Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 04.02.2019 – W 3 M 18.32276
Titel:

Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung - Dolmetschervergütung 

Normenkette:
JVEG § 1, § 4, § 14
Leitsätze:
1. Bei der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG handelt es sich nicht um die Überprüfung einer vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Dolmetschervergütung, sondern um eine unabhängige, erstmalige und originäre Festsetzung. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da die gerichtliche Festsetzung keine Änderung einer schon vorliegenden Berechnung ist, sondern eine hiervon unabhängige erstmalige Festsetzung, gilt das Verbot der reformatio in peius nicht.  (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Vergütungsvereinbarung nach § 14 JVEG bindet das Gericht, so dass die Höhe der in der Vereinbarung geregelten Vergütung daher grundsätzlich der Überprüfung durch das Gericht entzogen ist. Allerdings ist das Gericht befugt zu überprüfen, ob die Vereinbarung ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Ist dies der Fall, sind hiervon abweichende Zusagen eines einzelnen Gerichts oder eines Richters unwirksam und verschaffen keinen vom Vertrag abweichenden Vergütungsanspruch. Eine Berufung auf Vertrauensschutz ist nicht möglich. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dolmetschervergütung, Originäre Festsetzung durch das Gericht, kein Verbot der reformatio in peius, Vergütungsvereinbarung, Dolmetscher, Vergütung, Vertrauensschutz
Fundstelle:
BeckRS 2019, 5168

Tenor

Die Dolmetschervergütung der Antragstellerin für die Dolmetschertätigkeit in der mündlichen Verhandlung der 3. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg am 19. Juli 2018 wird auf 651,64 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Frau … M* … - im vorliegenden Fall die Antragstellerin - betreibt ein Dolmetscher- und Übersetzungsbüro. Sie beantragt die gerichtliche Festsetzung einer Dolmetschervergütung für den Einsatz eines Dolmetschers im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Würzburg.
2
Für die mündliche Verhandlung des Einzelrichters der 3. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg ordnete der Einzelrichter gemäß § 55 VwGO, § 186 GVG die Zuziehung des Dolmetschers … S* … für die Sprachen Fula und Wolof über die Antragstellerin an. Es handelte sich um die Verfahren W 3 K 17.33115, W 3 K 17.31959, W 3 K 17.31608, W 3 K 17.33696 und W 3 K 18.30885 (erster Termin: 09:30 Uhr; letzter Termin: 13:00 Uhr). Mit Schreiben vom 13. April 2018 bat die Geschäftsstelle der 3. Kammer die Antragstellerin unter Hinweis auf die richterliche Anordnung um Entsendung des Dolmetschers … S* … Ein Mitarbeiter der Antragstellerin bestätigte mit Empfangsbekenntnis vom 18. April 2018 die Teilnahme des Dolmetschers … S* … an der Sitzung; zugleich wies er darauf hin, dass der Dolmetscher aus Nürnberg anreise und die Berechnung vom genannten Ort aus erfolge.
3
Die mündliche Verhandlung am 19. Juli 2018 begann um 09:30 Uhr und endete um 13:20 Uhr, mit einer Mittagspause von 12:40 Uhr bis 13:00 Uhr.
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Mit Schreiben vom 30. Juli 2018 berechnete die Antragstellerin für die Tätigkeit des Dolmetschers am 19. Juli 2018 insgesamt 897,02 EUR und legte dem eine Gesamteinsatzzeit von 9,5 Stunden (Reisezeit: 06:30 Uhr bis 09:30 Uhr; Einsatzzeit 09:30 Uhr bis 13:20 Uhr; Reisezeit 13:20 Uhr bis 16:00 Uhr) zu 70,00 EUR pro Stunde und Fahrtkosten von 296 km zu 0,30 EUR pro Kilometer zugrunde, beides zuzüglich 19% Mehrwertsteuer.
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Die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg bewilligte mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 lediglich einen Betrag von 627,84 EUR. Dem legte sie einen Reisebeginn um 08:00 Uhr und ein Reiseende um 14:50 Uhr bei einer Entschädigung von 70,00 EUR pro Stunde sowie als Fahrtkosten 242 km zu 0,30 EUR pro Kilometer zuzüglich Mehrwertsteuer zugrunde.
