Inhalt

ErstAuffR
Text gilt ab: 01.02.2015

7. Verfahrensgang

7.1  Antragstellung

Anträge auf Erteilung der Erlaubnis nach Art. 16 BayWaldG sind bei der unteren Forstbehörde schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Das Antragsformular veröffentlicht das Staatsministerium mit gesondertem Schreiben.
Antragsberechtigt sind die Eigentümer der aufzuforstenden Grundstücke (Art. 42 Abs. 3 BayWaldG). Der Antrag muss enthalten:
Name und Anschrift der Eigentümer, ggf. Betriebsnummer,
Bezeichnung und Größe des aufzuforstenden Grundstücks, bei Aufforstung von Teilflächen die Größe der Aufforstungsfläche,
die bisherige Nutzungsart,
Angaben über die beabsichtigte Art und Weise der Aufforstung,
Angabe, ob die aufzuforstenden Grundstücke in einem Gebiet liegen, für das ein Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz anhängig ist oder ob sie an ein solches angrenzen,
Angabe, ob die aufzuforstenden Grundstücke in einem Wasserschutzgebiet oder Überschwemmungsgebiet liegen oder an ein Gewässer angrenzen.
Den Anträgen sind Lagepläne möglichst im Maßstab 1 : 5.000 beizugeben, aus denen die Lage der aufzuforstenden Flächen und die Lage und Nutzungsart der benachbarten Grundstücke ersichtlich sind.
Zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens wird den Antragstellerinnen und Antragstellern empfohlen, jedem Antrag eine Einverständniserklärung der Verfahrensbeteiligten nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWaldG (Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Nutzungsberechtigte der dem aufzuforstenden Grundstück benachbarten Grundstücke) beizugeben, zumindest aber deren Anschriften im Antrag anzugeben.
Neben dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 16 BayWaldG ist bei der Betroffenheit von Dauergrünland ggf. zusätzlich eine Genehmigung des Umbruchs von Dauergrünland gemäß § 10 der Verordnung zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (BayGAPV) vom 2. Juni 2005 (GVBl S. 184, BayRS 7841-2-L), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 387 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu beantragen.

7.2  Aufgaben der unteren Forstbehörden

Die untere Forstbehörde benachrichtigt unmittelbar nach Erhalt des Antrags die Verfahrensbeteiligten (Art. 43 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG), sofern sie nicht bereits bei der Antragstellung (vgl. Nr. 7.1) ihr Einverständnis zur Aufforstung erklärt haben. Dabei sollen die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen werden, dass sie auf Antrag als Beteiligte zu den Verfahren hinzugezogen werden können. Unabhängig von der formellen Beteiligung sind Einwände von Nachbarinnen und Nachbarn bei der Entscheidung zur Erteilung der Erlaubnis nach Art. 16 BayWaldG mit den Belangen der Antragstellerin bzw. des Antragstellers abzuwägen, wenn erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten sind.
Die untere Forstbehörde prüft insbesondere die Angaben zur bisherigen Nutzung der Aufforstungsfläche. Sodann leitet die untere Forstbehörde eine Antragsfertigung mit Lageplan der Kreisverwaltungsbehörde zur fachlichen Stellungnahme und zur Herstellung des Einvernehmens nach Art. 39 Abs. 2 Satz 1 BayWaldG zu.
Bei einer Erstaufforstung in Natura 2000-Gebieten schätzt die untere Forstbehörde im Hinblick auf Nr. 9.5 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen zum Schutz des Europäischen Netzes „Natura 2000 “ (GemBek Natura 2000) vom 4. August 2000 (AllMBl S. 544) zur „Verträglichkeitsabschätzung “ zunächst in eigener Verantwortlichkeit ab, ob ein Vorhaben im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot relevant bzw. eine Verträglichkeitsprüfung geboten scheint.
Kann die untere Forstbehörde auf Grundlage der Unterlagen nicht eindeutig ausschließen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung ernsthaft in Betracht kommt, hat sie unter Beteiligung der Kreisverwaltungsbehörde (vgl. Nr. 7.3) eine Verträglichkeitsprüfung im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde nach Art. 22 Abs. 4 BayNatSchG durchzuführen. Ergibt die Verträglichkeitsprüfung, dass Natura 2000-Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigt werden können, kann das Vorhaben nur zugelassen werden, wenn keine zumutbare Alternative besteht (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG) und Ausnahmegründe gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG vorliegen. Daneben kann ein Vorhaben auch zugelassen werden, wenn Befreiungsgründe nach § 67 BNatSchG vorliegen.
Für Ausnahmen und Befreiungen ist das Einvernehmen der unteren Naturschutzbehörde erforderlich (Art. 22 Abs. 1 Satz 3, Art. 56 Satz 3 BayNatSchG).
Die unteren Forstbehörden beraten die Antragstellerinnen und Antragsteller über die geltenden Vorschriften, die forstfachlichen Belange der Erstaufforstung bzw. der Anlage der KUP und die Möglichkeit der Förderung. Sind erkennbar sonstige öffentliche Belange (z.B. Naturschutz, Wasserwirtschaft) betroffen, stimmt sich die untere Forstbehörde vor der Beratung mit der jeweiligen Fachbehörde (z.B. untere Naturschutzbehörde, Wasserwirtschaftsamt) ab. Die untere Forstbehörde gibt regelmäßig auch dem Bereich Landwirtschaft am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Gelegenheit zur Stellungnahme zur geplanten Erstaufforstung. Der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller sollen ggf. die Möglichkeiten der Bodenneuordnung in einem Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz erläutert werden (vgl. Nr. 1.4).
Die untere Forstbehörde beteiligt – wegen deren Planungshoheit – die Gemeinde, in deren Gebiet die aufzuforstende Fläche liegt, und leitet ihr die Erstaufforstungsanträge zu. Die Gemeinde äußert sich, ob die beantragte Erstaufforstung mit der bestehenden gemeindlichen Bauleitplanung vereinbar ist.
Soweit wasserwirtschaftliche Belange betroffen sind, hört die untere Forstbehörde das Wasserwirtschaftsamt an. Dies ist insbesondere in Wasserschutzgebieten, in Überschwemmungsgebieten sowie an Gewässern und bei umfangreichen Erstaufforstungen in Wildbacheinzugsgebieten der Fall.
Soweit ein Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz anhängig ist, holt die untere Forstbehörde die Stellungnahme des Amtes für Ländliche Entwicklung ein. Sind allgemeine Fragen der Grundstücksstruktur berührt, zieht die untere Forstbehörde das Amt für Ländliche Entwicklung hinzu.

