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Text gilt ab: 22.09.1997
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2121.2-G

Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz
vom 11. August 1997, Az. VII 6/8622 - 9/4/97

(AllMBl. S. 617, (Nr. 19))

Zitiervorschlag: Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz über Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken vom 11. August 1997 (AllMBl. S. 617, (Nr. 19)

An
die
Kreisverwaltungsbehörden
die
Gemeinden
das
Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Südbayern 1
nachrichtlich an
die
Regierungen
die
Industrie- und Handelskammern

1 [Amtl. Anm.:] nunmehr: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

1   Sachlich zuständige Behörden

Die Überwachung des Einzelhandels mit Arzneimittel außerhalb von Apotheken im Rahmen des § 50 Abs. 1 AMG oder im Reisegewerbe im Rahmen des § 51 Abs. 1 Halbsatz 2 und Abs. 2 AMG ist Aufgabe der Kreisverwaltungsbehörden (§ 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zum Vollzug arzneimittel-, betäubungsmittel- und apothekenrechtlicher Vorschriften – VVABAV –). Ihnen obliegt auch die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.
Für die Entgegennahme der Anzeigen nach § 67 AMG sind die Gemeinden zuständig, soweit beabsichtigt ist, Arzneimittel im Einzelhandel außerhalb von Apotheken nach den vorgenannten Bestimmungen abzugeben (§ 1 Abs. 4 VVABAV).

2   Anzeigen nach § 67 AMG

Gewerbetreibende, die Arzneimittel im Einzelhandel außerhalb von Apotheken in den Verkehr bringen, haben dies vor Aufnahme der Tätigkeit der Gemeinde anzuzeigen, in der sich der Betrieb beziehungsweise der Wohnsitz des Reisegewerbetreibenden befindet. Für jede Betriebsstelle ist eine eigene Anzeige erforderlich.
Die Anzeigen sollen in dreifacher Ausfertigung mit dem Formular gemäß Anlage 1 erstattet werden und sind wie folgt zu behandeln:
einen Abdruck erhält der Gewerbetreibende mit Eingangsbestätigung zurück;
ein weiterer Abdruck verbleibt bei der Gemeinde;
die Originale werden am Ende des Halbjahres gesammelt der Kreisverwaltungsbehörde übersandt.

3 Überwachung der Betriebe

Für die Überwachung kommen insbesondere Drogeriemärkte, Drogerien, Reformhäuser, medizinischer Fachhandel, Warenhäuser, Lebensmittelgeschäfte, Bioläden, Fitness- und Bodybuilding-Zentren, Sexshops sowie Zoofachgeschäfte infrage.

3.1 Überprüfung der Räume und Einrichtungen

Bei der Besichtigung des Gewerbebetriebes vor Ort ist insbesondere der hygienische Zustand von Betriebs- und Geschäftsräumen, Anlagen und deren Umgebung, Beförderungsmittel sowie Lagereinrichtungen zu überprüfen.
Bei Einzelhändlern, die freiverkäufliche Arzneimittel (z.B. Flüssigkeiten, Tees, Pulver) unverändert in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmte Behältnisse umfüllen (§ 13 Abs. 2 Nr. 5 AMG), sind ferner die Materialien und Gegenstände zu überprüfen, die beim Umfüllen mit den Arzneimitteln in Berührung kommen.

3.2 Prüfung des Arzneimittelsortiments

Es ist darauf zu achten, dass das Arzneimittelsortiment ausschließlich Präparate enthält, die nach § 44 AMG oder nach der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel vom 24. November 1988 (BGBl I S. 2150) freiverkäuflich sind.
Bei Produkten, die als Lebensmittel, kosmetisches Mittel oder Bedarfsgegenstand in den Verkehr gebracht werden, jedoch aufgrund ihrer Aufmachung möglicherweise als Arzneimittel im Sinn von § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG zu beurteilen sind, ist das weitere Vorgehen mit der Regierung abzustimmen.

