Inhalt

Text gilt ab: 01.01.2018
Gesamtvorschrift gilt bis: 31.12.2025

5. Verkehrsunfallaufnahme und Sachbearbeitung

1Verkehrsunfälle sind von der Polizei stets aufzunehmen. 2Dabei ist zwischen den folgenden Aufnahmeverfahren zu unterscheiden:
Verkehrsunfallaufnahme mit VU-Anzeige (siehe Nr. 5.1),
Verkehrsunfallaufnahme im Kurzaufnahmeverfahren (siehe Nr. 5.2).
3Hierzu sind die Unfallfolgen und das Vorliegen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zur Festlegung der Aufnahmeform zu prüfen. 4Ferner sollte grundsätzlich die Möglichkeit eines vorsätzlich verursachten „Verkehrsunfalls“ überprüft werden. 5Darunter fallen vorsätzliche Tötungs- und Körperverletzungsdelikte sowie fingierte Verkehrsunfälle in betrügerischer Absicht. 6Sofern es sich um einen zwischen allen „Beteiligten“ abgesprochenen „Verkehrsunfall“ handelt, liegt kein Verkehrsunfall im Sinne der Richtlinien vor. 7In diesen Fällen sind die erforderlichen Maßnahmen der Beweissicherung gegebenenfalls mit der Staatsanwaltschaft abzustimmen. 8Die Erfassung und weitere Sachbearbeitung der Verkehrsunfälle erfolgt im Verfahren IGVP unter Beachtung der festgelegten DINO-Datenfeldstandards und der Ausfüllanleitung zur Erfassung von Verkehrsunfällen im PVP.

5.1 Verkehrsunfallaufnahme mit VU-Anzeige

1Eine Verkehrsunfallaufnahme mit VU-Anzeige ist vorzunehmen, wenn es sich nach den Feststellungen der Polizei um einen Verkehrsunfall mit Personenschaden (VUPS) handelt. 2Eine Verkehrsunfallaufnahme mit VU-Anzeige ist auch vorzunehmen, wenn es sich nach den Feststellungen der Polizei um einen Verkehrsunfall mit Sachschaden (VUSA – Verkehrsunfall mit Sachschaden-Anzeige) handelt, bei dem als Unfallursache
eine Straftat im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder
eine Verkehrsordnungswidrigkeit, die gemäß Bußgeldkatalog-Verordnung eine Geldbuße vorsieht, anzunehmen ist.
3Ebenso ist eine Verkehrsunfallaufnahme mit VU-Anzeige vorzunehmen, wenn es sich nach den Feststellungen der Polizei um einen Verkehrsunfall mit Sachschaden handelt, bei dem
ein Vergehen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) oder
ein Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) vorliegt oder
ein Unfallbeteiligter unter Alkoholeinwirkung oder unter dem Einfluss anderer berauschender Mittel gestanden hat.

5.1.1 Qualifiziertes Verfahren

1Im qualifizierten Verfahren sind grundsätzlich die Beteiligten und Zeugen zur Niederschrift oder auf Tonträger zu vernehmen. 2Ist dies am Unfallort nicht möglich, so ist die Vernehmung nachträglich durchzuführen. 3In geeigneten Fällen ist auch die Übersendung eines Vernehmungsbogens (Formblatt IBP 012ab / IBP 012cd) unter Beigabe eines Freiumschlags oder eine fernmündliche Einvernahme möglich. 4Neben der Sicherung von Sachbeweisen durch Lichtbildaufnahmen ist die Unfallstelle im Hinblick auf eine eventuell im weiteren Verfahren notwendig werdende maßstabsgerechte Skizze sorgfältig zu vermessen und eine Handskizze mit Maßangaben zu fertigen. 5Maßstabsgerechte Skizzen sind grundsätzlich auf ausdrückliche Anforderungen der Staatsanwaltschaften/Gerichte zu fertigen. 6Auf die Möglichkeit allgemeiner Vereinbarungen mit den Staatsanwaltschaften wird hingewiesen. 7Die maßstabsgerechte Skizze und die Handskizze können durch elektronische Vermessungen der Unfallstelle mittels vom StMI zugelassener informationstechnischer Systeme erzeugt werden.

