Inhalt

NutzR-Ablös
Text gilt ab: 28.06.2006

2.   Entschädigung

2.1   Entschädigungsanspruch

Gemäß Art. 82 Abs. 3 GO hat jeder Berechtigte bei Ablösung seines Nutzungsrechts Anspruch auf angemessene Entschädigung. Der Anspruch entsteht - wenn nichts anderes bestimmt wird - bei der vereinbarten Ablösung mit dem Wirksamwerden des Vertrages, bei der mit Zustimmung der Mehrheit der Berechtigten verfügten Gesamtablösung hingegen erst, wenn der Ablösungsbeschluss den Berechtigten bekannt gegeben wird. Bis dahin können die Berechtigten weiter die normalen Nutzungen ziehen.
Die Rechtswirksamkeit der Ablösung setzt nicht zwingend voraus, dass eine Entschädigung geleistet wird. Ebenso wie es den Berechtigten freisteht, auf eine weitere Ausübung ihrer Nutzungsrechte zu verzichten, ist es auch möglich und zulässig, dass sie sich mit der Gemeinde darüber einigen, dass die Nutzungsrechte gegen eine nur geringfügige Entschädigung oder entschädigungslos abgelöst werden.

2.2   Entschädigungsarten

2.2.1  

Nach Art. 83 Abs. 1 Satz 1 GO ist die Entschädigung in Geld durch Zahlung eines einmaligen Betrages (Barentschädigung) zu leisten. Teilzahlungen sind nur insoweit zulässig, als der Berechtigte sich hiermit einverstanden erklärt. Die Verrentung der Entschädigungssumme ist ausgeschlossen.

2.2.2  

Das Wahlrecht des einzelnen Berechtigten, an Stelle einer Geldentschädigung ausnahmsweise Entschädigung in Grundstücken zu verlangen, wird in Art. 83 Abs. 1 Satz 2 GO von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht. Ein Anspruch auf Entschädigung in Grundstücken besteht nur, wenn der Berechtigte zur Sicherung seiner Berufs- und Erwerbstätigkeit darauf angewiesen ist (Nr. 1), die Grundstücksentschädigung der Gemeinde zugemutet werden kann (Nr. 2), und andere Vorschriften einer Entschädigung in Grundstücken nicht entgegenstehen (Nr. 3). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann nicht allgemein entschieden werden, sondern ist in jedem Einzelfall anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu überprüfen.
Nr. 1:
Der Berechtigte ist auf eine Entschädigung in Grundstücken angewiesen, wenn und soweit die Fortführung seiner Berufs- und Erwerbstätigkeit sonst gefährdet wäre. Das kann insbesondere bei einem Berechtigten, der einen landwirtschaftlichen Voll-, Zu- oder Nebenerwerbsbetrieb bewirtschaftet, infrage kommen. Bei der Prüfung der persönlichen Voraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen.
Nr. 2:
Der Gemeinde ist die Entschädigung in Grundstücken insbesondere dann nicht zuzumuten, wenn sie zum Zwecke der Abfindung auf sonstige, für wichtige gemeindliche Vorhaben erforderliche Grundstücke zurückgreifen oder Grundstücke sogar erst unter Aufwendung unverhältnismäßiger Mittel erwerben müsste. In derartigen Fällen kann die Gemeinde die Entschädigung für den einzelnen Berechtigten auch teilweise in Grundstücken und teilweise in Geld leisten.
Nr. 3:
Mit den in Art. 83 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GO genannten „anderen Vorschriften “, die einer Entschädigung in Grundstücken entgegenstehen können, ist insbesondere das Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) gemeint. Nach § 2 Abs. 1 GrdstVG bedürfen die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines forstwirtschaftlichen Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber grundsätzlich der Genehmigung. Der Veräußerung steht die Einräumung eines Miteigentumsanteils gleich (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GrdstVG).
Die Genehmigung darf u. a. dann versagt oder eingeschränkt werden, wenn durch eine Veräußerung eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung des Grundstücks oder einer Mehrheit räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängender Grundstücke des Veräußerers einträte (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 GrdstVG). Würde ein forstwirtschaftliches Grundstück kleiner als dreieinhalb Hektar, geht das Grundstückverkehrsgesetz regelmäßig von einer unwirtschaftlichen Verkleinerung oder Aufteilung aus, es sei denn, eine ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung erscheint gewährleistet (§ 9 Abs. 3 Nr. 3 GrdstVG). Davon kann z.B. ausgegangen werden, wenn im örtlichen Bereich die vorhandenen Privatwaldgrundstücke zum großen Teil bereits kleiner als dreieinhalb Hektar sind, die den Berechtigten zufallenden Flächen mit anderen ihnen gehörenden Waldflächen zusammengelegt werden oder die Waldflächen ausreichend erschlossen sind.
Die Genehmigung kann gemäß § 10 GrdstVG auch unter Auflagen erteilt werden. Scheitert die Entschädigung in Waldgrundstücken an § 9 Abs. 3 GrdstVG, ist eine Geldentschädigung zu leisten (Art. 83 Abs. 1 Satz 1 GO).

