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NutzR-Ablös
Text gilt ab: 28.06.2006
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2020.1-I

Ablösung von Nutzungsrechten
(NutzR-Ablös)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern
vom 12. August 2002, Az. I B 3-1514.34-2

(AllMBl. S. 687)

Zitiervorschlag: Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Ablösung von Nutzungsrechten (NutzR-Ablös) vom 12. August 2002 (AllMBl. S. 687)

An
die Gemeinden
nachrichtlich
an
die Landratsämter
die Regierungen
Inhaltsübersicht:
1.
   Allgemeines
1.1
   Gegenstand und Formen der Ablösung
1.2
   Einleitung des Ablösungsverfahrens
1.3
   Gemeinde und Aufsichtsbehörden
1.4
   Gemeinde und Berechtigte
2.
   Entschädigung
2.1
   Entschädigungsanspruch
2.2
   Entschädigungsarten
2.3
   Entschädigungsumfang
3.
   Verfahrensgang bei Abfindung in Grundstücken
3.1
   Vorbereitendes Verfahren
3.2
   Ablösungsplan
3.3
   Flächenaufteilung
3.4
   Ablösungsbeschluss
4.
   Schlussbestimmungen

1.   Allgemeines

1.1   Gegenstand und Formen der Ablösung

1.1.1  

Gegenstand der Ablösung nach Art. 82 Abs. 1 GO können alle Arten von öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten am Gemeindevermögen sein, gleichgültig ob es sich um Rechtstitel- oder Herkommensrechte, Gemeinde- oder Ortsnutzungsrechte, gemessene oder ungemessene Nutzungsrechte, Ganz- oder Bruchteilsrechte handelt. Setzt sich ein Nutzungsrecht aus mehreren Bestandteilen zusammen (z.B. Acker-, Weide- und Holznutzungsrecht), kann die Ablösung auf Einzelbefugnisse beschränkt werde. Zulässig ist ferner, die Nutzungsrechte nur auf einzelnen gemeindlichen Grundstücken abzulösen.

1.1.2   Ablösungsformen:

Die vereinbarte Einzelablösung (Art. 82 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GO) erfordert einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der Gemeinde und einem oder einzelnen Berechtigten. Durch sie werden nur diejenigen Nutzungsrechte beseitigt, deren Inhaber den Vertrag geschlossen haben, während die nicht ablösungsbereiten Berechtigten ihre Nutzungsrechte behalten; die abgelösten Nutzungsrechte erlöschen nicht, sondern gehen auf die Gemeinde über. Die Gemeinde kann die Rechte nicht auf Dritte übertragen.
Die vereinbarte Gesamtablösung (Art. 82 Abs. 1 Sätze 1 und 4 GO) setzt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der Gemeinde und sämtlichen Berechtigten voraus.
Die von der Gemeinde mit Zustimmung der Mehrheit der Berechtigten verfügte Gesamtablösung (Art. 82 Abs. 1 Sätze 2 und 4 GO) ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt. Die verfügte Gesamtablösung ist nur zulässig, wenn sie durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist.
In Fällen der Gesamtablösung gehen die Nutzungsrechte unter.

1.2   Einleitung des Ablösungsverfahrens

1.2.1  

Die Entscheidung über die Einleitung eines Ablösungsverfahrens liegt im Ermessen der Gemeinde. Ein Anspruch auf Ablösung besteht nicht.

1.2.2  

Der Ausschluss wegen persönlicher Beteiligung (Art. 49 Abs. 1 GO) gilt auch für die Beschlussfassung über Gemeindenutzungsrechte. Daher können der erste Bürgermeister und die Gemeinderatsmitglieder insbesondere dann, wenn sie oder ihre nächsten Angehörigen Berechtigte sind, an der Beratung und Abstimmung über Nutzungsrechtsangelegenheiten, also auch über die Ablösung der Nutzungsrechte, nicht teilnehmen. Wird der Gemeinderat dadurch beschlussunfähig, kann die Rechtsaufsichtsbehörde Maßnahmen nach Art. 114 GO ergreifen.