3.3 Sachgerechte Lagerung

Arzneimittel, deren Umhüllungen keinen Lagerungshinweis tragen, werden bei Raumtemperatur (15 bis 25 °C) gelagert. Weitere im Arzneibuch vorgesehene Temperaturbereiche sind: 8 bis 15 °C (kühl) und 2 bis 8 °C (Kühlschrank).
Arzneimittel sollen im diffusen Licht gelagert werden und keiner direkten Sonnen- oder Kunstlichtbestrahlung über längere Zeit ausgesetzt sein. Die Lagerung soll trocken und abseits von verderblichen Gütern oder Lösungsmitteln erfolgen.

3.4 Überprüfung der Arzneimittel auf Qualitätsmängel

Bei Einzelhändlern, die Arzneimittel im Rahmen des § 13 Abs. 2 Nr. 5 AMG herstellen, sind die Umfüll- und Abpackvorgänge zu überprüfen. Außerdem ist darauf zu achten, dass die umgefüllten Arzneimittel mit ihrem Inhalt sowie dem Namen und der Anschrift des Einzelhändlers gekennzeichnet sind und ob gegebenenfalls der vorgeschriebene Alkoholwarnhinweis angegeben ist.
Bei sonstigen Gewerbebetrieben ist zu überprüfen, ob Arzneimittel vorrätig gehalten werden, deren Verfalldatum abgelaufen ist. Im Übrigen kann die Überprüfung der Arzneimittel auf sensorisch feststellbare Mängel, die sich aus Transport, Lagerung und Kennzeichnung ergeben können, beschränkt werden.
Bei festen Arzneiformen (Tabletten, Dragees, Kapseln etc.) ist zu achten auf:
a)
Verfärbungen der Oberfläche
b)
Risse in der Oberfläche
c)
Penetration von Inhaltsstoffen
d)
erhöhten Abrieb
e)
mangelnde Bruchfestigkeit.
Bei halbfesten Arzneiformen (Creme, Gel, Paste, Salbe etc.) ist zu achten auf:
a)
Verfärbungen
b)
Geruch von verdorbenen Fetten und Ölen
c)
Anzeichen von Eintrocknung
d)
Anzeichen von Phasentrennung
e)
Möglichkeit einer mikrobiellen Kontamination.
Bei flüssigen Arzneiformen ist zu achten auf:
a)
Verfärbungen
b)
Ausflockungen
c)
Auskristallisation
d)
Anzeichen von Phasentrennung
e)
Möglichkeit einer mikrobiellen Kontamination.

3.5 Probenahme

Proben nach § 65 AMG sind insbesondere dann zu entnehmen, wenn
der begründete Verdacht besteht, dass eine nicht unerhebliche Qualitätsminderung vorliegt,
Unklarheit über die Arzneimitteleigenschaft eines Produktes besteht oder
die Entnahme im Rahmen eines Probenplanes vorgesehen ist.
Für die Proben ist eine Entschädigung in Höhe des Einkaufspreises plus Mehrwertsteuer zu leisten, soweit nicht ausdrücklich darauf verzichtet wird (§ 65 Abs. 3 AMG). Die Entschädigung entfällt, wenn das entnommene Arzneimittel in seiner Qualität erheblich gemindert und somit wertlos ist.
Die Proben sind an das Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Südbayern1einzusenden (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst).

3.6 Vorhandensein einer sachkundigen Person

Soweit sich der Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln nicht auf die in § 50 Abs. 3 AMG genannten Präparate oder auf Arzneimittel für Heimtiere im Sinn von § 60 Abs. 1 AMG beschränkt, muss eine sachkundige Person im Sinn von § 50 Abs. 1 AMG vorhanden sein.
Nach der Verordnung über den Nachweis der Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln vom 20. Juni 1978 (BGBl I S. 753) ist sachkundig, wer
eine Prüfung nach den §§ 2 bis 9 der Verordnung bei der Industrie- und Handelskammer bestanden hat,
ein in § 10 der Verordnung genanntes Zeugnis über eine abgeleistete berufliche Ausbildung nachweisen kann (insbesondere pharmazeutisch-technische Assistenten, Apothekenhelfer beziehungsweise pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte und Drogisten) oder
einen sonstigen Nachweis der Sachkenntnis nach § 11 der Verordnung erbringen kann.