7.3  Aufgaben der Kreisverwaltungsbehörde

Die Kreisverwaltungsbehörde prüft das Aufforstungsvorhaben, insbesondere in ihrer Funktion als untere Naturschutzbehörde, entsprechend der in Art. 16 Abs. 2 BayWaldG genannten Belange und erstellt eine rechtliche und fachliche Stellungnahme zur Herstellung des Einvernehmens mit der unteren Forstbehörde. Da eine Verweigerung des Einvernehmens seitens der Kreisverwaltungsbehörde auch die untere Forstbehörde bindet und sich die untere Forstbehörde nicht über das verweigerte Einvernehmen hinwegsetzen darf, muss die Entscheidung der Kreisverwaltungsbehörde hinreichend begründet sein und eine Abwägung nach Nr. 3 bereits erkennbar erfolgt sein. Dies gilt auch für festzusetzende Auflagen und Nebenbestimmungen.
Mit Blick auf das erforderliche Einvernehmen im Hinblick auf die Belange des Art. 16 Abs. 2 BayWaldG prüft die Kreisverwaltungsbehörde die im Zusammenhang mit der Erstaufforstung stehenden naturschutzfachlichen und -rechtlichen Belange (vgl. Nr. 7.3). Sie prüft dabei auch, ob die Erstaufforstung eine Ausnahme oder Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten erfordert (z.B. Befreiung nach § 67 BNatSchG, Art. 56 BayNatSchG oder Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG, Art. 23 Abs. 3, Abs. 4 BayNatSchG). Ist ein solches Erfordernis gegeben, teilt die Kreisverwaltungsbehörde im Rahmen der fachlichen Stellungnahme mit, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung vorliegen. Die Stellungnahme muss eine fachliche und rechtliche Begründung unter Benennung der Rechtsgrundlage enthalten. Die Kreisverwaltungsbehörde beteiligt erforderlichenfalls den Naturschutzbeirat und führt ggf. gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG in Verbindung mit Art. 45 BayNatSchG die Verbandsbeteiligung durch. Für den Fall, dass für die Erteilung einer Befreiung die höhere Naturschutzbehörde zuständig wäre, holt sie auch das Einvernehmen der höheren Naturschutzbehörde ein und macht sie zum Gegenstand ihrer Stellungnahme. Im Bescheid der unteren Forstbehörde soll auf die Ersetzungswirkung hingewiesen werden (Art. 44 Abs. 5 BayNatSchG).
Bei einer Erstaufforstung in Natura 2000-Gebieten, bei der eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, äußert sich die Kreisverwaltungsbehörde in ihrer Funktion als untere Naturschutzbehörde gegenüber der verfahrensführenden unteren Forstbehörde in einem Fachbeitrag zum geplanten Vorhaben. Die untere Naturschutzbehörde macht gemäß Nr. 9.7.2 GemBek Natura 2000 einen Vorschlag für das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung. Auf der Grundlage des Fachbeitrags der Naturschutzbehörde und gegebenenfalls weiterer fachlicher Äußerungen Dritter stellt die verfahrensführende Behörde die Verträglichkeit fest oder verneint sie.

