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Text gilt ab: 07.02.1996
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Schulische Betreuung von Kindern aus Schaustellerfamilien, von Zirkusangehörigen und von fahrenden Personen

KWMBl. I 1996 S. 114

StAnz. 1996 Nr. 9


2232.2-K
Schulische Betreuung von Kindern aus Schaustellerfamilien,
von Zirkusangehörigen und von fahrenden Personen
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
vom 7. Februar 1996 Az.: IV/2-S 7204/10-4/161 443
Nach § 7 der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern (VSO) sind die Kinder von beruflich Reisenden schulisch zu betreuen.
Ab Schuljahr 1996/97 wird die schulische Betreuung von Kindern aus Schaustellerfamilien, von Zirkusangehörigen und von fahrenden Personen, die im Freistaat Bayern ihren festen Wohnsitz (Winterstandort) haben, wie folgt organisiert:
1.
Anmeldung an einer Schule

1.1 

Die Erziehungsberechtigten melden ihr Kind gemäß § 2 Abs. 1 VSO an der Grundschule an, in deren Schulsprengel sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Winterstandort) haben. Diese Schule ist die Stammschule für die Schülerin oder den Schüler während der Zeit des Besuchs der Grundschule und der Hauptschule, solange die Familie dort ihren Winterstandort hat.

1.2 

Nach Verlassen der Grundschule wechselt der Schüler in die Hauptschule, in deren Schulsprengel der Winterstandort liegt.
Der Übertritt an eine andere Schulart unterliegt den Bestimmungen des § 5 VSO. Die zuständige Hauptschule bzw. die nach einem Übertritt besuchte Schule ist dann Stammschule.
2.
Stammschule

2.1 

Die Stammschule übernimmt für die reisenden Schüler die wichtige und unverzichtbare Aufgabe der Schullaufbahnberatung, insbesondere im Hinblick auf die durch die Reisetätigkeit erschwerte Situation für die Schüler.

2.2 

Der zuständige Klassenleiter hilft mit Unterstützung von Schulleiter und dem Lehrerkollegium dem von der Reise kommenden Schüler, Lerndefizite aufzuarbeiten. In besonderer Weise werden mit den Schülerinnen und Schülern und ihren Erziehungsberechtigten die Lernmöglichkeiten und Lernprozesse für die kommende Reisezeit vorbereitet und das Lernen soweit möglich aus der Ferne begleitet.

2.3 

Da den Schülern wegen der Reisezeit deutlich weniger als die übliche Unterrichtszeit zur Verfügung steht, sollen Defizite nach Möglichkeit abgebaut werden, indem die Schüler in vorhandene Fördermaßnahmen einbezogen oder gegebenenfalls besondere Fördermaßnahmen im Rahmen der personellen und organisatorischen Möglichkeiten eingerichtet werden.

2.4 

Die Stammschule führt das Schülerstammblatt und stellt die Schulbücher sowie das Schülertagebuch zur Verfügung. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Schüler auf der Reise befinden, während das neue Schuljahr beginnt. Bevor sie am Ende der Winterpause auf die Reise gehen, müssen sie bereits für das laufende und auch für das folgende Schuljahr ausgestattet werden.

2.5 

Bei Wechsel des Winterstandorts setzt sich die neue Stammschule mit der bisherigen Stammschule in Verbindung und fordert die Unterlagen des Schülers an.
3.
Stützpunktschule

3.1 

Stützpunktschulen sind solche Grund- und Hauptschulen, die in unmittelbarer Nähe des gewöhnlichen Festplatzes liegen und die in jedem Schuljahr von einer größeren Anzahl von Kindern beruflich Reisender besucht werden. Sie werden vom Staatlichen Schulamt nach Rücksprache mit den zuständigen Kommunalbehörden in solchen Gemeinden benannt, in denen regelmäßig Veranstaltungen von Schaustellern und Zirkussen stattfinden.

3.2 

Die Staatlichen Schulämter stellen den jeweiligen Stadtverwaltungen und Landratsämtern zur Weitergabe an die reisenden Familien Informationsblätter, aus denen die jeweiligen Stützpunktschulen hervorgehen, sowie das vom Staatsinstitut für Schulpädagogik erstellte Elternfaltblatt zur Verfügung. Auf Anfrage beim Staatlichen Schulamt werden die Erziehungsberechtigten hierüber direkt informiert.

