Inhalt

VG München, Urteil v. 24.11.2020 – M 1 K 18.4073
Titel:

Klage auf die Erteilung eines Vorbescheids für die Errichtung eines Einfamilienhauses bei erheblicher Vorbelastung durch Straßen- und Schienenverkehr

Normenketten:
VwGO § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 5 S. 1, S. 2
BayBO Art. 59 Abs. 1 S. 1 lit. a, lit. c, Art. 68 Abs. 1 S. 1, Art. 71 S. 1, S. 4
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 4 Abs. 2 Nr. 1, § 12 Abs. 2, § 15 Abs. 1 S. 2, § 16 Abs. 2, § 23 Abs. 5 S. 2
BImSchG § 3 Abs. 1, Abs. 2
16. BImSchV § 2
Leitsätze:
1. Durch einen Vorbescheid können solche Fragen geklärt werden, die in einer Baugenehmigung zu entscheiden sind. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Frage, ob die Erschließung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesichert ist, kommt es nicht auf die bauordnungsrechtlichen Erschließungsanforderungen (Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO) an. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbescheid für Einfamilienhaus, Innenbereich, Lärmgrenzwerte bei Schienenverkehr, Maß der Nutzung, Wohnhaus, allgemeines Wohngebiet, Immissionen, Vorbelastung, gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, DIN 18005, Orientierungswert, Doppelgarage, örtliche Bauvorschrift, Dachform
Fundstelle:
BeckRS 2020, 34762

Tenor

I. Der Bescheid vom 29. Juni 2018 wird hinsichtlich der Beantwortung der Fragen 1. - 3. aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den unter dem 9. November 2017 beantragten Vorbescheid hinsichtlich der Fragen 1. - 3. zu erteilen. Im Übrigen (hinsichtlich der Frage 4.) wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf FlNr. 65/84 Gemarkung … … (die im folgenden genannten Flurnummern sind solche dieser Gemarkung).
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Das Grundstück liegt in Zone 3 des Geltungsbereiches der örtlichen Bauvorschrift der Beklagten vom 15. September 1992 (Stand Januar 2002), welche unter Nr. 7 Vorgaben zu Dachformen enthält.
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An das Grundstück FlNr. 65/84 grenzen südöstlich Bahngleise an. Angrenzend an diese führen die B* …straße und M* … Allee vorbei. Nördlich, westlich und südwestlich des Grundstücks befinden sich ausweislich des Luftbildes überwiegend Wohngebäude.
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Das Grundstück FlNr. 65/84 entstand ausweislich des Grundbucheintrags am 16. März 2017 infolge einer Teilung des daran angrenzenden nordöstlich gelegenen Grundstücks FlNr. 65/9. An das Grundstück 65/9 grenzt das Grundstück 65/61 an. Die Grundstücke liegen nicht an einer öffentlichen Straße. Die Zufahrt erfolgt über den Privatweg FlNr. 59/2, der im Jahr 2018 als Eigentümerweg gewidmet wurde.
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Mit Bescheid vom 28. März 2017 erteilte die Beklagte auf Antrag eines nicht am Verfahren beteiligten Bauherrn eine Baugenehmigung für vier Wohnhäuser auf den Grundstücken FlNr. 65/61 und 65/9 unter der Bedingung, dass die FlNr. 65/61, 65/9 und 59/2 zu einem Grundstück zu vereinen seien. Ein Nachweis sei vor Baubeginn vorzulegen.
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Unter dem 9. November 2017 beantragte der Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für das neu entstandene Grundstück FlNr. 65/84 zu folgenden Fragen:
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„1. Ist es möglich, das geplante Einfamilienhaus mit den Ausmaßen von 10,0 m x
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8,0 m auf dem Grundstück zu errichten?
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1a. Ist es möglich, die Geschossigkeit Erdgeschoss und Obergeschoss
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(2 Vollgeschosse) zu errichten?
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2. Ist es möglich, eine Doppelgarage wie im Lageplan dargestellt, zu errichten?
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3. Ist es möglich, das Schwimmbecken, wie im Lageplan dargestellt, mit den Ausmaßen
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von 9 m x 5 m x 2 m zu errichten?
