Inhalt

Text gilt ab: 01.02.2020

5. Allgemeine Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsverfahren (sog. vereinfachtes Verfahren)

– Zu Nr. 192a RiStBV –

5.1 Umfang der allgemeinen Genehmigung

5.1.1 Allgemeines

Der Umfang der allgemeinen Genehmigung ergibt sich aus Nr. 192a Abs. 1, 2 RiStBV und den Beschlüssen der gesetzgebenden Körperschaften (Anlage 2 und 3 zu dieser Bekanntmachung).

5.1.2 Durchsuchung und Beschlagnahme

1Nach Auffassung des Deutschen Bundestages gilt die allgemeine Genehmigung (Anlage 2 zu dieser Bekanntmachung) nicht für den Vollzug einer angeordneten Durchsuchung und Beschlagnahme gegen Abgeordnete; dieser bedarf also in Verfahren gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages der Genehmigung im Einzelfall.
2Nach Nr. 1 Buchst. b der Anlage 3 zur BayLTGeschO (Anlage 3 zu dieser Bekanntmachung) umfasst die allgemeine Genehmigung dagegen auch den Vollzug einer angeordneten Durchsuchung oder Beschlagnahme. 3In den Räumen des Landtags darf eine Durchsuchung oder Beschlagnahme gemäß Art. 29 Abs. 2 der Verfassung allerdings nur mit Genehmigung des Präsidenten vorgenommen werden, wobei dies unabhängig davon gilt, ob sich das Ermittlungsverfahren gegen ein Mitglied des Bayerischen Landtags richtet oder nicht.

5.1.3 Vollstreckung von Freiheitsstrafen

1Die allgemeine Genehmigung erstreckt sich namentlich nicht auf die Vollstreckung von Freiheitsstrafen. 2In Verfahren gegen ein Mitglied des Deutschen Bundestages ist ferner Abschnitt A Nr. 6 Abs. 2, Nr. 7 bis 10 und Nr. 14 der Anlage 6 der GO-BT-Grundsätze (Anlage 1 zu dieser Bekanntmachung) zu beachten.

5.1.4 Erhebung der öffentlichen Klage

1Ist die Erhebung der öffentlichen Klage beabsichtigt, muss hierzu eine Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft nach Nr. 6 eingeholt werden.
2Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn ausnahmsweise auch insoweit eine allgemeine Genehmigung vorliegt (zum Beispiel gemäß Nr. 1 Buchst. c der Anlage 3 zur BayLTGeschO für einen Strafbefehlsantrag wegen eines Straßenverkehrsdelikts bei Einverständnis des Beschuldigten).

5.2 Verfahren / Mitteilung nach Nr. 192a Abs. 3 RiStBV an die Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaften

5.2.1 Mitteilungspflicht und Wartefrist

1Nach Nr. 1 der Anlage 6 des GO-BT-Beschlusses (siehe Anlage 2 zu dieser Bekanntmachung) darf ein Verfahren frühestens 48 Stunden nach Zugang der Mitteilung beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingeleitet werden. 2Bei der Berechnung der Frist werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Samstage nicht mitgerechnet. 3Der Präsident des Deutschen Bundestages kann im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung die Frist angemessen verlängern.
4Nach Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO (Anlage 3 zu dieser Bekanntmachung) darf ein Verfahren frühestens 48 Stunden nach Zugang der erforderlichen Mitteilung bei der Präsidentin oder bei dem Präsidenten des Bayerischen Landtags eingeleitet werden. 5Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen Feiertag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags. 6Auf die Ausnahmeregelung nach Nr. 3 Satz 5 und 6 der Anlage 3 zur BayLTGeschO wird hingewiesen.