7.4  Ortsbesichtigung

Ist zur Entscheidungsfindung eine Ortsbesichtigung erforderlich, wird diese zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung von den beteiligten Behörden – möglichst unter Einbeziehung der Antragstellerin bzw. des Antragstellers – gemeinsam vorgenommen. Im Einzelfall kann es erforderlich werden, weitere Verfahrensbeteiligte hinzuzuziehen, soweit sie Einwendungen vorgebracht haben. Nach Möglichkeit ist dabei bereits ein Verfahrensergebnis herbeizuführen.

7.5  Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften

Erforderliche naturschutzrechtliche Gestattungen, insbesondere in Schutzgebieten nach § 20 Abs. 2 BNatSchG, sowie Ausnahmen und Befreiungen von naturschutzrechtlichen Verboten bei der Erstaufforstung von Wald oder der Anlage von KUP richten sich nach den einschlägigen Bestimmungen des Naturschutzrechts (z.B. Befreiungen nach § 67 BNatSchG in Verbindung mit Art. 56 BayNatSchG oder Ausnahmen nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG und Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG).
Die Entscheidung nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG ersetzt dabei gemäß Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 2 Satz 2, Art. 23 Abs. 3 Satz 2 und Art. 56 Satz 3 BayNatSchG die jeweilige naturschutzrechtliche Entscheidung; die zuständige Naturschutzbehörde muss dabei ihr Einvernehmen (Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1 Satz 3, Art. 56 Satz 3 BayNatSchG) oder Benehmen (Art. 23 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG) erteilen. In der Erlaubnis nach § 16 Abs. 1 BayWaldG soll auf die Ersetzungswirkung hingewiesen werden (Art. 44 Abs. 5 BayNatSchG).
In festgesetzten Überschwemmungsgebieten bedürfen Anpflanzungen zusätzlich einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 WHG, Art. 63 Abs. 1 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) vom 25. Februar 2010 (GVBl S. 66, BayRS 753-1-U), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), durch die Kreisverwaltungsbehörde. Die Entscheidungen nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG und nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 WHG erfolgen durch die jeweils zuständige Behörde in getrennten Bescheiden. Die Behörden informieren sich gegenseitig über die getroffenen Entscheidungen.

7.6  Entscheidung durch die untere Forstbehörde

Die untere Forstbehörde entscheidet aufgrund der Stellungnahmen der beteiligten Fachbehörden, der Äußerungen der Gemeinde und ggf. weiterer Verfahrensbeteiligter.
Wenn das erforderliche Einvernehmen mit der Kreisverwaltungsbehörde nicht hergestellt werden kann, wird der Antrag von der unteren Forstbehörde abgelehnt. Die Entscheidung ist unter Darlegung der maßgeblichen rechtlichen und fachlichen Erwägungen hinreichend zu begründen. Sie muss die erforderlichen Ermessenserwägungen unter Darlegung der maßgeblichen rechtlichen und fachlichen Erwägungen enthalten, auch wenn das Einvernehmen durch die Kreisverwaltungsbehörde versagt wurde. Der Bescheid muss insbesondere auch erkennen lassen, dass Ermessen ausgeübt wurde; insbesondere muss er eine Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen beinhalten (vgl. Nr. 3). Die beteiligten Behörden sind mit Blick auf die Kongruenz der öffentlichen Verwaltung allerdings gehalten, sich möglichst zu einigen.

7.7  Benachrichtigung über den Ausgang des Verfahrens

Die untere Forstbehörde unterrichtet die Gemeinde und die beteiligten Behörden über den Ausgang des Verfahrens.

7.8  Erlaubnisfiktion

Nach Art. 39 Abs. 3 BayWaldG ist über die Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG binnen drei Monaten nach Eingang des Antrags bei der unteren Forstbehörde zu entscheiden, sofern der Antrag die Zustimmung der nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWaldG Beteiligten enthält. Kann ausnahmsweise aufgrund besonderer Einzelfallumstände über den Antrag in dieser Frist nicht entschieden werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller mitzuteilenden Zwischenbescheid um höchstens drei Monate zu verlängern. Die Erlaubnis gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Auf Antrag hat die Behörde hierüber eine Bestätigung auszustellen; diese steht der Erlaubnis gleich.

7.9  Geltungsdauer der Erlaubnisse

Die Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG erlischt, wenn innerhalb von fünf Jahren nach Erteilung der Erlaubnis mit der Ausführung der Erstaufforstung bzw. der Anlage der KUP nicht begonnen wurde oder die Ausführung fünf Jahre unterbrochen worden ist. Diese Frist kann jeweils bis zu drei Jahre verlängert werden, wenn der Antrag hierzu vor Ablauf der Erlaubnis der unteren Forstbehörde zugegangen ist (Art. 16a BayWaldG).