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Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der Begründung, der Dolmetscher sei dazu verpflichtet, so rechtzeitig anzureisen, dass er nicht zu spät zum Termin erscheine. Hierbei seien der Berufsverkehr und die Baustellen zu berücksichtigen, zudem Zeit für Parkplatzsuche und für den Weg zum Gericht. Die Kilometerkürzung werde akzeptiert. Zugleich legte die Antragstellerin die Abrechnung des Dolmetschers gegenüber der Antragstellerin vor, aus welcher sich ergibt, dass der Dolmetscher sich auf der Fahrt in zwei längeren Staus befunden hat. Zudem ist aus diesem Abrechnungsschreiben ersichtlich, dass der Dolmetscher selbst nicht umsatzsteuerpflichtig ist.
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Daraufhin berechnete die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg mit Schreiben vom 6. November 2018 die Dolmetschervergütung neu und setzte eine Vergütung von 737,60 EUR fest. Dem legte sie einen Reisebeginn um 06:30 Uhr und ein Reiseende um 16:00 Uhr mit einem Stundensatz von 70,00 EUR sowie Fahrtkosten für 242 km zu 0,30 EUR pro Kilometer zugrunde, ohne auf die sich hieraus ergebenden Beträge 19% Mehrwertsteuer aufzuschlagen. Dies begründete sie damit, die längeren Fahrtzeiten seien hinreichend begründet worden. Allerdings sei der Dolmetscher S* … nicht umsatzsteuerpflichtig. Werde bei der Beauftragung eines Dolmetscherbüros ein freier Mitarbeiter zu dem Termin gesandt, sei für die Erstattung der Mehrwertsteuer maßgeblich, ob der eingesetzte Dolmetscher selbst umsatzsteuerpflichtig sei.
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Mit Schreiben vom 7. November 2018 beantragte die Antragstellerin die gerichtliche Festsetzung der Dolmetschervergütung bezüglich der Entscheidung, die geltend gemachte Umsatzsteuer nicht zu erstatten. Die Antragstellerin sei vom Gericht beauftragt worden, einen Dolmetscher zum Termin zu stellen, nicht lediglich zu vermitteln. Die Antragstellerin habe die volle Verantwortung für die Wahrnehmung des Termins gegenüber dem Gericht übernommen. Somit stehe auch der Antragstellerin der Vergütungsanspruch zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer zu.
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Unter dem 8. November 2018 half die Kostenbeamtin dem Antrag auf gerichtliche Festsetzung vom 7. November 2018 nicht ab und begründete dies damit, die Stundenvergütung von 70,00 EUR sei lediglich deshalb bewilligt worden, weil der Dolmetscher nicht direkt für das Dolmetscherbüro zum Einsatz komme. Sei ausschließlich das Dolmetscherbüro beauftragt worden, müsse die Abrechnung nach dem gültigen Vertrag mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erfolgen und ein Satz von 50,00 EUR pro Stunde zugrunde gelegt werden. Da die Antragstellerin aber eine hiervon abweichende Vergütung geltend gemacht habe, müsse davon ausgegangen werden, dass der eingesetzte Dolmetscher nicht für die Antragstellerin selbst tätig geworden, sondern lediglich von dieser vermittelt worden sei. In diesem Fall könne eine Erstattung der Umsatzsteuer nur erfolgen, wenn der eingesetzte Dolmetscher selbst umsatzsteuerpflichtig sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zudem sei zu beachten, dass laut der vorgelegten Rechnung der Dolmetscher gegenüber der Antragstellerin eine deutlich niedrigere Vergütung von 46,70 EUR pro Stunde geltend mache.
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Hierzu äußerte sich die Antragstellerin dahingehend, sie selbst sei Auftragnehmerin gewesen und nicht der Dolmetscher … S* … Dies werde auch daraus deutlich, dass der Dolmetscher seine Rechnung an die Antragstellerin und nicht an das Gericht geschickt habe. Mit dem Vertrag sei ursprünglich ein Stundensatz von 50,00 EUR vereinbart worden, nachträglich sei mit dem Verwaltungsgericht Würzburg jedoch vereinbart worden, dass die Antragstellerin bei seltenen Sprachen 70,00 EUR pro Stunde bekomme. Grund hierfür sei, dass seltene Dolmetscher höhere Honorarsätze verlangten. Hierauf sei das Gericht eingegangen.
