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Text gilt ab: 01.01.1988
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Verfahren der Justizvollzugsanstalten und der Staatsanwaltschaften bei Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach § 454, § 454a Abs. 2, § 463 Abs. 3 StPO

JMBl. 1987 S. 185


3122.1-J
Verfahren der Justizvollzugsanstalten und der Staatsanwaltschaften
bei Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern
nach § 454, § 454a Abs. 2, § 463 Abs. 3 StPO
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
der Justiz
vom 14. Oktober 1987 Az.: 4262 - VII a - 2023/87
Für die Wiedereingliederung des Gefangenen in die Gesellschaft ist eine ausreichende Vorbereitung der Entlassung besonders wichtig. Die Entlassungsvorbereitung (insbesondere Arbeitsplatz- und Wohnungssuche) kann nur dann Erfolg versprechend durchgeführt werden, wenn die Justizvollzugsanstalt von dem Entlassungstermin rechtzeitig, mindestens einen Monat vorher, Kenntnis erhält. Es ist deshalb anzustreben, dass die Entscheidung über eine vorzeitige Entlassung des Gefangenen möglichst frühzeitig ergeht und der Justizvollzugsanstalt unverzüglich mitgeteilt wird. Um dies sicherzustellen, wird für das Verfahren der Justizvollzugsanstalten und der Staatsanwaltschaften bei Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach § 454, § 454a Abs. 2, § 463 Abs. 3 StPO Folgendes angeordnet:

1. Verfahren der Justizvollzugsanstalten bei Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach §§ 57, 57a StGB, § 454 StPO

1.1 Verfahren bei Antragstellung durch den Gefangenen

1.1.1 

Beantragt der Gefangene, die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe nach §§ 57, 57a StGB zur Bewährung auszusetzen, so leitet die Justizvollzugsanstalt den Antrag zusammen mit ihrer Stellungnahme der Vollstreckungsbehörde oder, wenn die Strafvollstreckung von einer ersuchten Staatsanwaltschaft betrieben wird, dieser zu. In der Stellungnahme ist insbesondere auf die Persönlichkeit des Gefangenen, sein Verhalten im Vollzug und, soweit möglich, seine Lebensverhältnisse sowie die Wirkungen, die von der Strafaussetzung für ihn zu erwarten sind, einzugehen. Wird für die Entlassungsvorbereitung eine längere Zeit benötigt, so weist die Justizvollzugsanstalt in ihrer Stellungnahme darauf besonders hin.

1.1.2 

Hat das Gericht nach § 57 Abs. 6, § 57a Abs. 4 StGB eine Frist gesetzt, vor deren Ablauf ein Antrag des Gefangenen unzulässig ist, und beachtet der Gefangene diese Frist bei der Antragstellung nicht, so leitet die Justizvollzugsanstalt den Antrag ohne eine Stellungnahme an die zuständige Stelle weiter.

1.2 Verfahren ohne Antragstellung durch den Gefangenen

1.2.1 

Stellt der zu einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten oder zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilte Gefangene keinen Antrag auf Aussetzung des Strafrestes nach § 57 Abs. 1, § 57 Abs. 2 Nr. 1 oder § 57a Abs. 1 StGB und ergibt sich aus den in der Anstalt vorliegenden Vollstreckungsunterlagen der Ablauf der in § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 57 Abs. 2 Nr. 1 oder § 57a Abs. 1 Nr. 1 StGB bestimmten Frist, so befragt die Justizvollzugsanstalt rechtzeitig vor Ablauf der Frist den Gefangenen, ob er in eine Strafaussetzung zur Bewährung einwilligen würde. Dabei ist darauf zu achten, dass die Befragung nicht als Zusicherung einer Strafaussetzung missverstanden wird. Die Erklärung des Gefangenen ist in einer Niederschrift festzuhalten. Ist die Strafaussetzung zur Bewährung bereits nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe von Amts wegen geprüft worden, so findet eine Prüfung nach Verbüßung von zwei Dritteln der zeitigen Freiheitsstrafe nur auf Antrag statt.

1.2.2 

Erklärt der Gefangene seine Einwilligung, so gilt Nr. 1.1.1 entsprechend. Verweigert der Gefangene seine Einwilligung oder gibt er keine Erklärung ab, so gilt Nr. 1.1.2 entsprechend.

