Regierung abgedruckt werden könnten, nicht möglich ist. Das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern hat das Format DIN A 3. Der Maßstab einer darin abdruckbaren Karte des Verordnungsgebietes lässt die erforderliche Genauigkeit der Gebietsdarstellung nicht zu.
123
Für derartige Fallgestaltungen sieht das Gesetz vor, dass die amtliche Bekanntmachung die vollständige Beschreibung der Grenzen der Geltungsbereiche nicht enthalten muss. Es genügt die grobe Umschreibung der Grenzen in Verbindung mit einer Bezugnahme auf Karten und Verzeichnisse, die anstelle der amtlichen Bekanntmachung archivmäßig verwahrt und allgemein zugänglich sind. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner von dieser Möglichkeit in der Form Gebrauch gemacht hat, die grobe Umschreibung der Grenzen durch Bezugnahme auf eine Übersichtskarte im Maßstab 1:200.000 (aufgeteilt auf fünf Kartenblätter) vorzunehmen, die gemäß § 2 der Verordnung als Anlage deren Bestandteil ist. Es ist kein Grund ersichtlich, die grobe Umschreibung durch zeichnerische Darstellung für unzulässig zu halten, nachdem Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG für einfachere Gebietsabgrenzungen neben einer hinreichend deutlichen und anschaulichen Beschreibung in Worten die Festlegung von Grenzen durch Abdruck einer genauen Karte zulässt; sprachliche und zeichnerische Darstellung sind insoweit einander gleichberechtigt (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.1995 - 9 N 93.3157 - juris).
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Die archivmäßig aufbewahrten Kartenblätter, gegen deren rechtskonforme Verwahrung bei der Regierung von Oberbayern der Antragsteller keine Einwände erhoben hat, halten den gesetzlichen Mindestmaßstab von 1:25.000 aus Art. 51 Abs. 3 LStVG ein und sind geeignet, den Geltungsbereich der Verordnung in den Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten darzustellen und vor Ort bestimmbar zu machen. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Beigeladene mit Schriftsatz vom 29. März 2018 eine Karte mit genauer Bezeichnung der Außengrenzen der Verordnungsteilflächen H., S. und St. vorgelegt (GA 19 N 15.420, Bl. 665). Diese ermöglicht eine genaue Bestimmung der Außengrenzen der zusammenhängenden drei Verordnungsteilflächen.
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Nachdem sich die Schonzeitverkürzung für die Verordnungsteilgebiete H., S. und St. ausschließlich an den Personenkreis der im Staatsjagdrevier Forstbetrieb Sc. Jagdausübungsberechtigten richtet und lediglich verhaltensbezogene Regelungen trifft, dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit der Verordnung nicht überspannt werden. Rechtslehre und Rechtsprechung haben seit jeher den Grundsatz aufgestellt und vertreten, dass Rechtsverordnungen - ebenso wie Gesetze - der Wirksamkeit nur dann entbehren, wenn sie sich nicht so bestimmt ausdrücken, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite klar erkennbar sind, und wenn aus ihnen nicht zu ersehen ist, welche Handlungen geboten oder verboten sind (vgl. BayObLG, U.v. 31.10.1995 - RevReg. 4 St 113/60 m.w.N.). Der Rechtsunterworfene muss die Möglichkeit haben, ohne größere Schwierigkeiten und demgemäß aus der Veröffentlichung selbst oder doch aus ihr in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen zu erkennen, welche Vorschriften gelten sollen, damit er sein Verhalten entsprechend einrichten kann. Für den vorliegenden Fall ist allein zu fordern, dass sich jeder Jagdausübungsberechtigte vor Ort verlässlich ein Urteil darüber bilden kann, ob ein Schalenwildabschuss zulässig ist, d.h. ob sich er und das angesprochene Stück Schalenwild im Geltungsbereich der Verordnung aufhalten. Dies ist im Fall der Verordnungsteilgebiete H., S. und St. der Fall, denn ihre Außen-Abgrenzung erfolgte gemäß der vorgelegten Karte des Antragsgegners nicht nur anhand von topographischen Besonderheiten und Gemarkungsgrenzen, sondern auch anhand von Staatswaldabteilungsgrenzen (zur Waldeinteilung in Distrikte und Abteilungen vgl. Nr. 2.1.2.2 der Richtlinien für die Forsteinrichtung im Körperschaftswald vom 10.1.2012, AllMBl 2012, S. 88 ff), welche im Gelände mit weißen Strichen an den Bäumen markiert sind und deshalb vor Ort entsprechend anwendungssicher nachvollzogen werden können. Die Grenzbeschreibung für das fragliche Gebiet genügt deshalb nach Auffassung des Senats rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. hierzu Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl. Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.1). Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers teilt der mit den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. befasste Senat nicht. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei ausschließlich das zum Bestandteil der Verordnung erklärte, ausgefertigte und im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 4 vom 21. Februar 2014 bekannt gemachte Kartenwerk.
