Inhalt

VJuSchG
Text gilt ab: 01.02.2018

Abschnitt 2 
Jugendschutz in der Öffentlichkeit

4. Gaststätten

4.1 Aufenthalt in Gaststätten

4.1.1 

1 § 4 Abs. 1 regelt nur den Aufenthalt, nicht aber sonstige Gefährdungstatbestände nach dem Jugendschutzgesetz. 2Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 darf Jugendlichen ab 16 Jahren der Aufenthalt in Gaststätten ohne Begleitung einer personensorgeberechtigen oder erziehungsbeauftragten Person in der Zeit von 24.00 Uhr bis 5.00 Uhr morgens nicht gestattet werden. 3Gewerbetreibende und Veranstalter sind verpflichtet, die zeitlichen Aufenthaltsbegrenzungen für Minderjährige zu beachten und sicherzustellen, dass die Jugendlichen die Gaststätten und Veranstaltungen rechtzeitig verlassen. 4Für den Fall, dass der überwiegende Teil der Gäste 16 oder 17 Jahre alt ist, ist zu überlegen, ob nicht spezielle Veranstaltungen für diese Altersgruppe angeboten werden sollten, die um 24.00 Uhr beendet werden.

4.1.2 

1Die Definition einer Gaststätte findet sich in § 1 des Gaststättengesetzes (GastG). 2Ein Gaststättengewerbe im Sinn des GastG betreibt, wer im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft), wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist (§ 1 Abs. 1 GastG). 3Bei der Beurteilung, ob es sich um eine Gaststätte handelt, ist der Gesamtcharakter der Örtlichkeit zu berücksichtigen. 4Auch Bierzelte fallen unter den Begriff der Gaststätte.

4.1.3 

1Die Aufenthaltsbeschränkung bezieht sich grundsätzlich nur auf den Ort, an dem Alkohol ausgeschenkt wird. 2So wird eine Sportstätte, wie zum Beispiel ein Fußball- oder Eisstadion, nicht bereits deshalb insgesamt zu einer Gaststätte, nur weil an verschiedenen Kiosken Getränke ausgeschenkt werden.

4.1.4 

1Ein Gaststättengewerbe betreibt auch, wer als selbstständiger Gewerbetreibender im Reisegewerbe von einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Betriebsstätte aus Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist (§ 1 Abs. 2 GastG). 2Gleichgestellt sind Vereine und Gesellschaften, selbst wenn sie kein Gewerbe betreiben (§ 23 Abs. 1 GastG). 3Von dieser Regelung sind insbesondere auch Vereins- und Scheunenfeste umfasst.

4.1.5 

Hinsichtlich von Partyveranstaltungen wird auf die Ausführungen unter Nr. 7 verwiesen.

4.2 Vorgaben des GastG für Alkoholabgabe

4.2.1 

1Nach dem GastG ist der Ausschank an erkennbar Betrunkene verboten (§ 20 Nr. 2 GastG). 2Zudem muss zum günstigsten Preis auch ein alkoholfreies Getränk angeboten werden (§ 6 GastG). 3Der Preisvergleich erfolgt hierbei auf der Grundlage des hochgerechneten Preises für einen Liter der betreffenden Getränke. 4Im Übrigen wird hinsichtlich der Unzulässigkeit gastronomischer Vermarktungskonzepte, die geeignet sind, den Missbrauch oder den übermäßigen Konsum von Alkohol zu begünstigen, insbesondere All-inclusive- und Flatrate Veranstaltungen, sowie hinsichtlich des Verfahrens bei Gestattungen auf das Rundschreiben des Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie vom 16. Mai 2007, Az. IV/3-4100/582/1, verwiesen (siehe Anlage 2).

