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BayPetG
Text gilt ab: 01.08.2006
Fassung: 09.08.1993
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Gesetz über die Behandlung von Eingaben und Beschwerden an den Bayerischen Landtag nach Art. 115 der Verfassung
(Bayerisches Petitionsgesetz – BayPetG)
Vom 9. August 1993
(GVBl. S. 544)
BayRS 1100-5-I

Vollzitat nach RedR: Bayerisches Petitionsgesetz (BayPetG) vom 9. August 1993 (GVBl. S. 544, BayRS 1100-5-I), das zuletzt durch Gesetz vom 26. Juli 2006 (GVBl. S. 366) geändert worden ist
Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats hiermit bekanntgemacht wird:
Art. 1
Petitionsberechtigung
(1) Das Recht, sich schriftlich mit Eingaben und Beschwerden (Petitionen) an den Bayerischen Landtag zu wenden, damit dieser die vorgetragene Angelegenheit überprüfe, steht jeder Person zu, unabhängig von ihrem Wohnort und ihrer Staatsangehörigkeit.
(2) Juristische Personen des Privatrechts sind uneingeschränkt petitionsberechtigt, juristische Personen des öffentlichen Rechts nur insoweit die Petition einen Gegenstand ihres sachlichen Zuständigkeitsbereichs betrifft.
(3) Grundsätzlich sind auch Minderjährige, Geschäftsunfähige und unter Pflegschaft oder Betreuung Stehende zur selbständigen Ausübung des Petitionsrechts berechtigt.
Art. 2
Ausübung des Rechts
(1) 1Petitionen sind schriftlich einzureichen. 2Sie müssen in jedem Fall den Antragsteller erkennen lassen. 3Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. 4Bei elektronisch übermittelten Petitionen ist die Schriftlichkeit gewahrt, wenn der Urheber und dessen Postanschrift ersichtlich sind. 5Für die Erhebung von elektronisch übermittelten Petitionen ist das im Internet zur Verfügung gestellte Formular zu verwenden.
(2) Jede Person kann Petitionen für sich allein oder zusammen mit anderen Personen einreichen, in letzterem Fall auch unter einem Gesamtnamen.
(3) 1Straf- und Untersuchungsgefangene sind in der Ausübung des Petitionsrechts nur insoweit beschränkt, als gemeinsame Petitionen untersagt werden können, wenn dies zur Verhinderung der Kontaktaufnahme mit Mitgefangenen oder der Außenwelt erforderlich ist. 2Petitionen inhaftierter oder untergebrachter Personen sind verschlossen und ohne vorherige Kontrolle durch die Anstaltsleitung dem Landtag zuzuleiten.
(4) 1Petitionen können durch gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter eingereicht werden. 2Petitionen können auch für eine andere Person eingereicht werden.
Art. 3
Wirkung der Einreichung einer Petition
1Wer eine Petition einreicht, hat, soweit diese nicht nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und weiteren Festlegungen in der Geschäftsordnung des Landtags unzulässig ist, Anspruch auf sachliche Behandlung und Verbescheidung durch den Landtag bzw. seine Ausschüsse (Art. 5). 2Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des Landtags.
Art. 4
Vorprüfung
(1) Petitionen, die ein Handeln von Behörden des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Verwaltung fordern, werden erst behandelt, wenn die erforderlichen Verfahren bei den zuständigen Stellen eingeleitet sind.
(2) Petitionen, die ein laufendes Gerichtsverfahren betreffen, werden nur behandelt, soweit vom Freistaat Bayern oder einem sonstigen Träger öffentlicher Verwaltung als Verfahrensbeteiligtem ein bestimmtes Verhalten verlangt wird.
(3) Soweit Petitionen nach den Absätzen 1 und 2 nicht behandelt werden können, teilt der Vorsitzende des zuständigen Ausschusses dies der Person mit, die die Petition eingereicht hat.
(4) Petitionen werden sachlich nur behandelt, soweit sie in die Zuständigkeit des Freistaates Bayern fallende Angelegenheiten betreffen.
(5) Petitionen, die ein rechtskräftig abgeschlossenes Gerichtsverfahren betreffen, werden sachlich nur behandelt, soweit
1.
Gegenstand des Rechtsstreits eine Ermessensentscheidung der Verwaltung war oder
2.
Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens oder die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden oder
3.
vom Freistaat Bayern oder einem sonstigen Träger öffentlicher Verwaltung verlangt wird, auf die Vollstreckung eines zu seinen Gunsten ergangenen Urteils zu verzichten.
(6) Der Ausschuß kann von einer Behandlung absehen, wenn die Person, für die die Petition eingereicht worden ist, sich mit der Behandlung gegenüber dem Landtag nicht einverstanden erklärt hat.
Art. 5
Zuständigkeit
(1) 1Petitionen behandelt der Ausschuß des Landtags, in dessen Sachgebiet die Petition erkennbar fällt. 2In den übrigen Fällen entscheidet der Ausschuß für Eingaben und Beschwerden.
