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Text gilt ab: 16.12.2020

3. Verfahren bei Sperren durch den Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte und bei Beseitigungsanordnungen, Art. 34 BayNatSchG

3.1 Zuständigkeit

Für die Zuständigkeit kommt es darauf an, ob es für die Errichtung einer Sperre einer behördlichen Gestattung nach anderen Vorschriften bedarf.

3.1.1 Erforderlichkeit einer Gestattung nach anderen Vorschriften, Art. 34 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG

1Bedarf die Errichtung einer Sperre bereits nach anderen Vorschriften einer behördlichen Gestattung, so bleibt es bei der Zuständigkeit der hierfür vorgesehenen Behörde. 2Diese hat jedoch für die Entscheidung das Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde herzustellen. 3Das Verfahren richtet sich nach den für die Gestattungspflicht maßgebenden Vorschriften.

3.1.2 Keine Gestattungspflicht nach anderen Vorschriften, Art. 34 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG

1Ist nach anderen Vorschriften eine behördliche Gestattung nicht erforderlich, so bedarf die Errichtung einer Sperre mindestens einen Monat vorher einer Anzeige bei der unteren Naturschutzbehörde (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG). 2Keiner Anzeige bedürfen lediglich Sperren von Forstpflanzgärten, Forstkulturen und Sonderkulturen mit einer Fläche bis zu fünf Hektar (Art. 34 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG); diese Freistellungen sind, da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, eng auszulegen. 3Keiner Genehmigung oder Anzeige nach Art. 34 BayNatSchG bedürfen Sperren, die das Betretungsrecht nicht einschränken, sondern nur darauf hinweisen, dass das Betretungsrecht nicht besteht (zum Beispiel die Sperrung einer Mahdwiese während der Nutzzeit durch Abpflocken), weil insoweit das Betretungsrecht nach Art. 27 BayNatSchG ausgeschlossen ist (vergleiche 2.6.2). 4Kein Betretungsrecht besteht auch gemäß Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG für das Reiten oder Radfahren auf ungeeigneten Wegen. 5Der Eigentümer kann auf die Ungeeignetheit des Weges mit einem Schild hinweisen, unterliegt dann aber in analoger Anwendung der Regelung des Art. 34 Abs.1 Satz 2 BayNatSchG der Anzeigepflicht. 6So kann eine Überprüfung der Geeignetheit des Weges durch die unteren Naturschutzbehörden sichergestellt werden. 7Kurzzeitige Sperrungen müssen unverzüglich der unteren Naturschutzbehörde angezeigt werden (Art. 34 Abs. 1 Satz 4 BayNatSchG). 8Kurzzeitige Sperren kommen vor allem im Fall des Art. 33 Nr. 3 BayNatSchG (vergleiche 2.6.2.3) in Betracht; sie sind jedoch auch im Fall des Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG (vergleiche 2.6.2.1) denkbar, wenn nämlich ohne Sperrung die zulässige Nutzung des Grundstücks nicht unerheblich behindert oder eingeschränkt würde. 9Hierunter fällt etwa das Zertrampeln einer Wiese kurz vor der Mahd.

3.2 Untersagung von Sperren

3.2.1 Untersagung von Sperren nach Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG

1Eine Sperre ist nach Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG zu untersagen, wenn die Sperre den Voraussetzungen des Art. 33 BayNatSchG widerspricht und die Untersagung im gegenwärtigen oder absehbaren zukünftigen Interesse der Erholung suchenden Bevölkerung erforderlich ist. 2Es besteht kein Ermessen. 3Besteht keine Gestattungspflicht nach anderen Vorschriften (Art. 34 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG), so ist die Untersagung nur innerhalb eines Monats nach der Anzeige zulässig. 4Nach Fristablauf hat die Behörde die Möglichkeit, die Beseitigung der Sperre nach Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG anzuordnen. 5Im Interesse der Erholung suchenden Bevölkerung erforderlich ist eine Untersagung insbesondere, wenn die Sperre einen nach Art. 28 Abs. 2 BayNatSchG markierten Weg oder Pfad betrifft oder es sich um von Erholungsuchenden gerne besuchte Teile der freien Natur handelt (BayVGH, Urteil vom 21. November 2013, BayVGHE 66, 230). 6Dabei muss die Lage des Grundstücks im größeren Raum berücksichtigt werden. 7Es kommt nicht nur auf die Erholungsbedürfnisse der in der Gemeinde ansässigen Bevölkerung an. 8Ist das Gebiet zum Beispiel als Naherholungsgebiet, Naturpark, Erholungswald oder dergleichen in landesplanerischen Programmen und Plänen oder in Landschaftsplänen ausgewiesen, so ist ein strenger Maßstab anzulegen. 9Es darf ferner nicht nur auf die augenblicklichen Verhältnisse abgestellt werden. 10Auch zukünftige Entwicklungen, die sich etwa infolge einer beabsichtigten Verkehrserschließung abzeichnen, müssen mitberücksichtigt werden. 11Auch die Lage in einem Landschaftsschutzgebiet oder sonstigen Schutzgebiet ist zu beachten.

