Inhalt

VVWas
Text gilt ab: 01.12.2021

1. Kapitel 1/Teil 1 Allgemeine Bestimmungen

1.1.  § 1 Zweck

Ziel der nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung ist es, die Gewässer in ihren vielfältigen Funktionen als unverzichtbare Lebensgrundlage, Lebensraum (ökologische Funktion), nutzbares Gut (ökonomische Funktion) sowie Rückzugsort und Erholungsraum (Sozialfunktion) zu schützen.

1.2  § 2/Art. 1 Anwendungsbereich

1.2.1 Wasserwirtschaftlich untergeordnete Bedeutung

Ob Be- oder Entwässerungsgräben, Teiche oder Weiher von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sind, richtet sich – gegebenenfalls unter Beachtung von Verknüpfungen mit anderen Gewässern und von Graben-, Teich- oder Weihersystemen – insbesondere nach ihrem bestehenden ökologischen Wert, dem oberirdischen Einzugsgebiet, ihren Wirkungen auf den Wasserhaushalt und ihren Nutzungen.
Kriterien hierfür sind insbesondere, wenn
a)
sie ein Einzugsgebiet von mehr als 50 ha aufweisen,
b)
sie der Einleitung von häuslichem oder gewerblichem Abwasser dienen,
c)
das Gewässerbett von Be- oder Entwässerungsgräben erosionsgefährdet ist und eine erhebliche Gefahr für An- und Unterlieger (z.B. bei Hochwasser) gegeben ist,
d)
es sich um gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 Abs. 2 BNatSchG, Art. 23 Abs. 1 BayNatSchG bzw. um erhaltenswerte Biotope handelt, die vom LfU nach Art. 46 Nr. 4 BayNatSchG erfasst werden; die Kartieranleitungen des LfU (http://www.lfu.bayern.de/natur/biotopkartierung_flachland/kartieranleitungen/index.htm) geben Informationen über diese geschützten und erhaltenswerten Biotope,
e)
ein in das PRTR-Register eingetragener Betrieb am Gewässer liegt.
Im Zweifel ist eine Äußerung des WWA zur Frage der wasserwirtschaftlichen Bedeutung einzuholen. Dieses bindet ggf. die zuständige Naturschutzbehörde bzw. die Fachberatung für Fischerei ein.

1.2.2 Straßenseitengräben

Straßenseitengräben sind keine Gewässer, sondern als Bestandteil der Straße Abwasseranlagen (§ 1 Abs. 4 FStrG, Art. 2 Nr. 1 Buchst. b BayStrWG).
Natürliche oder künstliche Gewässer, die abschnittsweise entlang einer Straße verlaufen und dabei auch die Funktion eines Straßenseitengrabens übernehmen, bleiben Gewässer im Sinn der Wassergesetze.

1.3  § 3 Begriffsbestimmungen

1.4  § 4 Gewässereigentum, Schranken des Grundeigentums

1.4.1 Gewässereigentum an Fließgewässern

Als Folge des § 4 Abs. 2 beschränkt sich das Gewässereigentum an Fließgewässern mit Wirkung vom 1. März 2010 auf das Gewässerbett. Die Eigentumsfähigkeit stehender Gewässer wird bundesrechtlich nicht geregelt, sodass es insoweit bei der bisherigen landesrechtlichen Zuordnung verbleibt. Die Eigentumsfähigkeit von Wasser in stehenden oberirdischen Gewässern ist damit landesrechtlich wie bislang zu bejahen.

1.4.2 Grundstücksverzeichnis

Die WWA führen in ihrem Zuständigkeitsbereich ein Grundstücksverzeichnis
a)
über alle von ihnen verwalteten staatseigenen Gewässergrundstücke,
b)
über alle sonstigen von ihnen verwalteten staatseigenen Grundstücke,
c)
über alle Grundstücke im Eigentum Dritter, an denen zugunsten des Freistaates Bayern für wasserwirtschaftliche Zwecke eine Dienstbarkeit oder Reallast bestellt ist.

1.5  § 4/Art. 4 Duldungspflicht

1.5.1 Allgemein

§ 4 Abs. 4 regelt ausschließlich die öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Gewässereigentümer und Nutzungsberechtigten zum Gewässerbenutzer. Eigentümern und Nutzungsberechtigten von Gewässern bleibt es insofern unbenommen, den Zivilrechtsweg zu beschreiten. Mit den privatrechtlichen Ansprüchen befasst sich hingegen § 16 (vgl. Nr. 2.1.11).