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4. Ist es möglich, die Dachform als Walmdach durchzuführen?“
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Ausweislich des eingereichten Bauplans soll die Wandhöhe 5,73 m betragen und das Dach eine Neigung von 10 Grad haben. Die Garage ist mit einer Grundfläche von 51,20 m² im Nordosten angrenzend an das Wohnhaus geplant. Der geplante Pool soll im Südwesten des Grundstücks errichtet werden.
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Mit Stellungnahme vom 11. Dezember 2017 teilte die untere Immissionsschutzbehörde mit, dass aus fachtechnischer Sicht am Bauvorhaben sowohl tagsüber als auch nachts erhebliche und teilweise potentielle Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Überschreitungen der schalltechnischen Anforderungskriterien durch Gewerbe und Verkehrslärm sowie Erschütterungen zu erwarten seien. Ohne weitere Schallschutzmaßnahmen bestünden Bedenken gegen die geplante Wohnbebauung.
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Mit Schreiben vom 19. Februar 2018 wurde der Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört.
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Mit Bescheid vom 29. Juni 2018, zugestellt am 11. Juli 2018, wurde der beantragte Vorbescheid abgelehnt. Zur Begründung wird ausgeführt, das betreffende Grundstück sei am 16. März 2017 neu gebildet worden. Es sei kurz vor der am 28. März 2017 erteilten Baugenehmigung aus den ursprünglichen zwei Grundstücken FlNr. 65/9 und 65/61 herausgeteilt worden. In diesem Baugenehmigungsverfahren sei bei der Prüfung der möglichen Grundflächenzahl bzw. der bebaubaren Grundstücksfläche das nun abgeteilte Grundstück FlNr. 65/84 mit einbezogen worden. Von einem positiven Vorbescheid könne kein Gebrauch gemacht werden, da die erteilte Baugenehmigung dieser Vorbescheidsfrage entgegenstehe. Die mögliche bebaubare Fläche sei ausgereizt. Im Ergebnis fehle das Sachbescheidungsinteresse.
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Mit Schriftsatz vom … August 2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erhoben und beantragt,
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1. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2018 wird aufgehoben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger einen positiven Vorbescheid zu erteilen, hilfsweise noch einmal ermessensfehlerfrei gemäß der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
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Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids. Die Teilung des Grundstücks habe sich aufgrund der großen freien Fläche im südlichen Bereich des ehemals ungeteilten Grundstücks FlNr. 65/9 regelrecht aufgedrängt. Es sei unrichtig, dass die bebaubare Grundstücksfläche des ungeteilten Grundstücks 65/9 durch die Genehmigung der beiden Baukörper mit insgesamt zehn Wohneinheiten bereits ausgereizt worden sei. Das Bauvorhaben füge sich nach dem Maß der Nutzung ein. Nordwestlich stünden große Wohnblöcke mit großen Wohneinheiten. Auch auf FlNr. 65/61 sei eine wesentlich dichtere und umfangreichere Bebauung mit zwei Baukörpern für jeweils zehn Wohneinheiten genehmigt worden. Das Schwimmbecken sei gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. g BayBO verfahrensfrei.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, das Baugrundstück sei vor seiner Teilung bereits Gegenstand einer Baugenehmigung sowie zweier vorangegangener Vorbescheide gewesen. Die Umgebung entspreche einem allgemeinen Wohngebiet. Bereits bezüglich des Antrags des vorherigen Eigentümers über die Errichtung von fünf Wohnhäuser habe die Beklagte ein Einfügen hinsichtlich der geplanten Grundflächen- und Geschossflächenzahl als nicht gegeben angesehen. Eine derartige Verdichtung sei in der Umgebung nicht anzutreffen. Zudem sei bereits damals auf möglicherweise nicht vorliegende gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse aufgrund der Nähe zu den Bahngleisen hingewiesen worden. Die Baugenehmigung sei unter der Bedingung erteilt worden, dass die FlNr. 65/61, 65/9 und 59/2 zu einem Grundstück vereint werden. Die Beklagte sei mit der Errichtung der vier Wohnhäuser nur einverstanden gewesen, wenn die Fläche, die nun abgetrennt worden sei, nicht bebaut werde. Das Vorhaben füge sich hinsichtlich seiner Grundstücksfläche nicht ein. Diese negative Vorbildwirkung bei Zulassung des Vorhabens könne nur mit Mitteln der Bauleitplanung bewältigt werden. Zudem sei auch die Erschließung nicht vorhanden. Das Grundstück liege nicht an einer öffentlichen Straße. Auch ein Geh- und Fahrtrecht sei keine Lösung, da eine Neuerrichtung eines Hinterliegergrundstücks zu einem städtebaulichen Missstand führe. Eine Zufahrt für Rettungskräfte sei ebenso wie eine Wendemöglichkeit nicht gegeben. Die Errichtung des Schwimmbeckens sei nicht verfahrensfrei, da es Teil eines unselbständigen Gesamtvorhabens sei.