1.2.3  

Bevor die Gemeinde in Ablösungsverhandlungen eintritt, muss sie die rechtlichen Verhältnisse und die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Ablösung klären. Dabei kommt es zunächst darauf an, Bestand, Rechtsnatur, Art und Umfang der Nutzungsrechte und die Anzahl der Berechtigten einwandfrei festzustellen. Einzelne Nutzungsrechte oder einzelne Bestandteile von Nutzungsrechten können bereits mangels ununterbrochener Ausübung seit dem 18. Januar 1922 (vgl. Art. 80 Abs. 2 GO), durch Verzicht oder durch Untergang der Haus- und Hofstätte ohne Übertragung des Rechts auf ein anderes Anwesen innerhalb derselben Gemeinde (Art. 80 Abs. 3 GO) erloschen oder bei Verzicht auf die Gemeinde übergegangen sein. Insoweit kommt eine Ablösung nicht mehr in Betracht.
Außerdem ist vor den eigentlichen Ablösungsverhandlungen zu prüfen, ob und inwieweit der Gemeinde, z.B. durch frühere Einzelablösungen, selbst Nutzungsrechte zustehen.
Die Gesamtablösung ist einer Teilablösung oder einer Einzelablösung in der Regel vorzuziehen. Der Verfahrensaufwand ist so hoch, dass die Gemeinde die Ablösung aller Nutzungsrechte in einem Verfahren anstreben sollte.

1.3   Gemeinde und Aufsichtsbehörden

1.3.1  

Die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse in Nutzungsrechtsangelegenheiten können oft nur unter beträchtlichen Schwierigkeiten geklärt werden. Die Gemeinden sollen deshalb möglichst frühzeitig mit der Rechtsaufsichtsbehörde und ‑ falls es sich um die Ablösung von Waldnutzungsrechten handelt oder eine Abfindung in Waldgrundstücken erwogen wird ‑ auch mit der unteren Forstbehörde (Forstamt) in Verbindung treten.
Die Rechtsaufsichtsbehörden haben die Gemeinden über die ihnen zukommende Rechtsstellung aufzuklären und ggf. auch darauf hinzuweisen, dass sie gem. Art. 74 Abs. 2 GO verpflichtet sind, ihr Vermögen ‑ wozu auch das mit Nutzungsrechten belastete Vermögen gehört ‑ pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten, sowie darauf, dass eine Verschenkung von Gemeindevermögen unzulässig ist (vgl. Art. 75 Abs. 3 GO).
Aufgabe der Forstbehörden ist es, zunächst durch überschlägige Berechnungen und Schätzungen die wirtschaftlichen Möglichkeiten einer Ablösung zu klären und den Beteiligten damit vorläufige Hinweise zur Verhandlungsgrundlage zu geben.

1.3.2  

Die Beteiligung staatlicher Dienststellen hat den Zweck, die ordnungsgemäße Durchführung des Ablösungsverfahrens sicherzustellen. Das liegt nicht nur im Interesse der Allgemeinheit, sondern gerade auch im Interesse der Nutzungsberechtigten selbst. Durch eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit werden sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in kürzerer Zeit als sonst klären lassen. In vielen Fällen könnte es sich nachteilig auswirken, die zuständigen Behörden erst am Ende des Ablösungsverfahrens einzuschalten. Ergeben sich nämlich bei der nachträglichen Überprüfung Bedenken, etwa hinsichtlich des Aufteilungsverhältnisses, müssten noch zu diesem späten Zeitpunkt der Aufteilungsplan geändert und die einzelnen Grundstücke neu vermessen werden. Die damit verbundenen Verzögerungen und zusätzlichen Kosten, insbesondere aber auch die sonst bis zum Abschluss der Überprüfung bestehende Ungewissheit, können vermieden werden, wenn die genannten Behörden rechtzeitig eingeschaltet werden.