1.5.1.1 Altrechte

Die Duldungspflicht umfasst auch, dass die nach altem Recht oder alter Befugnis zur Gewässerbenutzung Berechtigen oder deren Beauftragte Grundstücke betreten, soweit der ordnungsgemäße Betrieb der Wasserbenutzungsanlage dies erfordert; auf die Interessen des Duldungsverpflichteten ist Rücksicht zu nehmen. Gebäude und eingefriedete Grundstücke dürfen nur mit Erlaubnis des Verfügungsberechtigten betreten werden.

1.5.1.2 Errichtung von Benutzungsanlagen auf Grundstücken des Freistaates Bayern

Als Konsequenz der Neuordnung des Gewässereigentums müssen neue Benutzungsanlagen als Scheinbestandteile im Sinn des § 95 Abs. 1 BGB errichtet werden, um einen gesetzlichen Eigentumserwerb (§ 946 BGB) des Freistaates zu vermeiden und die an das Anlageneigentum anknüpfenden Verantwortlichkeiten der Gewässerbenutzer zu erhalten. Zumindest bei länger bestehenden Anlagen ist die Errichtung in Ausübung eines dinglichen Rechts (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB) vorzugswürdig, da die mit der Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB) verbundene Rechtsunsicherheit vermieden wird.
Als dingliches Recht im Sinn des § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt die Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB) in Betracht, die nach Maßgabe des Bürgerlichen Rechts erfolgt. Die Zuständigkeit für die Bestellung von Dienstbarkeiten für Grundstücke des besonderen Grundvermögens Gewässer wurde mit der Bekanntmachung des StMUG vom 8. Juli 2008 (AllMBl S. 441) geregelt.
Bei Bestandsanlagen wurde die Scheinbestandteilseigenschaft bereits aufgrund der früheren Rechtslage (Art. 4 Abs. 2 BayWG [alt] erfasste im Gegensatz zu § 4 Abs. 4 auch die privatrechtlichen Duldungsverpflichtungen) begründet. Da maßgeblich der Zeitpunkt der Anlagenerrichtung ist, hat die nachträgliche Rechtsänderung keinen Einfluss auf die eigentumsrechtliche Bewertung der Bestandsanlagen.

1.5.2 Nebenbestimmungen im Interesse des Gewässereigentümers

Art, Maß und Dauer der Duldungspflicht des Gewässereigentümers (Art. 4 Satz 1) sind durch Nebenbestimmungen im Bescheid über die erteilte Bewilligung oder Erlaubnis festzulegen.

1.5.3 Privatrechtliche Nutzungsbefugnis

1.5.3.1 Sachbescheidungsinteresse

Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Antragsteller nicht über die erforderliche privatrechtliche Befugnis zur Nutzung eines Grundstücks verfügt, sodass er die wasserrechtliche Zulassung offensichtlich nicht ausnutzen könnte, kann die Erteilung der wasserrechtlichen Zulassung unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Sachbescheidungsinteresses abgelehnt werden. Steht das betreffende Grundstück im Eigentum des Freistaates Bayern, soll eine schuldrechtliche oder dingliche Einigung in Bezug auf die Nutzung des Gewässergrundstücks zur Errichtung von Wasserbenutzungsanlagen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.

1.5.3.2 Heimfall

Für Wasserkraftnutzungen über 500 kW mittlere Leistung sind (Not-)Heimfall- und Haftungsfreistellungsbedingungen aufzunehmen. Ist der Freistaat Bayern Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Benutzung stattfindet, ist auf eine Abstimmung zwischen der privatrechtlichen Nutzungsvereinbarung und den öffentlich-rechtlichen Regelungen zum Heimfall zu achten.

1.5.3.3 Nutzung staatseigener Landgrundstücke

Erfordert es die beabsichtigte Gewässerbenutzung, dass auch staatseigene Landgrundstücke benutzt werden, so ist hierfür eine vertragliche Regelung auf der Grundlage des Bürgerlichen Rechts notwendig.
Die Nutzung der Landgrundstücke darf den staatlichen Bewirtschaftungszielen für das jeweilige Gewässer nicht entgegenstehen.

1.5.4 Entgelt gemäß Art. 4 Sätze 2 bis 4

1.5.4.1 Höhe des Entgelts

Wegen der Höhe des Entgelts nach Art. 4 Satz 2 soll die KVB darauf hinwirken, dass sich Unternehmer und Gewässereigentümer gütlich einigen.

