Text gilt ab: 22.09.1826
Fassung: 22.09.1826

Stiftungsurkunde
Seiner Majestät des Königs Ludwig von Bayern für Freiplätze in der Blindenerziehungsanstalt des Königreichs Bayern[1]
Vom 22. September 1826
BayBS II S. 599
BayRS 2233-3-1-K

Vollzitat nach RedR: Stiftungsurkunde Seiner Majestät des Königs Ludwig von Bayern für Freiplätze in der Blindenerziehungsanstalt des Königreichs Bayern vom 22. September 1826 in der in der bereinigten Sammlung des Bayerischen Landesrechts (BayBS II S. 599, BayRS 2233-3-1-K) veröffentlichten bereinigten Fassung
Wir haben Uns in dem Streben, allen Unsern Untertanen den Weg zu geistiger, religiöser und sittlicher Bildung zu bahnen und dem Unglücke zu Hilfe zu kommen, bewogen gefunden, für die Erziehung und den Unterricht der Blinden eine Anstalt in unserem Königreiche, zur Zeit in der Stadt Freising zu errichten, worüber das Nähere demnächst bekannt gemacht werden wird.
Zur Begründung von Freiplätzen an dieser Blindenerziehungsanstalt bewilligen Wir eine Summe von fünfzigtausend Gulden aus Unserer Kabinettskassa unter folgenden Bestimmungen:

[1] In der Bayerischen Rechtssammlung wurde gem. Art. 8 Abs. 3 BayRSG vom Abdruck abgesehen.
I.
Diese Summe von fünfzigtausend Gulden soll als ewiges Stiftungskapital der Blindenerziehungs- und Unterrichtsanstalt zugehören, und Wir überweisen hiemit diese fünfzigtausend Gulden der gedachten Anstalt zum vollen Eigentume feierlich und rechtsförmlich.
II.
Die benannte Anstalt soll jedoch gehalten und verbunden sein, dieses Stiftungskapital unter solche Grundbesitzer, welche durch die Einführung des neuen Hypothekengesetzes in Verlegenheit geraten oder später einer Hilfe bedürftig sind, auf nachstehende Weise auszuleihen:
1)
die Anlehen haben an Untertanen in allen Kreisen des Reichs, dermalen jedoch nur an solche zu geschehen, welche bei der Einführung des neuen Hypothekengesetzes beteiligt sind;
2)
die Anlehenssucher haben nachzuweisen, daß sie
a)
ohne ihre Schuld in Verlegenheit gerieten,
b)
eine vollkommen sichernde Hypothek bestellen können, das heißt, innerhalb der ersten Hälfte des Wertes der Realitäten und assekurierten Gebäude,
c)
als ordentliche Wirtschafter eine regelmäßige Zahlung der Zinsen gewärtigen lassen;
3)
Anlehenskapitalien können aus jener Dotationssumme nicht unter dem Betrage von einhundert Gulden, und nicht über den Betrag von dreihundert von einem und demselben Grundbesitzer entnommen werden;
4)
die Bestreitung sämtlicher bei den Hypothekenämtern erwachsenden Kosten liegt den Anlehensaufnehmern ob;
5)
die Schuldner haben die Anlehen mit vier vom Hundert in halbjährigen Fristen zu verzinsen;
6)
die Heimzahlung hat nach halbjähriger Zuvoraufkündigung, welche jedem Teile freisteht, zu geschehen; sie wird von der Anstalt nur dann gefordert werden, wenn erhebliche Rücksichten solche erheischen, besonders, wenn die Schuldner mit der Zinsenzahlung nicht gehörig einhalten;
7)
die Kreisregierungen, Kammern des Innern, haben die Anlehensgesuche zu instruieren und an das Staatsministerium des Innern zum obersten Kirchen- und Schulrate einzusenden, und zwar für die erste Ausleihe, welche Wir unserer Genehmigung vorbehalten, binnen sechs Wochen;
8)
die Zinsen sind an die betreffenden Kreisregierungen, Kammern des Innern, zu zahlen und von diesen an die K. Regierung des Isarkreises, Kammer des Innern, zu liefern.
III.
Mit dem Ertrage der Zinsen von diesen Dotationsquoten sollen Zöglinge frei für Wohnung, Kost, Erziehung und Unterricht in der Blindenanstalt unterhalten werden.
IV.
Den Überschuß der Einnahme über nebenbezeichneten Aufwand werden Wir nach Umständen zur Bekleidung sehr bedürftiger Zöglinge oder zur Dotation weiterer Freiplätze verwenden lassen.
V.
Die Zahl solcher Freiplätze bestimmen Wir vorderhand auf zehn.
VI.
Nur Inländer, deren Armut und Hilfsbedürftigkeit nachgewiesen ist, haben Anspruch auf dergleichen Freiplätze.
VII.
Für desfallsige Bewerber gelten übrigens dieselben Bedingungen, die zur Aufnahme in mehrerwähnte Anstalt überhaupt vorgeschrieben werden.
VIII.
Die Verleihung der Freiplätze dieser unserer Königlichen Stiftung hat von Uns und Unseren Regierungs-Nachfolgern auszugehen.
Die gegenwärtigen Satzungen der von Uns gemachten Stiftung bestätigen und bekräftigen Wir mit Unserer eigenhändigen Unterschrift und lassen zur Beurkundung Unser geheimes Kanzleisiegel beidrucken.
Gegeben zu Aschaffenburg am zweiundzwanzigsten September im Jahre eintausendachthundertsechsundzwanzig.
Ludwig