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Am 12. November 2019 wurde zur Sache mündlich verhandelt. Im Nachgang erging folgender Beweisbeschluss:
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„Es ist Beweis zu erheben über die schalltechnischen Einwirkungen durch den Straßen- und Schienenverkehr (M* … Allee, Bahnlinie … - …*) auf die geplante Bebauung auf dem Grundstück des Klägers FlNr. 65/84 Gemarkung … … durch eine konkrete Ermittlung und Bewertung der Geräuscheinwirkungen.“
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Das beauftragte Gutachten wurde mit Datum vom 6. Juli 2020 erstellt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die als obere Anhaltswerte anzusehenden gebietsspezifischen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV noch eingehalten werden, der Orientierungswert nach der DIN 18005 jedoch teilweise bis zu 2 dB(A) überschritten werde. Auf den weiteren Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 22. Juli 2020 teilte die Klagepartei, mit Schreiben vom 24. Juli 2020 die Beklagte mit, dass sie auf weitere mündliche Verhandlung verzichte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hierzu gem. § 101 Abs. 2 VwGO ihr Einverständnis erklärt haben.
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Die Klage ist zulässig, hat in der Sache Erfolg jedoch nur teilweise Erfolg.
I.
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Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere liegt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Die erteilte Baugenehmigung vom 28. März 2017 für die Grundstücke FlNr. 65/9 und 65/61 steht der Erteilung des Vorbescheids für das Grundstück FlNr. 65/84 nicht entgegen. Zwar wurde die Baugenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass die Grundstücke FlNr. 65/61, 65/9 und 59/2 zu einem Grundstück zu vereinen seien. Dem wurde nicht nachgekommen, vielmehr wurde darüber hinaus das Vorhabengrundstück aus der FlNr. 65/9 kurz vor Erteilung der Baugenehmigung herausgeteilt. Auf die Rechtmäßigkeit und den Vollzug der Bedingung in der Baugenehmigung vom 28. März 2017 kommt es für das Bauvorhaben auf dem Grundstück FlNr. 65/84 indes nicht an. Auch liegt kein widersprüchliches Verhalten des Klägers vor, da die Baugenehmigung vom 28. März 2017 von einem Dritten beantragt wurde und diesem auch erteilt wurde.
II.
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Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids gem. Art. 71 Satz 1, 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO hinsichtlich der Vorbescheidsfragen Nr. 1. - 3. Die negative Beantwortung dieser Fragen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Im Hinblick auf Frage 4. besteht kein Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids, sodass die Ablehnung diesbezüglich in rechtmäßiger Weise erging.
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Gem. Art. 71 Satz 1 BayBO ist vor Einreichung eines Bauantrags auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Geklärt werden können solche Fragen, die in einer Baugenehmigung zu entscheiden sind. Die streitgegenständlichen Vorbescheidsfragen unter 1. - 3. beziehen sich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage und Pool auf dem Vorhabengrundstück. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer baulichen Anlage gehört im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zum Prüfungsmaßstab und ist damit auch zulässiger Gegenstand eines Vorbescheidsverfahrens (Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO, §§ 29 ff. BauGB).
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Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, da sich das Vorhabengrundstück - unstreitig - innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile befindet (sog. unbeplanter Innenbereich). Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).
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Aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten geht die Kammer davon aus, dass die nähere Umgebung des streitgegenständlichen Vorhabens ein faktisches allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO darstellt.
