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Text gilt ab: 21.05.2004
Fassung: 21.05.2004
II.
Grundsätze der Kostenfolgenabschätzung und des Ausgleichs:

1. Verfahren

1.1

In den Fällen der Konnexität trägt das Fachressort seine Regelungsidee im Rahmen der Vorbereitung des Entwurfs frühzeitig an die berührten kommunalen Spitzenverbände heran, um Notwendigkeit, Angemessenheit und Folgewirkungen auch unter Vollzugsgesichtspunkten in die Erarbeitung des Entwurfs einzubeziehen. Die kommunalen Spitzenverbände behandeln die ihnen bei dieser Gelegenheit eröffneten Regelungsideen oder Arbeitsentwürfe vertraulich. Die Staatsregierung sichert zu, Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände auf deren Bitte ebenfalls vertraulich zu behandeln.

1.2

Das federführende Staatsministerium fügt dem Entwurf eine Kostenfolgeabschätzung bei, in welcher die sich ergebenden Kostenauswirkungen und die Grundlagen der Kostenermittlung (insbesondere Berechnungen) dargestellt werden. Zugleich ist darzulegen, auf welche Weise der Mehrbelastungsausgleich erfolgen soll. Die Kostenfolgeabschätzung und die Festlegung der Art und Weise des Mehrbelastungsausgleichs erfolgen nach den Vorgaben dieser Vereinbarung (siehe unter II.2).

1.3

Erforderliche innerstaatliche Abstimmungen (z.B. Behandlung im Ministerrat) erfolgen vor der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände noch ohne Festlegung.

1.4

Danach hört das federführende Staatsministerium die berührten kommunalen Spitzenverbände binnen einer Frist von in der Regel sechs Wochen an. Stimmen die kommunalen Spitzenverbände der Kostenfolgeabschätzung und der vorgesehenen Ausgestaltung des Mehrbelastungsausgleichs im Entwurf zu, so teilen sie dies dem federführenden Staatsministerium mit, welches dieses Ergebnis in den Entwurf aufnimmt.

1.5

Stimmen die kommunalen Spitzenverbände der Kostenfolgeabschätzung des Entwurfs bzw. dem vorgesehenen Mehrbelastungsausgleich nicht zu, so führt das federführende Staatsministerium ein Kostenabstimmungsgespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden. Jede Seite kann zu dem Abstimmungsgespräch Dritte beiziehen, die Kommunen etwa den Kommunalen Prüfungsverband, das federführende Staatsministerium etwa das Staatsministerium der Finanzen oder das Staatsministerium des Innern.
Bestehen zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und dem federführenden Staatsministerium ernsthafte und tiefgreifende Differenzen über die Grundlagen der Kostenermittlung, soll im Einvernehmen beider Parteien ein Gutachter bestellt werden. Die Kosten des Gutachters trägt die Staatsregierung.
Kommt es zu keiner Einigung, werden die abweichende Haltung der kommunalen Spitzenverbände, deren Gründe hierfür und die Haltung des federführenden Staatsministeriums hierzu im Entwurf dokumentiert.

1.6

Erst danach wird von den zuständigen Stellen endgültig über den Entwurf entschieden.

2. Kostenermittlung

Der Kostenfolgenabschätzung sind die bei wirtschaftlicher Verwaltungstätigkeit notwendig anfallenden Kosten zugrunde zu legen. Diese werden im Schätzwege mit der gebotenen Sorgfalt und mit einem vertretbaren Aufwand ermittelt. In Fällen besonderer Dringlichkeit, insbesondere zur Gefahrenabwehr, werden ggf. kommunale Kostenbelastungen ex post ermittelt.
Für die Kostenprognose gelten die folgenden Schritte:

2.1 Ermittlung der Aufgabenkosten

Zur Ermittlung der Aufgabenkosten sind grundsätzlich die sich aus den Nummern 2.1.1 bis 2.1.4 ergebenden Kosten zu addieren. Bei Aufgaben, die parallel durch die Staatsverwaltung wahrgenommen werden (z.B. Zuständigkeit der Kreisverwaltungsbehörden), kann als Indikator für die Ermittlung der Personal- und Sachkosten, der Zweckausgaben sowie der Investitionskosten auf die staatlichen Erfahrungswerte zurückgegriffen werden.
Dies gilt auch bei Aufgaben, die bisher staatlich wahrgenommen wurden und auf die Kommunen übertragen werden sollen.

2.1.1

Personalkosten
Die Personalkosten setzen sich aus den durchschnittlichen Kosten einschließlich Pensionslasten der mit der Aufgabenwahrnehmung betrauten Mitarbeiter, multipliziert mit dem für den Verwaltungsvollzug geschätzten durchschnittlichen Zeitaufwand zusammen. Hinzu treten etwaige aufgabenspezifische Vollzugskosten (z.B. für eine etwa erforderliche Heranziehung verwaltungsexterner Dienstleister).