1.5.4.2 Festsetzung von Gebühren für die Benutzung staatseigener Gewässer

1.5.4.2.1 Gebührenpflichtige Gewässerbenutzungen
Die Festsetzung von Gebühren für die Benutzung staatseigener Gewässer richtet sich nach der WNGebO. Danach sind nur für die der Wasserkraftnutzung dienenden Gewässerbenutzungen (Aufstauen, Absenken, Ableiten und Einleiten von Wasser) Gebühren zu erheben, wenn die mittlere Leistung 1.100 kW an der Turbinenwelle übersteigt. Wasserkraftnutzungen mit einer geringeren Ausbauleistung sind gebührenfrei. Andere Gewässerbenutzungen sind nicht gebührenpflichtig.
Können die Bemessungsgrundlagen für den Gebührenbescheid nicht aus den Unterlagen für das wasserrechtliche Verfahren oder den Gutachten der Sachverständigen entnommen werden, so ist hierzu das WWA zu hören.
1.5.4.2.2 Identität von Festsetzungsbehörde und Gebührenschuldner
Ist der Rechtsträger der Behörde, welche die Gebühr festsetzt, zugleich Gebührenschuldner, so ist die Gebührenberechnung der Regierung zur Zustimmung vorzulegen.
1.5.4.2.3 Verfahren
Die Gebührenfestsetzung soll mit der Bewilligung oder der Erlaubnis verbunden werden. Im Bescheid ist dabei über die Gebührenfestsetzung ein gesonderter Ausspruch zu treffen. Für die Gebührenfestsetzung sind Kosten nicht zu erheben (Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 KG). Die Behörde, die den Gebührenbescheid erlässt, übersendet eine Ausfertigung des Bescheids der Staatsoberkasse (§ 7 Satz 1 WNGebO).

1.5.5 Geltungsbereich

Privatrechtliche Entgeltvereinbarungen gewässerverwaltender Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs der Obersten Wasserbehörde werden durch diese Verwaltungsvorschrift nicht erfasst.

1.6  § 4/Art. 5 Eigentum an den Gewässern erster oder zweiter Ordnung

Soweit das Eigentum an Gew I und II einem anderen als dem Bund oder dem Freistaat Bayern zusteht, kann das Eigentum nach den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen und den verfügbaren Haushaltsmitteln für den Freistaat Bayern vertraglich oder nach § 4 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 5 erworben werden.

1.7  § 4/Art. 6 Eigentum an Gewässern, die kein selbstständiges Grundstück bilden

1.7.1 Gemeindegrenzen

Aus der Änderung der Grundstücksgrenzen durch Änderung des Gewässers folgt für die Grenzen der Gebietskörperschaften:
Nach Art. 10 Abs. 1 GO bildet die Gesamtheit der zu einer Gemeinde gehörenden Grundstücke das Gemeindegebiet. Ändern sich nach Art. 6 Abs. 2, Art. 7 bis 13 die Grenzen der Grundstücke, welche die Gemeindegrenze bilden, so ändert sich damit auch die Gemeindegrenze. Das Gleiche gilt für die Änderung der Grenzen der Landkreise (Art. 7 LKrO) und Bezirke (Art. 7 BezO).

1.7.2 Staatsgrenzen

Die im oder am Gewässer verlaufenden Staatsgrenzen werden von Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 bis 13 nicht berührt. Die insoweit bestehenden Staatsverträge sind zu beachten.

1.8  § 4/Art. 7 Überflutungen

Bei Überflutungen, Verlandungen, Gewässerbettveränderungen und Uferabrissen (Art. 7 ff.) ist gewässeraufsichtlich zu prüfen, ob sich dadurch das Gewässer nachteilig verändert hat oder dies zu einer Gefährdung von zu schützenden Objekten führt. Wenn nötig, ist gegenüber dem Unterhaltungspflichtigen anzuordnen (Art. 58 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 39), dass der frühere Zustand wiederhergestellt wird. Dabei sind andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, insbesondere des Naturschutzrechts, zu prüfen.

1.9  § 4/Art. 8 Natürliche Verlandungen

Bis zum Abschluss einer natürlichen Verlandung an fließenden Gewässern nach Art. 8 Abs. 1 bleiben die Verlandungsflächen im Eigentum des Gewässereigentümers. Natürliche Verlandungen sind erst abgeschlossen, wenn die beiden in Abs. 1 genannten kumulativen Voraussetzungen (insbesondere Pflanzenwuchs) erfüllt sind.

