Inhalt

Text gilt ab: 07.08.1995

2.   Ausnahmegenehmigung

Einzelne Kommunen erproben bereits jetzt konkrete Maßnahmen, die über das geltende Recht hinausgehen. Diese Aktivitäten wurden bisher von den Rechtsaufsichtsbehörden toleriert. Über die erforderlichen Genehmigungsanträge wird unter dem Gesichtspunkt entschieden, dass die Vorhaben auch weiterhin möglichst nicht behindert werden sollen.

2.1   Antrag und Verfahren

Die interessierte Kommune stellt beim Staatsministerium des Innern einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage der Experimentierklausel. Dieser Antrag ist auf dem Dienstweg vorzulegen. Die Landratsämter und die Regierungen werden gebeten, jeweils kurzfristig eine Stellungnahme zu den Vorhaben abzugeben. Der Antrag sollte möglichst innerhalb von zehn Arbeitstagen von der Rechtsaufsichtsbehörde weitergeleitet werden. Die Rechtsaufsichtsbehörde wird gebeten, das überörtliche Prüfungsorgan zu informieren. Weitere erforderliche Beteiligungen veranlasst das Staatsministerium des Innern.
Die Ausnahmegenehmigung wird für die im Antrag dargestellten Maßnahmen (Ort, Umfang, Verwaltungsbereich) erteilt.

2.2   Antragsinhalt

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Inhaltliche Beschreibung der Maßnahme(n)
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Begründung der Maßnahme(n) im Sinne des Gesetzes (z.B. Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, Verbesserung der kommunalen Steuerungsprozesse, Erhöhung der Wirtschaftlichkeit kommunalen Handelns)
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Zeitplanung
Die Reformmaßnahmen sollten als Projekt, d.h. in fest definierten Schritten im Rahmen einer Zeit- und ‑ wenn möglich ‑ auch Kostenplanung organisiert und umgesetzt werden. Andernfalls ist eine angemessene Realisierung und Zielkontrolle nicht immer Gewähr leistet. Ein Vorschlag zur Befristung (Nr. 2.3) wird empfohlen.
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Ansprechpartner bei der Kommune (Name, Funktion, Anschrift, Telefon und Telefax)
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Darstellung der konkreten Einzelmaßnahmen, durch die ohne Erteilung einer Ausnahmegenehmigung geltendes Recht verletzt würde (Angabe der betroffenen Rechtsvorschriften, vgl. hierzu Vorbemerkung)
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Beschluss des zuständigen kommunalen Gremiums (falls dieser nach dem Umfang der Maßnahmen erforderlich ist)
Die Kommunen werden außerdem gebeten, ein Datenblatt auszufüllen und dem Antrag beizufügen (vgl. Einzelheiten unter Nr. 3).

2.3   Entscheidung

Ein Anspruch auf Genehmigung besteht nicht, jedoch sollen Modellvorhaben in breitem Umfang ermöglicht werden. Auch solche Vorhaben sind an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu messen; insbesondere müssen Aufwand und Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis stehen.
Nach einer Experimentierphase wird die Frage zu entscheiden sein, ob als Ergebnis kommunal- oder haushaltsrechtliche oder sonstige Vorschriften geändert werden müssen und in welchem Umfang. Ein einheitliches Haushaltsrecht ist im Interesse der Vergleichbarkeit längerfristig unabdingbar. Wir weisen deshalb ausdrücklich darauf hin, dass die dauernde rechtliche Zulässigkeit probeweise eingeführter Neugestaltungen nicht Gewähr leistet werden kann.

2.4  

Die Ausnahmegenehmigung wird befristet erteilt; Fristverlängerung ist zulässig. Die Dauer der Frist ist abhängig vom konkreten Projekt und der zu Grunde gelegten Zeitplanung.

2.5  

Daneben sind Bedingungen und Auflagen möglich, um den einheitlichen Vollzug und die Vergleichbarkeit des Kommunalrechts nicht mehr als nötig zu beeinträchtigen.
Insbesondere kommen folgende Auflagen in Betracht:
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Den Kommunen wird auferlegt, in geeigneten Zeiträumen dem Staatsministerium des Innern den Stand der Umsetzung der Reformmaßnahmen, die bisher gewonnenen Erfahrungen und die gegebenenfalls zu ziehenden Konsequenzen zu berichten. Dies kann zur Vermeidung zusätzlichen Verwaltungsaufwands z.B. anlässlich der Behandlung der Reformmaßnahmen durch das Kollegialorgan oder einen Ausschuss, oder anlässlich einer Präsentation gegenüber den Bürgern und/oder der Presse geschehen.
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Es wird außerdem nachdrücklich darauf hingewiesen, die verfassungs-, bundes- und europarechtlichen Vorgaben zu beachten. Dies betrifft insbesondere die Anforderungen der Finanz- und Personalstatistik (Vollzug des Finanz- und Personalstatistikgesetzes - FPStatG vom 21. Dezember 1992 BGBl I S. 2119).
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Nach dem Wortlaut des Gesetzes sollen die Ergebnisse der Erprobung für andere Kommunen nutzbar gemacht werden können. Das Staatsministerium des Innern behält sich deshalb vor, interessierte Kommunen vom Stand der Reformvorhaben in den „Experimentierkommunen “ zu informieren. Außerdem kann den betreffenden Kommunen auferlegt werden, andere interessierte Kommunen in angemessenem Umfang zu informieren.
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Die Kommune wird gebeten, die Prüfungsorgane, insbesondere das überörtliche Prüfungsorgan von den Reformmaßnahmen zu unterrichten.