2.2.3  

Die Zuteilung bestimmter Grundstücke kann nicht verlangt werden (Art. 83 Abs. 1 Satz 3 GO). Aus Art. 83 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GO ist jedoch zu entnehmen, dass sich die als Abfindung vorgesehenen Grundstücke nach Art und Lage für den Betrieb des Berechtigten, der hierauf zur Sicherung seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen ist, eignen müssen.
Grundstücke mit Sonderwerten (z.B. Bauland, Bauerwartungsland, Kiesabbauland) kommen für die Entschädigung nicht infrage.

2.2.4  

Die Vereinbarungen zwischen der ablösungsbereiten Mehrheit der Berechtigten und der Gemeinde sind nur insofern für die nicht ablösungsbereite Minderheit der Berechtigten verbindlich, als sie zur Gesamtablösung der Nutzungsrechte führen, nicht jedoch auch hinsichtlich Art und Umfang der Entschädigung. Hat die Mehrheit der Berechtigten z.B. auf eine Entschädigung verzichtet oder sich mit einer geringeren als der gesetzlich vorgesehenen Entschädigung einverstanden erklärt, steht es der Minderheit der Berechtigten gleichwohl frei, für sich eine angemessene Entschädigung zu verlangen.
Die Gemeinden und die Mehrheit der Berechtigten können auch nicht von sich aus die Entschädigungsart für die Minderheit der Berechtigten festlegen. Vielmehr hat die Gemeinde den ablehnenden Berechtigten zunächst eine Geldentschädigung anzubieten; gehen sie hierauf nicht ein, so kann sich die Gemeinde durch Hinterlegung gem. §§ 372 ff. BGB von ihrer Leistungspflicht befreien. Bis ihm die Mitteilung über die Hinterlegung zugegangen ist, kann sich der einzelne Berechtigte jedoch noch für eine Entschädigung in Grundstücken aussprechen, die ihm, falls die Voraussetzungen des Art. 83 Abs. 1 Satz 2 GO erfüllt sind, zu gewähren ist.

