Inhalt

Text gilt ab: 07.08.1995

1.   Vorbemerkung

Die bayerischen Kommunen haben vielfältige Bemühungen aufgenommen, die kommunalen Steuerungsprozesse zu verbessern. Das gilt u. a. auf der organisatorischen Seite, wo eine größere Eigenverantwortlichkeit der ausführenden Stellen erreicht werden soll, vor allem aber im Haushalts- und Rechnungswesen, das eine höhere Wirtschaftlichkeit kommunalen Handelns ermöglichen und damit den Grund für Einsparungen und für Leistungsverbesserungen liefern soll. Zugleich soll mehr Transparenz und Bürgernähe erreicht werden.
Modellhaft beabsichtigte Vorhaben können an Grenzen des geltenden Rechts stoßen. Deshalb wurde in die Kommunalgesetze eine Experimentierklausel eingefügt, die Ausnahmegenehmigungen ermöglicht (vgl. Art. 117a GO, Art. 103 LKrO, Art. 99a BezO ‑ Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vom 23. Juli 1994 ‑ GVBl S. 609). Die Klausel erstreckt sich auf die organisations- und haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht nur der im Rahmen des Kommunalrechts erlassenen Rechtsverordnungen, sondern auch der Kommunalgesetze selbst. Damit ist einerseits Gewähr leistet, dass auch weiter gehende Reformziele angegangen werden können, während zum anderen der Gesetzgeber die Bereitschaft zur Unterstützung der Reformbemühungen unterstrichen hat. Die Experimentierklausel ist nicht anwendbar auf bundesrechtliche Vorschriften (insbesondere Beamtenrecht, Finanz- und Personalstatistiken) und das Recht der Europäischen Gemeinschaft. Aus dem Ziel der Vorschrift, die kommunale Selbstverwaltung weiterzuentwickeln, folgt, dass über Maßnahmen außerhalb dieses Kernbereichs der Verwaltung (wie z.B. Privatisierungen) ausschließlich im Rahmen der dafür geltenden Vorschriften zu entscheiden ist.
Dem Staatsministerium des Innern ist durchaus bewusst, dass man bei der Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme geltendes Recht verletzt oder nicht, unterschiedliche Auffassungen vertreten kann.
Das Staatsministerium des Innern kann an dieser Stelle nicht alle Auslegungsprobleme des geltenden Rechts lösen. Die Erfahrungen mit den Reformmaßnahmen werden Grenzfälle aufzeigen und entsprechende Konsequenzen ermöglichen (z.B. Rechtsänderungen, Klarstellungen für den Vollzug).
Das Staatsministerium des Innern bittet alle Beteiligten ‑ Kommunen wie Aufsichtsbehörden ‑, solche Grenzfälle aufzuzeigen und zum Nutzen für die spätere Auswertung der Reformmaßnahmen lieber eine bei anderer Auslegung nicht notwendige Ausnahmegenehmigung einzuholen als in Kauf zu nehmen, dass ein Problem nicht erkannt wird. Die Experimentierklausel soll Reformen rechtlich absichern, nicht aber verhindern oder inhaltlich unnötig lenken.
Nur so sind auch die erforderlichen Informationen zu erhalten, die wieder zur Verfügung gestellt werden sollen (s. Nr. 3).