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Für die Prüfung des Einfügens sind die tatsächlich vorhandenen Bebauungen unabhängig davon maßgeblich, ob sie in Übereinstimmung mit den baurechtlichen Vorschriften errichtet worden sind. Für die Beurteilung der Frage, ob nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen zu berücksichtigen sind, ist wesentlich, ob sie von den zuständigen Behörden in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dem Vorhandensein der Gebäude abgefunden haben. Bei der Betrachtung auszublenden sind danach nur nicht genehmigte und auch nicht genehmigungsfähige Gebäude, deren Beseitigung jederzeit verlangt werden kann und dies nach Lage der Dinge auch zu erwarten ist (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 - juris Rn. 6; vgl. auch B.v. 16.12.2008 - 4 B 68.08 - juris Rn. 8; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 138. EL Mai 2020, § 34 Rn. 35). Da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass etwa gegen die Gebäude auf den Grundstücken FlNr. 65/61 und 65/9 oder sonstige umliegende Gebäude eingeschritten werden soll, sind alle Gebäude in der näheren Umgebung zur Beurteilung der Frage des Einfügens des Vorhabens in die vorhandene Bebauung einzubeziehen.
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1. Die Fragen 1. und 1 a., die sich teilweise überschneiden, sind positiv zu beantworten, da sich das geplante Einfamilienhaus in die nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügt.
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Die Vorbescheidsfrage Nr. 1 ist nach Klarstellung durch die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung dahingehend auszulegen, dass sich diese Frage nicht nur auf das Einfügen des Maßes der geplanten Nutzung in die nähere Umgebung bezieht, sondern auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Einfamilienhauses mit den genannten Maßen gem. § 34 Abs. 1 und 2 BauGB.
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a. Das Vorhaben fügt sich seiner Art nach unproblematisch in die nähere Umgebung ein. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich um ein faktisches allgemeines Wohngebiet handelt (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO), in dem die beantragte Wohnnutzung zulässig ist (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO).
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Rechtliche Schranken können sich allerdings aus dem Gebot der Rücksichtnahme gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergeben. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die nach §§ 2 bis 14 BauNVO zulässigen baulichen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22).
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Gemessen hieran verstößt das Wohnbauvorhaben des Klägers nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Insbesondere sind von dem Schienen- und Straßenverkehr keine unzumutbaren Lärmimmissionen für das Wohnbauvorhaben zu erwarten. Unzumutbare Belästigungen oder Störungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG, d.h. Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. BayVGH, U.v. 3.1.1995 - 2 B 91.2878 - BayVBl 1995, 347). Für das Gebot der Rücksichtnahme ist unter anderem maßgeblich, dass gesunde Wohnverhältnisse gewahrt bleiben. Ist dies der Fall, bietet § 15 BauNVO keine Handhabe, eine Baugenehmigung für die auf dem Grundstück baurechtlich allgemein zulässige Nutzung zu versagen. Die Grenze der Wohnunverträglichkeit markiert, oberhalb welchen Grades der Immissionsbelastung eine Baugenehmigung gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht mehr erteilt werden darf (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 - NVwZ 1996, 379/381). Für den hier zu entscheidenden Fall eines Heranrückens einer Wohnbebauung an Schienen- und Straßenverkehr bestehen hinsichtlich des Schallschutzes keine normierten Regelwerke. Im eingeholten Gutachten vom 6. Juli 2020 wurden vom Gutachter als Orientierungswerte die Lärmgrenzwerte der DIN 8005 Beiblatt 1 „Schallschutz im Städtebau“ sowie die 16. BImSchV - VerkehrslärmschutzVO - vom 12.6.1990 (zuletzt geändert am 4.11.2020) angewandt. Der Gutachter kommt dabei zu dem Ergebnis, dass an der Nord- und Südfassade des geplanten Wohnhauses die Lärmgrenzwerte der DIN 18005 nachts um 2 dB(A) überschritten werden. An der Ostfassade ist größtenteils eine Überschreitung zu erwarten (tags Werte zwischen 54 und 56 dB(A) und nachts zwischen 46 und 49 dB(A)). Die in § 2 der 16. BImSchV geregelten Lärmgrenzwerte werden jedoch immer eingehalten. Nach Auffassung der Kammer