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2.4 Eine Unvereinbarkeit der streitgegenständlichen Verordnungsteile mit höherrangigem Recht liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht vor.
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2.4.1 Die Verordnungsteilgebiete H., S. und St. liegen nicht in einem Natura-2000-Gebiet. Auswirkungen der Schonzeitaufhebung in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. auf ein Natura-2000-Gebiet, insbesondere auf die im Landkreis M. befindlichen Europäischen Vogelschutzgebiete DE … „T.“ nördlich von M. sowie DE … „M.“ südöstlich der Verordnungsteilgebiete H., S. und St., hat der Antragsteller nicht dargelegt. Solche Auswirkungen sind aufgrund der räumlichen Entfernung zu den genannten Gebieten auch nicht ersichtlich.
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Bezüglich der Rüge des Antragstellers, durch die Bejagung des Gamswildes und die damit einhergehende Reduzierung des Gamsbestandes liege ein Verstoß gegen die FFH-Richtlinie vor und ein Ausnahmefall für eine Reduzierung, ein ausufernder Gamsbestand, sei nicht gegeben, ist lediglich ergänzend auszuführen, dass das Gamswild nicht zu den prioritären Arten im Sinne des Art. 1 lit. h der Habitatrichtlinie zählt, sondern - genauso wie der Schneehase (lepus timidus) - zu den Arten nach Anhang V der Habitatrichtlinie, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen verschiedenster Art sein können. Solche Verwaltungsmaßnahmen setzen gemäß Art. 14 der Habitatrichtlinie voraus, dass sie mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes vereinbar sind. Daran bestehen derzeit keine Zweifel. Nach den vom Landesjagdverband Bayern e.V. veröffentlichten Zahlen liegen die jährlichen Gamswildstrecken in Bayern seit 20 Jahren im Bereich von 4000 Stück (mit einer Schwankungsbreite von mehreren 100 Stück nach unten und nach oben), wobei sie seit dem Jagdjahr 2011/2012 kontinuierlich über 4000 Stück liegen. Diese Entwicklung der Gamswildstrecken spricht dafür, dass sich das Gamswild in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet, und widerlegt die Behauptung einer ausrottenden oder auch nur bestandssenkenden Bejagung, denn eine solche würde spätestens nach einigen Jahren zu einer Verminderung der Strecken führen.
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Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend macht, mit dem Rückgang des Gamswilds verliere der Steinadler seine Nahrungsgrundlage, hat er diese Behauptung weder belegt noch substantiiert; für sie sprechen auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Es ist davon auszugehen, dass sich Gamswild in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet (siehe oben). Der Steinadler selbst hat den günstigen Erhaltungszustand noch nicht erreicht, hat sich aber (wohl ganz überwiegend infolge von Jagdverbot und Schutzprogrammen) in den bayerischen Alpen, die seinen einzigen Lebensraum in Deutschland bilden, von geschätzten 15 Brutpaaren im Jahr 1970 zu derzeit etwa 50 Brutpaaren entwickelt (Landesbund für Vogelschutz, www.steinadlerschutz.de /schutz-programm.html). Die Jagd und die Entnahme terrestrischer Wildtiere stellen für den Steinadler, der sich keineswegs nur von Gamskitzen ernährt, sondern von fast allen kleinen und mittelgroßen Säugern und Vögeln im jeweiligen Gebiet (einschließlich Aas und Kadavern großer Tiere, die er mehrere Tage lang anfliegt), lediglich eine geringe Beeinträchtigung dar (vgl. Nr. 7 des Steinadler-Standard-Datenbogens des Vogelschutzberichts 2013).
