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HFKomV
Text gilt ab: 01.05.2019
Fassung: 08.08.2006
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Verordnung über die Einrichtung einer Härtefallkommission nach § 23a des Aufenthaltsgesetzes
(Härtefallkommissionsverordnung – HFKomV)
Vom 8. August 2006
(GVBl. S. 436)
BayRS 26-1-2-I

Vollzitat nach RedR: Härtefallkommissionsverordnung (HFKomV) vom 8. August 2006 (GVBl. S. 436, BayRS 26-1-2-I), die zuletzt durch § 1 Abs. 274 der Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98) geändert worden ist
Auf Grund des § 23a Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950), zuletzt geändert durch Art. 23 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl I S. 1818), erlässt die Bayerische Staatsregierung folgende Verordnung:
§ 1
Einrichtung einer Härtefallkommission
Beim Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Staatsministerium) wird eine Härtefallkommission nach § 23a Abs. 2 AufenthG eingerichtet.
§ 2
Zusammensetzung der Härtefallkommission
(1) Die Härtefallkommission besteht aus folgenden Mitgliedern:
1.
jeweils einem Vertreter der Katholischen Kirche und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern,
2.
drei Vertretern der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern,
3.
vier Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und
4.
einem Vertreter des Staatsministeriums, der vorbehaltlich § 9 nicht stimmberechtigt ist.
(2) Die stimmberechtigten Mitglieder und deren Stellvertreter werden vom Staatsminister auf Vorschlag der jeweiligen Organisationen ernannt.
(3) 1Der Vorsitzende der Härtefallkommission wird auf Vorschlag des Staatsministers von den Mitgliedern der Härtefallkommission gewählt. 2Gewählt ist, wer die Stimmen von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder auf sich vereinigt.
(4) 1Die stimmberechtigten Mitglieder der Härtefallkommission sind ehrenamtlich tätig. 2Anspruch auf Ersatz von Auslagen oder Verdienstausfall besteht nicht.
§ 3
Selbstbefassung
(1) 1Die Härtefallkommission befasst sich mit einem Fall, wenn dies
1.
der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden des Landtags vorgeschlagen hat,
2.
die Härtefallkommission auf Vorschlag eines stimmberechtigten Mitglieds beschlossen hat oder
3.
fünf stimmberechtigte Mitglieder der Härtefallkommission schriftlich beantragt haben.
2Der Vorsitzende legt die Tagesordnung der Sitzungen der Härtefallkommission fest.
(2) War oder ist in der Angelegenheit eine Eingabe beim Landtag anhängig, erfolgt nur in Fällen des Abs. 1 Nr. 1 eine Befassung der Härtefallkommission.
(3) Dritte können nicht verlangen, dass die Härtefallkommission sich mit einem bestimmten Einzelfall befasst oder eine bestimmte Entscheidung trifft (§ 23a Abs. 2 Satz 2 und 3 AufenthG).
§ 4
Keine aufschiebende Wirkung
Ein Ausländer kann nicht verlangen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen ausgesetzt werden, weil sich die Härtefallkommission mit seinem Anliegen befasst oder befassen wird.
§ 5
Ausschlussgründe
1Ein Härtefallersuchen darf nicht gestellt werden, wenn ein Ausschlussgrund vorliegt, es sei denn, besondere Umstände in der Person des Ausländers rechtfertigen auch in Ansehung der Folgen der Entscheidung eine Ausnahme oder es kann mit dem alsbaldigen Wegfall des Ausschlussgrundes gerechnet werden. 2Ausschlussgründe sind:
1.
ein offensichtlich rechtsmissbräuchliches Verhalten, insbesondere eine bewusste Täuschung oder Irreführung der Behörden, welches geeignet war, die Aufenthaltsbeendigung erheblich hinauszuzögern,
2.
die Nichterfüllung der Passpflicht, obwohl der Ausländer in zumutbarer Weise einen Nationalpass erhalten könnte,
3.
die Straffälligkeit des Ausländers, soweit er sich nicht als nicht vorbestraft bezeichnen darf,
4.
Anhaltspunkte, dass von dem Ausländer eine Gefahr für die innere Sicherheit ausgehen könnte,
5.
die fehlende konkrete Aussicht, den Lebensunterhalt zu sichern,
6.
eine frühere Befassung der Härtefallkommission,
7.
die ausschließliche Begründung eines Härtefalls durch Umstände, die der Prüfung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Asylverfahren unterliegen.