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Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreterin der Staatskasse nahm dahingehend Stellung, ein Dolmetscherbüro habe keinen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, wenn es lediglich nicht umsatzsteuerpflichtige freie Mitarbeiter als Dolmetscher vermittele und deren Entschädigung aufgrund Abtretung des Anspruchs einziehe. Nach den vorliegenden Unterlagen sei es nicht ersichtlich, warum der Dolmetscher nicht als freier Mitarbeiter von der Antragstellerin beauftragt worden sein solle.
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Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten W 3 K 17.33115, W 3 K 17.31959, W 3 K 17.31608, W 3 K 17.33696 und W 3 K 18.30885 welche Gegenstand des Verfahrens war, Bezug genommen.
II.
13
Die Festsetzung der Dolmetschervergütung richtet sich gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718, 776), zuletzt geändert mit Gesetz vom 11. Oktober 2016 (BGBl I S. 2222) nach diesem Gesetz. Nach dessen § 4 Abs. 1 Satz 1 erfolgt die Festsetzung der Vergütung durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Das Gericht entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1, 1. Halbsatz JVEG als Einzelrichter.
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Bei der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG handelt es sich nicht um die Überprüfung einer vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Dolmetschervergütung, sondern um eine unabhängige, erstmalige und originäre Festsetzung. Denn die Berechnung des Kostenbeamten stellt lediglich eine vorläufige Regelung dar, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (BGH, Entscheidung vom 5.11.1968 - RiZ(R) 4/68 - BGHZ 51, 148), also sowohl dessen Einzelpositionen als auch das Gesamtergebnis. Das Gericht hat daher eine umfassende Prüfung des Vergütungsanspruches vorzunehmen, ohne dass es auf die gegen die Berechnung des Kostenbeamten vorgebrachten Einwendungen beschränkt wäre. Es kann lediglich nicht mehr als verlangt festsetzen. Da die gerichtliche Festsetzung keine Änderung einer schon vorliegenden Berechnung ist, sondern eine hiervon unabhängige erstmalige Festsetzung, gilt das Verbot der reformatio in peius nicht (vgl. zu allem: Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, Kommentar, 27. Aufl. 2018, § 4 Rn. 12; Schneider, JVEG, Kommentar, 3. Aufl. 2018, § 4 Rn. 11 und Rn. 48; BayLSG, B.v. 4.7.2016 - L 15 RF 31/15 - juris Rn. 10 bis 14 jeweils m.w.N.).
15
Auf dieser Grundlage ist für die Dolmetschertätigkeit der Antragstellerin am 18. Juli 2018 eine Vergütung in Höhe von 651,64 EUR festzusetzen.