1.4   Gemeinde und Berechtigte

1.4.1  

Die Gesamtablösung der Nutzungsrechte setzt eine zumindest mehrheitliche Zustimmung der Berechtigten voraus. Die Gemeinde muss sich daher möglichst bald vergewissern, ob mit dieser Zustimmung gerechnet werden kann. Die erforderliche Stimmenmehrheit richtet sich nicht nach der Anzahl der Berechtigten, sondern nach ihren Anteilen am Gesamtnutzungsrecht, wobei vom kleinsten Anteil (z.B. ein halbes Nutzungsrecht) auszugehen ist, größere Nutzungsanteile also ein entsprechend höheres Stimmrecht ergeben. Hat ein Berechtigter nach seinen Anteilen am Gesamtnutzungsrecht mehrere Stimmen, kann er sie nur einheitlich abgeben.
In Gemeinden, in denen öffentliche Nutzungsrechte an unterschiedlichen Teilen des Gemeindevermögens zu Gunsten unterschiedlicher Gruppen von Rechtlern bestehen oder in denen zwei oder mehrere Klassen von öffentlichen Nutzungsrechten mit jeweils unterschiedlichem Inhalt auftreten, kann die verfügte Gesamtablösung auf eine Kategorie von Nutzungsrechten beschränkt werden.
Sollen in diesen Gemeinden alle Nutzungsrechte abgelöst werden, sind mehrere gesonderte Ablösungsverfahren durchzuführen.

1.4.2  

Wie der Wille der Berechtigten zu ermitteln ist, schreibt das Gesetz nicht vor. Es genügt somit jede eindeutige Form der Erklärung, sei es auf einer Versammlung der Berechtigten durch eine Unterschriftensammlung oder auch zur Niederschrift der Gemeinde. In allen Fällen empfiehlt es sich jedoch, dass die Gemeinde einen einwandfreien urkundlichen Nachweis darüber führt, wie jeder einzelne Berechtigte sich zur Frage der Ablösung geäußert hat. Dadurch kann späteren Streitigkeiten über den Inhalt lediglich mündlicher Abmachungen vorgebeugt werden.

1.4.3  

Bei der Feststellung der Stimmenverhältnisse kann die Gemeinde auch selbst stimmberechtigt sein, wenn Einzelrechte durch frühere Ablösung, Verzicht oder Nichtausübung auf sie selbst übergegangen sind. Die hierauf entfallenden Stimmen sind bei der Berechnung der Mehrheit zu berücksichtigen. Danach kann die Gemeinde allein schon über die für die Ablösung erforderliche Stimmenmehrheit verfügen und die Ablösung ggf. auch gegen den Widerstand sämtlicher anderen Berechtigten erzwingen.

2.   Entschädigung

2.1   Entschädigungsanspruch

Gemäß Art. 82 Abs. 3 GO hat jeder Berechtigte bei Ablösung seines Nutzungsrechts Anspruch auf angemessene Entschädigung. Der Anspruch entsteht - wenn nichts anderes bestimmt wird - bei der vereinbarten Ablösung mit dem Wirksamwerden des Vertrages, bei der mit Zustimmung der Mehrheit der Berechtigten verfügten Gesamtablösung hingegen erst, wenn der Ablösungsbeschluss den Berechtigten bekannt gegeben wird. Bis dahin können die Berechtigten weiter die normalen Nutzungen ziehen.
Die Rechtswirksamkeit der Ablösung setzt nicht zwingend voraus, dass eine Entschädigung geleistet wird. Ebenso wie es den Berechtigten freisteht, auf eine weitere Ausübung ihrer Nutzungsrechte zu verzichten, ist es auch möglich und zulässig, dass sie sich mit der Gemeinde darüber einigen, dass die Nutzungsrechte gegen eine nur geringfügige Entschädigung oder entschädigungslos abgelöst werden.