3Verfügt der Ausländer über kein ausreichendes Arbeitseinkommen, wird vermutet, dass der Lebensunterhalt nicht gesichert, werden kann (Satz 2 Nr. 5), wenn ihm innerhalb der letzten zwei Jahre Leistungen nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt wurden. 4Verpflichtungserklärungen nach § 68 AufenthG oder sonstige zur Sicherung des Lebensunterhalts geeignete Arbeitsplatz- und Unterstützungszusagen sind zu berücksichtigen, wenn sie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Organisationen abgegeben werden, die in der Härtefallkommission gemäß § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 vertreten sind.
§ 6
Geschäftsstelle
(1) 1Das Staatsministerium richtet eine Geschäftsstelle der Härtefallkommission ein. 2Zum Leiter der Geschäftstelle bestellt das Staatsministerium einen seiner Beschäftigten.
(2) 1Aufgabe der Geschäftsstelle ist es, nach Maßgabe der Geschäftsordnung die Sitzungen der Härtefallkommission vorzubereiten, den Sachverhalt zu ermitteln und zu prüfen, ob Ausschlussgründe nach § 5 vorliegen. 2Ihr können zur selbständigen Entscheidung mit Zustimmung des Staatsministeriums durch die Geschäftsordnung oder durch Beschluss der Härtefallkommission weitere Aufgaben übertragen werden.
(3) 1Wenn die Härtefallkommission ein Ersuchen stellt, teilt die Geschäftsstelle dem Ausländer das Ergebnis des Härtefallverfahrens mit. 2Sie unterrichtet auch die beteiligten Behörden und Stellen, soweit dies für die Entscheidung des Staatsministeriums, ob eine Anordnung nach § 23a Abs. 1 AufenthG ergehen soll, oder für die sonstige Umsetzung des Ersuchens erforderlich ist.
§ 7
Beschlussfassung der Härtefallkommission
(1) 1Die Härtefallkommission entscheidet auf der Grundlage einer Stellungnahme der Geschäftsstelle in nichtöffentlicher Sitzung darüber, ob sie ein Härtefallersuchen an das Staatsministerium stellt. 2An der Sitzung können Mitarbeiter der Geschäftsstelle teilnehmen. 3Anhörungen finden nicht statt. 4Der Staatsminister kann verlangen, dass er in der Sitzung angehört wird.
(2) Die Härtefallkommission ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder geladen und zwei Drittel der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind.
(3) 1Härtefallersuchen beschließt die Härtefallkommission mit zwei Dritteln der Stimmen der stimmberechtigten Mitglieder. 2Sonstige Beschlüsse bedürfen der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder.
(4) 1In dem Härtefallersuchen soll dargelegt werden, ob und auf welche Weise der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist. 2Wird ein Härtefallersuchen gestellt, obwohl ein Ausschlussgrund vorliegt, soll aus dem Ersuchen hervorgehen, aus welchen Gründen die Härtefallkommission eine Ausnahme nach § 5 Satz 1 befürwortet. 3Liegt ein Ausschlussgrund vor, weil der Ausländer rechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, soll das Ersuchen nur mit der Maßgabe ergehen, dass der Begünstigte seinen Verpflichtungen innerhalb einer bestimmten Frist nachkommt.
(5) Mitglieder der Härtefallkommission dürfen weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn
1.
in der Angelegenheit ihnen selbst oder ihren Angehörigen im Sinn des Art. 20 Abs. 5 BayVwVfG ein unmittelbarer Vorteil oder Nachteil erwachsen kann,
2.
sie in einem Verwaltungsverfahren nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz tätig geworden sind, in dem der Ausländer Beteiligter war, oder
3.
sie den Ausländer kraft Gesetzes oder Vollmacht vertreten oder vertreten haben.
§ 8
Verschwiegenheitspflichten
Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder der Härtefallkommission sind, auch nach dem Ende ihrer Amtszeit, zur Verschwiegenheit über alle von der Härtefallkommission behandelten Angelegenheiten einschließlich des Abstimmungsverhaltens verpflichtet.
§ 9
Geschäftsordnung
Die Härtefallkommission beschließt mit der Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder eine Geschäftsordnung.
§ 10
Anordnung der obersten Landesbehörde
Das Staatsministerium ist nicht verpflichtet, einem Härtefallersuchen zu entsprechen.
§ 11
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. September 2006 in Kraft.
München, den 8. August 2006
Der Bayerische Ministerpräsident
Dr. Edmund Stoiber