Inhalt

VG München, Beschluss v. 27.05.2020 – M 26 E 20.2100
Titel:

Kein Anspruch auf vorläufige Öffnung eines Fitnessstudios

Normenketten:
4. BayIfSMV § 9, § 11
VwGO § 43, § 47 Abs. 6, § 67 Abs. 4 S. 4, S. 7, § 87a Abs. 2, Abs. 3, § 123 Abs. 1 S. 1
AGVwGO Art. 5 S. 1
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4
Leitsätze:
1. Die Schließung von Fitnessstudios in Anbetracht des dem Verordnungsgeber bei der Verhinderung der Weiterverbreitung des neuartigen Coronavirus zuzubilligenden Einschätzungsspielraums zum Zwecke des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung ist geeignet und kann auch als erforderlich erachtet werden im Hinblick auf die einerseits gegebene Übertragungsart durch Aerosole und andererseits durch das im Fitnessstudio deutlich gesteigerte Atemverhalten unter körperlicher Belastung einer Vielzahl von Personen auf vergleichsweise engem Raum. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. In der unterschiedlichen Behandlung von Fitnessstudios gegenüber Restaurant-, Friseur- und anderen Dienstleistungsbetrieben ist kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu sehen; es handelt sich um unterschiedlich zu würdigende Sachverhalte. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnungsanspruch, effektiver Rechtsschutz, Feststellungsklage, Gleichbehandlungsgrundsatz, Berufsausübungsfreiheit, Fitnessstudio, Restaurant, Friseur, Rechtsschutzgarantie, Rechtsschutzinteresse
Fundstelle:
BeckRS 2020, 22621

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt die Wiederöffnung ihrer Fitnessstudios im Wege einer einstweiligen Anordnung nach deren Schließung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
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Die Antragstellerin betreibt in München … Fitnesscenter, die aufgrund der Corona-Regelungen des Antragsgegners seit Mitte März 2020 geschlossen sind. Auch nach der derzeit geltenden Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (4. BayIfSMV) ist die Öffnung von Fitnessstudios nicht erlaubt. Nach § 11 Satz 1 der 4. BayIfSMV sind unter anderem Fitnessstudios als Freizeiteinrichtungen geschlossen. Die Erteilung von Öffnungsgenehmigungen ist nicht vorgesehen.
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Am 15. Mai 2020 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München,
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vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass § 11 Satz 1 der Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. Mai 2020 in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 14. Mai 2020 dem Betrieb der Fitnessstudios der Antragstellerin
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… … … …
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… … …
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… … …
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… … …
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nicht entgegensteht, sofern das mit diesem Antrag eingereichte Schutzkonzept, hilfsweise die Vorgaben für Fitnessstudios unter Ziffer VII. in der Anlage „Hygiene- und Infektionsstandards“ zur CoronaSchutzVO des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2020, eingehalten werden.
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Auf die zur Begründung eingereichten Schriftsätze der Bevollmächtigten der Antragstellerin wird Bezug genommen.
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Ebenfalls am 15. Mai 2020 beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (dort anhängig unter dem Az. 20 NE 20.1195); eine Normenkontrollklage in der Hauptsache hatte sie bereits zuvor anhängig gemacht.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
II.
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Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch die Vorsitzende und Berichterstatterin (§ 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO).
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Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, im Übrigen aber auch unbegründet.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
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1. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung der mangelnden Verbindlichkeit der in § 11 Satz 1 der 4. BayIfSMV getroffenen Regelung für ihre Betriebe. Die begehrte Feststellung, dass § 11 Satz 1 der 4. BayIfSMV dem Betrieb der Fitnessstudios der Antragstellerin nicht entgegensteht, ist wegen des Vorrangs des Normenkontrollverfahrens einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht aber nicht zugänglich, so dass der Antrag unstatthaft ist.