1.2.3 

Die Erklärung des Gefangenen und, soweit veranlasst, die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt sollen bei zeitigen Freiheitsstrafen von mehr als zwei bis zu sechs Monaten spätestens einen Monat, bei zeitigen Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten spätestens zwei Monate, bei lebenslangen Freiheitsstrafen spätestens sechs Monate vor Ablauf der in § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 57 Abs. 2 Nr. 1 oder § 57a Abs. 1 Nr. 1 StGB bestimmten Frist der Vollstreckungsbehörde vorliegen.

2. Verfahren der Staatsanwaltschaften bei Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach §§ 57, 57a StGB, § 454 StPO

2.1 Verfahren vor der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer

2.1.1 

Die Vollstreckungsbehörde leitet den Antrag oder die Einwilligungserklärung des Gefangenen und die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt mit den Akten und dem Vermerk nach § 36 Abs. 2 Satz 4 StVollstrO unverzüglich an die Strafverfolgungsbehörde weiter. Die bezeichneten Unterlagen und die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft sollen in den Fällen der Nr. 1.2 bei zeitigen Freiheitsstrafen von mehr als zwei bis zu sechs Monaten spätestens drei Wochen, bei zeitigen Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten spätestens sechs Wochen, bei lebenslangen Freiheitsstrafen spätestens fünf Monate vor Ablauf der in § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 57 Abs. 2 Nr. 1 oder § 57a Abs. 1 Nr. 1 StGB bestimmten Frist der Strafvollstreckungskammer vorgelegt werden; in den übrigen Fällen sollen die Unterlagen und die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft der Strafvollstreckungskammer sobald wie möglich vorgelegt werden.

2.1.2 

Die Verantwortung der Vollstreckungsbehörde für die Fristüberwachung nach § 36 Abs. 2 Satz 1 StVollstrO wird durch die Anordnung unter Nr. 1.2 nicht berührt.

2.2 Verfahren nach der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer

Hat die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung des Strafrestes angeordnet, so prüft die Staatsanwaltschaft unverzüglich nach Eingang der Entscheidung, ob sie sofortige Beschwerde nach § 454 Abs. 2 StPO einlegen will. Die getroffene Entscheidung ist sogleich der Justizvollzugsanstalt mitzuteilen. Gegebenenfalls ist eine Entlassungsanordnung der Vollstreckungsbehörde beizufügen.

3. Verfahren der Justizvollzugsanstalten und der Staatsanwaltschaften bei Aufhebung der Aussetzung des Strafrestes nach § 454a Abs. 2 StPO

Werden neue Tatsachen bekannt, auf Grund deren nicht mehr verantwortet werden kann zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, so teilt die Justizvollzugsanstalt oder die Staatsanwaltschaft diese Tatsachen unverzüglich dem Gericht zur Prüfung einer Entscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO mit. Nr. 2.2 gilt entsprechend.

4. Verfahren der Justizvollzugsanstalten und der Staatsanwaltschaften bei Entscheidungen nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2, § 68f Abs. 2, § 72 Abs. 3 StGB, § 463 Abs. 3 StPO

4.1 Verfahren der Justizvollzugsanstalten

Beantragt der Gefangene, dass
nach Vollzug einer Freiheitsstrafe die Vollstreckung einer in demselben Verfahren angeordneten Unterbringung nach § 67c Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt wird oder
die weitere Vollstreckung einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt wird oder
nach vollständiger Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat die Führungsaufsicht nach § 68f Abs. 2 StGB entfällt oder
nach dem Ende des Vollzugs von Sicherungsverwahrung nach § 72 Abs. 3 StGB die Vollstreckung einer in demselben Verfahren angeordneten freiheitsentziehenden Maßregel zur Bewährung ausgesetzt oder die Maßregel für erledigt erklärt wird,
so verfährt die Justizvollzugsanstalt entsprechend Nr. 1.1.1. Hat das Gericht nach § 67e Abs. 3 StGB eine Frist festgesetzt, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist, gilt Nr. 1.1.2 entsprechend. Nr. 1.2 findet keine Anwendung.

4.2 Verfahren der Staatsanwaltschaften

Für das Verfahren der Staatsanwaltschaften gilt Nr. 2 entsprechend.

5. Schlussvorschriften

Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 1988 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Bekanntmachung über das Verfahren der Justizvollzugsanstalten und der Staatsanwaltschaften bei Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach §§ 454, 463 Abs. 3 StPO vom 24. März 1976 (JMBl S. 172) außer Kraft.