Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 15.06.2020 – AN 1 K 18.01540
Titel:

Beamter in der Integrierten Leitstelle - Anspruch auf Gewährung von Freizeitausgleich

Normenketten:
BayBG Art. 87 Abs. 1, Abs. 2
BayAzV § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5, § 9 Abs. 3 S. 1
BayBesG § 61
ArbZG § 17 Abs. 2
Leitsätze:
1. Gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG ist innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit Dienstbefreiung zu gewähren, wenn der Beamte durch dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als 5 Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht wird. Dabei ist der Beamte zur Vermeidung der Verwirkung seiner Ansprüche auf Gewährung von Dienstbefreiung verpflichtet, seine vermeintlichen Ansprüche wegen geleisteter Mehrarbeit unverzüglich anzumelden, wenn der Dienstherr nur einen Teil ausgleicht. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Beamter ist verpflichtet, anlässlich der vom Dienstherrn anerkannter Mehrarbeitszeiten und der auf dieser Basis erfolgten Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen Mehrarbeit bestehen. Kommt der Beamte dieser Pflicht nicht nach, so hat er einen etwaigen Anspruch verwirkt. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Ausgleichsanspruch des Beamten ist spätestens dann verwirkt, wenn dieser länger als ein Jahr mit der Geltendmachung weiterer Dienstbefreiungen zuwartet, wie sich aus Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG ergibt. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit aufgrund des Anfalls von Bereitschaftszeiten liegt die Überlegung zugrunde, dass Bereitschaftszeiten der Höhe nach nicht voll als Arbeitszeit zählen, sodass eine höhere wöchentliche Dienstpflicht festgelegt werden kann. Ob die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit in angemessenem Verhältnis steht, richtet sich insbesondere nach dem Anteil des Bereitschaftsdienstes am gesamten Dienst und nach der mehr oder weniger stark beanspruchenden Gestaltung des Bereitschaftsdienstes, entzieht sich im Übrigen aber einer rein rechnerischen Bestimmung.(Rn. 63 – 64) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit durch den Dienstherren unterliegt keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anspruch auf Gewährung von Freizeitausgleich (hier verneint), Verlängerung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit bei Schichtdienst, Anordnung bzw. Genehmigung von Mehrarbeit, Verwirkung, Berücksichtigung von auf Montag bis Freitag fallenden gesetzlichen Feiertagen, Sollarbeitszeit, Arbeitszeitverlängerung, Mehrarbeitsvergütung, Ausgleichspflicht, Ausgleichsanspruch
Fundstelle:
BeckRS 2020, 19859

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt 14%, der Kläger trägt 86% der Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt eine Zahlung in Höhe von 14.233,71 EUR zum Ausgleich von 984,35 Überstunden/Mehrarbeitsstunden für die Jahre 2013 bis 2017.
2
Der …1981 geborene Kläger war als Beamter der Beklagten in der Integrierten Leitstelle … (ILS), in der Notrufe aus den Städten …, … und … sowie aus den Landkreisen …, … und … entgegengenommen und bearbeitet werden, als Disponent in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis 27. Dezember 2017 tätig. Die Regelung der Arbeitszeit in der ILS … ist in einer Dienstvereinbarung zwischen der Berufsfeuerwehr der Stadt … und der Personalvertretung der Berufsfeuerwehr … geregelt. Aus dieser Dienstvereinbarung ergaben sich für die Zeit bis 31. Juli 2013 eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 42,5 Stunden, ab 1. August 2013 im Umfang von 41,5 Stunden. Die Gestaltung der konkreten Arbeitszeit in der ILS erfolgt auf Grundlage eines Rahmendienstplanes.
3
Mit Schreiben vom 16. Februar 2016, bei der Beklagten eingegangen am 1. März 2016, legte der Kläger formell Einspruch gegen eine Wochenarbeitszeit von 41,5 Stunden in der ILS ein. Um die Wochenarbeitszeit auf 41,5 Stunden zu verlängern, benötige der Beamte 3,375 Stunden Bereitschaftszeit pro Woche. Nach den Ist-Diensten wäre jedoch eine maximale Verlängerung der Arbeitszeit um eine Stunde möglich. Auch die Berechnung der Jahresarbeitszeit von 2.165,25 Stunden sei fehlerhaft. Richtig sei eine Soll-Jahresarbeitszeit im Umfang von 2.046,81 Stunden.
4
Mit Schreiben vom 26. Februar 2016 zeigte sich der Bevollmächtigte des Klägers an und beanstandete zusätzlich die Dienstplaneinteilung für seinen Mandanten. Aus dem Dienstplan für Januar und Februar 2016 ergebe sich, dass die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden deutlich überschritten werde.
5
Mit Schreiben vom 2. März 2016 und 13. Mai 2016 teilte die Beklagte dem Bevollmächtigten des Klägers mit, dass die Anfrage intensiv geprüft werde. Hinsichtlich des Einwandes, der Kläger habe in einer Woche 65 Stunden arbeiten müssen, werde darauf hingewiesen, dass bei den vom Bevollmächtigten des Klägers angestellten Berechnungen anscheinend die enthaltene Erholungspause von einer Stunde im Nachtdienst nicht abgezogen worden sei.
6
Der Bevollmächtigte des Klägers bestätigte mit Schreiben vom 15. Juni 2016, dass die Erholungspause bei der Berechnung tatsächlich nicht abgezogen worden sei, wozu auch keine Veranlassung bestanden habe, da der Kläger für die Erholungspause das Wachgelände der ILS nicht verlassen dürfe. Daher sei diese Stunde Bereitschaftszeit. Insoweit werde auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - verwiesen, wonach Bereitschaftszeiten, also dienstfreie Zeit, die auf der Wache verbracht werden müsste, als volle Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gewertet werden müssten.
7
Nach nochmaliger Erinnerung an die Beantwortung der Anfrage vom 21. April 2017 erläuterte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Mai 2017, dass Grundlage der Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit der Disponenten der ILS … ein Sachverständigengutachten der Firma … GmbH vom 5. April 2012 zur bedarfsgerechten Tischbesetztzeit in der ILS sei. Auf Grund der Arbeitszeitverkürzung der Beamtinnen und Beamten zum 1. August 2012 und zum 1. August 2013 sei die Berechnung aktualisiert worden. Basis für die Berechnung der Sollarbeitszeit sei zum einen die jährlich bei der ILS insgesamt anfallenden (Nacht-) Bereitschaften laut Gutachten vom 5. April 2012 (sieben Tische x drei Stunden Bereitschaft x 365 Tage) und zum anderen der vom Gutachten festgestellte Personalbedarf in der Disposition.
8
Laut …-Gutachten seien nachts folgende Tischbesetzungen erforderlich:
Dispositionstische: 6
Schichtleitung: 1
Summe: 7 Bereitschaftszeit nachts (je Tisch): 3 Std.

Bereitschaftszeit pro Jahr

in Std.

in Bereitschaftsdiensten

7.665 Std.

2.555 Dienste

Mitarbeiter/innen in der Disposition (Arbeitnehmer/innen + Beamte)

(durchschn. Ausfallzeiten [Krankheit, Kur, etc.] sind hier bei der Personalbemessung durch

… bereits berücksichtigt

Schichtleitung

4,00 VK

Disponenten (incl. stv. Schichtleitung)

49,60 VK

abzgl. DRF

- 1,00 VK

Summe:

52,60 VK

Bereitschaftszeit pro Mitarbeiter/in:

(bei der Umrechnung auf Stunden bzw. Dienste pro Woche wurden 51,8 Kalendertage Urlaub (incl. Zusatzurlaub) zugrunde gelegt. Dies entspricht 7,4 Wochen Urlaub/Jahr.

