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LG Nürnberg-Fürth, Hinweisbeschluss v. 12.09.2019 – 5 S 4127/19
Titel:

Verjährung einer Einlageforderung

Normenketten:
GmbHG § 19 Abs. 6
AktG § 54 Abs. 4
HGB § 159, § 161 Abs. 2
ZPO § 529 Abs. 1, § 530, § 531 Abs. 2
Orientierungsatz:
Die Einlagenforderungen eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gegenüber einem stillen Teilhaber, der nach dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist und sich über eine Treuhandgesellschaft still als Treugeber an der Gesellschaft beteiligt, verjähren nach drei Jahren. (Rn. 7)
Schlagworte:
Geschlossener Immoblienfonds, GmbH & Co. KG, Einlagenforderung, Verjährung, Treuhänderische Beteiligung, Immobilienfond, stille Beteiligung, Treuhandgesellschaft, Einlageforderung, Verjährungsfrist
Vorinstanz:
AG Hersbruck, Urteil vom 29.04.2019 – 5 C 1234/18
Fundstelle:
BeckRS 2019, 55386

Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Hersbruck vom 29.04.2019, Az. 5 C 1234/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

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1. Die berufungsführende Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, an welcher sich die Beklagte über eine Treuhandgesellschaft still als Treugeber beteiligte. Nach dem Gesellschaftsvertrag werden die Treugeber im Innenverhältnis untereinander wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt (vgl. § 7.4 S. 1 GV). Die Beklagte bevollmächtigte die Treuhandgesellschaft mit Zeichnungsschein vom 13.09.2003 ihren wirtschaftlichen Beitritt zur Klägerin über eine Beteiligungssumme von 4.800 Euro zzgl. Agio von 240 Euro zu bewirken, wobei monatlich vermögenswirksame Leistungen von 40 Euro überwiesen werden sollten. Die Zahlungen erfolgten von Oktober 2003 bis April 2010. Ab Mai 2010 wurden keine Beträge mehr geleistet. Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die noch nicht geleistete Einlage von 1.880 Euro.
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Das Amtsgericht wies die Klage ab. Es war der Auffassung die Klägerin habe einen direkten Anspruch auf Zahlung der Beteiligungssumme. Dieser Anspruch sei jedoch wegen Verjährung nicht durchsetzbar, da die letzte Monatsrate im März 2014 fällig gewesen wäre und die dreijährige Verjährungsfrist Ende 2017 abgelaufen sei.
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2. Hiergegen wendet sich die Klägerin. Sie bringt vor, dass die Beteiligungssumme nicht auf einmal, sondern in Raten zu 40 Euro gezahlt werden sollte. Die Verjährung sei dadurch gehemmt. Zudem habe das Amtsgericht eine falsche Verjährungsfrist angewendet. Diese betrage wegen der im Innenverhältnis erfolgten Gleichstellung der Beklagten mit unmittelbaren Gesellschaftern zehn Jahre, analog § 19 Abs. 6 GmbHG, § 54 Abs. 4 AktG. Hilfsweise macht die Berufung geltend, dass die Verjährung analog §§ 159,161 Abs. 2 HGB erst fünf Jahre nach Eintragung der Auflösung der Gesellschaft stattfinden könne. Schließlich wird eingewandt, dass die Verjährung durch die Feststellung der jährlichen Jahresabschlüsse 2011 - 2017 jeweils neu begonnen habe. Im Übrigen wird ergänzend auf die Berufungsbegründung vom 02.09.2019 Bezug genommen (vgl. Bl. 75 d.A.).
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3. Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass nach § 529 ZPO die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen oder die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht.
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Es ist von dem im angefochtenen Urteil zu Grunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Denn gemäß § 529 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten oder neue Tatsachen zu berücksichtigen sind. Konkrete Anhaltspunkte für fehlerhafte oder lückenhafte Feststellungen im Sinn des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestehen nicht. Mit ihrer Berufung bringt die Klägerin neue Tatsachen vor (a) und greift die rechtliche Würdigung des Amtsgerichts (b) an. Diese Angriffe können nicht verfangen:
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(a) Die Kammer kann offen lassen, ob die Jahresabschlüsse 2011-2017 und den dortigen Mitteilungen der ausstehenden Einlagen im Umlaufvermögen jeweils Anerkenntnisse der eingeklagten Einlageforderung darstellten und deswegen die Verjährung erneut begann (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). In der Feststellung der Jahresabschlüsse durch die Klägerin liegt kein Anerkenntnis der Einlagenforderung durch die Beklagte. Aber selbst wenn man mit der Berufung die beklagte „Quasi-Gesellschafterin“ wie eine eingetragenen Kommanditistin behandeln würde und weiter den Berufungsangriff dahingehend auslegen würde, dass die Beklagte durch ihre Mitwirkung und Zustimmung an den Feststellungen der Jahresabschlüsse die gegen sie gerichtete Einlagenforderung anerkannte, könnte die Kammer diese erstmals in der Berufung vorgebrachten Tatsachen für ihre Entscheidung nicht berücksichtigen. Unabhängig davon, dass die Berufung zu Mitwirkungs- und Zustimmungshandlungen der Beklagten schon nichts vorträgt, ist jedenfalls ihr Vortrag neu, dass am 10.08.2012 der Jahresabschluss für das Jahr 2011, am 30.08.2013 der Jahresabschluss 2012, am 03.11.2014 der Jahresabschluss für 2013, am 08.12.2015 der Jahresabschluss für 2014, am 24.10.2016 der Jahresabschluss für 2015 und am 23.10.2017 der Jahresabschluss für 2016 erstellt wurde sowie die Umstände, dass in diesen unter B) Umlaufvermögen I. 2. die ausstehenden Einlagen (unterstellt: diejenige der Beklagten) und im Kontonachweis unter Nr. 80 und 81 die ausstehenden Einlagen (unterstellt: der Beklagten) beziffert sind. Neue Tatsachen darf das Berufungsgericht nur unter den Voraussetzungen der §§ 530, 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigen. Zulassungsgründe werden von der Berufung nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
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(b) Auch soweit die Berufung die Länge der Verjährungsfrist angreift, bleibt ihr Angriff ganz offensichtlich ohne Erfolg. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Einlagenforderung der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegt (vgl. nur: Ellenberger, in: Palandt, BGB, 79. Auflage 2019, § 195, Rn. 3; Grothe, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2018, § 195, Rn. 14).
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Die Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 159, 161 Abs. 2 HGB liegt fern. Die streitgegenständliche Einlagenforderung betrifft das Innenverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. § 159 HGB betrifft die nachhaftungsbegrenzende Verjährung, beruht also auf der Außenhaftung und der Registerpublizität des Gesellschafters. Die Einlagenforderung ist weder eine Verbindlichkeit der klagenden Gesellschaft gegenüber Dritten noch war die Beklagte ins Handelsregister eingetragene Gesellschafterin.
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Noch fernliegender ist die analoge Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist der § 54 Abs. 4 AktG und des § 19 Abs. 6 GmbHG. Warum bei einer atypischen stillen Beteiligung an einer Personengesellschaft -die grundsätzlich unbeschränkt haftetdie Regeln über die Einhaltung des Eigenkapitals in einer Kapitalgesellschaft -die grundsätzlich beschränkt haftetentsprechend anwendbar sein sollen, bleibt das Geheimnis der Berufung.
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Der Bundesgerichtshof hat zwar eine analoge Anwendung der Regelungen des GmbH-Gesetzes auf die GmbH & Co. KG über die Erhaltung des Eigenkapitals in einigen Fällen in Betracht gezogen. In diesen war aber der stille Gesellschafter hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der GmbH weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichgestellt. Seine Einlage war damit praktisch Teil der Eigenkapitalgrundlage der GmbH geworden (vgl. BGH, Urteil v. 29.03.1973, Az. II ZR 25/70, unter Ziffer 3; BGH, Urteil v. 01.03.2010, Az. II ZR 249/08, Rn. 10). Eine Vergleichbarkeit dieser Konstellation mit der hier gegenständlichen Beteiligung der Beklagten ist nach dem bisherigen Sachvortrag abwegig.
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4. Die Kammer regt daher zur Vermeidung weiterer Kosten eine Berufungsrücknahme an. In diesem Fall ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 (vgl. GKG KV Nr. 1222).