Inhalt

Text gilt ab: 21.03.2003

3.   Ausnahmen von der Sperrzeit

3.1  

Ausnahmen von der allgemeinen Sperrzeit können durch Rechtsverordnung oder durch Verwaltungsakt (§§ 10, 11 GastV) festgesetzt werden. Solche Ausnahmen setzen ein öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche Verhältnisse voraus. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der hierfür zuständigen Stellen, eine Ausnahme festzusetzen.

3.2   Verordnungen des Staatsministeriums des Innern

Das Staatsministerium des Innern beabsichtigt, von der Ermächtigung nach § 1 Abs. 4 und § 10 GastV nur ausnahmsweise aus besonderem Anlass Gebrauch zu machen, wenn das Bedürfnis für eine solche Regelung im gesamten Staatsgebiet oder einem großen Teil desselben gegeben ist.

3.3   Verordnungen der Gemeinden

3.3.1  

Die Gemeinden sollen Verordnungen nach § 10 GastV erlassen, wenn ein öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche Verhältnisse eine von § 8 Abs. 1 GastV abweichende Sperrzeit für alle Schank- oder Speisewirtschaften oder für alle öffentlichen Vergnügungsstätten im Sinn der Nr. 1.1, für bestimmte Arten solcher Betriebe (z.B. Tanzlokale, Nachtlokale, Spielhallen, Trinkhallen, Eisdielen) oder für bestimmte Gemeindeteile rechtfertigen.

3.3.1.1  

Für die Beurteilung, ob ein öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche Verhältnisse eine allgemeine Ausnahme nach § 10 GastV rechtfertigen, ist der Zweck des § 18 GastG zu berücksichtigen. Die Sperrzeitregelung dient neben dem Arbeitsschutz und dem Schutz gegen Alkoholmissbrauch insbesondere auch dem Schutz der Nachtruhe. Bei der gebotenen Abwägung ist auch die überkommene heimische Übung zu beachten (z.B. Abhalten von Dorf- und Stadtfesten, Betrieb von Biergärten). Eine Vorverlegung der Sperrzeit für Biergärten vor 23.00 Uhr ist grundsätzlich nur dann vorzunehmen, wenn aufgrund der Lage, Größe oder Nutzung des Gaststättenbetriebes unzumutbare Lärmbelästigungen oder sonstige Nachteile für die Anwohner dies erfordern.

3.3.1.2  

Die Sperrzeit kann daher durch Verordnung beispielsweise verlängert werden
3.3.1.2.1  
für alle von der Sperrzeitregelung erfassten Betriebe oder für alle in einem bestimmten Gemeindeteil liegenden solchen Betriebe, wenn dafür wegen der besonderen Struktur der Gemeinde (z.B. als Kur- oder Erholungsort) oder wegen der Nutzung eines Gemeindeteils als reines oder überwiegendes Wohngebiet ein öffentliches Bedürfnis besteht, ferner auch, wenn nach den örtlichen Gepflogenheiten die allgemeine Nachtruhe länger als in anderen Gemeinden gehalten zu werden pflegt,
3.3.1.2.2  
für bestimmte Arten von Betrieben, wenn solche Betriebe oder ihre Begleiterscheinungen (z.B. Heimgang und Heimfahrt der Gäste) erfahrungsgemäß störender als andere Betriebe während der verlängerten Sperrzeit in Erscheinung treten würden.

3.3.1.3  

Die Sperrzeit kann durch Verordnung beispielsweise verkürzt werden
3.3.1.3.1  
für alle oder für bestimmte Arten von Betrieben, wenn wegen der besonderen Struktur der Gemeinde ein weit verbreitetes Bedürfnis für das durch die Verordnung erfasste Gebiet anerkannt werden kann (z.B. Vergnügungsgebiete) und insbesondere die Ruhe von Wohngebieten nicht beeinträchtigt wird,
3.3.1.3.2  
vorübergehend ausnahmsweise auch in sonstigen Fällen, wenn ein besonderer örtlicher Anlass gegeben ist, an dem ein großer Teil der Gemeindeeinwohner während eines Teils der allgemeinen Sperrzeit Anteil nehmen will (z.B. Kirchweihfeste, Faschingsfeiern und andere Volksfeste).

3.3.1.4  

Die Aufhebung der allgemeinen Sperrzeit durch Verordnung kann nur in seltensten Ausnahmefällen und nur für eine Nacht gerechtfertigt sein (z.B. Jahrhundertfeier der Stadtgründung).

3.3.2  

Da sich § 18 GastG nur auf diejenigen öffentlichen Vergnügungsstätten bezieht, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen betrieben werden, würde eine auf die Fälle des § 18 GastG beschränkte gemeindliche Regelung über die Sperrzeit dazu führen, dass für sonstige öffentliche Vergnügungsstätten keine Sperrzeit gilt. Den Gemeinden wird daher empfohlen, Verordnungen nach § 10 GastV auch auf Art. 19 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 LStVG zu stützen und in ihnen zu bestimmen, dass die nach § 10 GastV für öffentliche Vergnügungsstätten eingeführte Verlängerung oder Verkürzung der Sperrzeit und im Übrigen die allgemeine Sperrzeit (§ 8 GastV) auch für diejenigen öffentlichen Vergnügungsstätten gilt, die nicht unter § 18 GastG fallen.

3.3.3  

Für den Erlass von Verordnungen nach § 10 GastV gelten die Art. 42 ff. LStVG.

3.3.4  

Es ist zweckmäßig, vor dem Erlass solcher Verordnungen die örtlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Hotel- und Gaststättengewerbes zu hören.