5.1.2 Vereinfachtes Verfahren

1Wenn die Personalien der Unfallbeteiligten feststehen und der Sachverhalt eindeutig ist, kann die Verkehrsunfallaufnahme mit VU-Anzeige (Nr. 5.1) im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden. 2Im vereinfachten Verfahren ist, neben der Sicherung von Sachbeweisen, in der Regel durch Lichtbildaufnahmen und die Fertigung einer Handskizze mit Maßangaben, der Betroffene zu hören beziehungsweise der Beschuldigte zu vernehmen. 3Dies sollte – wenn möglich – noch am Unfallort erfolgen. 4Auf die förmliche Einvernahme von beteiligten und unbeteiligten Zeugen kann verzichtet werden, wenn der Verursacher den Verstoß einräumt oder sie nach Beweislage zur Klärung des Sachverhalts nicht erforderlich ist. 5Ihre Personalien sind jedoch stets festzustellen und in der zu fertigenden Verkehrsunfallanzeige zu vermerken. 6Unfälle mit getöteten oder lebensgefährlich verletzten Personen müssen jedoch immer im qualifizierten Verfahren (Nr. 5.1.1) aufgenommen werden. 7Bei Verdacht auf Straftaten ist in Zweifelsfällen mit der Staatsanwaltschaft Rücksprache zu halten. 8Bei Verkehrsunfällen mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort kann nach sorgfältiger Prüfung eine Aufnahme im vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der Täter unbekannt ist, nur Bagatellschaden vorliegt und keine erfolgversprechenden Ermittlungsansätze vorhanden sind. 9Gleiches gilt, wenn der Täter bekannt und geständig oder die Beweislage eindeutig ist. 10In Zweifelsfällen ist aber das qualifizierte Verfahren anzuwenden.

5.2 Verkehrsunfallaufnahme im Kurzaufnahmeverfahren

1Eine Verkehrsunfallaufnahme im Kurzaufnahmeverfahren ist bei allen übrigen Verkehrsunfällen anzuwenden, die nicht unter die Kriterien der Verkehrsunfallaufnahme mit VU-Anzeige fallen (siehe Nr. 5.1). 2Verkehrsunfälle im Kurzaufnahmeverfahren sind in der Erst-/Lagemeldung unter Beachtung der DINO-Datenfeldstandards zu erfassen. 3Dabei sind im Kurzsachverhalt die wesentlichen Inhalte des Verkehrsunfalls, insbesondere
die Fahrbeziehungen und Fahrtrichtungen der Unfallbeteiligten,
der Unfallablauf in seinen Grundzügen,
die Unfallursache und das unfallursächliche Verhalten sowie
die wesentlichen Unfallfolgen festzuhalten.
4Bei den Verkehrsunfällen im Kurzaufnahmeverfahren wird bei der Erfassung zwischen
keine Ahndung (VUKK),
mündliche Verwarnung (VUKM) und
Verwarnungsgeld (VUKV) unterschieden.
5Auf die Fertigung einer Verkehrsunfallanzeige und eine weitergehende Beweissicherung wird in diesen Fällen verzichtet. 6Wird eine Verkehrsordnungswidrigkeit weiter verfolgt, sind die dafür erforderlichen Feststellungen zu treffen und festzuhalten. 7Eine Überleitung vom Verwarnungs- ins Bußgeldverfahren ändert nichts an der Grundeinteilung der Verkehrsunfälle.

5.3 Geokodierung der Verkehrsunfälle

1Die Geokodierung der Verkehrsunfälle hat stets zu erfolgen und ist grundsätzlich Aufgabe des örtlich zuständigen SbV/MaV. 2Sie dient der grafischen Darstellung des Verkehrsunfallgeschehens mit VULKAN und ist deshalb möglichst genau durchzuführen. 3Verkehrsunfälle mit VU-Anzeige (Nr. 5.1) sind im Rahmen der Statistikfreigabe zu geokodieren. 4Verkehrsunfälle im Kurzaufnahmeverfahren (Nr. 5.2) werden nach der Erfassung in IGVP automatisch an die Statistik übergeben. 5Diese Unfälle sind zeitnah im Nachgang (nach Möglichkeit innerhalb einer Woche) von der für den Unfallort zuständigen Polizeidienststelle zu geokodieren.