Inhalt

Text gilt ab: 30.01.1990

3. Gestaltung des Hausunterrichts

Individualisierung und Differenzierung sind Kennzeichen des Hausunterrichts. Der Hausunterricht geht von den Lehrplänen der vom kranken Schüler besuchten Schulart und Jahrgangsstufe aus. Für Schüler an Grundschulen, Hauptschulen und Sonderschulen bilden die Unterrichtsfächer Deutsch, Mathematik und Unterrichtsfächer des Sachunterrichts Schwerpunkte; für Schüler anderer Schularten können neben Deutsch und Mathematik andere Unterrichtsfächer, in denen zum Beispiel der Lernstoff auf den vorausgehenden Inhalten aufbaut, vordringlich erteilt werden. Es ist unerlässlich, im Einzelfall einen gewissen Minimalkanon von Fächern festzulegen. Jede Schulart wird ihre Vorrückungsfächer als vorrangig ansehen. Nach Möglichkeit wird wegen der therapiestützenden Wirkung auch im Hausunterricht musiziert und geeignete Literatur behandelt. Auch die Unterrichtsfächer Religionslehre und Ethik sowie Kunsterziehung und Werken sollen soweit wie möglich berücksichtigt werden. Bei Berufsschülern und Berufsfachschülern beschränkt sich der Unterricht auf die fachtheoretischen Fächer.
Die Unterrichtszeiten für den einzelnen Schüler sind flexibel zu gestalten. Im Unterricht ist fortwährend zu beachten, wie weit der kranke Schüler die Lernaufgaben bewältigen kann. Die Entscheidung über den im Einzelfall möglichen Umfang des Unterrichtsangebotes hat der behandelnde Arzt.
Der Hausunterricht ist Einzelunterricht. Im Krankenhaus kann Hausunterricht auch als Gruppenunterricht durchgeführt werden. Der Lehrer hat dadurch die Möglichkeit, sich ganz auf die Motivation, den individuellen Lernrhythmus sowie die psychische und physische Verfassung des kranken Schülers einzustellen und diese zu stützen. Bedingt durch die jeweilige Krankheit und die jeweiligen medizinischen Maßnahmen kann mit einem Schüler unter Umständen nur mündlich oder ausschließlich schriftlich gearbeitet werden.
Zum Nachweis des Leistungsstandes kann der Schüler schriftliche und mündliche Leistungen erbringen, soweit seine Krankheit dies gestattet. Werden Leistungsnachweise erbracht, sollen sie auch bewertet werden.
Die Leistungsfähigkeit des kranken Schülers nimmt häufig auch wegen der Intensität des Einzelunterrichts rasch ab. Aber selbst schwer kranke Schüler wollen vielfach nicht darauf verzichten, Leistung zu erbringen. Schont dann der Lehrer in seiner Betroffenheit den Schüler, so begegnet ihm dieser mit Misstrauen, weil er sich aufgegeben fühlt.
Je nach Leistungsvermögen soll der kranke Schüler zur selbständigen Arbeit angeregt und entsprechend mit Unterrichts- und Übungsmaterialien versorgt werden. Dies erfordert die Auswahl und Verwendung geeigneter Lernmittel und Lernhilfen.