2.1.2

Sachkosten
Die Sachkosten werden regelmäßig mit einem in Abhängigkeit von der erforderlichen Arbeitsplatzausstattung pauschalierten Zuschlag erfasst, es sei denn, dass dies im Einzelfall zu unvertretbaren Ergebnissen führt.

2.1.3

Zweckausgaben
Die Zweckausgaben sind auf der Grundlage der durch den Entwurf bewirkten Leistungen, multipliziert mit der angenommenen Zahl der Fälle, pauschal zu schätzen. Wenn die Fallzahlen (z.B. auf Grund von notwendigen Anträgen usw.) auch nicht annäherungsweise geschätzt werden können, sollte ein oberer und ein unterer Wert der möglichen Fallzahlen herangezogen und entsprechend alternativ ein oberer und ein unterer Betrag dargestellt werden.

2.1.4

Investitionskosten
Soweit Investitionsaufwendungen der Gemeinden für die Aufgabenerfüllung erforderlich werden, sind diese bei der Kostenermittlung – gegebenenfalls pauschal – zu berücksichtigen.

2.2 Ermittlung von Einnahmen

Zur Deckung der Kosten können neue Finanzquellen erschlossen oder bestehende Finanzquellen erweitert werden. Wenn die Gemeinden berechtigt sind oder berechtigt werden sollen, Aufgabenkosten durch Einnahmen zu decken, ist im partnerschaftlichen Miteinander unter besonderer Beachtung der kommunalen Finanzhoheit zu ermitteln, ob und in welchem Umfang entsprechende Einnahmen erzielbar sind. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit Einrichtungen in zumutbarer Weise über Kommunalabgaben oder sonstige Nutzungsentgelte finanziert werden können.

2.3 Ermittlung von Einsparungen

Falls die Gemeinden in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabenübertragung, der Verpflichtung zur Aufgabenerfüllung oder der Vorgabe besonderer Anforderungen von Aufgaben entlastet werden bzw. Aufgabenveränderungen unmittelbar zu Entlastungen führen, sind die dadurch entstehenden Minderkosten (Einsparungen) pauschal zu ermitteln und eventuellen Mehrkosten gegenüber zu stellen. Dabei sind auch Synergieeffekte und Einsparungen im Hinblick auf bisherige kommunale Leistungen und Aufgaben zu berücksichtigen.

2.4 Berechnung der Mehrbelastung

Die Mehrbelastung errechnet sich durch Verrechnung der jeweils prognostizierten Aufgabenkosten (Nr. 2.1) mit den Einnahmen (Nr. 2.2) und den Einsparungen (Nr. 2.3).

2.5 Ausgleich

2.5.1

Im Fall einer trotz Kostendeckungsregelung verbleibenden wesentlichen Mehrbelastung ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich ab dem Zeitpunkt der Belastung in einem engen zeitlichen Zusammenhang aus dem Einzelplan des federführenden Staatsministeriums zu leisten. Die Mehrbelastung ist für die Gesamtheit der betroffenen Gemeinden und unter Berücksichtigung eines etwaigen kommunalen Eigeninteresses festzustellen. Der finanzielle Ausgleich besteht in einem Vollkostenersatz der Mehrbelastung, der regelmäßig pauschaliert gewährt wird. Die Pauschalen sollen einfach gestaltet sein und nach Möglichkeit auf vorhandenem statistischem Datenmaterial aufsetzen.

2.5.2

Ob und inwieweit zur Deckung der Kosten auf gemeindliche Finanzquellen zurückgegriffen werden kann, ist im partnerschaftlichen Miteinander unter besonderer Beachtung der kommunalen Finanzhoheit festzustellen. Gleiches gilt für die Frage wie hoch das kommunale Eigeninteresse zu bewerten ist und ob im Einzelfall die Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist.

2.5.3

Stellt sich die Prognose über die Kostenfolgen als wesentlich fehlerhaft heraus oder müssen auf Grund tatsächlicher Entwicklungen, z.B. auf Grund eines sprunghaften Anstiegs der Fallzahlen bei einem Leistungsgesetz, die der Prognose zugrundeliegenden Annahmen korrigiert werden, besteht Anlass, die Bestimmungen über die Deckung der Kosten anzupassen. Die Anpassung erfolgt unter diesen Voraussetzungen in der Regel auch für die Vergangenheit, wenn der Ausgleich nicht nur geringfügig abweicht. Die kommunalen Spitzenverbände sind gehalten, Erkenntnisse über einen sprunghaften Anstieg der Fallzahlen dem zuständigen Staatsministerium rechtzeitig mitzuteilen. Daneben kann jeder Partner in angemessenen Zeitabständen unter Vorlage schlüssiger Gründe eine Überprüfung verlangen.

2.5.4

Entfällt die Aufgabe ganz oder teilweise, wird der hierfür nach Art. 83 Abs. 3 der Verfassung gewährte Ausgleich entsprechend angepasst.

2.5.5

Im Übrigen bleibt der kommunale Finanzausgleich unberührt.