4.2.2 

1Für Feste und Veranstaltungen von Vereinen und sogenannten nicht kommerziellen Veranstaltern sind in der Regel Gestattungen nach § 12 GastG durch die Gemeinden (§ 1 Abs. 2 BayGastV) erforderlich; darunter fallen zum Beispiel Scheunenfeste etc. 2Die Jugendämter sind von den Gemeinden frühzeitig vor der Entscheidung über einen Antrag im Sinn des § 2 Abs. 1 BayGastV zu beteiligen.

4.2.3 

Falls eine Veranstaltung gemäß GastG lediglich anzeigepflichtig ist, wird die gaststättenrechtlich zuständige Behörde das Jugendamt frühzeitig beteiligen (Schreiben des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 24. Oktober 2016, Az. 33-4100/760/1, siehe Anlage 3).

4.3 Einnahme einer Mahlzeit oder eines Getränks

1Ein zeitweiliger Aufenthalt darf Kindern und Jugendlichen zur Einnahme einer Mahlzeit oder eines Getränks gestattet werden. 2Keinesfalls können Kinder und Jugendliche den hierfür erforderlichen Aufenthalt nach ihrem Belieben verlängern.

4.4 Veranstaltung von Trägern der Jugendhilfe

1Die Ausnahme betrifft nur den Aufenthalt, nicht aber die sonstigen Beschränkungen nach dem JuSchG, wie zum Beispiel für Alkoholabgabe. 2Gemäß dem Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 2 muss es sich um eine Veranstaltung eines Trägers der Jugendhilfe handeln und Jugendliche müssen die Zielgruppe der Veranstaltung sein. 3Unter „anerkannter Träger der Jugendhilfe“ fallen neben den anerkannten Trägern auch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wie die Landkreise, kreisfreien und kreisangehörigen Gemeinden (Art. 15 und 30 AGSG). 4Dies umfasst auch organisatorisch eingebundene Jugendorganisationen dieser Träger. 5Gemeinden, Schulen und Schülermitverwaltungen sind keine Träger der Jugendhilfe. 6Für deren Veranstaltungen sind jedoch Ausnahmen möglich (Nr. 4.7).

4.5 Kinder und Jugendliche auf Reisen

1Auf Reisen befinden sich auch solche Kinder und Jugendliche, die für den Weg von der Wohnung zur Schule oder zum Arbeitsplatz Verkehrsmittel benutzen und Gaststätten zur Überbrückung notwendiger Wartezeiten aufsuchen. 2Dabei sollen die Dauer der Fahrt und die Wartezeit bis zum nächsten Anschluss maßgeblich berücksichtigt werden.

4.6 Nachtbars und Nachtclubs und vergleichbare Vergnügungsbetriebe

Vergleichbare Vergnügungsbetriebe sind insbesondere Bordelle, Striptease-Bars oder Swingerclubs.

4.7 Ausnahmegenehmigungen

1Gemäß § 4 Abs. 4 kann der Aufenthalt in Gaststätten in Ausnahmefällen gestattet werden. 2Da es sich nach dem Gesetzeswortlaut nur um Ausnahmen handeln kann, sind Dauergenehmigungen unzulässig. 3Von einer Ausnahmegenehmigung kann nur dann gesprochen werden, wenn sie sich auf höchstens fünf Veranstaltungen innerhalb eines Jahres bezieht. 4Insofern sind einschränkende Anordnungen für den Besuch von Kindern und Jugendlichen zu treffen, wenn diese notwendig sind, um einer Gefahr für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl zu begegnen.

5. Tanzveranstaltungen

5.1 Begriff

5.1.1 

1Ob eine öffentliche Tanzveranstaltung gegeben ist, bestimmt sich immer nach der tatsächlichen Ausgestaltung im Einzelfall aus Sicht eines objektiven Betrachters. 2Von Tanzveranstaltungen ist – unabhängig von der Bezeichnung – dann auszugehen, wenn aufgrund der Intention der Veranstaltung bzw. des Veranstalters getanzt werden soll oder getanzt werden kann (zum Beispiel: eine Tanzfläche ist vorhanden und entsprechende Musik wird gespielt). 3Wird allerdings spontan getanzt, ohne dass dies vom Veranstalter vorgesehen ist oder er dazu animiert (zum Beispiel bei Volksfesten, Straßenfesten, Faschingssitzungen), ist § 5 nicht einschlägig. 4Bei Pop- und Rockkonzerten handelt es sich nicht um Tanzveranstaltungen im Sinn der Vorschrift. 5Diese sind gegebenenfalls über § 7 zu regeln (vgl. Nr. 7).