2.2   Entschädigungsarten

2.2.1  

Nach Art. 83 Abs. 1 Satz 1 GO ist die Entschädigung in Geld durch Zahlung eines einmaligen Betrages (Barentschädigung) zu leisten. Teilzahlungen sind nur insoweit zulässig, als der Berechtigte sich hiermit einverstanden erklärt. Die Verrentung der Entschädigungssumme ist ausgeschlossen.

2.2.2  

Das Wahlrecht des einzelnen Berechtigten, an Stelle einer Geldentschädigung ausnahmsweise Entschädigung in Grundstücken zu verlangen, wird in Art. 83 Abs. 1 Satz 2 GO von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht. Ein Anspruch auf Entschädigung in Grundstücken besteht nur, wenn der Berechtigte zur Sicherung seiner Berufs- und Erwerbstätigkeit darauf angewiesen ist (Nr. 1), die Grundstücksentschädigung der Gemeinde zugemutet werden kann (Nr. 2), und andere Vorschriften einer Entschädigung in Grundstücken nicht entgegenstehen (Nr. 3). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann nicht allgemein entschieden werden, sondern ist in jedem Einzelfall anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu überprüfen.
Nr. 1:
Der Berechtigte ist auf eine Entschädigung in Grundstücken angewiesen, wenn und soweit die Fortführung seiner Berufs- und Erwerbstätigkeit sonst gefährdet wäre. Das kann insbesondere bei einem Berechtigten, der einen landwirtschaftlichen Voll-, Zu- oder Nebenerwerbsbetrieb bewirtschaftet, infrage kommen. Bei der Prüfung der persönlichen Voraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen.
Nr. 2:
Der Gemeinde ist die Entschädigung in Grundstücken insbesondere dann nicht zuzumuten, wenn sie zum Zwecke der Abfindung auf sonstige, für wichtige gemeindliche Vorhaben erforderliche Grundstücke zurückgreifen oder Grundstücke sogar erst unter Aufwendung unverhältnismäßiger Mittel erwerben müsste. In derartigen Fällen kann die Gemeinde die Entschädigung für den einzelnen Berechtigten auch teilweise in Grundstücken und teilweise in Geld leisten.
Nr. 3:
Mit den in Art. 83 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GO genannten „anderen Vorschriften “, die einer Entschädigung in Grundstücken entgegenstehen können, ist insbesondere das Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) gemeint. Nach § 2 Abs. 1 GrdstVG bedürfen die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines forstwirtschaftlichen Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber grundsätzlich der Genehmigung. Der Veräußerung steht die Einräumung eines Miteigentumsanteils gleich (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GrdstVG).
Die Genehmigung darf u. a. dann versagt oder eingeschränkt werden, wenn durch eine Veräußerung eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung des Grundstücks oder einer Mehrheit räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängender Grundstücke des Veräußerers einträte (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 GrdstVG). Würde ein forstwirtschaftliches Grundstück kleiner als dreieinhalb Hektar, geht das Grundstückverkehrsgesetz regelmäßig von einer unwirtschaftlichen Verkleinerung oder Aufteilung aus, es sei denn, eine ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung erscheint gewährleistet (§ 9 Abs. 3 Nr. 3 GrdstVG). Davon kann z.B. ausgegangen werden, wenn im örtlichen Bereich die vorhandenen Privatwaldgrundstücke zum großen Teil bereits kleiner als dreieinhalb Hektar sind, die den Berechtigten zufallenden Flächen mit anderen ihnen gehörenden Waldflächen zusammengelegt werden oder die Waldflächen ausreichend erschlossen sind.
Die Genehmigung kann gemäß § 10 GrdstVG auch unter Auflagen erteilt werden. Scheitert die Entschädigung in Waldgrundstücken an § 9 Abs. 3 GrdstVG, ist eine Geldentschädigung zu leisten (Art. 83 Abs. 1 Satz 1 GO).