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Die vom Antragsteller angeführte Rüge, durch die Schonzeitaufhebung und die sonstigen Maßnahmen der Schutzwaldsanierung werde der von vielen Arten, insbesondere den Raufußhühnern, dringend benötigte Lebensraum lichter Waldflächen und Freiflächen weiter reduziert, kann nicht überzeugen, weil die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltung und Entwicklung der Raufußhühner nicht besteht; ihre Anforderungen finden im Rahmen der Schalenwildbejagung in vollem Umfang Berücksichtigung. Die Abschusspläne sind nicht auf einen Ausschluss des Wildverbisses ausgerichtet. Der Wildverbiss soll lediglich so weit eingedämmt werden, dass bei den standortgemäßen Baumarten die natürliche Waldverjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen aufkommt. Daher werden schon deshalb auch in Zukunft licht überschirmte Waldteile existieren. Soweit die durch Absenkung überhöhter Wildbestände ermöglichte Renaturierung des Waldes mit einem gewissen Grad an Verdichtung (Kronenschluss) verbunden ist, ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns - ebenso wie eine solche des Schneehasen (lepus timidus), der grundsätzlich auch in lichten Wäldern lebt (http://www.hellabrunn.de/hellabrunner-tierwelt/polarwelt/schneehase/hellabrunner-tierlexikon/), dessen Bestand in den streitgegenständlichen Verordnungsteilgebieten vom Antragsteller aber lediglich behauptet wird - bereits deshalb auszuschließen, weil es sich bei dieser Renaturierung um eine Jahrzehnte dauernde Entwicklung handelt. Die Ressource „lichter nadelholzbetonter Altbestand“ ist kein Minimumfaktor für das Auerhuhn (Lauterbach/Löffler, Auerhuhnschutz in bayerischen Vogelschutzgebieten - Herausforderungen und Zielkonflikte im Waldnaturschutz, Schriftenreihe des Bayerischen Landesjagdverbandes e.V., Bd. 22, S. 39). Indem die Bejagung anhand des Grundsatzes „Wald vor Wild“ zu einem Wiederaufkommen von Kiefer und Tanne führt, die den Raufußhühnern Winternahrung bieten, verbessert sie deren Lebensbedingungen (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, S. 40). Die vom Antragsgegner und von der Beigeladenen mithilfe der natürlichen Waldverjüngung angestrebten naturnahen, reich strukturierten Bergwälder werden vom Auerhuhn bevorzugt (Schweizerisches Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Auerhuhn und Waldbewirtschaftung, S. 5/6, https://www.waldwissen.net/wald/wild/management/wsl_aktionsplan_auerhuhn/wsl_a ktionsplan_auerhuhn_waldbewirtschaftung.pdf).
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Die durch die Renaturierung ausgelöste moderate und äußerst langfristige Veränderung von Waldbereichen hat somit keine negative Auswirkung auf den Erhaltungszustand des Auerhuhns. Selbst im gegenteiligen Fall - für den keine Anhaltspunkte bestehen - könnte der Lebensraum durch Bewirtschaftungsmaßnahmen günstiger gestaltet werden. So könnte der volle Lebenszyklus von Bäumen zugelassen werden; eine ungleichmäßige Auslichtung und/oder kleine Kahlschlagflächen könnten hergestellt werden. Die vom Antragsteller favorisierte Lösung, dem Auerwild durch eine andauernde Schalenwild-Überhege licht überschirmte Nadelmischwälder in Bereichen vorzuhalten, in denen die dafür erforderlichen ökologischen Voraussetzungen nicht vorhanden sind und die natürliche Sukzession deshalb zu einer anderen Waldzusammensetzung führen würde, führt auf Dauer zu Waldverlusten. Selbst die Erhaltungsziele eines Natura-2000-Gebiets verlangen nicht einen ständigen Kampf gegen die natürliche Dynamik der ökologischen Faktoren; Erhalt und Pflege des Wirkungsgefüges der Natur sind vielmehr das zentrale Ziel des Natura-2000-Systems und daher auch die Basis aller Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen. Habitatschutz und Habitatmanagement müssen sich auf Gebiete konzentrieren, in denen die landschaftsökologischen und sonstigen Standortbedingungen die Entwicklung von Habitaten begünstigen, die Primärhabitaten entsprechen. Nach Lauterbach/Löffler (a.a.O., S. 36, 37, 38, 40) wäre eine Rückkehr zur Zielart Auerhuhn eher kritisch zu sehen, wenn dafür die Entwicklung einer standortangepassten Vegetationsdecke zurückgedreht werden müsste. Allenfalls kann in durch traditionelle Bewirtschaftungsformen beeinflussten, halbnatürlichen Wäldern durch Fortsetzung dieser Bewirtschaftungsformen (wie etwa der Waldweide) die natürliche Sukzession in begrenztem Maß zugunsten von Erhaltungszielen unterdrückt werden. Angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen und ökologischen Schäden aufgrund von überhöhten Schalenwildbeständen sind diese weder umweltfreundlich noch eine erhaltende Bewirtschaftung. Sie führen darüber hinaus nicht nur zu „lichten Strukturen”, sondern zu einer auch dem Auerhuhn abträglichen Entmischung, zu einer Beeinträchtigung der Artenvielfalt, zu einem Schwinden der vom Auerhuhn benötigten Krautschicht sowie von Kiefer und Tanne, die den Raufußhühner Winternahrung bieten und deren Lebensbedingungen verbessern (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 40). Das entstehende Gras stellt eine erhebliche Erschwerung der Lebensbedingungen des Auerhuhns dar und gefährdet insbesondere die Jungenaufzucht (Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 35). Überhöhte Schalenwildbestände machen schließlich oft Kulturzäune erforderlich, die eine häufige Todesursache für Raufußhühner darstellen. Gemäß einer Fallstudie betreffend das Auerhuhn in den Vogesen (Fallstudie Nr. 9, S. 25 der von der Europäischen Kommission herausgegebenen Sammlung „Natura 2000 and Forests, Part III - Case Studies“) sind überhöhte Schalenwildbestände einer der Hauptgründe für den Rückgang des Auerhuhns. Insgesamt ist seitens des Antragstellers eine konsistente Naturschutz-Argumentation mit Gesamtbetrachtung der für Erhalt und Pflege des Auerwilds bedeutsamen Faktoren nicht zu erkennen, sondern lediglich eine Betonung bestimmter Faktoren, die einen hohen Schalenwildbestand zu rechtfertigen scheinen, jedoch nur von relativer Bedeutung für das Auerwild und vorliegend nicht entscheidungserheblich sind.