16
Vorliegend handelt es sich um einen originären Vergütungsanspruch der Antragstellerin und nicht um einen Anspruch aus einem seitens des Dolmetscher … S* … an die Antragstellerin abgetretenen Recht. Dies ergibt sich daraus, dass eine Vertragsbeziehung ausschließlich zwischen dem Gericht und der Antragstellerin und nicht zwischen dem Gericht und dem Dolmetscher L* … S* … selbst zustande gekommen ist. Denn das Gericht hat mit Schreiben vom 13. April 2018 die Antragstellerin selbst um Dolmetscherentsendung gebeten und diese Bitte auf die Person von … S* … konkretisiert. Daraufhin hat die Antragstellerin selbst (und nicht der Dolmetscher … S***) schriftlich mitgeteilt, zum Termin werde „für unser Büro“ Herr S* … aus Nürnberg erscheinen. Entsprechendes ergibt sich auch aus dem Empfangsbekenntnis vom 18. April 2018, in welchem unter der Rubrik „Dolmetscher“ das „Dolmetscherbüro …“ genannt ist und mitgeteilt wird, an der Sitzung werde folgender Dolmetscher teilnehmen: Herr … S* … Auch die Abrechnungsmodalitäten weisen in diese Richtung: Der Dolmetscher S* … hat seine Leistung vom 19. Juli 2018 mit Schreiben vom selben Tag gegenüber der Antragstellerin abgerechnet und insgesamt 532,15 EUR geltend gemacht. Eine Abtretungserklärung welcher Art auch immer enthält diese Rechnung nicht. Die Antragstellerin hat auf dieser Grundlage und mit den vom Dolmetscher angegebenen Tatsachen unter dem 30. Juli 2018 gegenüber dem Gericht 897,02 EUR geltend gemacht. Aus diesen Umständen ergibt sich, dass die Antragstellerin selbst die Leistung erbracht hat und sich hierfür des Dolmetschers S* … bedient hat. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin gegenüber dem Gericht nicht - wie im Vertrag mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vereinbart - mit einem Stundensatz von 50,00 EUR, sondern von 70,00 EUR abgerechnet hat, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Aus dieser Tatsache ist kein rechtlicher Wille der Antragstellerin erkennbar, gegenüber dem Gericht nicht als Vertragspartner zu handeln, sondern lediglich als Vermittler, der aus abgetretenem Recht einen originären Anspruch des Dolmetschers S* … geltend machen würde; dies insbesondere auch deshalb, weil die vor der Dolmetscherleistung klar erkennbare oben dargestellte rechtliche Konstellation nicht nach Erbringung der Dolmetscherleistung im Sinne eines Austauschs des einen Vertragspartners abgeändert werden kann. Auch die Tatsache, dass der Dolmetscher selbst gegenüber der Antragstellerin einen deutlich geringeren Betrag abgerechnet hat als die Antragstellerin nunmehr dem Gericht gegenüber geltend macht, macht deutlich, dass die Antragstellerin nicht aus einem seitens des Dolmetschers S* … abgetretenen Recht handelte.
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Grundlage der Abrechnung des Dolmetschereinsatzes am 19. Juli 2018 ist die zwischen der Antragstellerin und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgeschlossene Vereinbarung, die zum 1. Mai 2007 in Kraft getreten und zum 3. Dezember 2013 abgeändert worden ist. Diese Vereinbarung gilt gemäß deren Ziffer I. nicht nur für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, sondern auch für die Bayerischen Verwaltungsgerichte und damit auch für das Verwaltungsgericht Würzburg.
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Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um eine solche nach § 14 JVEG. Nach dieser Vorschrift kann die oberste Landesbehörde oder eine von dieser bestimmte Stelle eine Vereinbarung mit Dolmetschern über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.
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Zweck einer solchen Vereinbarung ist es, durch die Festsetzung einer Pauschalvergütung die Honorarabrechnung zu vereinfachen und die Nachprüfung eines jeden Honorarbegehrens im Einzelfall zu ersparen (Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, Kommentar, 27. Auflage, § 14 Rn. 2). Darüberhinaus kann einerseits der Dolmetscher nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen, wofür diese andererseits ein gewisses finanzielles Entgegenkommen des Dolmetschers erwarten (vgl. ausführlich zum Zweck des § 14 JVEG: BayLSG, B.v. 4.7.2016 - L 15 RF 31/15 - juris Rn. 35 bis 41 m.w.N.).
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Eine solche wirksame Vereinbarung bindet das Gericht; die Höhe der in der Vereinbarung geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch das Gericht entzogen (BayLSG, a.a.O. Rn. 43). Auch darf keine von einer wirksamen Vereinbarung abweichende Vergütung festgesetzt werden. Allerdings ist das Gericht befugt zu überprüfen, ob die Vereinbarung ordnungsgemäß zustande gekommen ist (Schneider, JVEG, 3. Auflage 2018, § 14 Rn. 8 m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, Kommentar, 48. Auflage 2018, § 14 JVEG Rn. 8). Ist eine solche Vereinbarung wirksam abgeschlossen worden, sind hiervon abweichende Zusagen eines einzelnen Gerichts oder eines Richters unwirksam und verschaffen keinen vom Vertrag abweichenden Vergütungsanspruch. Eine Berufung auf Vertrauensschutz ist nicht möglich (Schneider, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.).