2.3   Entschädigungsumfang

2.3.1   Kapitalwert der Nutzungsrechte

Nach Art. 83 Abs. 2 GO gilt als Grundlage einer angemessenen Entschädigung im Allgemeinen der Wert des Fünfundzwanzigfachen des durchschnittlichen jährlichen Reinertrags der Nutzungen (das ist der Rohertrag abzüglich der in Art. 81 GO genannten Gegenleistungen und Lasten sowie der nach den Selbstkosten berechneten Auslagen wie Kulturkosten, Pflegekosten, Holzerntekosten), die in den der Ablösung oder Aufhebung unmittelbar vorhergehenden fünfzehn Jahren gezogen worden sind oder bei ungehinderter rechtmäßiger Ausübung des Rechts hätten gezogen werden können.
Wenn besondere Verhältnisse vorliegen, kann von diesem Regelsatz nach unten oder in den Grenzen des Art. 75 Abs. 3 GO auch nach oben abgewichen werden.
Art. 83 Abs. 2 GO stellt bei der Festlegung des Berechnungszeitraums auf den nachhaltig möglichen Ertrag ab. Es kann daher erforderlich sein, der Wertberechnung einen anderen Zeitraum als die unmittelbar vorhergehenden fünfzehn Jahre zu Grunde zu legen bzw. den dauerhaft zu erzielenden durchschnittlichen Ertrag mit zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei einer erst vor kurzem vorgenommenen Verlängerung der Umtriebszeit, bei einem Wechsel der Betriebsart (Umwandlung von Nieder- und Mittelwald in Hochwald), bei Übernutzung über den nachhaltig möglichen Ertrag hinaus, bei Hochwäldern mit ungleichmäßigem Altersklassenaufbau oder bei Bauholzberechtigungen. In derartigen Fällen ist es zulässig, bei der Wertermittlung auf solche Zeiträume einer ordnungsgemäßen Nutzung zurückzugehen, die mehr als fünfzehn Jahre zurückliegen oder sogar auf einen erst in absehbarer Zeit zu erwartenden Durchschnittsertrag abzustellen.

2.3.2   Entschädigung in Waldgrundstücken

Liegen die Voraussetzungen des Art. 83 Abs. 1 Satz 2 GO vor (vgl. Nr. 2.2.2), ist bei der Ablösung der Nutzungsrechte in Waldgrundstücken folgendes Verfahren anzuwenden:
Zunächst wird der Kapitalwert der Nutzungsrechte gemäß Art. 83 Abs. 2 GO festgestellt (vgl. Nr. 2.3.1).
Für die jeweiligen Nutzungsrechte sind Entschädigungsgrundstücke zu ermitteln, deren Verkehrswerte möglichst wertgleich dem Kapitalwert der Nutzungsrechte sind.
Für die Wertermittlung der Entschädigungsgrundstücke ist der Verkehrswert anzusetzen. Verkehrswert ist der Preis, der im Zeitpunkt der Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften und der sonstigen Beschaffenheit der Sache oder dem Inhalt und der Ausgestaltung des Rechts ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. Nr. 1.1.1 der Bekanntmachung über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände vom 15. Mai 1992, AllMBl S. 535).
Der Verkehrswert wird grundsätzlich nach dem Vergleichswertverfahren berechnet (vgl. §§ 6 ff. der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken - Wertermittlungsverordnung). Bei der Bewertung von Waldgrundstücken sind die hierfür anerkannten Bewertungsgrundsätze zu beachten. Hierbei sind im Regelfall die Richtlinien für die Ermittlung und Prüfung des Verkehrswerts von Waldflächen und für Nebenentschädigungen (Waldwertermittlungsrichtlinien - WaldR) des Bundesministeriums der Finanzen in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Bei der Wertermittlung der den Berechtigten zuzuweisenden Grundflächen sind Besonderheiten (z.B. kann absehbarer Nutzartenwechsel bzw. höherwertige Nutzung mit Steigerung des Bodenwerts verbunden sein) soweit wie möglich zu berücksichtigen.
Eventuelle Wertunterschiede zwischen dem Kapitalwert der Nutzungsrechte und dem Verkehrswert der Entschädigungsgrundstücke sind in Geld auszugleichen.
Die Bewertung soll auf spezielle Sachverständigengutachten gestützt werden, die in der Regel von vereidigten Sachverständigen erstellt werden.
In einfach gelagerten Fällen (z.B. bei im Wesentlichen einheitlichen Standort- und Bestockungsverhältnissen sowie bei geringem Wert des Waldes) kann, sofern das Forstamt hiergegen keine Einwendungen erhebt, von einer detaillierten Waldbewertung abgesehen werden. Hier kann ein einfacher Flächenaufteilungsplan genügen.