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Es trifft zwar zu, dass die Schutzwaldsanierung die relativ kleinen sanierungsbedürftigen Waldflächen langfristig verändert. Gleichzeitig ist aber festzustellen, dass sich diese kleinen Waldbereiche ohne die Gewährleistung einer natürlichen (Naturverjüngung) oder künstlichen Verjüngung im Zustand einer Bestandsgefährdung verbleiben würden. Angesichts dieser Labilität sind sie in ihrem derzeitigen Zustand keine nachhaltig schutzfähigen Lebensräume. Gebietserhaltungsmaßnahmen müssen die Abwehr der Bestandsgefährdung umfassen. Die Gefährdung, der diese kleine Waldflächen (gemäß der nach dem Ergebnis des Verfahrens zutreffenden Einschätzung des Antragsgegners) unterliegen, bedeutet, dass sie - die Sanierungsmaßnahmen hinweggedacht - einem fortschreitenden Zerstörungsprozess ausgesetzt sind, der zunächst in einer immer stärker werdenden (auch dem Auerhuhn schließlich nicht mehr günstigen) Verlichtung besteht und am Ende in den bereits erwähnten Totalverlust mündet. Insbesondere bei einem schlagartigen Verlust geschädigter Flächen muss auch mit der Möglichkeit eines Verlusts von Raufußhühnern gerechnet werden. Inwieweit der Erosionsprozess anschließend - wegen der besonderen Anfälligkeit der Bodenansätze rund um eine erodierte Fläche für die im Gebirge besonders starken Kräfte der Natur - auch angrenzende Bereiche ergreift, ist schwer abschätzbar. Eine solche Entwicklung ist aber wahrscheinlich und daher ebenfalls zu berücksichtigen. Eine mit dem strukturellen Niedergang zunehmende Anfälligkeit für Windwurf, Sturmschäden sowie Schneelawinen ist ebenfalls zu bedenken. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Schutzwaldsanierung (infolge der erforderlichen Ermittlungs- und Planungsschritte und rechtlichen Prozeduren sowie der Waldentwicklungszeiträume) langfristig angelegt sein muss, darf die Frage einer erheblichen Beeinträchtigung der Sanierungsflächen nicht auf der Basis des derzeitigen (ohne Sanierung nicht erhaltbaren und früher oder später in den Verlust mündenden) Zustandes der bedrohten kleinen Waldteile beantwortet werden, sondern nur ausgehend von ihrem sanierten und deshalb dauerhaft erhaltbaren Zustand.
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2.4.2 Einen Verstoß gegen Vorschriften des Wasserrechts, insbesondere betreffend die Hochwasserrückhaltung oder Erosionsvermeidung, hat der Antragsteller nicht dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Nach Art. 44 Abs. 1 Nr. 3 BayWG sollen Staat und Gemeinden im Rahmen ihrer Aufgaben auf Maßnahmen zur natürlichen Wasserrückhaltung und zur Wasserspeicherung hinwirken. Es ist nicht feststellbar, dass im Zuge der mit der Wasserwirtschaft (allgemein) abgestimmten Schutzwaldsanierung durch die Forstverwaltung den Belangen von Wasserrückhaltung und Erosionsvermeidung nicht sachgerecht Rechnung getragen würde.