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Gemäß § 11 Satz 1 der 4. BayIfSMV ist der Betrieb von Fitnessstudios nicht erlaubt, ohne dass eine Befreiungsmöglichkeit von dieser Regelung vorgesehen ist. Bei den Studios handelt es sich unstreitig um Fitnessstudios im herkömmlichen Sinn, so dass eine anderweitige Auslegung ebenfalls nicht in Betracht kommt. Damit ist der Antragstellerin auf Grundlage einer abstrakt-generellen Regelung der Verordnung der Betrieb ihrer Fitnessstudios derzeit untersagt, ohne dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Verordnungsbestimmung eine abweichende behördliche Entscheidung im Einzelfall möglich wäre. Auf die Einhaltung eines Schutzkonzepts kommt es nach der eindeutigen Regelungslage daher ebenfalls nicht an, so dass dessen gerichtliche Überprüfung entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht inmitten steht. Es fehlt daher bereits an einem streitigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis, das einer Einzelfallanordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zugänglich wäre. In der Sache wendet sich die Antragstellerin mithin unmittelbar gegen die Verordnungsbestimmung in § 11 Satz 1 der 4. BayIfSMV selbst. Für dieses Rechtsschutzbegehren steht ihr aber gemäß § 47 Abs. 6 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 AGVwGO in Bayern die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegen die Verordnung selbst offen (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.2007 - 7 C 13/06 - juris Rn. 20; Schleswig-Holsteinisches VG, B. v. 30.4.2020 - 1 B 70/20 - juris Rn. 3; VG Augsburg, B.v. 28.4.2020 - Au 9 E 20.720 - juris). In derartigen Fällen, in denen effektiver Rechtsschutz durch § 47 VwGO möglich ist und sich der Antrag auf die Unwirksamkeitserklärung bzw. die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Rechtsnorm bezieht, ist § 47 VwGO gegenüber einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO bzw. einem Antrag nach § 123 VwGO lex specialis (Sodan/Ziekow, § 123 VwGO Rn. 40 f; Beck OK VwGO, § 123 Rn. 16; Fehling/Kastner/Stürmer, § 123 VwGO Rn. 22).
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Jedenfalls besteht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kein Rechtsschutzinteresse dafür, dass Verwaltungsgericht und den Verwaltungsgerichtshof parallel mit derselben Angelegenheit zu befassen, auch wenn der Streitgegenstand eines Antrags nach § 123 VwGO mit demjenigen eines Antrags nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht identisch ist. Die Antragstellerin kann ihr Rechtschutzziel mit dem beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verfolgten Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO vollständig erreichen.
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2. Im Übrigen wäre der Antrag auch unbegründet. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anordnungsanspruch zusteht.
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Sie hat nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung keinen Anspruch auf vorläufige Öffnung ihrer Fitnessstudios unter Einhaltung des beigefügten Schutzkonzepts oder der Vorgaben für Fitnessstudios unter Ziffer VII in der Anlage „Hygiene- und Infektionsstandards“ zur CoronaSchutzVO des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. Mai 2020.
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Nach vorläufiger Bewertung des Gerichts spricht vieles dafür, dass die angegriffene Norm des § 11 Satz 1 der 4. BayIfSMV betreffend Fitnessstudios rechtmäßig ist, insbesondere auch gegenwärtig noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht und auch in Ansehung der Öffnung von Einzelhandels-, Gaststätten- und Dienstleistungsbetrieben nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (vgl. dazu BayVerfGH, E.v. 15.5.2020 - Vf.34-VII-20 - juris; OVG Lüneburg, B.v. 14.5.2020 - 13 MN 156/20 - juris; OVG Hamburg, B.v. 22.5.2020 - 5 Bs 77/20).