3.7 Häufigkeit der Besichtigungen

Besichtigungen sind in der Regel alle zwei Jahre durchzuführen, wenn nicht aus besonderem Anlass häufigere Besichtigungen angezeigt erscheinen; sie sollen grundsätzlich unangemeldet erfolgen.

3.8 Besichtigungsniederschrift

Über jede Besichtigung ist eine Niederschrift nach Maßgabe der Anlage 2 zu fertigen. Die Niederschrift muss den wesentlichen Verlauf und das Ergebnis der Besichtigung enthalten. Einen Abdruck erhält der Inhaber nach Beendigung der Besichtigung.

3.9 Maßnahmen

Hat die Besichtigung Mängel ergeben, veranlasst die Kreisverwaltungsbehörde die notwendigen Maßnahmen (§ 69 AMG). Sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Mangel eines Fertigarzneimittels dem Verantwortungsbereich des pharmazeutischen Unternehmers zuzurechnen ist, oder wenn schwere Verstöße zu beanstanden waren, ist die Regierung zu unterrichten.

1 [Amtl. Anm.:] nunmehr: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

4   Abgabe von Arzneimitteln im Reisegewerbe

Es ist darauf zu achten, dass nur die für das Reisegewerbe freigegebenen Fertigarzneimittel, die in § 51 Abs. 1 Halbsatz 2 AMG genannt sind, abgegeben werden.
Ferner ist zu überprüfen, ob die Arzneimittel sachgerecht gelagert werden und beim Transport sowie beim Inverkehrbringen vor einer nachteiligen Beeinflussung durch Licht, Temperatur, Witterungseinflüsse oder Verunreinigungen geschützt sind.
Die Ausführungen unter Nrn. 3.4, 3.5, 3.8 und 3.9 sind entsprechend zu beachten.

5   Verfolgen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

5.1   Verfahren bei Straftaten

Ergibt sich der Verdacht einer Straftat, so ist der Vorgang der Staatsanwaltschaft zuzuleiten (§ 41 OWiG). Das Gleiche gilt, wenn eine Ordnungswidrigkeit mit einer Straftat zusammentrifft (§ 21 OWiG) oder Zweifel darüber bestehen, ob die Handlung eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit ist.

5.2   Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten

Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen der Kreisverwaltungsbehörde (§ 47 Abs. 1 OWiG). Auf die Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 22. März 1989 (AllMBl S. 407) wird hingewiesen.

6 Dienstbesprechungen, Aus- und Fortbildung

6.1 Dienstbesprechungen

Die Regierungen halten nach Bedarf Dienstbesprechungen mit den Sachbearbeitern der Kreisverwaltungsbehörden ab, die bei der Überwachung des Einzelhandels mit freiverkäuflichen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken eingesetzt werden. Sie werden dabei vom Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Südbayern1unterstützt.

6.2 Aus- und Fortbildung

Die Aus- und Fortbildung der Sachbearbeiter der Kreisverwaltungsbehörden obliegt der Akademie für das öffentliche Gesundheitswesen. Die Akademie beauftragt mit der Durchführung das Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Südbayern2. Sie wirkt bei der Gestaltung der Fortbildungsveranstaltungen koordinierend mit.

1 [Amtl. Anm.:] nunmehr: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
2 [Amtl. Anm.:] nunmehr: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

7  

Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 31. Juli 1981 (MABl S. 469) wird aufgehoben.

I.A.
Müller
Ministerialdirektor