5.2.2 Inhalt der Mitteilung

1In der Mitteilung an die Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaften ist über Nr. 192a Abs. 3 RiStBV hinaus auch kurz darauf einzugehen, warum die Einstellung des Verfahrens derzeit nicht in Betracht kommt, falls sich diese Frage aufdrängt. 2Die Mitteilung ist so zu fassen, dass nicht der Eindruck entsteht, das Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft sei schon einer Straftat überführt. 3Bei Privatklagedelikten (§ 374 StPO), die die Staatsanwaltschaft verfolgen will, ist ausdrücklich zu erklären, dass ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand bejaht wird (§ 376 StPO). 4Im Übrigen wird auf die Nrn. 8 und 9 hingewiesen.

5.2.3 Aktenführung

1Eine Abschrift der Mitteilung an die Präsidentin oder den Präsidenten der gesetzgebenden Körperschaft ist zur Akte zu nehmen. 2Ebenso zur Akte zu nehmen ist der Nachweis über den Zugang der Mitteilung bei der gesetzgebenden Körperschaft.

5.2.4 Ausweitung des Ermittlungsverfahrens auf neue Taten

Vor Ausweitung des Ermittlungsverfahrens auf neue Taten im prozessualen Sinn ist erneut nach Nr. 1 der Anlage 6 des GO-BT-Beschlusses (Anlage 2 zu dieser Bekanntmachung) bzw. Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO (Anlage 3 zu dieser Bekanntmachung) zu verfahren, insbesondere ist eine erneute Mitteilung an die Präsidentin oder den Präsidenten des Deutschen Bundestages bzw. des Bayerischen Landtags erforderlich.

5.2.5 Durchsuchung und Beschlagnahme

1Eine Durchsuchung und Beschlagnahme darf frühestens 48 Stunden nach Zugang der Mitteilung bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Bayerischen Landtags über die beabsichtigte Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne von Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO beantragt und angeordnet werden.
2Dementsprechend kann auch die Mitteilung über den beabsichtigten Vollzug einer angeordneten Durchsuchung oder Beschlagnahme im Sinne von Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. b der Anlage 3 zur BayLTGeschO (siehe Anlage 3 zu dieser Bekanntmachung) nicht mit der Mitteilung über die beabsichtigte Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne von Nr. 3 der Anlage 3 zur BayLTGeschO verbunden werden, sondern muss zeitlich gesondert nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens erfolgen.
3Im Fall von Anschlussdurchsuchungen ist erneut nach Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. b der Anlage 3 zur BayLTGeschO zu verfahren, insbesondere ist eine erneute Mitteilung an die Präsidentin oder den Präsidenten des Bayerischen Landtags erforderlich.

5.3 Bericht vor Absendung der Mitteilung

1Vor Absendung der Mitteilung an die gesetzgebenden Körperschaften ist zu berichten (Absichtsbericht). 2Dem Bericht ist ein Entwurf der Mitteilung beizufügen.

5.4 Verfahrenshindernis, Ruhen der Verjährung und Wiedervorlage der Akten

1Erklärt die Präsidentin oder der Präsident des Bayerischen Landtags vor Ablauf der 48-Stunden-Frist, dass die Angelegenheit dem Landtag zur Entscheidung vorgelegt wird, darf das Verfahren nicht eingeleitet bzw. die beabsichtige Maßnahme nach Nr. 1 Satz 2 Buchst. b und c der Anlage 3 zur BayLTGeschO nicht durchgeführt werden. 2Genehmigt der Landtag die Verfahrenseinleitung nicht, besteht ein Verfahrenshindernis bis zum Verlust der Mitgliedschaft im Landtag oder bis zur Aufhebung der Immunität durch den Landtag. 3Bis dahin ruht gemäß § 78b Abs. 1 Nr. 2 StGB die Verjährung. 4Das Ruhen der Verjährung beginnt gemäß § 78b Abs. 2 StGB erst mit Ablauf des Tages, an dem die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird. 5Aufgrund des Ruhens der Verjährung ist eine entsprechende Wiedervorlage der Akten, in der Regel für den Zeitpunkt nach Ablauf der Legislaturperiode, und nicht ein Weglegen der Akten zu verfügen.