21
Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die zwischen dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als hierfür beauftragte Stelle (vgl. Verwaltungsvorschrift vom 25.2.2011 - 5670-VI-1471/11) und der Antragstellerin abgeschlossenen Vereinbarung unwirksam sein könnte. Sie hält die Vorgaben des § 14 JVEG ein, hier insbesondere diejenige, dass die Höhe der zu gewährenden Vergütung die nach dem JVEG vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf. Denn nach § 9 Abs. 3 Satz 1 JVEG beträgt das Honorar des Dolmetschers für jede Stunde 70,00 EUR; in der genannten Vereinbarung ist eine unter diesem Betrag liegende Vergütung von 50,00 EUR pro Stunde vorgesehen. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen den vereinbarten Stundensatz, denn es sind keine Gründe offenkundig, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staates beim Abschluss der Vereinbarung erklären ließe, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich wäre (vgl. hierzu BayLSG, B.v. 7.4.2016 - L 15 RF 31/15 - juris Rn. 25 ff., Rn. 43).
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Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe nachträglich mit dem Verwaltungsgericht Würzburg für sogenannte seltene Sprachen einen Stundensatz von 70,00 EUR vereinbart. Ob entsprechende Gespräche allgemein oder speziell im Rahmen der Beauftragung für den Sitzungstermin am 19. Juli 2018 zwischen der Antragstellerin und einem Vertreter des Verwaltungsgerichts Würzburg geführt worden sind, ist unerheblich, denn hierauf kommt es nicht an. Wie schon oben ausgeführt wäre eine solche von der Vereinbarung mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abweichende Vereinbarung unwirksam und eine Berufung auf Vertrauensschutz nicht zulässig. Abweichende Vereinbarungen wären allenfalls zwischen der Antragstellerin und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zulässig; es liegen jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin diesbezüglich mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Kontakt aufgenommen hätte.
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Die Antragstellerin kann sich darüberhinaus nicht auf eine Abrechnung außerhalb der zwischen ihr und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgeschlossenen Vereinbarung berufen. Denn nach Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 JVEG sind die Parteien hieran gebunden und Dolmetschereinsätze außerhalb des Rahmens der Vereinbarung nicht mehr zulässig. Denn Sinn und Zweck der Vereinbarung nach § 14 JVEG ist es, in allen Fällen eine pauschale Abrechnung zu ermöglichen, ohne dass noch differenziert werden müsste, ob Sonderfälle vorliegen könnten, die ein Verlassen dieses Abrechnungsrahmens rechtfertigen würden.
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Auch die Vereinbarung selbst lässt eine Abrechnung von Dolmetschereinsätzen auf individueller Basis nicht zu. Denn in Ziffer I. Satz 1 der Vereinbarung ist festgelegt, dass der Dolmetscher für seine Tätigkeit „in allen angebotenen Sprachen“ die vereinbarte Vergütung erhält. Damit ist es nicht zulässig, für bestimmte, möglicherweise seltene Sprachen eine Abrechnung außerhalb der Vereinbarung vorzunehmen.
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Auf der Grundlage der genannten Vereinbarung ist die Vergütung für den Dolmetschereinsatz am 19. Juli 2018 auf 651,64 EUR festzusetzen.
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Zu Recht hat die Antragstellerin eine Gesamteinsatzzeit für die Dolmetschertätigkeit einschließlich Reise- und Wartezeiten von neun Stunden und dreißig Minuten berechnet. Hiervon beläuft sich die Zeit für die Anreise auf drei Stunden und für die Rückreise auf zwei Stunden und vierzig Minuten. Insbesondere diese Zeiten sind nicht zu beanstanden.
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Zwar legt die Vereinbarung unter Ziffer II.1. fest, dass für Reisezeiten zum Verwaltungsgericht Würzburg höchstens eine Stunde pro Einsatztag gewährt wird; allerdings ist unter Ziffer II.2.b) festgelegt, dass für Dolmetscherbüros der Wohnsitz des Dolmetschers als Berechnungsgrundlage gilt. Diese Festlegung ist gegenüber der pauschalen Festlegung der Reisezeit auf eine Stunde als Spezialvereinbarung anzusehen. Auf dieser Grundlage ist anstelle der pauschalen Abrechnung der Reisezeit für Dolmetscher mit Wohnsitz außerhalb des Sitzes des Dolmetscherbüros eine individuelle Abrechnung zulässig.
