VV-BayHO
Text gilt ab: 01.01.2024
Fassung: 05.07.1973
[VV zu Art. 35 BayHO]
Art. 35
Bruttonachweis, Einzelnachweis
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben sind mit ihrem vollen Betrag bei dem hierfür vorgesehenen Titel zu buchen, soweit sich aus Art. 15 Satz 2 nichts anderes ergibt.
(2) 1Für denselben Zweck dürfen Ausgaben aus verschiedenen Titeln nur geleistet werden, soweit der Haushaltsplan dies zuläßt. 2Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen.
(Für die Aufstellung des Haushaltsplans vgl. Art. 15.)
Zu Art. 35:

A. Bruttonachweis

1. Grundsatz

1.1.

Das Bruttoprinzip bei der Ausführung des Haushaltsplans besagt, dass alle Einnahmen und Ausgaben mit ihrem vollen Betrag und – als Folge von Art. 15 – getrennt voneinander zu buchen sind. Es verbietet grundsätzlich, dass Ausgaben von Einnahmen vorweg abgesetzt oder dass Einnahmen auf Ausgaben vorweg angerechnet werden.

1.2.

Das Bruttoprinzip gilt nicht bei Unrichtigkeit einer Zahlung oder Buchung (Nr. 2); eine Unrichtigkeit liegt insbesondere nicht vor, wenn bei Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse eine Richtigstellung der ursprünglichen Zahlung notwendig ist.

1.3.

Ferner können Ausnahmen durch Haushaltsvermerk im Haushaltsplan oder durch die Durchführungsbestimmungen zum Haushaltsgesetz (Nr. 3) zugelassen werden (siehe Art. 15 Satz 2). Soweit die Anwendung dieser Ausnahmen auch nach Abschluss der Bücher (Art. 76 Abs. 2) gestattet ist, setzt dies voraus, dass auch im Haushaltsplan des laufenden Haushaltsjahrs ein entsprechender Titel enthalten ist oder Ausgabereste übertragen wurden (Art. 71 Abs. 3 Nr. 2).

2. Unrichtigkeit einer Zahlung oder Buchung

2.1

Von der Einnahme sind stets, also auch nach Abschluss der Bücher (Art. 76 Abs. 2), abzusetzen:
a)
Rückzahlungen von dem Grunde nach irrtümlichen Einzahlungen;
b)
Rückzahlungen irrtümlich zu viel eingezahlter Beträge;
c)
Rücklastschriften wegen erloschener, falscher oder unzureichend gedeckter Bankverbindung oder Widerspruch des Zahlungsverpflichteten.

2.2

Von der Ausgabe sind stets, also auch nach Abschluss der Bücher (Art. 76 Abs. 2), abzusetzen:
a)
Rückzahlungen etwaiger dem Grunde nach irrtümlicher Auszahlungen;
b)
Rückzahlungen irrtümlich zu viel ausgezahlter Beträge;
c)
Rückläufer wegen erloschener oder falscher Bankverbindung oder Nichtannahme von Schecks durch den Zahlungsempfänger.

2.3

Buchungen bei einem unrichtigen Titel innerhalb der Dienststelle (Titelverwechslungen) sind durch Absetzen von der Einnahme oder Ausgabe zu berichtigen, solange die Bücher noch nicht abgeschlossen sind (Art. 76 Abs. 2). Für übertragbare Ausgaben gilt im Übrigen Folgendes:
a)
Titelverwechslungen sind auch nach Abschluss der Bücher zu berichtigen. Voraussetzung ist, dass wenigstens bei einer der betroffenen Haushaltsstellen die Folgen der Titelverwechslung (Begünstigung oder Benachteiligung) noch fortbestehen.
b)
Von dem Ausgleich soll abgesehen werden, wenn der unrichtig gebuchte Betrag 500 € nicht übersteigt. Dies gilt – unbeschadet der Regelung in Nr. 1.1 der Anlage zu den VV zu Art. 59 BayHO (Kleinbeträge) – nicht, wenn zweckgebundene Haushaltsmittel (Art. 8 Satz 2 Nr. 1) betroffen sind.
c)
Von einem Ausgleich von Titelverwechslungen zwischen übertragbaren und untereinander gegenseitig deckungsfähigen Titeln soll abgesehen werden.
d)
Ist einer der beteiligten Titel bereits abgeschlossen, so ist die Gegenbuchung entsprechend den Zuordnungshinweisen zum Gruppierungsplan außerplanmäßig bei Titel 119 48 (Einnahmen aus Anlass von Titelverwechslungen) oder Titel 546 48 (Ausgaben aus Anlass von Titelverwechslungen) vorzunehmen. Hierzu bedarf es keiner Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums.