5.1.2 

1Eine Veranstaltung ist dann öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis der Personen bestimmt ist oder die Teilnehmer untereinander persönlich verbunden sind. 2Öffentlich ist eine Tanzveranstaltung somit, wenn der Teilnehmerkreis nicht näher bestimmbar ist, das heißt, wenn vor Beginn der Veranstaltung eine personenmäßige Auflistung aller etwaigen Teilnehmer nicht möglich ist. 3Die Öffentlichkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass Eintrittskarten verkauft werden oder der Zutritt an besondere Bedingungen geknüpft wird, die jedermann erfüllen kann.

5.1.3 

1Eine zusätzliche Problematik bei Tanzveranstaltungen, insbesondere in Diskotheken, kann sich durch den Einsatz von Lasergeräten sowie durch den hohen Lautstärkepegel ergeben (vgl. hierzu die Ausführungen bei Nr. 7). 2Auf die Hinweise bei Nr. 4 zur Kontrolle der Aufenthaltsbeschränkungen durch den Gewerbetreibenden bzw. Veranstalter wird hingewiesen.

5.2 Veranstaltung von Trägern der Jugendhilfe

Insofern wird auf die Ausführungen unter Nr. 4.4 verwiesen.

5.3 Künstlerische Betätigung

1Eine künstlerische Betätigung liegt dann vor, wenn das Tanzen über den reinen Unterhaltungszweck hinaus geht und ein gewisses künstlerisches Niveau hat. 2Daran sollten jedoch keine professionellen Ansprüche geknüpft sein. 3Unerheblich ist, ob die künstlerische Betätigung für eine Aufführung vor Publikum bestimmt ist oder nicht. 4Für die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Aufführungen sind gegebenenfalls zusätzlich die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) zu beachten.

5.4 Brauchtumspflege

1Bei Veranstaltungen zur Brauchtumspflege ist der Gesamtcharakter der Veranstaltung maßgeblich. 2So dienen Faschingsbälle nicht schon dann der Brauchtumspflege, wenn nur der Auftritt einer Prinzengarde einem Brauchtum entspricht. 3Insbesondere Volkstanzfeste dienen dagegen grundsätzlich der Brauchtumspflege.

5.5 Ausnahmegenehmigung

1Gemäß § 5 Abs. 3 kann die zuständige Behörde Ausnahmen genehmigen. 2Das Jugendamt entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Interesse des Wohles der Kinder und Jugendlichen. 3Im Rahmen der Ausnahmegenehmigung können Auflagen gemäß § 7 erteilt werden. 4Da es sich nach dem Gesetzeswortlaut nur um Ausnahmen handeln kann, sind Dauergenehmigungen unzulässig (siehe Nr. 4.7).

6. Spielhallen, Glücksspiele

6.1 Anwesenheitsverbot

6.1.1 

Abs. 1 enthält ein Anwesenheitsverbot für Kinder und Jugendliche in öffentlichen Spielhallen oder ähnlichen, vorwiegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen.

6.1.2 

1Es kann auf die Definition der Spielhalle in § 33i der Gewerbeordnung (GewO) zurückgegriffen werden. 2Um eine Spielhalle oder einen ähnlichen Betrieb handelt es sich dann, wenn die Räume ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten dienen. 3Eine öffentliche Spielhalle ist daher ein Betrieb (unabhängig von der Bezeichnung), der öffentlich zugänglich ist (zum Begriff „öffentlich“ siehe die Ausführungen zu Nr. 5), in dem sich der Gast nach Belieben betätigen kann, dessen Schwerpunkt im Bereitstellen der Spielgeräte liegt (und nicht in körperlicher Ertüchtigung wie Tischtennis, Billard oder Darts und auch nicht im Verzehr von Speisen oder Getränken). 4Der Spielhalleneigenschaft steht nicht entgegen, dass der Raum nur über eine Gaststätte erreicht werden kann (zu den Kriterien vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Dezember 1982, Az. 1 C 71/79).