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Die Notwendigkeit der Dauer der Heranziehung ist nach objektiven Kriterien zu ermitteln; hierbei ist die im gesamten Kostenrecht geltende Kostenminimierungspflicht zu beachten (BayLSG, B.v. 2.7.2012 - L 15 SF 12/12 - juris Rn. 14). Allerdings darf nicht die retroperspektivisch ermittelte unverzichtbare Zeit berücksichtigt werden, sondern die im Vorfeld vorhandenen Unsicherheitsfaktoren wie z.B. Staugefahr sind zu berücksichtigen. Zudem ist es nicht zu beanstanden, dass ein Dolmetscher ein gewisses Zeitpolster einkalkuliert, um die im Interesse des ladenden Gerichts liegende rechtzeitige Ankunft nicht zu gefährden. Im Sinne der Praktikabilität dürfen bei der Überprüfung der vom Dolmetscher angegebenen Zeit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, sofern diese nicht als lebensfremd erscheint (BayLSG, B.v. 15.5.2014 - L 15 SR 118/14 - juris Rn. 32).
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Ausgehend von diesen Vorgaben kann eine Abreise des Dolmetschers in Nürnberg um 06:30 Uhr bei einem Terminsbeginn um 09:30 Uhr noch als objektiv erforderlich betrachtet werden. Die erforderliche Fahrzeit von der Wohnung des Dolmetschers S* … in Nürnberg bis zum Verwaltungsgericht Würzburg beträgt bei günstigen Verkehrsverhältnissen laut Routenplaner knapp eineinhalb Stunden. Es ist gerichtsbekannt, dass die Bundesautobahn A3 zwischen Nürnberg und Würzburg derzeit aufgrund verschiedener Baustellen erheblich staugefährdet ist. Auch die Stadtdurchfahrt von Würzburg von der Autobahnausfahrt Rottendorf bzw. Heidingsfeld kommend ist in den Morgenstunden stauanfällig. Zudem ist es derzeit nicht garantiert, auf dem Besucherparkdeck des Verwaltungsgerichts einen Parkplatz zu finden, so dass auch Zeit für die Parkplatzsuche und den Fußweg zum Gericht einkalkuliert werden muss. Hinzu kommt die aus Sicherheitsgründen erforderliche und möglicherweise nicht ganz zeitunaufwendige Einlasskontrolle im Gericht. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint dem Gericht eine Abreise in Nürnberg bereits um 06:30 Uhr und damit drei Stunden vor dem angesetzten Termin zwar als sehr frühzeitig, aber noch vertretbar.
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Auch die berechnete Rückreisezeit von zwei Stunden und vierzig Minuten ist hinzunehmen, da der Dolmetscher S* … der Antragstellerin mitgeteilt hat, er sei auf der Rückreise in einem 13 km langen und in einem 7 km langen Stau gewesen.
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Die somit der Abrechnung zugrundeliegende Einsatzdauer von neun Stunden dreißig Minuten reduziert sich um zwanzig Minuten für die vom Gericht durchgeführte Mittagspause. Diese zählt, soweit sie zur Erfüllung allgemeiner menschlicher Bedürfnisse, die unabhängig vom Auftrag anfallen (z.B. Essenspausen) als nicht durch die Heranziehung veranlasst (Schneider, JVEG, 3. Aufl. 2018, § 8 Rn. 17 m.w.N.). Eine Mittagspause von zwanzig Minuten dient der Erfüllung derartiger allgemeiner menschlicher Bedürfnisse, so dass sie nicht als vergütungspflichtige Wartezeit angerechnet werden kann. Allerdings ist in der Vereinbarung zwischen dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und der Antragstellerin unter Ziffer II.1. geregelt, dass die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als dreißig Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war, andernfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages.