(2) 1Die Vollversammlung behandelt Petitionen, wenn dies zwei Drittel der anwesenden Mitglieder des Ausschusses verlangen. 2Über Entscheidungen des Ausschusses berät und beschließt sie, wenn es eine Fraktion oder 20 Abgeordnete binnen einer Woche beim Landtagsamt verlangen.
Art. 6
Aufklärung des Sachverhalts
(1) 1Der für die Petition zuständige Ausschuß hat das Recht auf Unterrichtung durch die Staatsregierung, um über die Petition beschließen zu können. 2Dazu kann er von der Staatsregierung oder einem Mitglied der Staatsregierung bzw. deren Beauftragten schriftliche oder mündliche Stellungnahmen, Berichte, Auskünfte und die Beantwortung von Fragen verlangen.
(2) Der Ausschuß kann die Person, die die Petition eingereicht hat oder für die sie eingereicht worden ist sowie amtlich anerkannte Sachverständige anhören und Ortsbesichtigungen durchführen.
(3) 1Zur Aufklärung des Sachverhalts kann der Ausschuß die Staatsregierung ersuchen, Akten vorzulegen und den Zutritt zu staatlichen Einrichtungen zu gestatten, soweit er dies nach der Unterrichtung durch die Staatsregierung noch für erforderlich hält. 2Das für die Eingabe zuständige Staatsministerium kann auf Ersuchen des Ausschusses auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, welche der Aufsicht der Staatsregierung unterliegen, verpflichten, Akten zur Weitergabe an den Ausschuß vorzulegen, Ausschußvertretern den Zutritt zu Einrichtungen zu gestatten und Vertreter zu Ortsterminen in ihrem Gebiet zu entsenden.
(4) 1Die Vorschriften über den Schutz von Geheimnissen und von personenbezogenen Daten sind zu beachten. 2Personenbezogene Daten der Person, die die Petition eingereicht hat, können dem Landtag übermittelt werden, wenn dies zur sachlichen Behandlung und Verbescheidung erforderlich ist. 3Sind in Akten mit solchen Daten weitere personenbezogene Daten der Person, die die Petition eingereicht hat, oder Dritter so verbunden, daß eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, so ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht offensichtlich überwiegende schutzwürdige Interessen der Person, die die Petition eingereicht hat, oder Dritter entgegenstehen. 4Ist zur sachlichen Behandlung und Verbescheidung einer Petition die Übermittlung personenbezogener Daten Dritter erforderlich, insbesondere durch Vorlage von Akten, so ist die Übermittlung zulässig, soweit nicht offensichtlich überwiegende schutzwürdige Interessen der Dritten entgegenstehen. 5Der Ausschuß entscheidet jeweils über die Geheimhaltung der übermittelten personenbezogenen Daten; in diesem Fall dürfen sie nur in anonymisierter Form verwendet werden. 6Angaben, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben ist, sind in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln. 7Als Person, die die Petition eingereicht hat, gilt auch ein Dritter, wenn er sich mit der Petition gegenüber dem Landtag einverstanden erklärt hat.
(5) Führen der Ausschuß oder Mitglieder des Ausschusses eine Ortsbesichtigung durch oder erhalten sie Zutritt zu staatlichen oder sonstigen öffentlichen Einrichtungen, ist die Staatsregierung zu unterrichten, um ihr das Teilnahme- und Rederecht der Vertreter der Staatsregierung und die evtl. Beiziehung von für die Ortsbesichtigung notwendigen Akten zu ermöglichen.
(6) Werden Sachverständige im Landtag angehört (Absatz 2), so werden sie entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entschädigt.
Art. 7
Zeitliche Behandlung der Petitionen
1Eingaben und Beschwerden sind ohne vermeidbare Verzögerung einfach und zweckmäßig zu behandeln. 2Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des Landtags. 3Dabei ist insbesondere festzulegen, in welchen Fällen
1.
eine Stellungnahme der Staatsregierung nicht erforderlich ist,
2.
eine mündliche Stellungnahme der Staatsregierung in der Sitzung des Ausschusses genügt,
3.
vorbehaltlich einer abweichenden Beschlußfassung des Ausschusses eine informatorische Äußerung des zuständigen Staatsministeriums gegenüber dem Landtagsamt ausreicht, die sich auf die Übermittlung geeigneter Aktenauszüge wie Bescheide, Urteile, Stellungnahmen nachgeordneter Behörden und Stellungnahmen der Staatsministerien gegenüber anderen Stellen beschränken kann,
4.
vor Einholung von Stellungnahmen Ortstermine durchgeführt werden.
Art. 8
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. September 1993 in Kraft.
München, den 9. August 1993
Der Bayerische Ministerpräsident
Dr. Edmund Stoiber