6.1.3 

1Das Anwesenheitsverbot für Kinder und Jugendliche gilt generell und ist raum- und nicht betriebsbezogen. 2Auch Ausbildungszwecke (zum Beispiel Erlernen des Elektrohandwerks in einer Spielhalle) bilden keine Ausnahme (siehe § 22 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG). 3E-Sport-Clubs und E-Sport-Veranstaltungen fallen in der Regel nicht unter den Spielhallenbegriff. 4Gegebenenfalls sollten Zutrittsbeschränkungen gemäß § 7 erlassen werden.

6.1.4 

1Zu Räumen, die vorwiegend dem Spieltrieb dienen, zählen auch Wettvermittlungsstellen (Wettbüros), in denen Sportwetten hauptgeschäftlich vermittelt werden (anderer Ansicht allerdings Gutknecht/Roll, in: Nikles u. a., Jugendschutzrecht, 3. Auflage 2011, § 6 Rn. 6). 2Verstöße werden vorrangig von der Glücksspielaufsicht sanktioniert.

6.2 Spiele mit Gewinnmöglichkeit

6.2.1 

1 § 6 Abs. 2 regelt die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Spielen mit Gewinnmöglichkeit in bestimmten Fällen. 2„Spiel“ ist das Eingehen eines Risikos zur Gewinnerzielung, das heißt zur Erlangung eines objektiven materiellen Werts, dazu gehören auch gewerbliche Wetten und Lotterien.

6.2.2 

1Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 der Spielverordnung (SpielV) liegt die Wertgrenze für Waren von geringem Wert bei 60 Euro. 2Die Teilnahme an Kartenspielturnieren, wie zum Beispiel „Preis-Schafkopfen“, ist Kindern und Jugendlichen ebenfalls nach § 6 Abs. 2 untersagt, da es sich hier meist nicht mehr um „Gewinne in Waren von geringem Wert“ handelt.

6.2.3 

1Freizeit- und Vergnügungsparks sind trotz ähnlicher Angebote keine ausnahmefähigen, den Volksfesten „ähnliche Veranstaltungen“, weil sie dauerhafte Einrichtungen sind. 2Grundsätzliche Ausführungen zum Aufstellen von Geldspielautomaten finden sich in der SpielV.

7. Jugendgefährdende Gewerbebetriebe und Veranstaltungen (zu § 7)

7.1 Generalklausel zum Schutz vor Beeinträchtigungen und Gefährdungen

7.1.1 

1Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, kann die zuständige Behörde nach § 7 vorgehen. 2Sie kann in diesen Fällen den Aufenthalt von Minderjährigen verbieten bzw. Altersgrenzen, zeitliche Aufenthaltsbegrenzungen oder andere Auflagen anordnen, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird. 3Mit dieser Bestimmung soll Gefährdungen und auch Beeinträchtigungen begegnet werden können, die von den vorangehenden Paragraphen nicht erfasst werden.

7.1.2 

1Im Einzelfall kann die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 VwGO zur Durchsetzung der Auflagen notwendig werden. 2Die Anordnung des Jugendamtes ist eine Ermessensentscheidung. 3Maßstab ist, ob eine unmittelbare Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen droht. 4Die Bestimmung ist beispielsweise auch anwendbar, um den Zugang zu Veranstaltungen mit möglicherweise jugendgefährdendem Inhalt bzw. Verlauf zu verhindern. 5Auflagen nach § 7 bieten sich in den Fällen an, in denen das Jugendamt nach § 4 Abs. 4 (Besuch von Gaststätten) bzw. § 5 Abs. 3 (Tanzveranstaltungen) Ausnahmen von den Zugangs- und Zeitbeschränkungen erteilen möchte, die das Gesetz für den Besuch von solchen Örtlichkeiten oder Veranstaltungen vorsieht.