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Hervorzuheben ist dabei, dass die Schließung von Fitnessstudios in Anbetracht des dem Verordnungsgeber bei der Verhinderung der Weiterverbreitung des neuartigen Coronavirus zuzubilligenden Einschätzungsspielraums als zum Zwecke des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung geeignet und erforderlich erachtet werden kann. Die Übertragung des neuartigen Corona-Virus findet hauptsächlich im Wege der Tröpfcheninfektion statt; Untersuchungen weisen aber darauf hin, dass auch eine Übertragung durch Aerosole erfolgt (Robert-Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand 22.5.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText1, abgerufen am 27.5.2020). Durch das deutlich gesteigerte Atemverhalten unter körperlicher Belastung einer Vielzahl von Personen auf vergleichsweise engem Raum und bei begrenztem und nur unzureichend durchmischtem Luftvolumen wird die Gefahr der Infektion weiterer Personen deutlich erhöht. Gerade das stoßartige Ausatmen unter körperlicher Belastung kann bei (noch) symptomfreien, aber infizierten Personen zu einem massiven Ausstoß infektiöser Viren über eine große Distanz führen und damit die im Vordergrund stehende Tröpfcheninfektion - auch in Gestalt kleinster und über einen längeren Zeitraum in der Luft schwebender Aerosole - befördern. Ob daneben auch eine Schmierinfektion durch mit virenbelasteten Tröpfchen verunreinigten Schweiß in Betracht kommt, bedarf an dieser Stelle keiner näheren Betrachtung. Das von der Antragstellerin beschriebene Hygiene- und Abstandskonzept bietet vor dem beschriebenen Gefahrenintergrund derzeit keinen hinreichend sicheren, mit einer Betriebsschließung vergleichbaren Schutz. Mit der verfügten Schließung werden die mit dem Betrieb eines Fitnessstudios typischerweise verbundenen Infektionsgefahren jedenfalls ausgeschlossen. Angesichts der hohen Infektiosität von SARS-CoV-2 kann die in § 11 Satz 1 der 4. BayIfSMV enthaltene Beschränkung daher durchaus auch weiterhin als zur Gefahrverminderung erforderlich angesehen werden.
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Die vorübergehende Schließung von Fitnessstudios dürfte sich auch als derzeit noch angemessen erweisen. Der mit der Beschränkung verbundene Eingriff in das Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG hat fraglos Umsatzeinbußen zur Folge und stellt einen durchaus intensiven Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Neuinfektionen zwar zurückgegangen; gleichwohl befinden sich Deutschland und Bayern weiterhin in einer kritischen pandemischen Lage. Nach dem gegenwärtigen Lagebericht des Robert-Koch-Instituts (Stand: 26.5.2020) gibt es in Deutschland 179.002 an das RKI übermittelte, laborbestätigte COVID-19-Fälle, darunter 8.302 Todesfälle in Zusammenhang mit COVID-19-Erkrankungen. Bezogen auf die Einwohnerzahl (Fälle pro 100.000 Einwohner) wurden die höchsten Inzidenzen aus Bayern (355) gemeldet. Die Reproduktionszahl R, die angibt, wie viele Menschen im Durchschnitt von einer infizierten Person angesteckt werden, wird aktuell mit 0,78 angegeben. Trotz einer merklichen Abnahme der Infektionsgeschwindigkeit besteht bei dieser Sachlage derzeit weiterhin die Gefahr, dass ohne Kontaktbeschränkungen die Infektionsgeschwindigkeit wieder sehr schnell zunimmt und es zu einer Überlastung des Gesundheitswesens kommt (vgl. VGH BW, B.v. 30.4.2020 - 1 S 1101/20 -, m.w.N.). Trifft der von manchen Experten prognostizierte zu erwartende Durchseuchungsgrad der Bevölkerung von mindestens 60% zu, kann es, soweit weder ein Impfstoff noch ein antivirales Medikament in absehbarer Zeit zur Verfügung steht, bei einer Letalitätsrate von angenommenen 3% zu weit mehr Todesopfern kommen. In einer derartigen Lage erscheint es dem Gericht grundsätzlich angemessen, wenn sich der Antragsgegner im Bereich des Sports wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens für eine vorsichtige und nur stufenweise Lockerung unter weiterer Beobachtung des Infektionsgeschehens entscheidet, zumal sich ein durch eingeführte Lockerungen verursachter Rückfall in einen exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen erst mit einer zwei- bis dreiwöchigen Verzögerung zeigen würde und möglicherweise nur schwer wieder einzudämmen wäre.