1.10  § 4/Art. 9 Künstliche Verlandungen

Hierunter fallen auch Verlandungen von Staubereichen bei Stauanlagen. Die Unterhaltungsverpflichtungen des Betreibers der Stauanlage bleiben unberührt.

1.11  § 4/Art. 10 Wiederherstellung eines Gewässers

1.12  § 4/Art. 11 Uferabriss

1.13  § 4/Art. 12 Uferlinie

1.13.1 Festsetzung der Uferlinie

Die Uferlinie wird von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen festgestellt, der ein berechtigtes Interesse an der Feststellung glaubhaft macht (z.B. mehrere beteiligte Grundstückseigentümer, der Träger der Unterhaltungslast).
Von Amts wegen soll die Uferlinie insbesondere festgestellt werden, wenn
a)
der Freistaat Bayern das Eigentum an Gew I und II nach Art. 5 in Anspruch nehmen will,
b)
durch einen Ausbau oder eine Benutzung des Gewässers sich die Uferlinie wesentlich ändert und die Uferlinie die Grenze des Gewässergrundstücks wird,
c)
durch natürliche Veränderungen (Art. 7 Abs. 1 und 3, Art. 8 und 11) an staatlichen Grundstücken ein wesentlicher Flächenzuwachs eintritt, der ohne Feststellung der Uferlinie nicht hinreichend gesichert wäre.

1.13.2 Unterlagen

1.13.2.1 Verfahren von Amts wegen

Die nach der WPBV notwendigen Unterlagen sind vorzulegen, wenn die Uferlinie von Amts wegen festzustellen ist,
a)
für Gew I und Gew II: vom WWA,
b)
für Gew III: vom Träger der Unterhaltungslast,
abweichend hiervon in den Fällen von Nr. 1.13.1 Buchst. b vom Unternehmer des Ausbaus oder der Gewässerbenutzung.

1.13.2.2 Verfahren auf Antrag

Die Unterlagen sind vom Antragsteller vorzulegen, wenn die Uferlinie auf Antrag festgestellt werden soll.

1.13.3 Vermessungsamt

Das WWA arbeitet mit dem Vermessungsamt bei der Festsetzung der Uferlinie zusammen.
Nach Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Uferlinienfeststellung beantragt die KVB beim Vermessungsamt, dass die Uferlinie aufgemessen wird. Soweit nötig, ist die Uferlinie durch das WWA durch dauerhafte Merkzeichen (Metallpflöcke, behauene Steine) kenntlich zu machen. Die Vermessung und das Setzen der dauerhaften Merkzeichen sind zu verbinden. Das Vermessungsamt benachrichtigt das Grundbuchamt zur Berichtigung des Grundbuchs. Wird bei einer Grundstücksvermessung eine Veränderung der Uferlinie festgestellt und vermessungstechnisch dokumentiert und durch die Eigentümer des Gewässer- und Ufergrundstücks anerkannt, ist eine Uferlinienfestsetzung durch die KVB nicht erforderlich.

1.13.4 Kosten

1.13.4.1 Uferlinie wird von Amts wegen festgestellt

Die Kosten des Verfahrens trägt, wenn die Uferlinie von Amts wegen festzustellen ist,
a)
aufgrund natürlicher Veränderungen: der Träger der Unterhaltungslast,
b)
aufgrund künstlicher Veränderungen: der Unternehmer des Ausbaus oder der Gewässerbenutzung, welche die Veränderung bewirkt hat.

1.13.4.2 Uferlinie wird auf Antrag festgestellt

Die Kosten des Verfahrens trägt, wenn die Uferlinie auf Antrag festgestellt wird, der Antragsteller.

1.13.4.3 Kosten für die Vermessung

Für die Kosten der Vermessung gilt Nr. 1.13.4 entsprechend.

1.13.5 Abmarkungspflicht

Eine Abmarkungspflicht für die Uferlinie besteht nicht (Art. 6 Nr. 3 AbmG).

1.14  § 4/Art. 13 Verlassenes Gewässerbett, Inseln

1.15  § 5 Allgemeine Sorgfaltspflichten

1.16  Art. 2 Einteilung der oberirdischen Gewässer

1.17  Art. 3 Gewässerverzeichnisse