7.1.3 

1Im Folgenden werden solche Auflagen daher exemplarisch aufgelistet. 2Entsprechend der Art der Veranstaltung können erforderliche Anordnungen ausgewählt werden, die einen geeigneten Rahmen schaffen, der sicherstellt, dass Kinder und Jugendliche solche Veranstaltungen ohne körperliche oder psychische Beeinträchtigungen besuchen können.

7.1.4 

1Um mögliche Gefährdungspotenziale zu erkennen und bereits im Vorfeld durch entsprechende Auflagen ausschließen bzw. einschränken zu können, empfiehlt sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Veranstaltern und den beteiligten Behörden. 2Dabei sollten konkret auf den jeweiligen Einzelfall bezogen insbesondere Ziel, Zielgruppe, voraussichtliche Besucherzahl und etwaige Besonderheiten der Veranstaltung erörtert werden. 3Die frühzeitige Beteiligung des Jugendamtes dient dem besseren Schutz von Minderjährigen vor den Gefahren des Alkoholkonsums. 4Gerade im Umfeld von Vereinsfeiern, Dorffesten und ähnlichen Veranstaltungen ist vermehrt ein übermäßiger Alkoholkonsum von Minderjährigen zu beobachten. 5Durch die verbindliche Beteiligung der Jugendämter erhalten diese frühzeitig Kenntnis und können bereits im Vorfeld Auflagen gemäß § 7 festlegen, um Gefahren für Minderjährige zu vermeiden.

7.2 Mögliche Auflagen für Veranstaltungen

1Der Veranstalter muss durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass die Jugendschutzbestimmungen auch tatsächlich eingehalten werden. 2Es hat sich in der Vergangenheit bewährt, wenn diese Maßnahmen neben den gesetzlichen Anforderungen konkret bestimmt und als Auflagen formuliert werden. 3Bei als zuverlässig bekannten Veranstaltern kann gegebenenfalls auch eine entsprechende schriftliche Vereinbarung ausreichend sein. 4Neue Freizeitangebote wie zum Beispiel Escape Rooms oder Spiele mit Virtual-Reality-Brillen sollten genau beobachtet werden.

7.2.1  Jugendschutzbeauftragter

1Vielfältige Erfahrungen zeigen, dass es sehr sinnvoll ist, den Veranstalter nicht nur zu verpflichten, eine verantwortliche Person für die gesamte Veranstaltung zu benennen, sondern auch mindestens eine volljährige Person, die während der ganzen Veranstaltung anwesend ist und darauf zu achten hat, dass sowohl die Jugendschutzbestimmungen als auch die Auflagen eingehalten werden (Jugendschutzbeauftragter). 2Dieser muss nüchtern bleiben, damit er seiner Verantwortlichkeit tatsächlich gerecht werden kann.

7.2.2  Ordnungsdienstkräfte

1Es sollten geeignete Ordnungsdienstkräfte oder anderes Funktionspersonal in ausreichender Zahl benannt werden, die den Ablauf der Veranstaltung und die Einhaltung der Gesetze und Auflagen nach Weisung der Verantwortlichen gewährleisten. 2Eine Orientierungsgröße für die Anzahl des benötigten Personals ist drei Ordner pro 100 Besucher. 3Das Personal sollte volljährig und muss nüchtern sein. 4Bei Großveranstaltungen oder problematischen Veranstaltungen bietet sich dabei ein professioneller Sicherheitsdienst an. 5Ebenso sollte darauf hingewiesen werden, dass die Haftung des Veranstalters davon unbenommen ist, es sei denn, er hat sich bei der Auswahl, der Schulung, der Einweisung bzw. stichpunktartigen Kontrolle der Aufsicht nichts vorzuwerfen.