sind die in der DIN 18005 enthaltenen Orientierungswerte im hier zu entscheidenden Fall nicht heranzuziehen. Die DIN 18005-1 Beiblatt 1 „Schallschutz im Städtebau“ beinhaltet Orientierungswerte für Planer für die Aufstellung von Bebauungsplänen und ist nicht für Einzelbauvorhaben konzipiert. Auch im Rahmen der Bauleitplanung beinhaltet die DIN 18005 keine starren Grenzwerte, sondern Orientierungswerte, die im Rahmen der Abwägung oder durch passiven Schallschutz im Einzelfall auch höher liegen können. Zwar findet auch die 16. BImSchV nicht direkt Anwendung, da sie gem. § 1 der 16. BImSchV für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und Straßenbahnen gilt. Jedoch sind die darin enthaltenen Grenzwerte entsprechend heranzuziehen, da es sich um eine vergleichbare Interessenlage handelt und eine Regelungslücke besteht. Im hier zu entscheidenden Fall geht es gerade darum, dass ein Wohngebäude nachträglich an bestehende Straßen und Schienen herangebaut wird. Es ist daher interessengerecht, bei der umgekehrten Reihenfolge ebenso die Werte der 16. BImSchV als Orientierung heranzuziehen. Werden die Grenzwerte der 16. BImSchV eingehalten, so bildet dies regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse noch gewahrt sind (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 - NVwZ 1991, 879/881). Hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrslärms kann damit eine Orientierung für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze an der 16. BImSchV erfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2014 - 12 BV 14.1629 - juris Rn. 32 f.). Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV gelten in reinen und allgemeinen Wohngebieten tags Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A), und nachts von 49 dB(A). Diese sind nach den Ergebnissen des Gutachtens vom 6. Juli 2020 durchweg eingehalten. Eine unzumutbare Beeinträchtigung gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO liegt demnach nicht vor.
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b. Das Vorhaben fügt sich auch nach dem Maß der Nutzung ein. Im Innenbereich kommt es allein auf die das Baugrundstück prägende Umgebungsbebauung an (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 18/92 - juris Rn. 12). Vorrangig ist deshalb auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt. Abzustellen ist auf die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7/15 - juris Rn. 17 m.w.N.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 138. EL Mai 2020, § 34 Rn. 40). Demgegenüber müssen die anderen Maßfaktoren wie Grundflächenzahl und Geschossflächenzahl zurücktreten und können nur in begrenzter Weise als Auslegungshilfen hinzugezogen werden (vgl. BVerwG, U. v. 23.3.1994 - 4 C 18.92 - juris Rn. 12). Das auf dem Vorhabengrundstück geplante Einfamilienhaus weist eine Grundfläche von 80,00 m² bei einer Grundstücksgröße von circa 441 m² auf. Es ist mit einem Erdgeschoss und einem Obergeschoss geplant. Die Wandhöhe beträgt 5,73 m. Das Dach soll eine Neigung von 10 Grad haben.
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Das geplante Einfamilienhaus fügt sich hinsichtlich seiner Geschossigkeit ein. So weisen drei der vier benachbarten Gebäude auf den Grundstücken FlNr. 65/9 und 65/61 eine Geschossigkeit von EG + 2. OG sowie ein ausgebautes DG aus. Ferner haben diese drei Gebäude ausweislich der vorgelegten Baupläne eine Wandhöhe von 11,52 m und sind hinsichtlich ihrer Kubaturen somit deutlich größer als das geplante Haus.
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Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich der Grundfläche in die Umgebung ein. Betrachtet man ausschließlich die Grundfläche des Wohngebäudes im Vergleich zur Nachbarbebauung, so ist diese merklich kleiner als die Grundflächen der Nachbargebäude, wie z. B auf den FlNr. 70/3, 70/4, 70/5. Ebenso fügt sich das Vorhaben im Hinblick auf die umliegenden Freiflächen ein. Die Umgebungsbebauung weist keine homogenen Grundstücksgrößen auf, vielmehr variieren die Grundstücke hinsichtlich ihrer Zuschnitte stark. Das Vorhabengebäude ist angepasst an seine Grundstücksgröße merklich kleiner als die umliegenden Gebäude. Insbesondere im Hinblick auf die Grundstücke FlNr. 65/9 und 65/61 ist zu erkennen, dass die Gebäude passend zur Grundstücksgröße hin zu dem klägerischen Grundstück jeweils kleiner werden. Selbst wenn man die Nebenanlagen (Doppelgarage, Pool) mit in die Betrachtung einbezieht, sind nach Auffassung der Kammer, entsprechend dem Grundstückszuschnitt, ausreichend Freiflächen vorhanden, um ein Einfügen bejahen zu können.