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2.4.3 Mit Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2862) ist in Art. 20a GG neben dem Schutzgut der natürlichen Lebensgrundlagen auch der Tierschutz als Staatszielbestimmung verankert worden. Auch wenn der in Art. 20a GG festgeschriebene Tierschutz dem einzelnen Bürger keinen subjektiv-rechtlichen, d.h. grundrechtlichen Anspruch auf Tierschutz als solchen gibt, ist diese Staatszielbestimmung dennoch vom Antragsgegner grundsätzlich zu beachten. Diese verfassungsrechtliche Pflicht besteht jedoch nur nach Maßgabe von Gesetz und Recht, wie Art. 20a GG ausdrücklich hervorhebt. Dies bedeutet, dass es sich beim Tierschutz um einen Belang von Verfassungsrang handelt, sich aus Art. 20a GG aber kein Vorrang im Sinne einer bestimmten Vorzugswürdigkeit ableiten lässt (BVerwG, B.v. 15.10.2002 - 4 BN 51/02 - juris Rn. 3). Damit ist zwar mit der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz der Schutz der Tiere gestärkt worden, als Belang ist er aber nicht anders als der in Art. 20a GG schon früher zum Staatsziel erhobene Umweltschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen und kann geeignet sein, ein Zurücksetzen anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht - wie etwa die Einschränkung von Grundrechten - zu rechtfertigen; er setzt sich aber gegen konkurrierende Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht nicht notwendigerweise durch (BVerfG, B.v. 12.10.2010 - 2 BvF 1/07 - juris Rn. 121). Den normsetzenden Organen, die das Staatsziel Tierschutz zu beachten haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, B.v. 12.10.2010 - 2 BvF 1/07 - juris Rn. 122). Eine Fehlgewichtung der Schutzgüter durch die Jagdstrategie der Beigeladenen ist nicht ansatzweise erkennbar. Der Bergwald ist zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu rechnen, nachdem er vielfältige Schutzwirkungen besitzt. Er bewahrt den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser Steinschlag und Muren. Darüber hinaus ist er für den Wasserhaushalt bis weit ins Alpenvorland von entscheidender Bedeutung. Klima-, Natur- und Gewässerschutz sind Konkretisierungen des von Art. 20a GG angemahnten Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen (vgl. VGH BW, U.v. 20.6.2017 - 10 S 739/16 - juris Rn. 64 m.w.N.). Eine andere Bewertung ergibt sich aus den genannten Gründen auch nicht im Lichte von Art. 141 Abs. 1 BV (zum Verhältnis der beiden Verfassungsbestimmungen vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, 1. Aufl. 2009, Art. 141 Rn. 5, sowie Müller in Meder/Brechmann, Verfassung des Freistaats Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 141 Rn. 6).
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Eine Unvereinbarkeit der Verordnung mit tierschutzrechtlichen Vorschriften hat der Antragsteller nicht dargelegt (zur Tötung von Wirbeltieren im Rahmen der Jagdausübung vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 des TierSchG sowie hierzu Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage 2016, § 4 Rn. 6). Die Verordnung eröffnet in engen Grenzen die Jagdmöglichkeit auf etwa trächtiges weibliches Gamswild und auf etwa trächtige Rehgeißen. Auch diese Abschüsse beruhen auf den sachlichen Gründen, die die Verordnung tragen. Für die damit verbundene Tötung der ungeborenen Jungen gilt nichts anderes. Eine Zufügung von Schmerzen - abgesehen vom Abschuss selbst - findet auch bei trächtigen Tieren nicht statt. Eine Tierschutzbestimmung, die die Jagd auf trächtiges Wild verbietet, gibt es nicht. Zwar ist es nach § 4 des Gesetzes zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Verbote und Beschränkungen hinsichtlich des Handels mit bestimmten tierischen Erzeugnissen sowie zu Haltungs- und Abgabeverboten in bestimmten Fällen (BGBl. 2008 I, S. 2394, zuletzt geändert am 30.6.2017, BGBl. I S. 2147 - TierErzHaVerbG) im allgemeinen verboten, ein Säugetier, das sich im letzten Drittel der Trächtigkeit befindet, zum Zweck der Schlachtung abzugeben. Diese Vorschrift gilt aber lediglich für gehaltene Tiere, die geschlachtet werden. Darüber hinaus gilt die Vorschrift, die mehrere Ausnahmeregelungen enthält, ausdrücklich nicht für Schafe und Ziegen. Für herrenloses Wild gilt die Bestimmung überhaupt nicht. Eine Übertragbarkeit scheitert bereits daran, dass bei Wild in Freiheit die Trächtigkeit nur schwer festgestellt werden kann, dass die Deckung (der Beschlag) nicht im Verantwortungsbereich eines Halters stattfindet (also nicht gesteuert werden kann) und dass es sich bei dem Abschuss auch nicht um einen Vorgang im Rahmen der kommerziellen Nahrungsmittelproduktion handelt. Darüber hinaus ergeben sich aus den allgemeinen Interessen völlig unterschiedliche Erfordernisse für gehaltene Tiere und für herrenloses Wild. Insgesamt ist eine Fehlgewichtung der Tierschutzbelange gegenüber den Belangen der Schutzwaldsanierung nicht zu erkennen. Soweit der Antragsteller den Tierschutzgedanken hervorgehoben haben sollte, weil er den günstigen Erhaltungszustand einer Schalenwildart für gefährdet hält, ist dies angesichts der Wildbestände nicht nachvollziehbar. Unökologische Bestandshöhen können mit dem Tierschutzgedanken nicht gerechtfertigt werden.