7.2.3  Eingangskontrolle

1Eine Eingangskontrolle (vor der Kasse) sollte im Eingangsbereich bis zum Ende der Veranstaltung bindend vorgeschrieben werden (auch wenn kein Eintritt verlangt wird). 2Sinnvoll ist es zwei Eingangsbereiche zu schaffen, einen für minderjährige Besucher und einen für Erwachsene. 3Das jeweilige Alter sollte durch Vorlage des Personalausweises oder eines anderen behördlichen Dokuments an der Kasse nachgewiesen werden. 4Hierzu wird im Übrigen auf die Hinweise zu Nr. 4 verwiesen. 5Die jeweiligen Altersgruppen sollten mit unterschiedlichen fälschungssicheren Armbändern gekennzeichnet werden. 6Da die Getränkepreise auf Veranstaltungen regelmäßig teurer sind als die Preise für selbstgekaufte Produkte, ist das Phänomen des „Parkplatztrinkens“ keine Seltenheit. 7Es hat sich insofern bewährt, den vollständigen Eintrittspreis beim erneuten Eintritt in die Veranstaltung zu verlangen. 8Auf diese Weise wird verhindert, dass Jugendliche die Veranstaltung zwischenzeitlich verlassen, um außerhalb des Geländes Alkohol zu konsumieren. 9Um exzessiven Alkoholkonsum zu unterbinden, sollte zudem das Ordnungs- und Sicherheitspersonal in regelmäßigen Abständen das umliegende Gelände nach versteckten alkoholischen Getränken absuchen.

7.2.4  Beschränkungen der Alkoholabgabe

1Erkennbar Betrunkene dürfen keinen Zutritt zu der Veranstaltung erhalten. 2Die Mitnahme von Getränkeflaschen und Rucksäcken sollte unterbunden werden, um ein „Einschmuggeln“ von Alkoholika verhindern zu können. 3Das Ausschankpersonal muss volljährig und stets nüchtern sein. 4Die Mitarbeiter sollten vor der Veranstaltung zu den Jugendschutzbestimmungen geschult und angewiesen werden, das Alter der jugendlichen Besucher zu kontrollieren. 5Sofern sich die Veranstaltung vorrangig an Jugendliche richtet, sollte die Abgabe von Spirituosen und von spirituosenhaltigen alkoholischen Mixgetränken untersagt werden, da deren Weitergabe an Minderjährige oftmals nicht kontrolliert werden kann. 6Ebenso sollte generell die Einrichtung vom „Schnapsbars“ unterbunden werden. 7Sollte ein generelles Verbot nicht angemessen erscheinen, ist eine deutliche räumliche Trennung des (Schnaps-)Barbereichs ebenso sinnvoll wie ein diesbezügliches Zutrittsverbot für Minderjährige. 8Spirituosen sollten nicht in Flaschen, sondern nur in Gläsern abgegeben werden, um die Weitergabe an Jugendliche zu vermeiden. 9Sammelbestellungen von Spirituosen sollten aus diesem Grund ebenfalls unterbunden werden. 10Alle Maßnahmen zur Trinkanimation wie Flatrates, Trinkspiele, „Kübelsaufen“ oder sonstige Maßnahmen, die geeignet sind, dem Alkoholmissbrauch Vorschub zu leisten, sind zu unterlassen. 11Dies ergibt sich zudem aus § 20 Nr. 2 GastG. 12In geeigneten Fällen bietet sich auch ein gänzliches Alkohol- und Rauchverbot auch für alle Gäste an; dies gilt insbesondere für Veranstaltungen, die überwiegend von Kindern besucht werden.