145,72 St./Jahr

12,14 Std./Monat

3,26 Std./Woche

48,57 Dienste/Jahr

4,05 Dienste/Monat

1,09 Dienste/Woche

→ Arbeitszeit für Beamte in der ILS
ab 01.08.2012 42,27 Std./Woche 42:16 Std:Min ab 01.08.2013 41,45 Std./Woche 41:27 Std:Min aufgerundet auf die nächste Viertelstunde:
ab 01.08.2012 42:30 Std:Min ab 01.08.2013 41:30 Std:Min Für Feuerwehrbeamte in der ILS-Disposition ergaben sich daher folgende Arbeitszeiten:
ab 01.08.2012: 42:30 Std.
ab 01.08.2013: 41:30 Std.
9
Die Erhöhung der Arbeitszeit gegenüber der 40-Stunden-Woche (bzw. bis 31.7.2013 der 41-Stunden-Woche) basiere letztlich darauf, dass pro Nacht und Abfragetisch 3 Stunden Bereitschaftsdienstzeit laut Gutachten zu Grunde gelegt würden und diese Bereitschaftszeiten rechnerisch gleichmäßig auf alle Beschäftigten/Beamte verteilt würden. Im Übrigen würde darauf hingewiesen, dass Beamtinnen und Beamten keine bezahlten Pausen zustünden. Die für Tarifbeschäftigte in Wechselschicht gültige Regelung würde ohne Rechtsgrundlage mit der aktuellen Dienstvereinbarung jedoch auf die Beamten der ILS ausgeweitet, so dass der Kläger die in den Diensten der ILS enthaltenen Pausen bezahlt bekäme. Auf Grundlage eines neuen Sachverständigengutachtens der Firma … GmbH vom 4. Mai 2017 würde das Dienstplanmodell der ILS auf Grund geänderter Tischbesetztzeiten und eines geänderten Personalbedarfs überprüft werden, so dass sich zukünftig möglicherweise eine geänderte Wochenarbeitszeit ergeben könnte. Das zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - 2 C 32.10 - habe die Abgeltung der unrechtmäßigen Zuvielarbeit über 48 Stunden hinaus zum Inhalt und sei im vorliegenden Fall überhaupt nicht einschlägig. Zur Pausenregelung im Dienstbetrieb bei Berufsfeuerwehren werde auf eine Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz - 2 A 11355/11 - verwiesen. Danach erlaube der Dienstbetrieb bei einer Berufsfeuerwehr keine losgelöste Pausenregelung und in Pausen könne die Einsatzbereitschaft verlangt werden.
10
Auf Anforderung der Soll- und Ist-Stunden für die Jahre 2013 bis 2017 mit E-Mail vom 6.März 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit E-Mail vom 7. März 2018 folgende Stundensaldi zum jeweiligen Jahresende mit:
31.12.2013: + 48:47 Stunden
31.12.2014: + 07:57 Stunden
31.12.2015: + 127:38 Stunden
31.12.2016: + 125:35 Stunden
31.12.2017: + 123:00 Stunden
11
Dem widersprach der Kläger mit E-Mail vom 9. April 2018 und rügte erneut die zu hoch festgelegte Jahresarbeitszeit der Beamten in der ILS. Unberücksichtigt geblieben sei auch, dass sich nach der Arbeitszeitverordnung Bayern die wöchentliche Arbeitszeit und auch die jährliche bei Wochenfeiertagen verringere. Dies gelte im Jahr 2015 bei 9 Wochenfeiertagen und zweimal ein halber Tag, nämlich dem 1. Januar (Neujahr), dem 6. Januar (Heilig Drei König), dem 3. April (Karfreitag), dem 6. April (Ostermontag), dem 1. Mai (Tag der Arbeit), dem 14. Mai (Christi Himmelfahrt), dem 25. Mai (Pfingstmontag), dem 4. Juni (Fronleichnam), dem 25. Dezember (1. Weihnachtsfeiertag) sowie dem Faschingsdienstag und Heilig Abend mit jeweils einem halben freien Tag. Insgesamt erhöhe sich damit sein Stundensaldo um 118,6 Stunden pro Jahr, insgesamt für fünf Jahre um 593 Stunden.
12
Die Beklagte lehnte eine Abänderung der bisherigen Berechnung mit E-Mail vom 30. April 2018 ab.
13
Mit Schreiben vom 8. Mai 2018 erläuterte der Bevollmächtigte des Klägers seine Differenzberechnung. Der Kläger wende sich gegen die Erhöhung der Wochenarbeitszeit um 1,5 Stunden von 40 Stunden auf 41,5 Stunden pro Woche mit der Begründung, dass zu wenig Bereitschaftsstunden im Jahr geplant seien, um die Wochenarbeitszeit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu erhöhen.
51,1786 Wochen/Jahr (gemeint: 52,1786 Wochen/Jahr) x 1,5 Stunden = 78,27 Stunden/Jahr.
14
Des Weiteren wende sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der zu verkürzenden Wochenarbeitszeit gemäß § 9 AZV: 41,5 Stunden/Woche: 3,5 Tage = 11,86 Stunden
10 Wochenfeiertage x 11,86 Stunden = 118,6 Stunden/Jahr Somit ergeben sich pro Jahr 196,87 Mehrarbeitsstunden.
Für das Jahr 2013 je Stunde 13,81 EUR x 196,87 Stunden = 2.718,77 EUR
2014 je Stunde 14,10 EUR x 196,87 Stunden = 2.775,87 EUR
2015 je Stunde 14,42 EUR x 196,87 Stunden = 2.838,87 EUR
2016 je Stunde 14,71 EUR x 196,87 Stunden = 2.995,96 EUR
2017 je Stunde 15,06 EUR x 196,87 Stunden = 3.004,24 EUR
15
Insgesamt ergebe sich für die Jahre 2013 bis 2017 ein Betrag von 14.233,71 EUR, der bis 30. Mai 2018 abzurechnen bzw. ein entsprechender Freizeitausgleich schriftlich zu bestätigen sei.
16
Nach einer Zwischenmitteilung der Beklagten vom 30. Mai 2018 erfolgte keine weitere Antwort der Beklagten. Daraufhin ließ der Kläger mit Schreiben vom 27. Juli 2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 8. August 2018, Klage erheben und beantragen,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.233,71 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.7.2018 zu zahlen.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
17
Zur Begründung erläuterte der Bevollmächtigte des Klägers den bisherigen Schriftverkehr zwischen dem Kläger und der Beklagten.
18
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 24. Januar 2019:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
19
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Klage schon deshalb unbegründet sei, weil dem einschlägigen Beamtenrecht keine Rechtsgrundlage für eine entsprechende Geldforderung entnommen werden könne. Hinsichtlich des monierten fehlenden Abzugs einer Erholungspause verkenne der Kläger, dass anders als im tariflichen Bereich für vergleichbare Situationen geregelt, entsprechende Erholungspausen im Bereich des Beamtenrechts keine bezahlte Dienstzeit darstelle. Hinsichtlich des Ansatzes von Zeitkontingenten aus dem Wochenfeiertagsbereich erschöpfe sich der tatsächliche Vortrag des Klägers auf die numerische Angabe „10 Wochenfeiertage“ in der Klage bzw. „9 Wochenfeiertage plus 2 x ½ Tag“ in der E-Mail des Klägers vom 9. April 2018. Er lege nicht dar, an welchem genau datierten Wochenfeiertag tatsächlich keine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV stattgefunden habe. Die vorliegende Klage sei hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von Wochenfeiertagen bereits nicht schlüssig. Die erforderliche Überprüfung für jeden einzelnen der bezeichneten Tage in den Jahren 2013 bis 2017, die der Kläger vor Einreichung der Klage hätte vornehmen müssen, habe nicht stattgefunden. Vielmehr werde ungeprüft und unrichtig unterstellt, dass beim Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nie eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV stattgefunden habe. Zudem lasse der Kläger außer Acht, dass er in beträchtlichen Zeiträumen in den Jahren 2014 bis 2017 gar keine Dienstleistung nach Maßgabe eines Dienstplanes erbracht habe, sondern z.B. auf Grund einer Überlastungsanzeige vom 10. März 2014 bis 31. Mai 2014 seinen Dienst in einer Vollarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche erbracht habe, dass er krankheitsbedingt ab 14. Mai 2016 bis 27. Dezember 2017 