Inhalt

Text gilt ab: 01.11.1988

1. Allgemeines und Rechtsgrundlagen

1.1 Ziele der Flurbereinigung

Die Flurbereinigung hat bei der Erfüllung ihres Neuordnungsauftrags (§§ 1, 37 FlurbG) weitreichende Möglichkeiten der Gestaltung von Natur und Landschaft. Sie soll die Auswirkungen der agrarpolitischen Rahmenbedingungen sowie der landwirtschaftlich-betriebswirtschaftlichen und der landtechnischen Entwicklung mit der Notwendigkeit der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang bringen. Sie trägt somit neben ihrer Verpflichtung gegenüber der Landwirtschaft hohe Verantwortung für die Erhaltung eines intakten Naturhaushalts, für die pflegliche Nutzung der Landschaft sowie für die Sicherung der Artenvielfalt der freilebenden Tier- und Pflanzenwelt. Im Hinblick auf Naturschutz und Landschaftspflege haben die Planungen und Maßnahmen der Flurbereinigung das Ziel, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu sichern und nach Möglichkeit zu verbessern.

1.2 Verhältnis Flurbereinigung und Naturschutz

Bei der Durchführung der Flurbereinigung stehen die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§§ 1 und 2 BNatSchG, Art. 1 BayNatSchG) gleichberechtigt neben anderen öffentlichen Belangen. Den ökologischen Belangen ist Vorrang einzuräumen, wenn eine wesentliche und langfristige Beeinträchtigung der natürlichen Lebensgrundlagen droht (Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern – LEP – [BayRS 230-1-5-U, ber. GVBl 1984 S. 337] A I 4). Die Vereinbarkeit mit den Zielen und Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist bei jeder einzelnen Maßnahme sowie für die Gesamtwirkung aller Maßnahmen zu prüfen. Die Gesamtwirkung aller Maßnahmen auf Natur und Landschaft (vgl. Nrn. 1.3 bis 1.5) soll nicht zu einer Verschlechterung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und der Eigenart des Landschaftsbildes führen. Dabei sind alle Auswirkungen der Flurbereinigung auf Natur und Landschaft zu berücksichtigen.

1.3 Eingriffe in Natur und Landschaft

(1) Soweit die Flurbereinigung in Natur und Landschaft im Sinne des Art. 6 BayNatSchG eingreift, gelten die naturschutzrechtlichen Eingriffsregeln. Vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind zu unterlassen, unvermeidbare auszugleichen. Eine Maßnahme darf nicht durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht im erforderlichen Umfang ausgeglichen werden können und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgehen. Wenn kein Ausgleich möglich ist, die Maßnahme aber dennoch zugelassen wird, sind Ersatzmaßnahmen anzuordnen. Die für die Entscheidung zuständige Flurbereinigungsdirektion* entscheidet auch über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Art. 6b Abs. 1 BayNatSchG).
(2) Die zum Ausgleich und zum Ersatz erforderlichen Flächen sind zusammen mit den Flächen für die zugrundeliegenden Anlagen oder Maßnahmen aufzubringen.

1.4 Umweltverbessernde Maßnahmen

(1) Die Flurbereinigung soll über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen hinaus zur Erhaltung und Verbesserung eines leistungsfähigen Naturhaushalts, zur pfleglichen Nutzung der Landschaft und zur Sicherung der Artenvielfalt der freilebenden Tier- und Pflanzenwelt beitragen. Sie kann dazu durch gezielte Einzelmaßnahmen und die Neuordnung der Grundstücke insbesondere
die für ein Biotopverbundsystem erforderlichen Flächen und Anlagen im Rahmen der Bodenordnung ausweisen bzw. herstellen,
die Voraussetzungen für die Erhaltung von Grenzertragsstandorten und extensiv genutzten Flächen schaffen,
die Extensivierung bisher intensiv genutzter Flächen zugunsten des Naturhaushalts unterstützen,
die Umwidmung von Flächen zur Entwicklung neuer Biotope ermöglichen,
Maßnahmen des Artenschutzes fördern.
(2) Die Bereitstellung von Grundstücken durch die Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer Pflichten nach § 28 BNatSchG und Art. 33 BayNatSchG sollen die Naturschutz- und die Flurbereinigungsbehörden mit Nachdruck fordern.
(3) Durch frühzeitigen Landzwischenerwerb sollen die Möglichkeiten der Landbereitstellung insbesondere auch für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege verbessert werden.
(4) Für Anlagen, die dem Naturschutz und der Landschaftspflege, nicht aber dem gemeinschaftlichen Interesse der Teilnehmer dienen, kann in verhältnismäßig geringem Umfang Land nach § 40 FlurbG bereitgestellt werden.