3.3 

Die Stützpunktschulen sollen sich anhand der langfristig feststehenden Volksfest- und Jahrmarktstermine bzw. vorweg bekannter Zirkustermine auf ihre besondere Betreuungsaufgabe für die Dauer des Aufenthalts der reisenden Schüler einstellen. Der Schulleiter benennt in Absprache mit dem Staatlichen Schulamt eine Lehrkraft, die sich um die Schüler während der Dauer ihres Aufenthalts kümmert und sie gegebenenfalls als Gruppe betreut. Mit dieser Aufgabe kann - soweit vorhanden - auch ein Förderlehrer oder ein Lehrer der Mobilen Reserve beauftragt werden.

3.4 

Die reisenden Schüler werden vom Schulleiter entsprechend ihrem Alter und ihrem Leistungsstand einer Klasse zugewiesen. Sie nehmen dort am regulären Unterricht teil.

3.5 

In den Fächern Deutsch und Mathematik arbeiten diese Schüler anhand der von der Stammschule erhaltenen Schulbücher. Der Lehrer orientiert sich am Schultagebuch des Schülers und den dort enthaltenen Mindestlehrplänen bzw. den Eintragungen der vorher besuchten Schule.
Sind besondere Fördermaßnahmen erforderlich, so können diese Schüler in diesen Fächern auch von dem mit der Betreuung beauftragten Lehrer außerhalb des Klassenverbandes unterrichtet werden.

3.6 

Aufgrund des reisebedingten Unterrichtsausfalls sollen den Schülern für die kurze Zeit des Aufenthalts an den Stützpunktschulen nach Möglichkeit auch zusätzliche Fördermaßnahmen angeboten werden.

3.7 

Kindern aus anderen Ländern Deutschlands bzw. anderen europäischen Ländern, die vorübergehend eine Stützpunktschule besuchen, und die über andere oder auch über keinerlei Unterlagen und Schulbücher verfügen, soll eine angemessene schulische Betreuung ermöglicht werden. Die Stützpunktschule dokumentiert auf ähnliche Weise wie im Schultagebuch den Schulbesuch und den behandelten Lernstoff.

3.8 

Bei Schülern, die auf der Reise eine Schule besuchen, die nicht als Stützpunktschule ausgewiesen ist, ist entsprechend zu verfahren.
4.
Schultagebuch

4.1 

Das Schultagebuch dient dem unverzichtbaren Informationsaustausch zwischen Stammschule und Stützpunktschulen; es gibt Informationen und Hinweise für Erziehungsberechtigte und Lehrkräfte, dokumentiert die Lernfortschritte des Schülers, sodass die Stützpunktschulen Hinweise über den Leistungsstand bekommen. Das Schultagebuch enthält einen Schulbesuchskalender. Zur Absicherung eines kontinuierlichen Lernprozesses in den Fächern Deutsch und Mathematik (Grundschule) enthält das Schultagebuch als Hilfestellung Minimallehrpläne, die der besonderen Situation der reisenden Schüler angepasst sind.

4.2

Das Schultagebuch wird den reisenden Schülern in der Regel von der Stammschule ausgehändigt.
Das Schultagebuch ist beim Verlag Helmut Angles1, Bamberger Straße 6, 96317 Kronach, Tel. 09261/4640, zu bestellen (Verlags-Nr. 2.624.20). Die Kosten trägt der Schulaufwandsträger.

1 [Amtl. Anm.:] Adresse redaktionell aktualisiert

4.3 

Das Schultagebuch dient auch als eine Grundlage für die Leistungsbewertung.
5.
Leistungsbewertung

5.1 

Grundlage der Leistungsbewertung sind die an der Stammschule erbrachten Leistungen und jene Lernfortschritte, die an den auf der Reise besuchten Schulen durch Eintragungen im Schultagebuch und gegebenenfalls ergänzende Informationen nachgewiesen werden.

5.2 

Schriftliche Leistungsnachweise sollen sich nur auf die von den Schülern bearbeiteten Unterrichtsinhalte oder Aufgabenstellungen beziehen.

5.3 

Die Stammschule stellt nach Möglichkeit zu den vorgesehenen Terminen die Zeugnisse gemäß § 26 VSO aus. Das Zeugnis dokumentiert den Leistungsstand des Schülers und soll eine zusätzliche Motivation für den weiteren Schulbesuch bewirken.
6.
Weitere Informationen

6.1 

Das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung hat Handreichungen erstellt zur besonderen Problematik der schulischen Förderung von Kindern auf der Reise. Sie sind erhältlich beim Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, Schellingstraße 155, 80797 München.

6.2 

Die Kreisbildstellen halten ein Videoband „Leben und Lernen auf der Reise “ mit der dazu enthaltenen ausführlichen Begleitbroschüre zu Zwecken der Fortbildung bereit.
I.A. J. Hoderlein
Ministerialdirektor