dienstunfähig und infolge dessen ab 1. September 2016 aus dem Dienstplan der ILS und der dort geregelten Arbeitszeitkonten, insbesondere der Soll-Arbeitszeit von 41,5 Stunden pro Woche herausgenommen worden sei. Eine Überprüfung der konkreten Dienstpläne des Klägers durch die zuständigen Fachdienststellen im Rahmen des anhängigen Verfahrens habe ergeben, dass hinsichtlich der genannten Wochenfeiertage und halben Tage sehr wohl eine Verringerung der Arbeitszeit erfolgt sei. Soweit der Kläger an einem Wochenfeiertag nach dem Dienstplan Dienst habe leisten müssen, bestehe ein nochmaliger Anspruch des Klägers auf eine Verringerung der Arbeitszeit nicht. Zuzugestehen sei dem Kläger nach vertiefender Überprüfung allerdings, dass auf Grund der Komplexität der Dienstplangestaltung, an der mehrere Stellen beteiligt gewesen seien, übersehen worden sei, eine entsprechende Minderung der Arbeitszeit auch in den Fällen vorzusehen, in denen dienstplanmäßig ein Einsatz des Klägers nicht vorgesehen gewesen sei. Die nach § 9 Abs. 3 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV geschuldete Verringerung der Arbeitszeit für Wochenfeiertage und die weiteren im Gesetz genannten dienstfreien Tage sei leider insoweit nicht erfolgt, als der Kläger an diesen Tagen nicht zum Dienst eingeteilt gewesen sei. Insofern bestehe ein noch offener Anspruch auf Dienstbefreiung in Höhe von 132,4 Stunden (in natura) aus dem streitgegenständlichen Zeitraum, der von der Beklagten auch anerkannt werde.
20
Vertiefend sei vorzutragen, dass der Kläger seit 28. Dezember 2017 nicht mehr in der ILS Nürnberg tätig sei. Zudem sei die Dienstplangestaltung in der ILS seit 1. Januar 2019 aus organisatorischen Gründen umfassend geändert worden. Der Rechtsstreit betreffe deshalb nur den Zeitraum bis Ende 2017.
21
Ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach § 61 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) i.V.m. Art. 87 Abs. 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) setze voraus, dass es sich bei den begehrten Stunden gegebenenfalls um eine Mehrarbeit im Sinne dieser Vorschrift handele. Nachdem dies nicht der Fall sei, greife die Rechtsgrundlage auf Zahlung einer Vergütung nicht. Auch andere Rechtsgrundlagen für eine Zahlung seien nicht ersichtlich. Infolgedessen stehe dem Beamten im vorliegenden Fall lediglich ein Freizeitausgleich insoweit zu, als gesetzlich gegebene Ansprüche auf eine Verringerung der Arbeitszeit versehentlich übersehen worden seien. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum als Disponent in der ILS … tätig gewesen. Dort gingen Notrufe der Städte …, … und … sowie auch aus den Landkreisen …, … und … ein und würden bearbeitet. Die ILS alarmiere eine Vielzahl von verschiedenen Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, z.B. den Rettungsdienst, die Feuerwehr und Einheiten des Katastrophenschutzes. Die technische und personelle Ausstattung der ILS … erfolge mit Hilfe eines externen Sachverständigengutachtens der Firma … GmbH. Die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 2 BayAzV habe vom 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2013 41 Stunden pro Woche, ab 1. August 2013 40 Stunden pro Woche betragen. Wenn der Dienst Bereitschaftsdienst einschließe, könne gemäß § 4 BayAzV die Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen in angemessenem Verhältnis verlängert werden. Hierbei dürfe in einem Bezugszeitraum von 12 Monaten die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschritten werden. Der Anteil des Bereitschaftsdienstes betrage bei Beamten im Sinne des Art. 132 BayBG im Regelfall nicht mehr als 18 Stunden in der Woche. In der ILS habe die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bei Beamten nach Maßgabe dieser Vorschrift auf 41,5 Stunden festgelegt werden können, nachdem dieser Wert europarechtlich festgelegte Höchstarbeitszeiten bei weitem unterschreite. Die in der Vergangenheit ergangene Rechtsprechung, die sich mit den Folgen einer Überschreitung europarechtlich festgelegter Höchstarbeitszeiten befasse, sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Dementsprechend sei in der Dienstvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit in der ILS … unter Ziffer B1 festgelegt, dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit für Beamte in der ILS ab 1. August 2013 41,5 Stunden betrage. Für den Zeitraum zuvor habe die damals geltende Dienstvereinbarung eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 42,5 Stunden festgelegt. Gemäß Ziffer B2 i.V.m. Ziffer A2.2 der Dienstvereinbarung betrage die Jahressollarbeitszeit eines vollbeschäftigten Beamten in der ILS das 52,1786-fache der beamtenrechtlich festgesetzten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Die Gestaltung der konkreten Arbeitszeit in der ILS erfolge auf der Grundlage eines Rahmendienstplanes, der gleichfalls mit Zustimmung der Personalvertretung in der Dienstvereinbarung als Anlage A festgehalten worden sei. Der Kläger wende sich mit seiner Klage gegen die Vorgabe einer Jahressollarbeitszeit in Höhe von 41,5 Stunden x 52,1786 = 2.165,41 Stunden. Soweit nach Auffassung des Klägers von dieser Sollarbeitszeit auch vorgesehene Pausen in Abzug zu bringen seien, sei dies nur richtig, wenn die einem Beamten im Dienst einzuräumenden Pausen als Dienstzeit extra zu vergüten wären. Dies sei im Beamtenrecht jedoch nicht der Fall, anders als im Bereich des TVöD bei einem vergleichbaren Dienstplan. Die bei der ILS anfallenden Nachtbereitschaften beliefen sich auf durchschnittlich drei Stunden. Die in der Dienstvereinbarung festgesetzte Sollarbeitszeit sei deshalb nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger meine, im vorliegenden Fall sei überhaupt keine Erhöhung der Wochenarbeitszeit möglich gewesen und es hätten lediglich 40 Stunden pro Woche angesetzt werden dürfen, ignoriere er die zu leistenden Bereitschaftszeiten völlig. Dies ändere nichts daran, dass sich die verbeamteten Disponenten bei der Beklagten in der Nachtschicht durchschnittlich drei Stunden in der ILS aufzuhalten hätten, ohne zu einer konkreten Arbeitsverrichtung verpflichtet zu sein. Die Disponenten verbrächten diese Zeit nicht im Funktionsbereich der ILS, sondern in Bereichen, in denen funktionsbezogene Tätigkeiten nicht erfolgten, insbesondere in Ruheräumen, in denen sie schlafen könnten und dürften. Lediglich in sehr seltenen Fällen, im unteren einstelligen Bereich pro Mitarbeiter jährlich, müssten sie auf Grund akuter Notlagen in extremen Situationen ihren Dienst als Disponent aufnehmen.
22
Entgegen der Ausführungen in der Klageschrift sei die Arbeitszeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV für Wochenfeiertage und teilweise dienstfreie Tage weitestgehend gesetzeskonform vermindert worden. Eine entsprechende Verminderung gemäß §§ 9, 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV sei - wie die nunmehrige Auswertung ergeben habe - lediglich insoweit nicht erfolgt, als der Dienstplan an einem Wochenfeiertag keinen Dienst vorgesehen habe. Dies sei an folgenden 16 Tagen laut Dienstplan des Klägers der Fall gewesen:

Wochentag

Datum

Durchschnittliche Wochenstunden

Täglicher Durchschnittswert (Basis: 5-Tage-Woche)

Dienstag

01.01.2013

42,5 Stunden

8,5 Stunden

Donnerstag

03.10.2013

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Mittwoch

25.12.2013

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Donnerstag

26.12.2013

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Dienstag

31.12.2013

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Freitag

18.04.2014

40,0 Stunden

8,0 Stunden

Montag

21.04.2014

40,0 Stunden

8,0 Stunden

Donnerstag

25.12.2014

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Mittwoch

31.12.2014

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Donnerstag

14.05.2015

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Freitag

25.12.2015

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Mittwoch

06.01.2016

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Freitag

25.03.2016

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Montag

28.03.2016

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Montag

16.05.2016

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Donnerstag

26.05.2016

41,5 Stunden

8,3 Stunden

Summe

132,4 Stunden

23
Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV vermindere sich die Arbeitszeit für Beamte für gesetzliche Feiertage, soweit sie auf die Tage Montag bis Freitag fielen, um die Arbeitszeit, die an diesen Tagen zu leisten wäre. Nachdem der Umfang der vorzunehmenden Minderung im Gesetz nicht festgelegt sei, weil gerade kein konkreter Einsatztag des Beamten festgelegt sei und entsprechende Tage von Montag bis Freitag anfielen, erscheine eine entsprechende Anwendung des § 49 Abs. 2 TVöD-BT-K, der im vergleichbaren Krankenhausbereich eine entsprechende Konstellation regele, als sachgemäß und angezeigt. Dieser sehe bei einem Einsatz nach einem Dienstplan, der Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsehe, eine Verminderung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit um 1/5 der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vor, wenn Wochenfeiertage auf einen Werktag fielen, an dem der Betroffene nicht zur Arbeit eingeteilt gewesen sei. Die Beklagte habe auf dieser Basis eine noch offene Minderung der Arbeitszeit von 132,4 Stunden zu gewähren und erkenne einen entsprechenden Anspruch des Klägers an.
24
Der Bevollmächtigte des Klägers erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 25. März 2019 und führte aus, dass die Beklagte zwar anerkenne, dass dem Kläger noch 132,4 Stunden „offene Minderung der Arbeitszeit“ gewährt werden müsse, die von der Beklagten vorgenommene Berechnung jedoch beanstandet werden müsse. So übersehe die Beklagte, dass Basis der Berechnung nicht eine 5-Tagewoche sei, sondern eine 3,5-Tagewoche. Dies ergebe sich aus dem Schichtplan des Klägers. Zur Jahressollarbeitszeit des Klägers in den Jahren 2013 und 2014 fehle in der Klageerwiderung der Beklagten vom 24. Januar 2019 jegliche Angabe zur Höhe und deren Berechnungsgrundlage. Der Beklagten möge aufgegeben werden, die konkrete Jahresarbeitszeit des Klägers in den Jahren 2013 (erst ab März 2013 habe sich der Kläger im Wechselschichtdienst befunden), 2014 (hier habe sich auf Grund einer Überlastungsanzeige der Kläger im Rahmen einer Schutzmaßnahme im 10-Stunden-Tagesdienst befunden) und ab 2015 (vollumfänglich im Wechselschichtdienst) mitzuteilen. Der Kläger nehme bis zur Darlegung der Beklagten vorläufig folgende Jahres-Sollarbeitszeiten an:
25
Im Jahr 2013: 2.197,11 Stunden im Jahr 2014: 2.147,26 Stunden ab 2015: 2.165,25 Stunden.
26
Lediglich ab 2015 entspreche die vom Kläger ermittelte Stundenzahl im Wesentlichen der von der Beklagten genannten Stundenanzahl von 2.165,41 Stunden. Ab 2015 ergebe sich folgende Berechnung: 2.165,25 Stunden: 52,1786 = 41,49 Stunden pro Woche.
27
Erklärungsbedarf durch die Beklagte bestehe hier, in welcher Art bei der Höhe der Sollarbeitszeiten ein Wochenfeiertagsabzug nach § 2 Abs. 1 BayAzV erfolgt sein solle. Der Kläger behaupte, dass nur durch die zu hoch berechnete Wochenarbeitszeit und somit zu hohe Jahres-Sollarbeitszeit eine 3,5-Tagewoche entstehe, anderenfalls seien nach Schichtplan noch weniger Tage in der Woche zu arbeiten und die Tages-Sollarbeitszeit würde sich nochmals erhöhen. Bei der 3,5-Tagewoche des Klägers laut Schichtplan entspreche dies einer Tages-Sollarbeitszeit von 11,85 Stunden. Dies werde berechnet wie folgt: 41,49 Stunden pro Woche: 3,5 Tage pro Woche = 11,85 Stunden pro Tag.
28
Der Tagesdienst betrage 11 Stunden, der Nachtdienst betrage 13 Stunden.
29
§ 2 Abs. 5 BayAzV komme hier nicht zur Anwendung, da nach dem Urteil des EUGH vom 1. Dezember 2005 - C-14/04 - Bereitschaftszeiten in vollem Umfang zur wöchentlichen Arbeitszeit zu zählen seien. Laut Dienstvereinbarung der ILS Nürnberg seien Pausen auf dem Wachgelände zu verbringen und somit Bereitschaftszeit und keine Pause. Nach der Arbeitszeitrichtlinie seien maximal 10 Stunden pro Tag zulässig. 41,5 Wochen-Sollarbeitsstunden seien nicht zulässig. Die geleisteten Bereitschaftsstunden des Klägers in der ILS dürften nicht zu einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit führen, entgegen der Ansicht der Beklagten müsse der Berechnungszeitraum bis zur Wiedergenesung des Klägers am 27. Dezember 2017 berücksichtigt werden. 1,5 Stunden pro Arbeitstag seien zusätzlich zu vergüten für den Zeitraum vom 1. März 2013 bis 27. Dezember 2017: 260 Wochen x 1,5 Stunden = 390 Stunden.
30
Fraglich sei, ob diese 1,5 Stunden pro Woche Mehrarbeit oder Überstunden seien. Die Aufstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 24. Januar 2019 sei daher zu korrigieren: Lediglich die angegebenen Stunden für den 1. Januar 2013, den 18. April 2014 und den 21. April 2014 seien richtig, da sich der Kläger hier nicht im Wechselschichtdienst, sondern im Tagesdienst befunden habe. An den übrigen Tagen seien statt der von der Beklagten in Ansatz gebrachten 8,3 Stunden jeweils 11,85 Stunden anzusetzen. Die Wochenfeiertage ergäben sich aus § 5 Abs. 2 und 3 BayAzV. Die Sollarbeitszeit habe die Beklagte bisher nicht schlüssig vorgetragen.
31
Es ergebe sich damit folgende Aufstellung:

Jahr

Feiertag an Wochentag

innerhalb Wechselschichtdienst

2013

2014

2015

2016

2017

14

3

13

63 Tage 4 x 11,85 Std 746,55 Stunden zuzüglich am 01.01.2013 8,50 Stunden zuzüglich am 18.04. und 21.04.2014 jeweils 8 Std 16,00 Stunden
771,05 Stunden
32
Insgesamt ergebe sich daher ein von der Beklagten dem Kläger zu gewährender Freizeitausgleich von 1.161,05 Stunden (390 Stunden + 771,05 Stunden).
33
Zur Abkürzung und Vereinfachung des Rechtsstreits werde folgender Vergleichsvorschlag unterbreitet:
1. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger im Zeitraum vom 1.1.2013 bis 26.5.2016 insgesamt 1.161,05 Stunden Freizeitausgleich zu gewähren.
2. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
34
Die Beklagte replizierte mit Schriftsatz vom 28. November 2019 und teilte mit, dass der Schriftsatz der Klägerseite keinen Anlass gebe, von der in der Klageerwiderung vom 24. Januar 2019 dargestellten Position abzuweichen. Eine vergleichsweise Lösung des Verfahrens komme aus Sicht der Beklagten nur im Umfang von 132,4 Stunden Freizeitausgleich in Betracht, nicht wie klägerseits gefordert im Umfang von 1.161,05 Stunden.
35
Soweit der Klägerbevollmächtigte seiner Arbeitszeitberechnung eine 3,5-Tagewoche des Klägers zu Grunde legen wolle, könne dem nicht gefolgt werden. Wie bereits in der Klageerwiderung ausgeführt, gelte nach § 9 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV, dass sich die Arbeitszeit für Beamte für gesetzliche Feiertage um die Arbeitszeit vermindere, die an diesen Tagen zu leisten wäre, sofern diese Feiertage auf die Tage von Montag bis Freitag fielen; bei Beamten im Schichtdienst gelte dies ohne Rücksicht darauf, ob die davon betroffenen Beamten an den für die Beamten mit einer Arbeitszeitregelung nach § 7 oder § 8 BayAzV ganz oder teilweise dienstfreien Tagen Dienst leisten müssten oder dienstfrei hätten. Nachdem die BayAzV selbst den Umfang der vorzunehmenden Minderung nicht festlege, sei die Beklagte berechtigt gewesen, hier die im vergleichbaren Krankenhausbereich einschlägige Regelung des § 49 Abs. 2 TVöD-BT-K entsprechend heranzuziehen.
36
Entsprechend der bereits vorgelegten Dienstvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit in der ILS … sei für den Kläger ab dem 1. August 2013 eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit für Beamte von 41,5 Stunden festgelegt. Die klägerseits hiergegen vorgebrachte Rüge greife nicht durch. Die Beklagte sei durch § 4 BayAzV berechtigt, die Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen zu erhöhen, da der Dienst Bereitschaftsdienst einschließe. Die Verpflichtung von Feuerwehrbeamten, sich auch während der Ruhepause in den Räumlichkeiten der Feuerwache für Noteinsätze bereitzuhalten, sei mit höherrangigem Recht vereinbar (OVG Koblenz, Beck RS 2012, 49136; VG Bremen, Beck RS 2016, 50459). Aus diesen Gründen stelle sich die vom Klägerbevollmächtigten aufgeworfene Frage, ob diese 1,5 Stunden Mehrarbeit oder Überstunden seien, nicht, da sie zur regelmäßigen Arbeitszeit gehörten.
37
Mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Mai 2020 wurde um Vorlage der vollständigen und durchnummerierten Behördenakte gebeten. Des Weiteren wurde um Übermittlung einer detaillierten Aufstellung über die durch den Kläger geleisteten bzw. angerechneten Stunden für die Jahre 2013 bis 2017 gebeten.
38
Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 5. Juli 2020, dass keine vollständige und durchnummerierte Akte vorgelegt werden könne, da eine entsprechende nicht existiere. Der Kläger habe sich im Vorfeld an verschiedene Dienststellen gewandt. Die vorhandenen Unterlagen habe der Kläger bereits mit der Klage vorgelegt. Ergänzend würde ein stadtinterner Vermerk der Feuerwehr vom 2. September 2018 nebst Anlagen, die den bereits durch die Klagepartei übermittelten Anlagen entsprechend dürften, vorgelegt.
39
Die ILS erfasse die Arbeitszeit aller Disponenten im Dienstplanprogramm SP-Expert, aus dem vom Kläger alle bisherigen Daten zur Wochenarbeitszeit, angerechneten Stunden und Feiertagsstunden hätten entnommen werden können. Die Mitarbeiter der Leitstelle hätten jederzeit Zugriff auf das Dienstplanprogramm. Darüber hinaus wisse der Kläger selbst, wann und wie er bei der Beklagten Dienst habe verrichten müssen und eingesetzt worden sei oder eben nicht oder nicht voll dienstfähig gewesen sei. Zudem sei von der Beklagten dem Kläger ergänzend ein Ausdruck der Dienstpläne des Klägers von 2013-2017 zur Verfügung gestellt worden. Nach Auffassung der Beklagten sei es Sache des anwaltlich vertretenen Klägers, Ansprüche, die er geltend machen wolle, konkret und substantiiert vorzutragen, schon um überhaupt eine Erörterung der behaupteten Ansprüche zu ermöglichen. Soweit die Klagepartei die ihr mögliche Substantiierung bislang nicht vorgenommen habe, sei die Klage abzuweisen.
40
Auf Bitten der Kammer würden jedoch die Daten aus dem Dienstplanprogramm vorgelegt. Dies ändere indes nichts daran, dass es Sache der Klagepartei bleibe, geltend gemachte Ansprüche substantiiert und einlassungsfähig vorzutragen und zu begründen.
41
In der mündlichen Verhandlung erkannte die Beklagte neben den bereits anerkannten 132,4 Stunden weitere 2,3 Stunden in Form von zu gewährendem Freizeitausgleich an. Die Beteiligten erklärten insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Für die darüber hinaus gehenden, im Rahmen des Klageantrags vom 27. Juli 2018 geltend gemachten Stunden beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Gewährung von Freizeitausgleich.
42
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