3. Ausnahmen durch die Durchführungsbestimmungen zum Haushaltsgesetz

Nach Maßgabe der Nr. 7 der Durchführungsbestimmungen zum Haushaltsgesetz des jeweiligen Haushaltsjahres sind nachfolgende Ausnahmen vom Bruttonachweis zugelassen oder vorgeschrieben, soweit nicht im Haushaltsplan eine Bruttoveranschlagung vorgesehen und damit auch getrennt zu buchen ist:

3.1 Absetzen von der Einnahme

3.1.1

Von der Einnahme sind stets, also auch nach Abschluss der Bücher, abzusetzen:
a)
Rückzahlungen zu viel erhobener Einnahmen;
b)
Erstattungen von Beträgen, die zusammen mit Einnahmen der Hauptgruppe 0 sowie der Gruppen 111 und 112 erhoben werden, dem Staat nicht zustehen und deshalb an die Berechtigten weiterzuleiten sind;
c)
zweckgebundene Einnahmen, die dem Staat nicht zustehen und deshalb an die Berechtigten oder andere staatliche Dienststellen weiterzuleiten sind.

3.1.2.

Von der Einnahme dürfen abgesetzt werden, solange die Bücher noch nicht abgeschlossen sind (Art. 76 Abs. 2):
Die im Zusammenhang mit einem Verkauf entstehenden Aufwendungen für eine Versteigerung, Vermessung, Schätzung, Versicherung, Vermittlung, Beurkundung, für den Transport sowie – bis zur Höhe von 1 000 € im Einzelfall – für die Herrichtung eines zu verkaufenden Gegenstandes.

3.2 Absetzen von der Ausgabe

3.2.1

Von der Ausgabe sind stets, also auch nach Abschluss der Bücher, abzusetzen:
a)
Rückzahlungen und Erstattungen von Ausgaben, die ganz oder teilweise aus zweckgebundenen Einnahmen finanziert wurden;
b)
Rückzahlungen zu viel ausgezahlter Personalausgaben (Hauptgruppe 4);
c)
Erstattungen gesetzlicher Leistungen, die der Dienstherr oder Arbeitgeber zusammen mit den laufenden Bezügen an seine Bediensteten auszubezahlen hat, durch Dritte, z. B. Erstattungen der Krankenkassen nach § 17 Abs. 2 SGB V oder § 1 Abs. 2 AAG;
d)
Erstattungen von Bezügen und sonstigen Leistungen einschließlich Beihilfen bei Versetzung, Abordnung und Zuweisung gemäß den VANBest – Anlage zu den VV zu Art. 50 –; eine ggf. anfallende Umsatzsteuer ist abweichend davon bei einem entsprechenden Einnahmetitel zu buchen;
e)
Rückzahlungen und Erstattungen infolge von Minderung, Rücktritt, Widerruf oder Kündigung von Verträgen;
f)
Rabatte auf bereits gezahlte Ausgaben;
g)
Rückzahlungen aufgrund der Abrechnung von vorläufigen Auszahlungen, Abschlägen, Vorschüssen oder gesetzlich vorgesehener oder üblicher Vorauszahlungen (z. B. Jahresabrechnung Strom);
h)
Rückzahlungen von gesetzlichen Leistungen (z. B. bei Wegfall des Rechtsgrunds);
i)
Rückzahlungen von Zuwendungen und Billigkeitsleistungen im Rahmen von gemeinschaftlichen Finanzierungen mit dem Bund oder anderen Ländern;
j)
Beträge, die von staatlichen Dienststellen gemäß Art. 61 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 oder Abs. 4 ausnahmsweise erstattet werden (z. B. Erstattung von Bewirtschaftungskosten durch die mitnutzende Dienststelle gemäß VV Nr. 3.2.3.2 zu Art. 64). Das gilt nicht für Kosten, Benutzungsgebühren und Sachverständigenentschädigungen;
k)
Schadenersatzleistungen und Zahlungen anstelle von Garantieleistungen Dritter, soweit diese zur Schadensbeseitigung, Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung aufgewendet wurden oder bestimmt sind;
l)
Leistungen der Inklusionsämter nach SGB IX zur Förderung des Arbeitsplatz- und Ausbildungsstellenangebots und Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben für schwerbehinderte Menschen (§§ 15 und 26 bis 27 SchwbAV);
m)
Einnahmen, die sich bei der Durchführung einer Baumaßnahme (Hauptgruppe 7 einschließlich etwa gesondert veranschlagter Baunebenkosten) ergeben, z. B. Erlöse aus dem Verkauf beweglicher Sachen, die nur für den Zweck und die Dauer der Baudurchführung benötigt werden und aus Baumitteln beschafft wurden, oder Einnahmen aus dem Verkauf von Ausschreibungsunterlagen.