2.2.3  

Die Zuteilung bestimmter Grundstücke kann nicht verlangt werden (Art. 83 Abs. 1 Satz 3 GO). Aus Art. 83 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GO ist jedoch zu entnehmen, dass sich die als Abfindung vorgesehenen Grundstücke nach Art und Lage für den Betrieb des Berechtigten, der hierauf zur Sicherung seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen ist, eignen müssen.
Grundstücke mit Sonderwerten (z.B. Bauland, Bauerwartungsland, Kiesabbauland) kommen für die Entschädigung nicht infrage.

2.2.4  

Die Vereinbarungen zwischen der ablösungsbereiten Mehrheit der Berechtigten und der Gemeinde sind nur insofern für die nicht ablösungsbereite Minderheit der Berechtigten verbindlich, als sie zur Gesamtablösung der Nutzungsrechte führen, nicht jedoch auch hinsichtlich Art und Umfang der Entschädigung. Hat die Mehrheit der Berechtigten z.B. auf eine Entschädigung verzichtet oder sich mit einer geringeren als der gesetzlich vorgesehenen Entschädigung einverstanden erklärt, steht es der Minderheit der Berechtigten gleichwohl frei, für sich eine angemessene Entschädigung zu verlangen.
Die Gemeinden und die Mehrheit der Berechtigten können auch nicht von sich aus die Entschädigungsart für die Minderheit der Berechtigten festlegen. Vielmehr hat die Gemeinde den ablehnenden Berechtigten zunächst eine Geldentschädigung anzubieten; gehen sie hierauf nicht ein, so kann sich die Gemeinde durch Hinterlegung gem. §§ 372 ff. BGB von ihrer Leistungspflicht befreien. Bis ihm die Mitteilung über die Hinterlegung zugegangen ist, kann sich der einzelne Berechtigte jedoch noch für eine Entschädigung in Grundstücken aussprechen, die ihm, falls die Voraussetzungen des Art. 83 Abs. 1 Satz 2 GO erfüllt sind, zu gewähren ist.

2.3   Entschädigungsumfang

2.3.1   Kapitalwert der Nutzungsrechte

Nach Art. 83 Abs. 2 GO gilt als Grundlage einer angemessenen Entschädigung im Allgemeinen der Wert des Fünfundzwanzigfachen des durchschnittlichen jährlichen Reinertrags der Nutzungen (das ist der Rohertrag abzüglich der in Art. 81 GO genannten Gegenleistungen und Lasten sowie der nach den Selbstkosten berechneten Auslagen wie Kulturkosten, Pflegekosten, Holzerntekosten), die in den der Ablösung oder Aufhebung unmittelbar vorhergehenden fünfzehn Jahren gezogen worden sind oder bei ungehinderter rechtmäßiger Ausübung des Rechts hätten gezogen werden können.
Wenn besondere Verhältnisse vorliegen, kann von diesem Regelsatz nach unten oder in den Grenzen des Art. 75 Abs. 3 GO auch nach oben abgewichen werden.
Art. 83 Abs. 2 GO stellt bei der Festlegung des Berechnungszeitraums auf den nachhaltig möglichen Ertrag ab. Es kann daher erforderlich sein, der Wertberechnung einen anderen Zeitraum als die unmittelbar vorhergehenden fünfzehn Jahre zu Grunde zu legen bzw. den dauerhaft zu erzielenden durchschnittlichen Ertrag mit zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei einer erst vor kurzem vorgenommenen Verlängerung der Umtriebszeit, bei einem Wechsel der Betriebsart (Umwandlung von Nieder- und Mittelwald in Hochwald), bei Übernutzung über den nachhaltig möglichen Ertrag hinaus, bei Hochwäldern mit ungleichmäßigem Altersklassenaufbau oder bei Bauholzberechtigungen. In derartigen Fällen ist es zulässig, bei der Wertermittlung auf solche Zeiträume einer ordnungsgemäßen Nutzung zurückzugehen, die mehr als fünfzehn Jahre zurückliegen oder sogar auf einen erst in absehbarer Zeit zu erwartenden Durchschnittsertrag abzustellen.