43
1. Soweit sich der Rechtsstreit durch übereinstimmende Erledigterklärung in der Hauptsache teilweise erledigt hat, bedarf es keines gesonderten Einstellungsbeschlusses. Über die Kostentragung ist zusammen mit dem nicht erledigten Teil der Hauptsache zu entscheiden (Zimmermann-Kreher in: BeckOK VwGO, § 161 Rn. 12).
44
2. Abweichend von dem im Klageschriftsatz angekündigten Klageantrag hat der Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung seinen Klageantrag dahingehend gestellt, dass für die über die Erledigung hinausgehenden, zwischen den Parteien strittigen Arbeitsstunden anstelle einer Vergütung die Gewährung von Freizeitausgleich begehrt wird. Insoweit handelt es sich jedoch nicht um eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO, da sowohl die Gewährung eines Freizeitausgleichs als auch einer Mehrarbeitsvergütung auf demselben Lebenssachverhalt beruht. Dabei liegt jeweils die Fragestellung zugrunde, welche jährliche Sollarbeitszeit vom Kläger zu erbringen war und wie viele Stunden dem Kläger für die geleistete Arbeit bzw. Wochenfeiertage gutzuschreiben sind.
45
3. Die zulässige Klage ist im anhängig gebliebenen Teil unbegründet.
46
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines zusätzlichen, über die von der Beklagten anerkannten 134,7 Stunden hinausgehenden Freizeitausgleiches gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) in der Fassung vom 30. März 2012, da es an einer ausgleichspflichtigen Mehrarbeit in den Jahren 2013 bis 2017 fehlt.
47
a) Soweit der Kläger Freizeitausgleich für die Jahre 2013 und 2014 begehrt, ist ein ggf. bestehender Anspruch bereits verwirkt.
48
Gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG ist innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit Dienstbefreiung zu gewähren, wenn der Beamte durch dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als 5 Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht wird. Dabei ist der Beamte zur Vermeidung der Verwirkung seiner Ansprüche auf Gewährung von Dienstbefreiung verpflichtet, seine vermeintlichen Ansprüche wegen geleisteter Mehrarbeit unverzüglich anzumelden, wenn der Dienstherr - wie hier - nur einen Teil ausgleicht (BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 6 CE 18.2332 - juris Rn. 10; B.v. 5.10.2016 - 3 ZB 14.2462 - juris Rn. 9; B.v. 23.11.1982 - 3 B 82 A.1793 - ZBR 1983, 152; VG Augsburg, B.v. 14.2.2019 - Au 2 K 18.961 - juris Rn. 27; VG Ansbach, U.v. 20.12.2016 - AN 1 K 16.00595 - juris Rn. 110 f.).
49
Aus den durch die Beklagte vorgelegten Stundenbuchungsübersichten für den Kläger aus den Jahren 2013 bis 2017 ergibt sich jeweils am Jahresende eine Gesamtstundensumme. Die im Falle des Klägers jeweils als Guthaben ausgewiesenen Stunden wurden dann in das Folgejahr übertragen und im Rahmen der Dienstplanung durch Gewährung von Freizeitausgleich berücksichtigt. Der Kläger hätte demnach spätestens jeweils zum Beginn des Folgejahres erkennen können, welches Stundenguthaben die Beklagte berechnet hat. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat für diesen Fall festgestellt, dass ein Beamter verpflichtet ist, anlässlich der vom Dienstherrn anerkannter Mehrarbeitszeiten und der auf dieser Basis erfolgten Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen Mehrarbeit bestehen. Kommt der Beamte dieser Pflicht nicht nach, so hat er einen etwaigen Anspruch verwirkt (BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 6 CE 18.2332 - juris Rn. 10).
50
Der Ausgleichsanspruch ist aber auf jeden Fall spätestens dann verwirkt, wenn der Beamte - wie hier - länger als ein Jahr mit der Geltendmachung weiterer Dienstbefreiungen zuwartet. Denn das Gesetz bestimmt in Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG ausdrücklich einen Zeitraum von einem Jahr, innerhalb dessen der Freizeitausgleich zu gewähren ist. Damit wird der Ausgleichsanspruch nicht zuletzt im Interesse einer geordneten und vorhersehbaren Einsatz- und Personalplanung in einer Weise konkretisiert, auf die sich sowohl der Beamte als auch der Dienstherr einzustellen haben (BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 6 CE 18.2332 - juris Rn. 10).
51
Obwohl der Kläger jederzeit Einblick in das elektronische Buchungssystem hat nehmen können, forderte er erstmals mit E-Mail vom 6. März 2018 die Beklagte auf, ihm die Stundensalden für die Jahre 2013 bis 2018 mitzuteilen. Erst dieser daraufhin mit E-Mail der Beklagten vom 7. März 2018 mitgeteilten Saldenberechnung widersprach der Kläger mit E-Mail vom 9. April 2018 ausdrücklich. Unter Berücksichtigung der Jahresfrist des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG könnte der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Freizeitausgleich demnach nur noch für die Jahre 2016 und 2017 geltend machen.
52
Allerdings hat der Kläger mit Schreiben vom 16. Februar 2016 Einspruch gegen die erhöhte Wochenarbeitszeit von 41,5 Stunden eingelegt. Bei Auslegung dieses Schreibens auch als Einspruch hinsichtlich der gutgeschriebenen Mehrarbeit, für deren Berechnung die wöchentliche Arbeitszeit maßgeblich ist, wirkt dieses verwirkungshemmend hinsichtlich der für 2015 bestehenden Mehrarbeitsstunden, nicht aber für die in den Jahren 2013 und 2014 bestehenden Mehrarbeitsstunden, da diesbezüglich Verwirkung zum Zeitpunktes des Eingangs des klägerischen Schreibens bei der Beklagten bereits eingetreten war.
53
Keinen Einfluss auf die Verwirkung hat dabei die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.11.2016 - 2 C 23.15 - BVerwGE 156, 262), dass auch bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes - wie bei Volldienst - Anspruch auf vollen Freizeitausgleich im Verhältnis 1 zu 1 besteht, da vorliegend nicht streitgegenständlich war, in welchem Umfang Bereitschaftszeiten auszugleichen sind. Aber selbst wenn der Antragsteller in der Zeit vor diesem Urteil im Unklaren über die Rechtslage gewesen wäre, hätte dies nichts an seiner Obliegenheit geändert, weitergehende Ansprüche auch bei entgegenstehender Erlasslage jedenfalls innerhalb des Jahreszeitraums geltend zu machen (BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 6 CE 18.2332 - juris Rn. 10).
54
b) Auch besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich für die Zeit vom 14. Mai 2016 bis 27. Dezember 2017, da der Kläger während dieser Zeit dienstunfähig erkrankt war.
55
Für diese Zeit wurde dem Kläger die zu leistende Arbeitszeit - anfangs unter Berücksichtigung der erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit von 41,5 Stunden, ab der Herausnahme aus dem Dienstplan der ILS zum 1. September 2016 unter Berücksichtigung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden - vollständig gutgeschrieben. Eine darüberhinausgehende Gutschrift von Mehrarbeitsstunden ohne tatsächliche Arbeitsleistung scheidet offensichtlich aus.
56
c) Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Gewährung eines Freizeitausgleichs, soweit für den Kläger eine erhöhte wöchentliche Arbeitszeit von 41,5 Stunden und damit auch eine erhöhte Jahresarbeitszeit von 2165,41 Stunden galt. Denn bei den 1,5 Stunden, die über die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV hinausgehen, handelt es sich nicht um Mehrarbeit, sondern um reguläre Arbeitszeit.
57