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2.5 Die verordnete Schonzeitverkürzung für das Schalenwild ist als Element der Schutzwaldsanierung für den Schutz des Bergwaldes geeignet (2.5.1) und erforderlich (2.5.2) und sie erweist sich gegenüber dem Antragsteller in seiner Eigenschaft als Inhaber eines benachbarten Eigenjagdreviers nicht als unverhältnismäßig (2.5.3).
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Der Senat verkennt dabei nicht, dass das vom Antragsgegner durchgeführte Verordnungsverfahren nicht geeignet gewesen ist, als Grundlage einer ordnungsgemäßen Abwägung der zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange zu dienen. Wie der Aktenführung der Regierung von Oberbayern zu entnehmen ist, sind sowohl die Äußerungen der Träger öffentlicher Belange (mit zumeist lokaler Zuständigkeit) als auch die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Äußerungen nicht für jedes einzelne Verordnungsteilgebiet (sondern ungeordnet gemeinsam) gesammelt und ausgewertet worden. Darüber hinaus hat die Regierung von Oberbayern ganz allgemein dem Senat nicht den Eindruck vermittelt, dass sie sich der Notwendigkeit einer gesonderten Bewertung und Abwägung für jedes einzelne Verordnungsteilgebiet bewusst gewesen ist. Hierauf kommt es letztlich jedoch nicht an, weil Abwägungsfehler nicht erkennbar sind.
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2.5.1 Die von der Beigeladenen im Zuge der Beantragung des Verordnungserlasses beschriebene Strategie der letalen Vergrämung verfolgt das Ziel, das Schalenwild durch konzentrierte und punktuelle Bejagung von den Sanierungsflächen in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. fernzuhalten. Auf diese Weise soll der Verbiss sowohl der natürlichen als auch ggfs. der von der Forstverwaltung eingebrachten künstlichen Bergwaldverjüngung durch Schalenwild verhindert und dadurch ein gesunder und funktionsfähiger Schutzwald gewährleistet werden. Für den Senat besteht kein Anlass, die Geeignetheit der von der Beigeladenen verfolgten Jagdstrategie der Vergrämung grundsätzlich in Zweifel zu ziehen; die Aufenthaltsmeidung entspricht dem natürlichen Fluchtverhalten von Wildtieren im Fall von Störungen einschließlich Abschüssen von Artgenossen. Aus den Verfahrensunterlagen der Regierung geht zwar hervor, dass es mit der generellen flächenhaften Reduzierung des Wildbestandes, der Einrichtung von Wintergattern, dem Flächenschutz durch Einzäunung, dem Einzelschutz durch Verstänkerungsmittel oder Verbissschutzmittel und der Vergrämung auf sonstige Weise (Ultraschall-Wildvergrämungsgeräte) auch noch andere Methoden gibt, den natürlichen und den künstlichen Waldaufwuchs vor Schalenwildverbiss zu schützen. Unter Berücksichtigung von Tauglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Methoden und der besonderen ökologischen Wertigkeit des Bergwalds ist jedoch keine dieser alternativen Schutzmethoden eindeutig vorzugswürdig.
139
2.5.2 Die Verordnung zur Schonzeitverkürzung ist erforderlich, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um einer bereits vorhandenen Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Bergwaldes gegenzusteuern oder einer sich abzeichnenden künftigen Gefährdung der Schutzfunktion vorzubeugen.
140
Nach dem Ergebnis des Verfahrens erfüllen die Verordnungsteilgebiete H., S. und St. Schutzwaldfunktionen im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Um den Schutzfunktionen auch zukünftig gerecht werden zu können, bedarf der Bergwald kontinuierlicher Verjüngung. Sowohl die zur Erhaltung und langfristigen Gewährleistung der Schutzwaldfunktionen notwendige natürliche Bergwaldverjüngung als auch von den Staatsforsten als Ergänzung zur Naturverjüngung vorgenommene Pflanzungen bedürfen für einen erfolgreichen Aufwuchs eines zeitlich begrenzten Schutzes vor übermäßigem Schalenwildverbiss. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayWaldG haben die mit der Bewirtschaftung und Verwaltung von Staatswäldern betrauten Stellen (insbesondere) standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten oder zu schaffen; zu diesem Zweck soll die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - wie erwähnt - im Gebirge die negativen Auswirkungen des Verbisses noch stärker sind als im Flachland, weil der Wald im Gebirge härteren Bedingungen ausgesetzt ist. An der Schutzwürdigkeit der Sanierungsflächen in den Verordnungsteilgebieten H., S. und St. hat der Senat keine Zweifel.
