Inhalt

VGH München, Beschluss v. 05.02.2019 – 21 CS 18.2168
Titel:

Widerruf von Waffenbesitzkarte wegen Alkoholkonsums

Normenketten:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 45 Abs. 2 S. 1
AWaffV § 4 Abs. 6 S. 1
WaffVwV Nr. 6.3
Leitsatz:
Neuerlich festgestellter Alkoholkonsums kann bei in den zurückliegenden Jahren aufgetretener Alkoholproblematik im Rahmen einer Gesamtschau Bedenken gegen die persönliche Eignung im Sinne des § 6 Abs. 2 WaffG begründen, auch wenn eine Alkoholabhängigkeit nicht nachgewiesen ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenrecht, erfolglose Beschwerde, Widerruf von Waffenbesitzkarten, Eignungszweifel wegen Alkoholproblematik, Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens, Alkoholabhängigkeit, Gesamtschau, persönliche Eignung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Entscheidung vom 13.09.2018 – Au 4 S 18.1457
Fundstelle:
BeckRS 2019, 1680

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten und die dazu ergangenen Nebenentscheidungen.
2
Der Antragsteller ist seit 1977 Inhaber von Waffenbesitzkarten und Jäger.
3
Wegen Trunkenheitsfahrten am 22. November 1997, 9. März 2005 (BAK 1,77 ‰) und 4. Februar 2010 (BAK 1,45 ‰; Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, 45 Tagessätze, rechtskräftig seit 29.7.2010) widerrief das Landratsamt mit Bescheid vom 2. August 2011 dem Antragsteller die Waffenbesitzkarten.
4
Nach Vorlage eines positiven Fachpsychologischen Gutachtens der TÜV Süd Life Service GmbH am 26. April 2012 wurde dem Antragsteller die waffenrechtliche Erlaubnis wieder erteilt. Im Rahmen der Begutachtung erklärte der Antragsteller, aufgrund seiner Unfähigkeit zu dauerhaft kontrolliertem Alkoholkonsum seit Ende Februar 2011 vollständig auf Alkohol zu verzichten. Früher habe er bei Gelegenheit maximal bis zu zehn, häufig aber vier Viertel Wein getrunken.
5
Nach einer Mitteilung der Polizeiinspektion Memmingen wurde beim Antragsteller bei einer Verkehrskontrolle am 6. Januar 2015 um 8.48 Uhr Alkoholgeruch festgestellt. Gegenüber den Polizeibeamten räumte der Antragsteller ein, während der Fahrt ein Bier getrunken zu haben. Bei einer freiwilligen Blutentnahme wurde eine BAK unter 0,16 ‰ festgestellt, die als „nicht bestimmbar“ gewertet wurde.
6
Bei der Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit anlässlich eines Antrags auf Verlängerung des Jagdscheins wurde bekannt, dass der Antragsteller am 28. August 2016 (Sonntag, 13.14 Uhr) erneut alkoholisiert mit dem Pkw fuhr. Polizeibeamte stellten Verhaltensauffälligkeiten bei einer Nachfahrt des vom Antragsteller gelenkten Pkws fest. Der Pkw kam mehrfach nach links leicht über den Mittelstreifen und dann wieder nach rechts Richtung Bankett. Eine Blutentnahme ergab eine BAK von 0,31 ‰.
7
Das Landratsamt wies den Antragsteller mit Schreiben vom 24. April 2018 und 27. Juni 2018 darauf hin, dass aufgrund des festgestellten Alkoholkonsums aus waffenrechtlicher Sicht Bedenken gegen seine persönliche Eignung bestünden und forderte den Antragsteller auf, ein amts- oder fachärztliches Zeugnis über seine geistige und körperliche Eignung zum weiteren Umgang mit Schusswaffen und Munition auf eigene Kosten vorzulegen. Weiter erfolgte der Hinweis, dass im Falle einer Weigerung der Untersuchung oder bei (aus von ihm zu vertretenden Gründen) nicht fristgerechter Vorlage des Gutachtens auf die Nichteignung des Antragstellers geschlossen werden dürfe (§ 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV).
8
Mit Bescheid vom 13. August 2018 widerrief das Landratsamt die Waffenbesitzkarten des Klägers vom 26. April 2012 (Nr.36/2012), 10. Mai 2012 (Nrn. 37/2012 und 38/2012) und vom 16. April 2014 (Nr. 48/2014), in die insgesamt 15 Schusswaffen eingetragen waren (Nr. 1). Gleichzeitig ordnete es unter Zwangsgeldandrohung (Nr. 4) an, die Waffenbesitzkarten spätestens innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids zurückzugeben (Nr. 3) und die in die Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und ggf. in seinem Besitz befindliche Munition einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen. Für die Nrn. 3 und 4 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 6).
9
Der Antragsteller hat gegen den Bescheid Klage erhoben und im Hinblick auf die waffenrechtlichen Entscheidungen vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 13. September 2018 abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