aa) Die regelmäßig zu erbringende Arbeitszeit richtet sich nach der gemäß Art. 87 Abs. 1 BayBG durch die Staatsregierung erlassenen Verordnung über die Arbeitszeit für den bayerischen öffentlichen Dienst (Bayerische Arbeitszeitverordnung - BayAzV) in der jeweils gültigen Fassung. Gemäß § 2 Abs. 1 BayAzV betrug die regelmäßige Wochenarbeitszeit bis 31. Juli 2013 41 Stunden in der Woche, seit 1. August 2013 beträgt sie 40 Stunden in der Woche.
58
Gemäß § 4 Abs. 1 BayAzV können oberste Dienstbehörden und von ihr ermächtigte Behörden die Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen erhöhen, wenn der Dienst Bereitschaftszeiten enthält. In einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten darf die wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten. Der Anteil des Bereitschaftsdienstes beträgt bei Beamten im Sinne des Art. 132 BayBG im Regelfall nicht mehr als 18 Stunden in der Woche.
59
Von dieser Möglichkeit der angemessenen Anpassung hat die Beklagte für die in der ILS … eingesetzten Beamten durch die Dienstvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit in der Integrierten Leitstelle … (im Folgenden: Dienstvereinbarung), abgeschlossen zwischen der Berufsfeuerwehr der Stadt … und der Personalvertretung der Berufsfeuerwehr …, vom 13. Dezember 2013 Gebrauch gemacht und ab 1. August 2013 eine wöchentliche Arbeitszeit von 41,5 Stunden festgelegt. Bis zum Inkrafttreten der Dienstvereinbarung galt eine Arbeitszeit von 42,5 Stunden.
60
bb) Insoweit wurde die Dienstvereinbarung auch durch die innerhalb der Verwaltung der Beklagten zuständige Stelle getroffen, da es sich bei dem Dienststellenleiter der Berufsfeuerwehr um die durch die oberste Dienstbehörde ermächtigte Behörde im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BayAzV gehandelt hat. Denn nach § 3 Abs. 1 der Rahmendienstvereinbarung über die Regelung und Flexibilisierung der Arbeitszeit bei der Stadt … vom 25. Juni 1997 sind die Dienststellenleitungen für den ordnungsgemäßen Geschäftsablauf der Dienststelle verantwortlich. Die jeweiligen Arbeitszeiten sind unter Berücksichtigung der in der Dienstvereinbarung enthaltenen Grundsätze zwischen der Dienststellenleitung und den Beschäftigten festzulegen. Der Oberbürgermeister konnte seine personalrechtlichen Befugnisse dabei auch auf die Dienststellenleiter übertragen, weil die personalrechtlichen Befugnisse - soweit sie nicht das personal- und beamtenrechtliche Grundverhältnis im Sinne des Art. 43 Abs. 1 GO berühren - unter Berücksichtigung der Größe des Personalapparates der Stadt … den laufenden Angelegenheiten des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO zuzuordnen sind.
61
Darüber hinaus hat der Personal- und Organisationsausschuss der Beklagten das der Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit für die Beamten der ILS zugrundeliegende Gutachten der Fa. … GmbH vom 5. April 2012 zur Kenntnis genommen und darauf aufbauend mit Beschluss vom 18. September 2012 den geänderten Stellenplan für die Feuerwehr … gebilligt.
62
cc) Die für die Beamten der ILS … geltende regelmäßige Wochenarbeitszeit wurde auch entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 1 BayAzV in angemessenem Verhältnis verlängert.
63
Der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit aufgrund des Anfalls von Bereitschaftszeiten liegt die Überlegung zugrunde, dass Bereitschaftszeiten der Höhe nach nicht voll als Arbeitszeit zählen, sodass eine höhere wöchentliche Dienstpflicht festgelegt werden kann (Heizer in: BeckOK BeamtenR Bayern, BayBG Art. 87 Rn. 5.3). Solange die sich aus Europarecht ergebende Höchstgrenze von 48 Stunden eingehalten wird und sich die Erhöhung in einem angemessenen Verhältnis hält, steht die Fürsorgepflicht des Dienstherrn einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Bereitschaftszeiten nicht entgegen.
64
Ob die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit in angemessenem Verhältnis steht, richtet sich insbesondere nach dem Anteil des Bereitschaftsdienstes am gesamten Dienst und nach der mehr oder weniger stark beanspruchenden Gestaltung des Bereitschaftsdienstes (Plog/Wiedow, BBG, Stand April 2019, § 87 BBG Rn. 27), entzieht sich im Übrigen aber einer rein rechnerischen Bestimmung (Plog/Wiedow, BBG, Stand April 2019, § 87 BBG Rn. 28).
65
Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um 1,5 Stunden die Anforderung an ein angemessenes Verhältnis erfüllt. Die Beklagte erläuterte in der mündlichen Verhandlung, dass rechnerisch die Bereitschaftszeit pro Mitarbeiter 145,72 Stunden pro Jahr bei 48,57 Nachtdiensten pro Jahr beträgt. Aufgerundet ergeben sich damit etwa drei Stunden Bereitschaftszeit pro Woche. Von den zu leistenden Wochenstunden entfallen damit 38,5 Stunden auf die Regelarbeitszeit, während es sich bei den verbleibenden drei Stunden um Bereitschaftszeiten handelt, in denen die Disponenten nach unwidersprochenem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 24. Januar 2019, Seite 6 Mitte, nur „in sehr seltenen Fällen, im unteren einstelligen Bereich pro Mitarbeiter jährlich, auf Grund akuter Notlagen in extremen Situationen ihren Dienst als Disponenten“ aufnehmen müssen.
66
Selbst bei einer rein rechnerischen Betrachtung würde sich die Erhöhung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit um 1,5 Stunden als angemessen darstellen, da die Bereitschaftszeiten im Verhältnis zur gesamten (erhöhten) wöchentlichen Arbeitszeit 7,2% darstellen, im Verhältnis zur Arbeitszeit mit vollem Dienst (= 38,5 Stunden) 7,8%.
67
Hinzukommt, dass bei Berücksichtigung der 40-Stunden-Woche gemäß § 2 Abs. 1 BayAzV 1,5 Stunden der Bereitschaftszeit wie Arbeitszeit mit vollem Dienst, die der Kläger ohnehin erfüllen müsste, gewertet werden. Die zu leistenden wöchentlichen Bereitschaftszeiten führen damit nur zur Hälfte zu einem Aufschlag auf die Regelarbeitszeit. Gleichzeitig wird der Kläger während der Bereitschaftszeiten äußerst selten in Anspruch genommen.
68
Letztlich blieb die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit für die Beamten der ILS aber auch noch unterhalb der von 2004 bis 2012 für alle Bayerischen Beamten geltende Verlängerung der Arbeitszeit auf 42 Stunden in der Woche, gegen die keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestanden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 30.1.2008 - 2 BvR 398/07 - juris; BayVerfGH, E.v. 20.9.2005 - Vf. 13-VII-04 - juris). Insoweit stellte das BVerfG fest, dass die Festlegung der Arbeitszeit im Organisationsermessen des Dienstherrn, das seine Grenze in dem hergebrachten Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten findet, steht. Der Dienstherr darf die Wochenarbeitszeit insbesondere nicht auf ein Maß festlegen, das die Beamten übermäßig belastet oder gar geeignet ist, ihre Gesundheit zu gefährden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 30.1.2008 - 2 BvR 398/07 - juris Rn. 8).
69
dd) Im Übrigen würde es sich bei den über die regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinausgehenden Arbeitszeit nicht um eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit im Sinne des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG handeln.
70
Nach der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 23/15 - juris Rn. 14 m.w.N.) unterliegt die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll.
71
