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Text gilt ab: 25.08.1836
Fassung: 25.08.1836
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Stiftungsurkunde
Seiner Majestät des Königs Ludwig von Bayern für die neu zu gründende Blinden-Beschäftigungsanstalt[1]
Vom 25. August 1836
BayBS II S. 600
BayRS 2233-3-2-K

Vollzitat nach RedR: Stiftungsurkunde Seiner Majestät des Königs Ludwig von Bayern für die neu zu gründende Blinden-Beschäftigungsanstalt vom 25. August 1836 in der in der bereinigten Sammlung des Bayerischen Landesrechts (BayBS II S. 600, BayRS 2233-3-2-K) veröffentlichten bereinigten Fassung
Wir haben in Erwägung des traurigen Schicksals, welchem die Blinden selbst nach Vollendung ihres Unterrichtes, wegen Mangel eines selbständigen, ihre Subsistenz sichernden Erwerbs, preisgegeben sind, beschlossen, der von Uns unterm 22. September 1826 gegründeten Blinden-Erziehungsanstalt durch Hinzufügung einer Blinden-Beschäftigungsanstalt eine wohltätigere Ausdehnung zu geben und bewilligen zur Begründung der letzteren einhunderttausend Gulden aus Unserer Kabinettskasse unter nachstehenden Bestimmungen.

[1] In der Bayerischen Rechtssammlung wurde gem. Art. 8 Abs. 3 BayRSG vom Abdruck abgesehen.
I.
Diese Summe von einhunderttausend Gulden, wovon die eine Hälfte mit fünfzigtausend Gulden noch in diesem Verwaltungsjahre auf einmal, die andere aber in der ersten Hälfte des nächsten Verwaltungsjahres in gleichen Monatsraten ausbezahlt werden wird, soll als ewiges Stiftungskapital der Blinden-Beschäftigungsanstalt gehören und Wir überweisen hiemit diese einhunderttausend Gulden der gedachten Anstalt zum vollen Eigentum feierlich und rechtsförmlich.
II.
Mit dem Ertrage der Zinsen von diesem Dotationskapital und den anderen Einnahmen der Blinden-Beschäftigungsanstalt, worunter auch der Selbsterwerb derselben zu begreifen, sollen die darin aufgenommenen Individuen freie Wohnung, Unterricht und Verpflegung erhalten.
III.
Den Überschuß der Einnahmen über den nötigen Aufwand werden Wir zur Dotation weiterer Freiplätze verwenden lassen.
IV.
Die Zahl solcher Freiplätze bestimmen Wir für Individuen beiderlei Geschlechts vorderhand auf vierzehn.
V.
In der Regel haben nur Inländer, deren Armut und Unterrichtsfähigkeit nachgewiesen ist, Aussicht auf dergleichen Freiplätze, besonders die mit den erforderlichen Eigenschaften versehenen, aus der Blinden-Erziehungsanstalt tretenden Zöglinge.
Außerdem könne auch vermögliche, sowohl in- als ausländische Blinde, in dieser Anstalt, unter noch näher bekanntzumachenden Bedingungen Aufnahme finden.
VI.
Nebst diesen werden Wir sowohl jene wohlgesitteten, unverdorbenen und erwachsenen Blinden, welche den Trieb nach Tätigkeit fühlen, ohne ihn befriedigen zu können, als auch jenen Blinden, welche nach Erlernung eines Handwerks oder sonstigen Beschäftigung den Gesichtssinn verloren haben, nach Umständen und den Kräften der Anstalt berücksichtigen lassen.
Die Aufnahme dieser letzteren hat jedoch jederzeit nur versuchsweise zu geschehen.
VII.
Der Unterricht erstreckt sich auf Musik, auf Erlernung einfacher, einen Erwerb gewährenden Handarbeiten oder auf die Ausübung des vor der Erblindung betriebenen Handwerks mittels eigentümlicher Hilfsmittel.
Die Unterrichtszeit wird im allgemeinen auf zwei Jahre festgesetzt.
VIII.
Nach Vollendung des Unterrichtes sind die Zöglinge zu einer Erwerb begründenden Tätigkeit anzuhalten, und der aus den Erzeugnissen der erlernten Handarbeiten oder der öffentlichen musikalischen Leistungen, wovon auch Aufspielen bei Tanzlustbarkeiten nicht ausgeschlossen ist, erzielte Erlös ist für die Anstalt zu erheben und zu verrechnen.
IX.
Die Verleihung aller Plätze dieser Unserer Königlichen Stiftung hat von Uns und Unseren Regierungsnachfolgern auszugehen.
Die gegenwärtigen Satzungen der von Uns gemachten Stiftung bestätigen und bekräftigen Wir mit Unserer eigenhändigen Unterschrift, mit Vorbehalt, während Unserer Lebenszeit noch daran ändern zu können, und lassen zur Beurkundung Unser geheimes Kanzleisiegel beidrucken.
Gegeben zu München am 25. August im Jahre eintausendachthundertsechsunddreißig.
Ludwig