7.2.5  Aufenthaltsbeschränkungen

1Der Veranstalter muss dafür Sorge tragen, dass Jugendliche und Kinder die Veranstaltung entsprechend den gesetzlichen Zeitgrenzen verlassen. 2Der Veranstalter sollte insofern verpflichtet werden, an den jeweiligen Zeitgrenzen Anwesenheitskontrollen durchzuführen. 3Dazu sollte die Musik beendet, eine entsprechende Durchsage gemacht und das Licht angeschaltet werden. 4Es empfiehlt sich, bereits halbstündlich vor den entsprechenden Uhrzeiten durchzusagen, dass die Altersgruppen unter 16 bzw. 18 Jahren aufgefordert werden, die Veranstaltung rechtzeitig zu verlassen. 5Der Veranstalter sorgt im Idealfall für einen preisgünstigen Heimbringdienst für die Besucher und Besucherinnen, zum Beispiel Buspendelverkehr.

7.2.6  Notfallpläne

1Notfallpläne für besondere Fälle sind vorzulegen. 2Es muss sichergestellt sein, dass Hilfsdienste (Sanitäter, Feuerwehr, Polizei) jederzeit telefonisch verständigt werden können. 3Zu klären ist zudem der Umgang mit Personen, bei denen massive alkoholbedingte Ausfallerscheinungen festzustellen sind.

7.2.7  Werbung

1Auflagen, wie für die geplante Veranstaltung geworben werden darf, sind ebenfalls sinnvoll. 2Wenn die Möglichkeit besteht, sollte im Vorfeld bereits Einfluss darauf genommen werden, wie für die jeweilige Veranstaltung geworben wird. 3Für Veranstaltungen, die gezielt mit übermäßigen Alkoholkonsum und billigen alkoholischen Getränken werben, sollten grundsätzlich keine Genehmigungen erteilt werden (siehe § 20 Nr. 2 GastG – gesetzliche Verpflichtung des Veranstalters). 4Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, den Veranstalter zu verpflichten, bereits bei der Werbung auf die Jugendschutzbestimmungen hinzuweisen.

7.2.8  Berichtspflichten

1Es ist sinnvoll, dass die Veranstalter verpflichtet werden, nach dem Ende der Veranstaltung eine Auswertung des Veranstaltungsverlaufs vorzulegen. 2Daneben dient diese Rückmeldung zur Analyse von Schwachstellen und zur besseren Abstimmung der Auflagen auf die jeweilige Veranstaltung. 3Erfahrungen aus der Praxis zeigen zudem, dass es sich für einen reibungslosen Verlauf einer Veranstaltung bewährt hat, wenn man sich im Vorfeld von Veranstaltungen gemeinsam mit dem Ordnungsdienst, der Brandsicherheits- und Sanitätswache, mit der Polizei, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst über ein gemeinsames Vorgehen bei Gefahren oder Vorfällen abstimmt (siehe hierzu § 38 Abs. 3 der Versammlungsstättenverordnung – VStättV).

7.3 Konzerte

1Konzerte oder Open-Air-Festivals sind in der Regel nicht als Tanzveranstaltungen, sondern als öffentliche Veranstaltungen zu klassifizieren. 2Nach § 7 können Einschränkungen und Auflagen erteilt werden, um Gefährdungen für Kinder und Jugendliche auszuschließen, die zum Beispiel durch Lautstärke, aggressivitäts- und erregungssteigernde Bühnenshows oder jugendbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Texte auftreten können.

7.3.1  Filmvorführungen

1Filme, Werbefilme oder Videoclips, die bei Konzerten gezeigt werden, müssen eine Alterskennzeichnung haben. 2Bei Konzerten, für die keine speziellen Altersbeschränkungen gelten, dürfen daher nur Filme, Clips etc. gezeigt werden, die mit „Freigegeben ohne Altersbeschränkung“ oder „Freigegeben ab sechs Jahren“ gekennzeichnet sind. 3Eine Ausnahme für die Altersgruppe bis sechs Jahren ist gerechtfertigt, da diese Altersgruppe regelmäßig von ihren Eltern beaufsichtigt wird, so dass keine nachhaltigen Beeinträchtigungen zu erwarten sind (siehe Nr. 11.1.2 Satz 4).