3.2.2 Untersagung von Sperren nach Art. 36 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG

Verstößt eine Sperre zwar nicht gegen Art. 33 BayNatSchG, ist aber die beschränkte oder unbeschränkte Zugänglichkeit zum Grundstück im überwiegenden Interesse einer Vielzahl von Erholungsuchenden geboten, so kann die untere Naturschutzbehörde gegen Entschädigung die Errichtung der Sperre untersagen.

3.3 Beseitigung bestehender Sperren

3.3.1 Beseitigungsanordnung nach Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG

1 Art. 34 Abs. 3 BayNatSchG ermächtigt die untere Naturschutzbehörde, die Beseitigung einer bereits bestehenden Sperre und auch von entsprechenden Schildern unter den Voraussetzungen des Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG anzuordnen. 2Es müssen die Voraussetzungen des Art. 34 Abs. 2 BayNatSchG vorliegen. 3Die Entscheidung steht im Ermessen der Behörde. 4Dabei sind die Interessen der Erholung suchenden Bevölkerung gegenüber den Interessen der Berechtigten sorgfältig abzuwägen. 5Sonstige Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf der Gestattung oder über eine Beseitigungsanordnung, zum Beispiel nach Art. 76 der Bayerischen Bauordnung, bleiben unberührt.

3.3.2 Beseitigungsanordnung nach. Art. 36 Abs. 2 BayNatSchG

Verstößt eine Sperre zwar nicht gegen Art. 33 BayNatSchG, ist aber die beschränkte oder unbeschränkte Zugänglichkeit zum Grundstück im überwiegenden Interesse einer Vielzahl von Erholungsuchenden geboten, so kann die untere Naturschutzbehörde gegen Entschädigung eine Beseitigungsanordnung erlassen (vergleiche 4.3.1).

3.4 Öffnung von Durchgängen, Art. 35 BayNatSchG

1Neben der völligen Beseitigung der Sperre kommt als weniger einschneidende Maßnahme unter den Voraussetzungen des Art. 35 BayNatSchG eine Anordnung in Betracht, wonach auf einem Grundstück für die Allgemeinheit ein Durchgang offen zu halten ist. 2Besondere Bedeutung hat die Bestimmung für den Zugang zu den See- und Flussufern. 3Sie ermöglicht hier nicht nur Stichwege zum Ufer, sondern auch Durchgänge am Ufer entlang. 4Die Öffnung eines Durchganges muss im überwiegenden Interesse einer Vielzahl Erholungsuchender geboten sein, ein anderer Weg darf nicht zumutbar sein und der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte darf nicht übermäßig in seinen Rechten beeinträchtigt sein. 5Die untere Naturschutzbehörde kann nach Art. 35 Satz 2 BayNatSchG entsprechende Anordnungen treffen. 6Sofern die Öffnung des Durchgangs eine für den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten nicht zumutbare Beeinträchtigung darstellt, die Zugänglichkeit aber im überwiegenden Interesse einer Vielzahl Erholungsuchender geboten ist, so kann die Behörde entsprechende Anordnungen auf der Grundlage des Art. 36 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG treffen. 7Dem Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten ist dann eine Entschädigung zu gewähren, Art. 36 Abs. 2 Satz 2 BayNatSchG (vergleiche 4.3).