Inhalt

Text gilt ab: 24.03.1997

1.  

Die Abwasserbeseitigung gehört zu den Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden (Art. 41b Abs. 1 des Bayerischen Wassergesetzes – BayWG -; vgl. auch § 12 Abs. 1 des Bundes-Seuchengesetzes). Für die Erfüllung dieser Aufgabe kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:
a)
In der Regel erstellt und betreibt die Gemeinde hierfür eine leitungsgebundene Entwässerungsanlage (Sammelkanalisation). Der Ausbau dieser Anlagen mit leistungsfähigen zentralen Klärwerken stellt aus der Sicht des Gewässerschutzes die optimale Lösung dar und bildet daher auch den Schwerpunkt der Förderung durch den Freistaat Bayern. Das Rechtsverhältnis zu den Benutzern wird durch die Entwässerungssatzung der Gemeinde geregelt.
Kann das Abwasser eines angeschlossenen Grundstücks über die Kanalisation nicht einer Sammelkläranlage zugeführt werden, sind die Grundstücksentwässerungsanlagen mit einer Grundstückskläranlage zu versehen. Für den dort anfallenden Fäkalschlamm gelten die nachfolgenden Ausführungen unter c) entsprechend.
b)
Wegen der siedlungsstrukturellen Vorgaben, die vor allem im ländlichen Bereich eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht in allen Fällen zulassen, lässt sich der Anschlussgrad nicht beliebig erhöhen; nach Schätzungen können daher auch langfristig ca. 1 Million Einwohner nicht über zentrale Abwasseranlagen entsorgt werden. In diesen Fällen wird zumindest eine Behandlung der Abwässer in einer Dreikammerausfaulgrube oder eine Entschlammung in einer Mehrkammerabsetzgrube notwendig sein.
Im Vergleich zu mechanisch-biologischen zentralen Kläranlagen ist die Reinigungsleistung solcher nur mechanisch wirkenden Grundstückskläranlagen (auch Kleinkläranlagen genannt; vgl. hierzu in bautechnischer Hinsicht die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 14. November 1984, MABl S. 617) sehr gering. Selbst diese geringe Reinigungsleistung geht weitgehend verloren, wenn der in der Grundstückskläranlage zurückgehaltene Fäkalschlamm nicht regelmäßig entfernt wird.
c)
Wird Fäkalschlamm keiner Behandlung unterzogen, enthält er Pilze und Wurmparasiten, die über die Nahrungskette zu einer Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier führen. Es ist daher erforderlich, die ordnungsgemäße Entsorgung des Fäkalschlamms auf Dauer sicherzustellen. Dabei kommt das früher weithin übliche Ausbringen von Fäkalschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aus seuchenhygienischen Gründen in der Regel nicht in Betracht, es sei denn, dass der Fäkalschlamm ‑ in zeitlich und örtlich beschränktem Rahmen ‑ auf dafür geeignete Flächen ausgebracht oder in den Boden eingearbeitet wird. Hierfür sind Flächen aber regelmäßig nicht in ausreichendem Maße vorhanden. In rechtlicher Hinsicht ist insoweit das Abfallrecht einschlägig (vgl. insbesondere § 5 Abs. 3 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und Nummer 1.2.2 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Landesentwicklung und Umweltfragen, des Innern und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 7. April 1983, MABl S. 391).
Technisch und hygienisch sinnvoll kann Fäkalschlamm nur in größeren Kläranlagen behandelt werden, wo er biologisch abgebaut und stabilisiert wird. Fäkalschlamm, der einem solchen Abbauprozess unterworfen wird, behält seine Eigenschaft als Abwasser und ist daher rechtlich auch als Abwasser einzuordnen. Insoweit erstreckt sich die gemeindliche Aufgabe „Abwasserbeseitigung “ auch auf die Entsorgung des in Grundstückskläranlagen zurückgehaltenen Fäkalschlamms.
d)
Die abflusslose Grube ermöglicht regelmäßig nicht ‑ auch nicht übergangsweise ‑ die einwandfreie Abwasserbeseitigung eines Anwesens. Sie ist daher allenfalls zulässig für Trockenaborte, für vorübergehend benutzte Anlagen (Baubuden usw.) und für land- und forstwirtschaftliche Anwesen, wenn Hausabwässer nur in geringen Mengen anfallen. Diese Fragen beurteilen sich insbesondere nach dem Baurecht (vgl. Art. 41 und 42 der Bayerischen Bauordnung; Nr. 4.2.3 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 21. Juni 1983, MABl S. 559). Als zwingende Voraussetzung muss jedenfalls gewährleistet sein, dass der Grubeninhalt dauernd auf unschädliche Weise abgeführt wird. Wegen der insoweit gleichartigen rechtlichen und wasserwirtschaftlichen Beurteilung werden in der Begriffsbestimmung nach § 3 des in Nr. 5 unten erläuterten Satzungsmusters den Grundstückskläranlagen auch Gruben zur Sammlung des Abwassers gleichgestellt. Ein Unterschied ergibt sich aber in der Abfuhrhäufigkeit: Während die Räumung der Hauskläranlagen mindestens einmal pro Jahr erforderlich wird, müssen abflusslose Gruben je nach Größe und Auslastung der Grube wesentlich häufiger entleert werden. Angesichts der zahlenmäßig geringen Bedeutung der abflusslosen Gruben kann der Abfuhrrhythmus für jedes betroffene Grundstück gesondert festgelegt werden.