2.3.2   Entschädigung in Waldgrundstücken

Liegen die Voraussetzungen des Art. 83 Abs. 1 Satz 2 GO vor (vgl. Nr. 2.2.2), ist bei der Ablösung der Nutzungsrechte in Waldgrundstücken folgendes Verfahren anzuwenden:
Zunächst wird der Kapitalwert der Nutzungsrechte gemäß Art. 83 Abs. 2 GO festgestellt (vgl. Nr. 2.3.1).
Für die jeweiligen Nutzungsrechte sind Entschädigungsgrundstücke zu ermitteln, deren Verkehrswerte möglichst wertgleich dem Kapitalwert der Nutzungsrechte sind.
Für die Wertermittlung der Entschädigungsgrundstücke ist der Verkehrswert anzusetzen. Verkehrswert ist der Preis, der im Zeitpunkt der Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften und der sonstigen Beschaffenheit der Sache oder dem Inhalt und der Ausgestaltung des Rechts ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. Nr. 1.1.1 der Bekanntmachung über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände vom 15. Mai 1992, AllMBl S. 535).
Der Verkehrswert wird grundsätzlich nach dem Vergleichswertverfahren berechnet (vgl. §§ 6 ff. der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken - Wertermittlungsverordnung). Bei der Bewertung von Waldgrundstücken sind die hierfür anerkannten Bewertungsgrundsätze zu beachten. Hierbei sind im Regelfall die Richtlinien für die Ermittlung und Prüfung des Verkehrswerts von Waldflächen und für Nebenentschädigungen (Waldwertermittlungsrichtlinien - WaldR) des Bundesministeriums der Finanzen in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Bei der Wertermittlung der den Berechtigten zuzuweisenden Grundflächen sind Besonderheiten (z.B. kann absehbarer Nutzartenwechsel bzw. höherwertige Nutzung mit Steigerung des Bodenwerts verbunden sein) soweit wie möglich zu berücksichtigen.
Eventuelle Wertunterschiede zwischen dem Kapitalwert der Nutzungsrechte und dem Verkehrswert der Entschädigungsgrundstücke sind in Geld auszugleichen.
Die Bewertung soll auf spezielle Sachverständigengutachten gestützt werden, die in der Regel von vereidigten Sachverständigen erstellt werden.
In einfach gelagerten Fällen (z.B. bei im Wesentlichen einheitlichen Standort- und Bestockungsverhältnissen sowie bei geringem Wert des Waldes) kann, sofern das Forstamt hiergegen keine Einwendungen erhebt, von einer detaillierten Waldbewertung abgesehen werden. Hier kann ein einfacher Flächenaufteilungsplan genügen.

3.   Verfahrensgang bei Abfindung in Grundstücken

Wird die Entschädigung in Geld geleistet, kann das Verfahren zum Abschluss gebracht werden, sobald die Gemeinde den Kapitalwert der Nutzungsrechte ermittelt hat. Komplizierter ist das Verfahren bei der Abfindung in Grundstücken. Nachstehend werden daher Empfehlungen für den Verfahrensgang gegeben, die sich auf eine Ablösung von Nutzungsrechten gegen Entschädigung in Grundstücken mit Zustimmung der Mehrheit der Berechtigten beziehen (verfügte Ablösung). Sie gelten unter Berücksichtigung der teilweise anderen Rechtslage auch für Verfahren der vereinbarten Gesamtablösung.