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Auf die in § 16 Abs. 2 BauNVO genannten Kriterien, wie Geschoß- und Grundflächenzahl, kommt es nach oben Ausgeführtem nicht an. Auf diese Kriterien kann es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen des § 34 BauGB nur dann ankommen, wenn es z.B. um die (Neu-)Errichtung eines Gebäudes in einer Baulücke in einem in offener Bauweise bebauten Gebiet mit nach Größe und Zuschnitt gleichen Grundstücken geht, weil hier die Baudichte und damit das Verhältnis von Geschossfläche und unbebauter Fläche auf den einzelnen Baugrundstücken aus der in der Nachbarschaft vorhandenen Bebauung ohne größere Schwierigkeiten ablesbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 18/92 - juris Rn. 12). Die Umgebungsbebauung und die Grundstücksgrößen der maßgeblichen näheren Umgebung erweisen sich jedoch als uneinheitlich und inhomogen, so dass die Kriterien des § 16 Abs. 2 BauNVO nicht zur Anwendung kommen.
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c. Mit der geplanten offenen Bauweise fügt sich das Vorhaben in seine Umgebung ein. Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. § 23 BauNVO) fügt sich das Bauvorhaben ein. Nimmt man eine im Nordwesten des Grundstücks gelegene faktische Baulinie an, die sich von den Grundstücken FlNr. 65/9, 65/61 zu den Grundstücken FlNr. 70/3 und 71 an der Außenwand der Gebäude entlang fortführt, so wäre diese auch bei dem geplanten Einfamilienhaus eingehalten.
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d. Die Erschließung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist gesichert. Die bauordnungsrechtlichen Erschließungsanforderungen (Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO) sind nicht Gegenstand der Prüfung. Daher kann dahinstehen, ob es sich bei der „Zufahrt“ um einen Wohnweg von begrenzter Länge handelt. Die Erschließung ist auf Dauer gesichert. Zwar liegt das Grundstück nicht an einer öffentlichen Straße; das Grundstück FlNr. 59/2 steht jedoch im Miteigentum des Klägers und wurde nach Auskunft der Beklagten im Jahr 2018 als Eigentümerweg gewidmet. Zudem besteht ein dinglich gesichertes Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. 65/84 sowie ein Ver- und Entsorgungsleitungsrecht über die Grundstücke FlNr. 65/9, 65/61 und 59/2. Die Breite der Zufahrt beträgt 3 m und ist für die bauplanungsrechtliche Erschließung als ausreichend anzusehen. Die erforderliche Mindestbreite der an ein Baugrundstück heranführenden Straße ist weder bundes- noch landesrechtlich ausdrücklich geregelt. Um die Anfahrbarkeit des Baugrundstücks für Kraftfahrzeuge zu ermöglichen, ist für ein Wohnbauvorhaben im Innenbereich in der Regel eine Wegbreite von mindestens 3 m erforderlich. Gerade die für Wohngebäude erforderliche Zufahrtsmöglichkeit für Rettungsfahrzeuge ist üblicherweise erst bei dieser Wegbreite gegeben (ausführlich hierzu BayVGH, B.v. 7.11.2011 - 2 CS 11.2149 - juris Rn. 5), so dass das Grundstück zumindest mit kleineren Rettungsfahrzeugen angefahren werden kann. Zwar besteht bei dem klägerischen Grundstück kein Wendehammer. Da Ausweich- und Umkehrmöglichkeiten vor den jeweiligen Garagen und Stellplätzen auf den Grundstücken FlNr. 65/84, 65/9 und 65/61 bestehen, ist es vorliegend unschädlich, dass das klägerische Grundstück über keinen Wendehammer verfügt.
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e. Auch die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse, § 34 Abs. 1 S. 2 BauGB, sind gewahrt. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verwiesen werden.
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2. Hinsichtlich der Frage 2 im Vorbescheidsantrag ist die Beklagte ebenfalls verpflichtet, diese dem Kläger positiv zu beantworten. Die Vorbescheidsfrage wird wiederum dahingehend ausgelegt, dass sie sich allein auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bezieht. Die beantragte Doppelgarage fügt sich unproblematisch in die Umgebungsbebauung gem. § 34 Abs. 1 und 2 BauGB ein. Hinsichtlich der Art der Nutzung regelt § 12 BauNVO die Zulässigkeit von Stellplätzen und den ihnen gleich gestellten Garagen. Gem. § 12 Abs. 2 BauNVO sind Garagen in allgemeinen Wohngebieten nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. Eine Doppelgarage für ein Einfamilienwohnhaus überschreitet den üblichen Bedarf nicht, so dass die Garage der Art nach zulässig ist. Auch hinsichtlich des Maßes fügt sich die Doppelgarage ein. Auf dem Nachbargrundstück FlNr. 65/9 befindet sich ebenfalls bereits eine Doppelgarage. Die faktische Baulinie im Nordwesten würde nicht überschritten werden, so dass dahinstehen kann, ob die Voraussetzungen für § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO greifen.