32
Damit ist der Abrechnung eine Einsatzzeit in Höhe von neun Stunden und dreißig Minuten zugrundezulegen. Bei einem Stundensatz von 50,00 EUR (vgl. Ziffer II.1. der Vereinbarung) ergibt sich zunächst ein Honorar von 475,00 EUR. Einen höheren Stundensatz als 50,00 EUR kann die Antragstellerin - wie schon oben ausgeführt - nicht geltend machen, da sie an die mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgeschlossene Vereinbarung gebunden ist und diese keine Ausnahmen zulässt.
33
Darüber hinaus sind der Antragstellerin die für die Fahrt entstandenen Aufwendungen des Dolmetschers zu ersetzen.
34
Nach Ziffer II.2.a) der Vereinbarung gelten als notwendige Aufwendungen die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten entsprechend Nachweis oder ein Pauschalbetrag in Höhe von 20,00 EUR bezogen auf das Verwaltungsgericht Würzburg.
35
Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin zu Recht die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten des Dolmetschers geltend gemacht, dies in Verbindung mit der bereits dargestellten Regelung in der Vereinbarung, dass für Dolmetscherbüros der Wohnsitz des Dolmetschers als Berechnungsgrundlage gilt. Die Antragstellerin hat die Wohnadresse des Dolmetschers in Nürnberg und die Tatsache angegeben, dass er mit dem Pkw angereist ist. Dies hat auch der Dolmetscher selbst gegenüber der Antragstellerin mit seiner Abrechnung bestätigt. Damit liegt ein entsprechender Nachweis über die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten vor. Die Antragstellerin hat diesbezüglich eine gesamte Fahrtstrecke von 242 km zugestanden, was durch eine Recherche in allgemein zugänglichen Routenplanern bestätigt wird. Mangels einer entsprechenden Regelung in der mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgeschlossenen Vereinbarung über die Höhe des Kilometersatzes ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG ein pauschaler Kilometersatz von 0,30 EUR zugrunde zu legen. Bei 242 km ergibt sich ein Fahrtkostenersatz von 72,60 EUR.
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Auf die Gesamtsumme des Honorars und des Fahrtkostenersatzes in Höhe von 547,60 EUR sind 104,04 EUR Mehrwertsteuer aufzuschlagen und als besondere Aufwendung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG zu ersetzen. Denn nach dieser Vorschrift kann der Dolmetscher die auf seine Vergütung entfallende und im Grundsatz von ihm als persönliche Steuerschuld zu entrichtende Umsatzsteuer als Aufwendung geltend machen. Dies gilt nur dann nicht, wenn nach § 19 Abs. 1 UStG von der Erhebung abgesehen wird. Allerdings kann ein Dolmetscherbüro, das dem Gericht freie Mitarbeiter als Dolmetscher vermittelt und deren Entschädigung aufgrund Abtretung des Anspruchs einzieht, keinen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer geltend machen, wenn der freie Mitarbeiter nicht umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, Kommentar, 27. Auflage 2018, § 12 Rn. 27 m.w.N.).
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Im vorliegenden Fall ist - wie oben ausgeführt - Vertragspartnerin die Antragstellerin selbst und nicht der Dolmetscher … S* …, da die Antragstellerin diesen dem Gericht nicht als freien Mitarbeiter vermittelt hat. Daher kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, dass der Dolmetscher … S* … selbst von der Umsatzsteuer befreit ist. Da die Antragstellerin die entsprechende Umsatzsteuer abführen muss, ist sie als besondere Aufwendung zu erstatten.
38
Hieraus ergibt sich eine Gesamtentschädigung der Antragstellerin für die Teilnahme des Dolmetschers … S* … an der mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2018 in Höhe von 671,64 EUR. Der Antragstellerin gegenüber ist eine Aufteilung dieses Betrages auf die verschiedenen am 19. Juli 2018 verhandelten Verfahren nicht erforderlich; sie kann allerdings den Gesamtbetrag nur einmal fordern.
39
Das vorliegende Verfahren ist gemäß § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG gebührenfrei; gemäß § 4 Abs. 8 Satz 2 JVEG werden Kosten nicht erstattet.