VVBaySÜG
Text gilt ab: 01.09.2020
Gesamtvorschrift gilt bis: 31.08.2030

1. Vorbemerkung

a)
1Diese Allgemeine Verwaltungsvorschrift behandelt den personellen Geheimschutz beim Zugang zu Verschlusssachen, den vorbeugenden personellen Sabotageschutz gemäß Art. 1 Abs. 2 des Bayerischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (BaySÜG) sowie Grundsätze des materiellen Geheimschutzes gemäß Art. 7 BaySÜG. 2Sie richtet sich
an die Geheimschutzbeauftragten1 sowie Sabotageschutzbeauftragten2 und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Sicherheitsüberprüfung von Personen nach dem BaySÜG und der Sicherstellung des materiellen Geheimschutzes betraut sind,
an die mit der Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz.
3Sie enthält Hinweise, Erläuterungen und Regelungen zur Ausführung der gesetzlichen Vorschriften und zu den Grundsätzen des materiellen Geheimschutzes. 4Der materielle Geheimschutz ist ergänzend in der Verschlusssachenanweisung (VS-Anweisung – VSA) für die Behörden des Freistaates Bayern vom 14. März 1995 geregelt.
b)
Das Gesetz regelt die Sicherheitsüberprüfungen, die aus Gründen des Geheimschutzes und vorbeugenden personellen Sabotageschutzes erforderlich sind, sowie Grundsätze des materiellen Geheimschutzes.
c)
1Ziel des personellen Geheimschutzes ist es, staatliche Verschlusssachen zu schützen. 2Der Schutz von Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand, die Sicherheit oder die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden können, ist für den demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar. 3Die Einstufung von Informationen als Verschlusssachen ist nicht von einer aktuellen Bedrohung des Staates und seiner Bevölkerung abhängig. 4Den Bestand und die Sicherheit des Staates und seiner Bevölkerung zu sichern, ist eine dauerhafte Aufgabe, die von der Annahme auszugehen hat, dass sich latente Gefahren täglich in konkrete Gefährdungen des Staates und seiner Bevölkerung verwandeln können. 5Die Sicherheit des Staates als verfasster Friedens- und Ordnungsmacht und die von ihm zu gewährleistende Sicherheit seiner Bevölkerung sind unverzichtbare Verfassungswerte, weil die Institution Staat von ihnen die eigentliche Rechtfertigung herleitet. 6Die Personen, denen der Staat Verschlusssachen anvertraut, müssen deshalb ab Zugang zu VS-VERTRAULICH vorher einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden, um festzustellen, ob sie zuverlässig und verfassungstreu sind und ob keine „Schwachstellen“ sie erpressbar machen für den Geheimnisverrat.
d)
1Ziel des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes ist es, die Beschäftigung von Personen, bei denen Sicherheitsrisiken vorliegen, an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen zu verhindern, um die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung sowie die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schützen. 2Potenziellen Innentäterinnen und Innentätern, die aufgrund ihres Wissens und/oder ihrer Nähe zur Einrichtung in der Lage sind, Sabotageakte zu verüben, soll diese Möglichkeit von vornherein genommen werden. 3Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Funktionsfähigkeit lebens- und verteidigungswichtiger Einrichtungen erhalten bleibt. 4Zudem soll verhindert werden, dass sich eine mögliche Eigengefahr dieser Einrichtungen durch einen von einer Innentäterin oder einem Innentäter verübten Sabotageakt realisiert.
e)
1Der Umfang der Sicherheitsüberprüfung und damit die Intensität der Eingriffe in die Grundrechte der betroffenen und der mitbetroffenen Personen ist der Maßstab für die Verhältnismäßigkeit. 2Abzuwägen sind die jeweiligen Schutzobjekte der einzelnen Instrumente – zum Beispiel im personellen Geheimschutz der Bestand und die Sicherheit des Staates, im vorbeugenden personellen Sabotageschutz die in Art. 3 Abs. 2 und 3 BaySÜG aufgezählten Schutzgüter – gegenüber den Freiheitsrechten der betroffenen und der mitbetroffenen Personen. 3Im Vordergrund stehen dabei – auch nach der Wertentscheidung „im Zweifel für die Sicherheit“ des Gesetzgebers, Art. 17 Abs. 4 Satz 3 BaySÜG – die Interessen des Staates, weil sie als Garanten für die Individualrechte erhalten bleiben müssen. 4Um diesen logischen Vorrang abzumildern, wird im Sicherheitsüberprüfungsgesetz kein Zwang zur Sicherheitsüberprüfung festgelegt, sondern die Zustimmung der betroffenen Person zur Sicherheitsüberprüfung vorausgesetzt, Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BaySÜG. 5Auch bei der Ehegattin, Lebenspartnerin, Lebensgefährtin oder beim Ehegatten, Lebenspartner, Lebensgefährten, die oder der bei bestimmten Überprüfungsarten in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen wird (sogenannte mitbetroffene Person, Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BaySÜG), geschieht dies nur, wenn diese zustimmt, Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BaySÜG. 6Der Grund für die Einbeziehung beruht auf der Erkenntnis, dass Sicherheitsrisiken, die in der mitbetroffenen Person liegen, sich aufgrund der engen persönlichen Beziehung auf die betroffene Person auswirken können. 7Sonstige enge persönliche Beziehungen, die die betroffene Person zum Beispiel mit Eltern, Geschwistern, Kindern oder Freunden hat, führen nicht zu einer Einbeziehung dieser Personen in die Sicherheitsüberprüfung. 8Die Verhältnismäßigkeit gebietet eine Eingrenzung der einzubeziehenden Personen.
f)
Die Vorschriften des BaySÜG sind für die Befugnisse der beteiligten Behörden und Stellen bei der Sicherheitsüberprüfung vorrangig und gehen den Vorschriften in anderen Gesetzen vor.

1 [Amtl. Anm.:] Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wurde die männliche Sprachform verwendet. Dies bedeutet jedoch keine Benachteiligung des weiblichen und des dritten Geschlechts, sondern soll im Sinn der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.
2 [Amtl. Anm.:] Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird im übrigen Text nur die Begrifflichkeit Geheimschutzbeauftragter verwendet.