Eine Anordnung bzw. Genehmigung kann sich dabei weder aus einer Zeiterfassungskarte (BayVGH, B.v. 10.5.2019 - 3 ZB 17.275 - juris Rn. 6) noch aus einer Einteilung im regulären Dienstplan, selbst wenn der höhere Dienstvorgesetzte hiervon Kenntnis hat (VG Augsburg, B.v. 14.2.2019 - Au 2 K 18.961 - juris Rn. 33 m.w.N.), ergeben. Eine nachträgliche Genehmigung einer ständig anfallenden Mehrarbeit scheidet aus (BayVGH, B.v. 10.5.2019 - 3 ZB 17.275 - juris Rn. 6).
72
ee) Ein Anspruch auf Freizeitausgleich nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB scheidet offensichtlich aus, da dieser nur für rechtswidrige, über die unionsrechtlich höchstens zulässige wöchentliche Arbeitszeit hinaus geleistete Zuvielarbeit in Betracht kommt (BVerwG, B.v. 2.4.2019 - 2 B 43/18 - juris Rn. 11; U.v. 26.7.2012 - 2 C 29/11 - juris; U.v. 29.9.2011 - 2 C 32/10 - juris), die hier nicht vorliegt.
73
d) Soweit der Kläger einen Ausgleichsanspruch aus der Pausenregelung in Gliederungspunkt A.3.4 i.V.m. Gliederungspunkt B.2 der Dienstvereinbarung, wonach Ruhepausen auf dem Betriebsgelände einzubringen sind, herleiten will, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen dargelegt, dass die Pausen in der berücksichtigten Arbeitszeit enthalten sind. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte von den in der ILS eingesetzten Beschäftigten und Beamten während der Ruhepausen einen Verbleib in den Räumlichkeiten der ILS erwarten durfte (so OVG RhPf, U.v. 23.3.2012 - 2 A 11355/11.OVG - juris zu der rheinland-pfälzischen Pausenregelung).
74
e) Der Kläger kann auch aus der Nichtberücksichtigung von Wochenfeiertagen keine über die von der Beklagten anerkannten Ansprüche auf Freizeitausgleich im Umfang von 134,7 Stunden hinausgehenden Ansprüche herleiten.
75
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV vermindert sich die regelmäßige Arbeitszeit für gesetzliche Feiertage sowie für sonstige ganz oder teilweise dienstfreie Tage (§ 5 Abs. 2 und 3), soweit sie auf die Tage von Montag bis Freitag fallen, um die Arbeitszeit, die an diesen Tagen zu leisten wäre. Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 BayAzV gilt die verminderte Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 Satz 2 für Beamte im Schichtdienst ohne Rücksicht darauf, ob die davon betroffenen Beamten an den für die Beamten mit einer Arbeitszeitregelung nach § 7 oder § 8 ganz oder teilweise dienstfreien Tagen Dienst leisten müssen oder dienstfrei haben.
76
Soweit der Kläger an auf die Tage Montag bis Freitag entfallenden Feiertagen Dienst geleistet hat, erfolgte eine Gutschrift für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit sowie eine weitere Gutschrift in Höhe der an diesem Tag zu leistenden Arbeitszeit auf das Arbeitszeitkonto, sodass die Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 1 BayAzV ausreichend berücksichtigt wurde.
77
Hinsichtlich der auf einen Montag bis Freitag fallenden Feiertage oder sonstigen dienstfreien Tage, an denen der Kläger in den Jahren 2013 bis 2016 nicht zur Dienstausübung eingeteilt gewesen war, hat die Beklagte im Laufe des gerichtlichen Verfahrens zugesagt, nachträglich Freizeitausgleich zu gewähren. Insoweit macht es nach Auffassung der Kammer keinen Unterschied, ob die Beklagte - wie in § 2 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 3 Satz 1 BayAzV vorgesehen - die Sollarbeitszeit vermindert oder aber zusätzliche Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutschreibt, da mit beiden Verfahrensweisen das gleiche Ergebnis erreicht wird.
78
Die Beklagte hat dabei sowohl die Anzahl der nachträglich anzuerkennenden Tage als auch die pro Tag anzurechnenden Stunden zutreffend festgestellt. § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV geht von der Berücksichtigung der Arbeitszeit aus, die an diesen Tagen nach § 7 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BayAzV oder § 8 Abs. 1 Satz 2 BayAzV zu leisten wäre. Für Beamte im Schichtdienst sieht § 9 Abs. 3 Satz 1 BayAzV eine Anrechnung der Wochenfeiertage auch dann vor, wenn der Beamte an dem Wochenfeiertag durch den Dienstplan nicht zum Dienst eingeteilt war, also gerade keine Arbeitszeit zu erbringen hatte.
79
Die Dienstvereinbarung für die ILS … (Anlage A) sieht für die dort eingesetzten Beamten und Beschäftigten unterschiedliche Dienstzeiten vor. Unterschieden wird zwischen Tag- und Nachtschichten, wobei für die einzelnen Schichtarten verschiedene Zeitrahmen/-dauer festgelegt sind. Zeitpunkt und Art der abzuleistenden Schicht werden durch den Dienstplan festgelegt.
80
Damit weicht die Situation für einen Schichtdienst leistenden Beamten von dem Normalfall des § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV dahingehend ab, dass für die Beamten im Schichtdienst eine Arbeitszeit, die an den Wochenfeiertagen abzuleisten wäre, gerade nicht feststeht. Denn die abzuleistende Arbeitszeit ergibt sich erst durch den Dienstplan, bei arbeitsfreien Wochenfeiertagen enthält dieser aber offensichtlich keinen Eintrag.
81
§ 9 Abs. 3 Satz 1 BayAzV enthält keine Regelung hinsichtlich der anzurechnenden Arbeitszeit. Auch in der Dienstvereinbarung finden sich keine Ausführungen zum Vollzug des § 9 Abs. 3 Satz 1 BayAzV. Ein Hinweis, wie der „Wert eines Tages“ festgelegt wird, ergibt sich lediglich aus einer „Definition“ bei Gliederungspunkt A.4 der Dienstvereinbarung, die jedoch gemäß Gliederungspunkt B. 2 für Beamten nicht analog heranzuziehen ist. Nach dieser Definition würde bei längerfristiger Erkrankung dem Arbeitszeitkonto pro Krankheitstag 1/5 der wöchentlichen Arbeitszeit gutgeschrieben werden.
82
Nach Auffassung der Kammer ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte für arbeitsfreie Wochenfeiertage zur Festlegung der Wertigkeit eines arbeitsfreien Tages einen für alle in der ILS eingesetzten Beamten geltenden durchschnittlichen Wert heranzieht, der unabhängig von den möglichen Schichten gilt und sich an der 5-Tage-Woche gemäß § 5 Abs. 1 BayAzV orientiert. Da § 9 Abs. 3 Satz 1 BayAzV i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 BayAzV die Anrechnung von Wochenfeiertagen an den Tagen Montag bis Freitag regelt, kann eine 7-Tage-Woche nicht maßgeblich sein, was im Übrigen auch zu einer Schlechterstellung der Beamten im Schichtdienst gegenüber nicht im Schichtdienst eingesetzten Beamten führen würde. Auch ergeben sich keine Hinweise, dass für die in der ILS eingesetzten Beamten und Beschäftigen grundsätzlich eine 3,5-Tage-Woche gelten würde. Insbesondere zeigt der Rahmendienstplan (Anlage A der Dienstvereinbarung), dass die Schichtplanmodelle für die Disponenten durchaus zwischen zwei und sechs Arbeitstagen variieren. Als Auslegungshilfe kann im Übrigen auch § 49 Abs. 2 TVöD-TB-K herangezogen werden, der für Beschäftigte, die regelmäßig nach Dienstplan, der Wechsel- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht, eingesetzt werden, regelt, dass sich die regelmäßige Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit reduziert, wenn sie an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind.
83
3. Das Gericht hat im Urteil über die Kosten zu entscheiden, § 161 Abs. 1 VwGO. Soweit sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens, § 161 Abs. 2 VwGO.
84
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Unter Gegenüberstellung des anerkannten Freizeitausgleichs im Umfang von 134,7 Stunden gegenüber den vom Kläger geforderten 987,35 Stunden ergibt sich ein Unterliegen der Beklagten im Umfang von 14%.
85
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
86
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.