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3. Auch hinsichtlich der Frage 3 im Vorbescheidsantrag ist die Beklagte verpflichtet, diese dem Kläger positiv zu beantworten.
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Gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind auch untergeordnete Nebenanlagen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Als untergeordnete Nebenanlage ist auch ein Swimmingpool anzusehen (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, 138. EL Mai 2020, § 14 Rn. 50). Der Pool fügt sich unproblematisch auch hinsichtlich des Maßes der Nutzung (vgl. Ausführungen unter 1.b.), der Bauweise und der Grundstücksfläche in die nähere Umgebung ein.
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4. Hinsichtlich der im Vorbescheidsantrag gestellten Frage 4 kann hingegen keine Verpflichtung gegenüber der Beklagten ausgesprochen werden, diese positiv zu beantworten.
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Bei der Frage handelt es sich um eine zulässige Frage im Rahmen eines Vorbescheidantrags, da sich das Grundstück im Geltungsbereich einer örtlichen Satzung der Beklagten befindet und diese gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO zum Prüfprogramm im vereinfachten Verfahren gehört.
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In Nr. 7.1 dieser Satzung ist geregelt, dass Haupt- und Nebengebäude mit flachgeneigten Satteldächern mit einer beidseits gleichen Neigung von 18 - 24 Grad auszubilden sind. Nach Nr. 7.2 sind in den festgesetzten Zonen I und II als Dachformen für Hauptgebäude neben Satteldächern auch Walmdächer und Mansarddächer zulässig. Das Grundstück liegt in Zone III, so dass ein Walmdach grundsätzlich nicht zulässig wäre. Nach Nr. 7.3 der örtlichen Satzung können aber andere Dachformen zugelassen werden, wenn dies zur Einbindung der Gebäude in den Baubestand, zur Gestaltung markanter oder besonderer landschaftlicher Situationen oder aufgrund einer bereits vorhandenen Bebauung erforderlich ist. Die Entscheidung steht im Ermessen der Beklagten. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 7.3 der örtlichen Bauvorschrift der Beklagten sind jedoch nicht erfüllt. Weder ist ein Walmdach zur Einbindung des Gebäudes in den Baubestand, noch zur Gestaltung markanter oder besonderer landschaftlicher Situationen oder aufgrund einer bereits vorhandenen Bebauung „erforderlich“. Zwar wurden in der Umgebungsbebauung teilweise Gebäude mit Walmdächern errichtet. Dies führt aber nicht dazu, dass dieses auch bei dem geplanten Einfamilienhaus, wie Nr. 7.3. der örtlichen Bauvorschrift fordert, erforderlich wäre, insbesondere da auf den Nachbargrundstücken auch andere Dachformen vorzufinden sind. Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob eine ermessensfehlerfreie Entscheidung vorliegt oder aber das Ermessen auf Null reduziert wäre nicht an.
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5. Bezüglich dieser im Vorbescheidsantrag gestellten Frage 4 tritt daher die innerprozessuale Bedingung für den Hilfsantrag, ermessensfehlerfrei gemäß der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, ein.
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Auch dieser Antrag führt nicht zum Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung der Frage 4 des Vorbescheidsantrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da, wie soeben erläutert, die Tatbestandsvoraussetzungen für die Zulassung des Walmdaches nach Nr. 7.3 der örtlichen Bauvorschrift nicht vorliegen, kann die Beklagte auch nicht dazu verpflichtet werden, ihr Ermessen entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts neu auszuüben.
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6. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da der Kläger in seinem Vorbescheidsantrag fünf Fragen gestellt hat und vier davon positiv zu beantworten sind, ist es verhältnismäßig, dem Kläger 1/5 und der Beklagten 4/5 der Kosten aufzuerlegen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 i.V.m. 711 Satz 1 und 2 ZPO.