3.1   Vorbereitendes Verfahren

Nach Klärung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen (vgl. Nrn. 1.2.3 bis 1.3.2) ist zunächst in einem vorbereitenden Gemeinderatsbeschluss die grundsätzliche Bereitschaft zu der vorgesehenen Ablösung und Entschädigung festzustellen. Aus dem Beschluss sollte hervorgehen, welche Nutzungsrechte abgelöst und auf welchen bisher belasteten Gemeindegrundstücken sie beseitigt werden sollen. Außerdem sollte schon in diesem Stadium eine vorläufige Aussage darüber getroffen werden, in welcher Höhe Entschädigung geleistet werden soll. Der Beschluss sollte auch einen Vorschlag enthalten, in welchem Verhältnis Gemeinde und Berechtigte die Kosten des Ablösungsverfahrens (Vergütung des forstlichen Sachverständigen, Vermessungskosten, Beurkundungsgebühren usw.) tragen.

3.2   Ablösungsplan

Der Ablösungsplan enthält Angaben über
den Kapitalwert der Nutzungsrechte gem. Art. 83 Abs. 2 GO im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit (vgl. Nr. 2.3.1);
den Grundstückswert der Entschädigungsgrundstücke (vgl. Nr. 2.3.2);
die Flächenaufteilung;
die Kosten des Ablösungsverfahrens und ihre Aufteilung auf die Beteiligten.
Die Gemeinde erstellt die hierfür erforderlichen Berechnungen in der Regel unter Zuziehung forstlicher oder landwirtschaftlicher Sachverständiger.
Die Gemeinde legt den von ihr beschlossenen Ablösungsplan der Rechtsaufsichtsbehörde zur Prüfung vor. Diese beteiligt bei der Prüfung die Rechnungsprüfungsstelle und die Forstbehörde.

3.3   Flächenaufteilung

Bei der Flächenaufteilung sind die allgemeinen forstwirtschaftlichen Anforderungen zu beachten. Die Aufteilung wird nach dem Verkehrswert der Teilflächen vorgenommen (vgl. Nr. 2.3.2).
Außerdem ist anzustreben, dass
Schutzwaldungen, soweit sie nicht ausschließlich dem Sturmschutz dienen, und Erholungswaldungen im Eigentum der Gemeinde verbleiben,
die der Gemeinde verbleibenden Grundstücke möglichst in einem räumlichen Zusammenhang untereinander oder mit sonstigen gemeindlichen Grundstücken stehen und
Splitterbesitzbildung vermieden wird.

3.4   Ablösungsbeschluss

Ergibt die Überprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde, dass der Ablösungsplan den einschlägigen Bestimmungen entspricht, fasst der Gemeinderat ‑ sofern die Zustimmung der Mehrheit der Berechtigten hierzu vorliegt ‑ einen endgültigen Beschluss über die Ablösung der Nutzungsrechte. Dieser ist sämtlichen betroffenen Berechtigten durch Ablösungsbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung bekannt zu geben.

4.   Schlussbestimmungen

4.1  

Mit Ausnahme des Abschnitts 2 (Art und Höhe der Entschädigung) gilt diese Bekanntmachung nicht für das Aufhebungsverfahren nach Art. 82 Abs. 2 GO.

4.2  

Die Bekanntmachung vom 25. Oktober 1976 (MABl S. 849), geändert durch Bekanntmachung vom 28. Juni 1977 (MABl S. 517), wird aufgehoben.

4.3   Amtshilfe der Landratsämter bei der Ermittlung der Ablösungsansprüche in Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz

Wenn es der Zweck der Flurbereinigung erfordert, können nach § 49 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl I S. 546), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 23 des Gesetzes vom 12. August 2005 (BGBl I S. 2354), Gemeindenutzungsrechte aufgehoben werden. In diesem Fall stellt das Landratsamt auf rechtzeitiges Ersuchen des Amtes für Ländliche Entwicklung in Amtshilfe Bestand, Rechtsnatur, Art und Umfang der Gemeindenutzungsrechte sowie die Anzahl der Berechtigten fest und klärt etwaige Meinungsverschiedenheiten.
Diese Bekanntmachung ergeht im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten.

Dr. Waltner
Ministerialdirektor
EAPl 913
GAPl 1514
AllMBl 2002 S. 687