1.5 Maßnahmen des Naturschutzes aufgrund von Vereinbarungen mit der Landwirtschaft

Die Flurbereinigung kann wirkungsvoll freiwillige Leistungen der Landwirte für Naturschutz und Landschaftspflege unterstützen, die diese mit finanzieller Förderung (z.B. durch das Wiesenbrüterprogramm) erbringen. Dazu gehören die naturnahe Nutzung, die Stilllegung oder Umwidmung landwirtschaftlich genutzter Flächen, die durch naturspezifische Pflege als Biotope im Sinne des BayNatSchG gesichert werden müssen. Der Beitrag der Flurbereinigung besteht z.B. darin, dass im Rahmen der Bodenordnung geeignete Flächen am ökologisch richtigen Standort verfügbar gemacht oder für solche Landwirte ausgewiesen werden, die entsprechende Bewirtschaftungseinschränkungen beachten wollen.

1.6 Zusammenarbeit von Flurbereinigungsbehörden und Naturschutzbehörden

(1) Die Mitwirkung der Naturschutzbehörden in der Flurbereinigung ist insbesondere in
§ 2 Abs. 1, § 5 Abs. 3, §§ 38, 41 Abs. 2, § 45 Abs. 3 FlurbG, Art. 17 AGFlurbG,
§ 3 Abs. 2 BNatSchG sowie
Art. 6b Abs. 1, Art. 6d Abs. 1, Art. 13a Abs. 2 und Art. 49 Abs. 3 BayNatSchG
geregelt.
(2) Die Erfüllung der Aufgaben des Naturschutzes und der Landschaftspflege setzt eine stete und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Flurbereinigungsbehörden und Naturschutzbehörden voraus. Die Naturschutzbehörden wirken bei allen Planungen und in allen Verfahrensabschnitten der Flurbereinigung mit, in denen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege voraussichtlich berührt sind (vgl. Anlage). Sie nehmen dabei zu den Anforderungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege Stellung.
(3) Die untere und die höhere Naturschutzbehörde unterrichten sich gegenseitig über die wesentlichen naturschutzfachlichen Stellungnahmen und über den jeweiligen Verfahrensstand. Die höhere Naturschutzbehörde soll bei allen nicht einfach gelagerten Fällen an Besprechungen und Terminen neben der unteren Naturschutzbehörde teilnehmen.
(4) Die Naturschutzbehörden beteiligen die Flurbereinigungsbehörden frühzeitig bei der Erarbeitung von Rechtsverordnungen zum Schutz von Flächen und einzelnen Bestandteilen der Natur. Eine enge Zusammenarbeit ist insbesondere geboten, soweit eine Flurbereinigung anhängig oder geplant ist.

1.7 Verständnis der Beteiligten

Das Verständnis der Beteiligten für naturschutzrelevante Maßnahmen der Flurbereinigung ist besonders wichtig. Die Aufgeschlossenheit der Beteiligung soll durch eine zweckentsprechende Information gefördert werden. Landwirtschafts-, Naturschutz- und Flurbereinigungsverwaltung sind aufgefordert, im Zusammenwirken mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung und den Naturschutzverbänden diese Information gemeinsam zu leisten; die Eigenverantwortlichkeit der Teilnehmergemeinschaft soll herausgestellt werden.

* [Amtl. Anm.:] nichtamtlicher Hinweis: nunmehr (im gesamten Text): Direktion für Ländliche Entwicklung