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Text gilt ab: 19.02.2007

1. Beteiligung des Jugendamtes im Zusammenhang mit Ordnungsmaßnahmen nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a und Abs. 6 BayEUG:

Werden aufgrund aktueller Vorkommnisse und Umstände seitens der Schule Maßnahmen des Schulausschlusses über vier Wochen hinaus nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a BayEUG bzw. zur Verkürzung der Schulpflicht nach Art. 86 Abs. 6 BayEUG erwogen, so ist die Leitung des zuständigen Jugendamtes nach Maßgabe des Art. 31 Abs. 1 Satz 2 BayEUG umgehend und umfassend über die geplanten Ordnungsmaßnahmen sowie über Anlass und Umstände für die Maßnahmen zu informieren. Im Hinblick auf die bei solchen Ordnungsmaßnahmen vorliegenden erheblichen Verhaltensauffälligkeiten sind die Voraussetzungen für eine Weitergabe der Schülerdaten an das Jugendamt regelmäßig gegeben.
Beabsichtigt die Schulleitung den längerfristigen Schulausschluss bzw. die Verkürzung der Schulpflicht einer Schülerin oder eines Schülers auf die Tagesordnung der (nächsten) Lehrerkonferenz zu setzen, so ist dem Jugendamt rechtzeitig zuvor Gelegenheit zur Beteiligung zu geben; das Jugendamt hat dabei die datenschutzrechtlichen Vorschriften des Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zu beachten. Wie viel Zeit dem Jugendamt zur Äußerung eingeräumt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere von der Dringlichkeit einer Entscheidung durch die Lehrerkonferenz ab. Es wird in diesem Zusammenhang auf die ebenfalls mit Gesetz vom 26. Juli 2006 in Art. 86 Abs. 13 BayEUG geschaffene Möglichkeit hingewiesen, in akuten Gefährdungssituationen gewaltbereite oder gewalttätige Schülerinnen und Schüler sofort vom Besuch der Schule auszuschließen. Dieser Ausschluss dauert „längstens bis zur Vollziehbarkeit einer Entscheidung über schulische Ordnungsmaßnahmen, über die Überweisung an eine Förderschule, eine Aufnahme in eine Schule für Kranke oder in eine andere Einrichtung, in der die Schulpflicht erfüllt werden kann“ (Art. 86 Abs. 12 Satz 1 BayEUG). Das Jugendamt ist nach Art. 86 Abs. 13 Satz 2 BayEUG unverzüglich davon zu unterrichten. Die Schule hat damit die Möglichkeit erhalten, erst den Schüler bzw. die Schülerin vorläufig zum Schutz von Mitschülern und Lehrkräften auszuschließen und danach ggf. über den Schulausschluss nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6a BayEUG bzw. über einen Antrag auf Verkürzung der Schulpflicht zu entscheiden.
Die Ergebnisse der Beteiligung des Jugendamtes sind der Lehrerkonferenz vor der Sitzung zur Kenntnis zu geben. Daneben hat die Schulleitung einem Vertreter oder einer Vertreterin des Jugendamtes die Gelegenheit zur Äußerung in der Lehrerkonferenz zu geben (vgl. „Behördenvertreter“ z.B. im Sinne des § 43 Abs.2 Satz 1 VSO); ein umfassendes Teilnahmerecht an der Lehrerkonferenz ist damit nicht verbunden.
Bei der (schulinternen) Entscheidung der Lehrerkonferenz über den Schulausschluss bzw. über die Beantragung der Verkürzung der Schulpflicht sind die Äußerungen des Jugendamtes von der Lehrerkonferenz zu würdigen.
Beschließt die Lehrerkonferenz einen Schulausschluss über vier Wochen hinaus, übermittelt die Schulleitung der Leitung des Jugendamtes die Entscheidung der Lehrerkonferenz. Die Entscheidung ist zu begründen.
Beschließt die Lehrerkonferenz die Beantragung der Beendigung der Vollzeitschulpflicht bzw. Berufsschulpflicht nach Art. 86 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bzw. 3, Satz 2 BayEUG, benachrichtigt die Schulleitung das Jugendamt vom Beschluss der Lehrerkonferenz und übermittelt der für die jeweilige Schulart zuständigen Schulaufsichtsbehörde den Antrag der Lehrerkonferenz nebst Begründung zusammen mit der schriftlichen Stellungnahme des Jugendamtes und den sonstigen Unterlagen einschließlich des Protokolls der Lehrerkonferenz und etwaiger Stellungnahmen der schulischen Beratungsfachkräfte. Die Schulaufsichtsbehörde teilt ihren Entschluss über die Verkürzung der Schulpflicht der Leitung des Jugendamtes mit; dies gilt auch für den Fall, dass sie sich gegen eine Verkürzung der Schulpflicht entscheidet. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen, insbesondere im Hinblick darauf, warum keine andere Maßnahme in Betracht kommt (vgl. „ultima ratio“).
Zusätzlich zur Beendigung der Vollzeitschulpflicht nach Art. 86 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayEUG kann die Schulaufsichtsbehörde beschließen, dass auch die Berufsschulpflicht nach Art. 86 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BayEUG beendet wird; sie prüft dies von Amts wegen, eines Antrages der Lehrerkonferenz bedarf es nicht. Die Entscheidung ist ebenfalls schriftlich zu begründen.
Erteilt das Jugendamt sein Einvernehmen oder gilt es nach Art. 86 Abs. 11 Satz 2 BayEUG als erteilt, erlässt die Schule im Fall des längerfristigen Schulausschlusses bzw. die zuständige Schulaufsichtsbehörde im Fall der Verkürzung der Schulpflicht die entsprechende Ordnungsmaßnahme.
Mit Zustimmung der Personensorgeberechtigten berichtet das Jugendamt auf der Grundlage des Hilfeplans - über die Schulleitung - der Schulaufsichtsbehörde in regelmäßigen Abständen, erstmalig spätestens nach acht Wochen, von der Verhaltensentwicklung des oder der Jugendlichen im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr an die Schule (vgl. Aufhebung der Ordnungsmaßnahme bzw. der Verkürzung der Schulpflicht nach Art. 86 Abs. 12 Satz 4 BayEUG). Da eine solche nur in Frage kommt, wenn ein insgesamt positiver Prozess in Gang gesetzt werden konnte, ist davon auszugehen, dass die Personensorgeberechtigten ihr Einvernehmen zu dieser Datenübermittlung im Rahmen des Hilfeplangesprächs erteilen. Lässt sich keine positive Entwicklung feststellen, teilt das Jugendamt über die Schulleitung der Schulaufsichtsbehörde nur mit, dass bisher keine Erkenntnisse vorliegen, die für eine Aufhebung der Ordnungsmaßnahme sprechen.
Erteilt das Jugendamt sein Einvernehmen nicht, so teilt es dies unter Angabe von Gründen der Schulleitung bzw. der Schulaufsichtsbehörde schriftlich mit. Für den weiteren Umgang mit dem Schulstörer oder der Schulstörerin gelten dann die Grundsätze für die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe, wie sie in den unter Nr. 2.1 genannten Bekanntmachungen, insbesondere in der Handreichung „Gemeinsam geht´s besser“ beschrieben sind.