141
Jungpflanzen gehören - vor allem in Zeiten geringen anderweitigen Nahrungsangebots - zur Nahrungsgrundlage von Schalenwild. Daher ist ohne weiteres von einer abstrakten Verbissgefährdung auszugehen. Diese abstrakte, letztlich vom Wildbestand abhängige Gefährdung wird in besonderem Maße verstärkt, wenn es sich - wie vorliegend - um eine Fläche handelt, die vom Wild wegen ihrer natürlichen Gegebenheiten als sonnenseitiger Wintereinstand, als Ganzjahreseinstand für das Gamswild oder (teilweise) als Ganzjahreseinstand für Rot- und Rehwild genutzt wird. Es bedarf insofern keines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts; es genügt, wenn die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist (BVerwG, U.v. 12.9.1980 - IV C 89.77 - BayVBl 1980, 759 f.). Dies ist hier der Fall.
142
Mit der Jagdstrategie der letalen Vergrämung soll auf das durch Instinkte gesteuerte Flucht- und Meidungsverhalten der Wildtiere gezielt Einfluss genommen werden. Es ist naheliegend, dass der Vorgang der letalen Vergrämung des Schalenwilds (die Schussposition des Jägers und der Standort des angesprochenen Wildtieres müssen im Anwendungsbereich der Verordnung liegen) örtlich nicht auf die Sanierungsfläche (das Waldstück) selbst beschränkt werden kann, sondern einen angemessenen Wirkungsbereich um die eigentliche Sanierungsfläche erfordert; die Aufhebung der Schonzeiten hat sich deshalb nicht auf die eigentliche Sanierungsfläche zu beschränken. In das bestimmte Gebiet gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG, Art. 33 Abs. 3 BayJagdG dürfen die Flächen einbezogen werden, die aus jagdlicher Sicht für die Zielerreichung erforderlich erscheinen, das Schalenwild möglichst wirksam von der Sanierungsfläche fernzuhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Lage der Grenzen eines solchen Gebietes selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur selten zwingende Gründe aufgeführt werden können. Gleichzeitig muss die Grenzziehung in der Natur so erfolgen, dass sie eine rechtssichere Handhabung durch den Jagdausübungsberechtigten gewährleistet. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die zuständige Jagdbehörde auf plausible, in sich schlüssige und vor Ort praktikable jagdfachliche Einschätzungen stützt. Plausible Anhaltspunkte für eine nicht mehr vertretbare Abgrenzung der Verordnungsteilgebiete H., S. und St. hat der Antragsteller nicht vorgetragen.
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Bei dem vom Antragsteller angeführten Jagdkonzept mit kürzeren Jagdzeiten samt zusätzlicher Einrichtung von Winterruhezonen handelt es sich nicht um ein im Vergleich zur Jagdstrategie der letalen Vergrämung milderes Mittel. Der Antragsteller hat insoweit nicht substantiiert dargelegt, inwiefern ein solches Konzept das Ziel der Verbissvermeidung in den Sanierungsflächen ebenso gut sicherstellen würde. Das Konzept erscheint unplausibel und basiert auf der irrigen Annahme, es komme nur deshalb zu einem Verbiss in den Sanierungsflächen, weil die Tiere infolge der zeitlich ausgeweiteten Jagdausübung mehr gestresst würden.
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2.5.3 Die Verordnung erweist sich weder unter Berücksichtigung der Größe der Sanierungsflächen, der Auswirkungen auf geschützte Tierarten und der Geltungsdauer der Schonzeitaufhebung (2.5.3.1) noch gegenüber den Eigentümern umliegender Grundstücke und den Inhabern umliegender Jagdreviere (2.5.3.2) als unverhältnismäßig.
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2.5.3.1 Das Vorbringen des Antragstellers, eine minimale Wirkung auf Kleinstflächen gehe mit einer massiven Beeinträchtigung weitaus größerer Flächen sowie mit der Beeinträchtigung zahlreicher geschützter Tierarten einher, die Geltungsdauer der Schonzeitaufhebung werde üblicherweise um Jahre verlängert und der Effekt der Schonzeitaufhebung auf die sehr kleine Sanierungsfläche sei vernachlässigbar, hat keine tatsächliche Grundlage (zum Fehlen einer feststellbaren Wildwanderung vgl. Nr. II. 1.2.2; zum Fehlen einer Beeinträchtigung geschützter Tierarten vgl. Nr. II.2.4.1; zur Effektivität der Schutzwaldsanierung vgl. Nrn. 180 bis 181 der Antwort der Staatsregierung vom 26.4.2017 auf eine Landtags-Interpellation, LT-Drs. 17/16704). Es ist daher nicht geeignet, insoweit die Verhältnismäßigkeit der Verordnung in Frage zu stellen.