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Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Beschränkung mit Ablauf des 29. Mai 2020 außer Kraft tritt. In dem von der Bayerischen Staatskanzlei veröffentlichten Zeitplan vom 26. Mai 2020 ist vorgesehen, dass Fitnessstudiosvorbehaltlich des weiteren Infektionsgeschehensunter Einhaltung von Abstandsregelungen sowie Schutzund Hygienekonzepten ab dem 8. Juni 2020 wieder öffnen dürfen (https://www.bayern.de/bericht-aus-der-kabinettssitzung-vom-26-mai-2020/). Vor dem Hintergrund dieser Ankündigung ist das Gericht hinreichend davon überzeugt, dass der Verordnungsgeber seiner Pflicht zur fortlaufenden Überprüfung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseingriffe hinreichend nachkommt. Der Antragstellerin ist mithin aller Voraussicht nach lediglich noch für einen überschaubaren Zeitraum der Betrieb ihrer Fitnessstudios zur Eindämmung der Corona-Pandemie untersagt. Angaben zur tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung (Kündigung von Mitgliedschaften, fehlender Neuabschluss von Mitgliedschaften) der Antragstellerin sind der Antragsbegründung im Übrigen nicht zu entnehmen. Auch hat die Antragstellerin nicht angegeben, welche (Personal) kosten sie im Gegenzug durch die Schließung des Studios einspart. Darüber hinaus ist nicht vorgetragen, ob und ggf. in welchem Umfang die Antragstellerin von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen profitiert. Zudem ist davon auszugehen, dass sie den Abschluss neuer Mitgliedschaften nach Beendigung der Schließung teilweise nachholen können wird. Dem Eingriff stehen jedenfalls überwiegende öffentliche Interessen gegenüber. Denn die den Eingriff bewirkende Maßnahme ist zur Gewährleistung der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, U.v. 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, Rn. 119 m.w.N.), auch derzeit noch notwendig. Ist die Schließung der Fitnessstudios aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung notwendig, so ist es ohne Belang, dass die Durchführung eines Fitness- und Muskeltrainings in einem Fitnessstudio ganz allgemein gesundheitsfördernde Wirkung haben kann und in vielen Fällen auch hat (vgl. OVG Saarland, B.v. 28.4.2020 - 2 B 151/20 -, juris Rn. 18).
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Die von der Antragstellerin darüber hinaus geltend gemachte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes vermag das Gericht nicht festzustellen.
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Insbesondere ist in der unterschiedlichen Behandlung von Fitnessstudios gegenüber Restaurant-, Friseur- und anderen Dienstleistungsbetrieben kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu sehen. Es handelt sich um unterschiedlich zu würdigende Sachverhalte. Anders als bei der sportlichen Betätigung innerhalb eines Fitnessstudios entwickelt der Kunde bei einem Friseur- oder Gaststättenbesuch typischerweise keine erhöhte Atemaktivität mit der bei einem Infizierten konkret bestehenden Gefahr der Freisetzung weit streuender und erheblicher Virenmengen. Gerade in dieser deutlich verstärkten Atmung liegt aber die erhöhte Ansteckungsgefahr, der die Regelung zur Schließung von Fitnessstudios begegnet (vgl. zu diesem Aspekt auch BVerfG, B.v. 29.4.2020 - 1 BvQ 44/20 -, juris Rn. 13). Dem Verordnungsgeber ist bei der immer noch nicht hinreichend geklärten Sachlage und dem Erfordernis zügiger Entscheidungen zudem eine Einschätzungsprärogative dahingehend einzuräumen, zunächst bestimmte Bereiche versuchsweise einer Öffnung zuzuführen und diese Öffnung im Erfolgsfalle auf weitere Bereiche auszudehnen oder aber im Falle wieder steigender Infektionszahlen die Öffnung erforderlichenfalls wieder zurückzunehmen.
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Mit der Eingehung zunächst kleinerer Risiken sind auch die Regelungen des § 9 Abs. 2 und 3 der Verordnung in Ansehung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes zu rechtfertigen. Die Vorschrift erlaubt einem eng umgrenzten Personenkreis des Berufs-, Spitzen- und Profisports den Betrieb und die Nutzung öffentlicher und privater Sportanlagen zu Trainingszwecken. Anders als bei der Öffnung von Fitnessstudios für den Breitensport ist der kleine Kreis der Spitzen- und Profisportler aber besser zu überwachen und wird im eigenen Interesse auch besser überwacht. Zudem begründet die Zulassung des Trainings von Spitzen- und Profisportlern schon aufgrund der gegenüber der Anzahl der Mitglieder in Fitnessstudios vergleichsweise geringen Zahl der betroffenen Personen ein für die Gesellschaft deutlich niedrigeres Infektionsrisiko.
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Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Dabei macht das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch, den Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben, weil die Anträge im Hinblick auf das Außerkrafttreten der angegriffenen Verordnung am 29.5.2020 inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache abzielen.