3.2.2.

Von der Ausgabe dürfen abgesetzt werden, solange die Bücher noch nicht abgeschlossen sind (Art. 76 Abs. 2), oder es sich um übertragbare Ausgaben handelt:
a)
Erlöse aus dem Verkauf von Altstoffen oder entbehrlichen Gegenständen, die beim Erwerb gleichartiger Gegenstände auf den Kaufpreis angerechnet werden oder die ein Unternehmer aus Anlass einer Reparatur in Zahlung nimmt, wenn sie im Einzelfall 1 000 € nicht übersteigen; Nr. 1.1 zu Art. 63 gilt entsprechend;
b)
Erstattungen und Rückzahlungen von Reisekosten;
c)
Rückzahlungen von Zuwendungen und Billigkeitsleistungen in anderen als den in Nr. 3.2.1 Buchst. a und i genannten Fällen.

4. Minus-Einnahme, Minus-Ausgabe

Die Absetzung von der Einnahme oder Ausgabe kann zur Darstellung einer Minus-Einnahme oder Minus-Ausgabe in der Haushaltsrechnung führen, wenn sie die übrigen Einnahmen oder Ausgaben des laufenden Haushaltsjahres bei der Buchungsstelle übersteigt.

B. Einzelnachweis

5.

Der für die Buchung vorgesehene Titel ist grundsätzlich der Titel, unter dem die Einnahme oder Ausgabe im Haushaltsplan veranschlagt ist. Besonderheiten sind unter Nr. 5.1 bis 5.3 dargestellt.

5.1

Der rechnungsmäßige Nachweis der Bezüge und sonstigen Leistungen bei Abordnungen richtet sich nach Art. 50 Abs. 2 und den dazu ergangenen Bestimmungen.

5.2

Wenn durch Haushaltsvermerk im Haushaltsplan oder durch das Haushaltsgesetz (Durchführungsbestimmungen) eine Übertragung von Ausgabemitteln zugelassen ist, so gilt als für die endgültige Buchung vorgesehen der Titel, auf den die Übertragung – unter Berücksichtigung einer etwaigen Aufteilung oder Zusammenfassung von Titeln im neuen Haushaltsplan – erfolgt ist.

5.3

Der Gruppierungsplan gliedert die Einnahmen und Ausgaben des Haushalts auch nach ökonomischen Gesichtspunkten. Soweit bei der Haushaltsveranschlagung bei einem Haushaltsansatz Ausgaben verschiedener Einnahme- oder Ausgabearten veranschlagt wurden (ökonomische Zuordnung des Ansatzes nach dem Schwerpunkt), verbleibt es hierbei auch bei der Haushaltsausführung. Es sind aber folgende Besonderheiten zu beachten:

5.3.1

Soweit aus Mitteln für Zuweisungen oder Zuschüsse gemäß Art. 39 Abs. 5 ein Darlehen gewährt wird, ist dieses bei dem nach dem Gruppierungsplan maßgeblichen Titel zu buchen (z.B. nicht bei dem bei Gruppe 685 veranschlagten Zuschuss, sondern unter der Gruppe 863). Tritt hierdurch eine Überschreitung des Ausgabeansatzes ein oder wird eine Nachweisung bei einem im Haushaltsplan nicht vorgesehenen Titel erforderlich, so handelt es sich zwar formell um eine über- oder außerplanmäßige Ausgabe, auf die aber Art. 37 Abs. 1 nicht anzuwenden ist.

5.3.2

Soweit ein einzeln veranschlagter Zuschuss etc. zwar mit gleicher Zweckbestimmung wie im Haushaltsplan vorgesehen, aber mit anderer ökonomischer Zuordnung ausgereicht wird, ist für die Buchung grundsätzlich der im Gruppierungsplan vorgeschriebene Titel maßgebend (z.B. Gewährung eines bei Gruppe 883 einzeln veranschlagten Investitionszuschusses für den Bau eines Kindergartens an einen Zweckverband – Gruppe 887 –). Die Ausgabe ist gegebenenfalls über- oder außerplanmäßig nachzuweisen; die Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums gemäß Art. 37 Abs. 1 gilt insoweit allgemein als erteilt.

5.3.3

In den Fällen der Nrn. 5.3.1 und 5.3.2 müssen bei dem Titel, bei dem die Ausgaben im Haushaltsplan veranschlagt sind, Minderausgaben in mindestens gleicher Höhe nachgewiesen werden; in die Haushaltsrechnung sind gegenseitige Hinweise aufzunehmen. Der zuständigen Kasse ist in geeigneter Weise mitzuteilen, bei welchem Titel die erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.