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2.5.3.2. Die Verordnung erweist sich gegenüber den Eigentümern umliegender Grundstücke und den Inhabern umliegender Jagdreviere nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt gegenüber dem Antragsteller sowohl in seiner Eigenschaft als Jagdausübungsberechtigter in seinem Eigenjagdrevier … … … … gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 BJagdG (2.5.3.2.1) als auch in seiner Eigenschaft als Eigentümer von Waldgrundstücken im Eigenjagdrevier (2.5.3.2.2). Nachdem das Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht im Geltungsbereich der angegriffenen Verordnung liegt, erzeugt die Rechtsetzung in Gestalt einer Verkürzung der Schonzeiten keine unmittelbaren Einwirkungen auf Rechtspositionen des Antragstellers (zur diesbezüglichen Neutralität einer Schonzeitverkürzung vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10). Nicht der Akt der Rechtsetzung durch die Regierung, der lediglich rechtliche und keine tatsächlichen Auswirkungen hat, sondern die gezielte Nutzung der durch die Jagdzeitenausweitung geschaffenen zusätzlichen Möglichkeiten in Gestalt von Abschüssen kann tatsächliche Einflüsse in der Lebenswirklichkeit erzeugen. Das Ausmaß der auf der Grundlage der Verordnung getätigten Abschüsse ist jedoch dermaßen gering, dass eine Ursächlichkeit für eine Schalenwildwanderung ausgeschlossen erscheint; eine vollständige Verdrängung des Schalenwildes aus kleinen Räumen ist durch jagdliche Methoden ohnehin nicht möglich; Ziel ist ein ganzjährig möglichst niedriger Schalenwildbestand.
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2.5.3.2.1 In der Eigenschaft als Jagdausübungsberechtigter macht der Antragsteller gegen die Verordnung einen erhöhten Schalenwildbestand in seinem Eigenjagdrevier und in der Folge einen aus erhöhten Abschussvorgaben resultierenden erhöhten Jagdausübungsaufwand sowie höhere Fütterungskosten, Zusatzkosten zur Vorbeugung (Bovine Tuberkulose) und erhöhte Wildschadensfälle geltend. Den zusätzlichen Jagdausübungsaufwand hat der Antragsteller allerdings weder in nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt noch nachgewiesen. Die Entwicklung der Abschusszahlen für Rehwild, Rotwild und Gamswild in den Jahren 2012 bis 2018 im Eigenjagdrevier des Antragstellers bietet keine Anknüpfungspunkte für einen relevanten Anstieg des Jagdausübungsaufwands seit dem Jahr 2014 (in dem die Teilgebiete H., S. und St. in die Verordnung aufgenommen worden sind). Im Übrigen würde ein Jagdausübungsaufwand, der durch rechtmäßige Maßnahmen verursacht ist, auch keinen wesentlichen Abwägungsbelang darstellen. Die Jagdausübung ist nicht nur mit Rechten, sondern auch mit hoher Verantwortung verbunden, aus der sich Pflichten ergeben. Auch einen signifikanten Zuwachs an Wildschadensfällen hat der Antragsteller nicht nachvollziehbar aufgezeigt. Eine weitere Aufklärung ist angesichts der nicht substantiierten Angaben des Antragstellers nicht veranlasst. Eine Haftung des Antragstellers für Wildschäden kommt nur für Grundstücke in Betracht, die seinem Eigenjagdrevier angegliedert sind (vgl. § 29 Abs. 2 BJagdG) und zu einer anwachsenden Zahl von Schadensfällen hat der Antragsteller nichts Konkretes vorgetragen. Darüber hinaus könnte er sich auf das Vorliegen übermäßiger Wildschadensfälle auch nicht berufen, denn er hat als Jagdausübungsberechtigter im Rahmen der Abschussplanung die Möglichkeit, den Wildbestand nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 BJagdG zu regulieren. Gemäß dieser Vorschrift ist der Abschuss des Wildes so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Die Vorschrift dient auch dem Schutz des Grundeigentums und ist daher verpflichtend. Der Antragsteller macht von den Möglichkeiten der Reduzierung des Wildbestandes in seinem Eigenjagdrevier jedoch keinen Gebrauch (s.o.). Konkrete Angaben zu höheren Fütterungskosten und Zusatzkosten zur Vorbeugung macht der Antragsteller ebenfalls nicht.
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2.5.3.2.2 Als Eigentümer von Waldgrundstücken in seinem Eigenjagdrevier muss sich der Antragsteller auf die Möglichkeit verweisen lassen, den Wildbestand durch eine Abschusserhöhung selbst zu reduzieren. Passt der Antragsteller sein Jagdverhalten insoweit nicht an, kann er im vorliegenden Verfahren nicht mit dem gleichzeitigen Einwand gehört werden, die Jagdstrategie der Beigeladenen verursache einen übermäßigen Wildbestand und eine überhöhte Verbissrate. Der Antragsteller hat auch nicht vorgetragen, dass er die Instrumente des Bundesjagdgesetzes zur Wildschadensverhütung (vgl. § 26 bis § 28 BJagdG) genutzt hätte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Nachdem die Beigeladene nicht durch Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.