II.
10
1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben. Der Senat verweist auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses und macht sich diese zu eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
11
2. Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
12
Die Beschwerde macht geltend, dass entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts keine nachträglichen Tatsachen eingetreten seien, die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 WaffG zum Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers hätten führen dürfen. Das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass eine Alkoholabhängigkeit beim Antragsteller nicht vorliege. Weiter verweist das Beschwerdevorbringen darauf, dass die in Nr. 6.3 WaffVwV genannten Voraussetzungen zur Begründung von Bedenken i.S. von § 6 Abs. 2 Satz 1 WaffG mit der Folge der Anordnung eines Gutachtens nicht vorgelegen hätten. Beim Antragsteller hätten weder eine BAK von mindestens 1,6 ‰ noch bei einer BAK von weniger als 1,6 ‰ eine wiederholte Verhaltensauffälligkeit nachgewiesen werden können. Aus den beim Antragsteller anlässlich der Verkehrskontrollen am 6. Januar 2015 und 28. August 2016 festgestellten Blutalkoholkonzentrationen habe nicht auf eine Alkoholabhängigkeit des Antragstellers geschlossen werden können und auch die gesetzliche Vermutung des § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV, wonach bei Nichtvorlage des angeordneten Gutachtens auf die Nichteignung des Betroffenen geschlossen werden könne, greife nicht.
13
Mit den in der Beschwerde vorgetragenen Bedenken, die der Antragsteller auch bereits im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren geltend gemacht hat, hat sich das Verwaltungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung umfassend und überzeugend auseinandergesetzt. Es hat dargelegt, dass - summarisch geprüft - in Folge des neuerlich festgestellten Alkoholkonsums im Rahmen einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der beim Antragsteller in den zurückliegenden Jahren aufgetretenen Alkoholproblematik von Tatsachen im Sinne des § 6 Abs. 2 WaffG auszugehen ist, die Bedenken gegen seine persönliche Eignung begründen (vgl. BA S. 9f.). Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt: „Dabei sei betont, dass für die Anforderung des Gutachtens eine Alkoholabhängigkeit gerade nicht nachgewiesen sein muss. Vielmehr genügt hierfür, dass Tatsachen vorliegen, die insofern Bedenken begründen“ (BA S.9). Auch zu Nr. 6.3 WaffVwV, auf die sich das Beschwerdevorbringen stützt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass die Verwaltungsvorschrift lediglich Beispiele für Tatsachen benennt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen und insoweit keine abschließende Aufzählung vorliegt. Dies ergibt sich bereits klar aus dem Wortlaut der Verwaltungsvorschrift: „…(z.B. amtliche Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 ‰ oder wiederholt auch von weniger als 1,6 ‰ im Zusammenhang mit einer Verhaltensauffälligkeit)…“ und bedarf keiner weiteren Erörterung. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht ausführlich und nachvollziehbar im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dargelegt, welche Tatsachen im Hinblick auf die Alkoholproblematik des Antragstellers Bedenken gegen seine persönliche Eignung begründen (vgl. BA S. 10, Rn. 34). Dabei hat es nicht - wie das Beschwerdevorbringen vermuten lässt - die Vorfälle vom 6. Januar 2015 und 28. August 2016 isoliert für sich ausreichen lassen, um Bedenken gegen die persönliche Eignung zu begründen, sondern wegen der in die Vergangenheit zurückreichenden Alkoholproblematik eine Gesamtschau vorgenommen. Damit hat sich die Beschwerde nicht auseinandergesetzt. Die Behörde durfte, nachdem der Antragsteller das von der Behörde angeforderte, seine persönliche Eignung nachweisende Gutachten nicht beigebracht hatte, bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Antragstellers schließen und die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers widerrufen (§ 45 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV).
14
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
15
4. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an die Nrn. 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).