7.3.2  Geräuschpegel

1Zum präventiven Gehörschutz empfiehlt das Umweltbundesamt eine Lautstärkenbegrenzung von 90 bis 95 dB(A) für Jugendveranstaltungen. 2Diese sollte als Auflage gemäß § 7 festgelegt werden.

7.4 Laserspiel-Anlagen

1Bei Laserspielen bekämpfen sich die Teilnehmer mittels Infrarot-Markierungsgeräten gegenseitig. 2Um die Treffer auszuwerten, tragen die Teilnehmer mit Sensoren ausgestattete Westen. 3Gespielt wird gegen Entgelt in der Regel in Hallen, in denen Hindernisse und Versteckmöglichkeiten aufgebaut sind. 4Je nach Anbieter gibt es unterschiedlich gestaltete Arenen, Kleidung, Markierungsgeräte und Spielvarianten. 5Neben futuristisch gestalteten Anlagen gibt es unter anderem militärisch gestaltete Arenen und waffenähnliche Markierungsgeräte. 6Laserspiel-Anlagen werden unter verschieden Bezeichnungen vermarktet, wie zum Beispiel Lasertag, Lasergame, Laserarena, Lasermaxx oder Funpark.

7.4.1  Pflicht zur Einzelfallprüfung

1Das Jugendamt hat in jedem Einzelfall gemäß § 7 zu prüfen, ob von einer solchen Anlage eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgeht. 2Denn zum Schutz der Minderjährigen hat das Jugendamt Auflagen zu erlassen, welche dem Veranstalter untersagen, bestimmten Altersgruppen die Teilnahme zu gewähren. 3Die Erforderlichkeit der Auflagen ist stets im Rahmen einer Gesamtschau unter Abwägung aller relevanten Aspekte des Einzelfalls zu bewerten. 4Anschließend ist durch Kontrollen sicherzustellen, dass der Veranstalter, auf dessen Veranlassung die Anlage eingerichtet wurde und der das wirtschaftliche Risiko trägt, den Auflagen Folge leistet. 5Das Jugendamt sollte gegenüber dem Bau-, Gewerbe- und dem Ordnungsamt bereits frühzeitig eine Beteiligung einfordern. 6Sie ist auch dann erforderlich, wenn der Betreiber die Laserspiel-Anlage als Sport- und Freizeitstätte (zum Beispiel Indooranlage, Funpark) angemeldet hat. 7Wenn das Jugendamt zunächst nicht beteiligt wird, können Auflagen nachträglich erlassen werden.

7.4.2  Im Regelfall: Gefährdung von Jugendlichen bis 16 Jahren

1Im Regelfall ist davon auszugehen, dass das Laserspiel für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht freigegeben werden darf, da es ihre psychische und soziale Entwicklung gefährdet. 2Denn Laserspiele weisen eine aggressivitätssteigernde Wirkung auf und können bei vulnerablen Spielern zu starken Angstreaktionen führen (VG Würzburg mit differenzierter Begründung der Wirkungsvermutung, Urteil vom 14. April 2016, Az. W 3 K 14.438). 3Aus psychologischer Sicht besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren Schaden nimmt, wenn es hauptsächlich um das möglichst häufige Markieren des gegnerischen Spielers mittels Infrarot-Signalgebern geht. 4Es kommt zu zahlreichen Duellen gegnerischer Spieler, die nur derjenige gewinnt, der schneller und besser zielt. 5Die Fokussierung auf den Gegner und auf das alleinige Ziel, diesen treffen zu müssen, führt zu einer Handlungseinengung, bei der der spielerische Charakter in den Hintergrund tritt und eine desensibilisierende und aggressionssteigernde Wirkung zu erwarten ist. 6Die folgenden belastenden Anhaltspunkte sprechen für eine Zugangsbeschränkung für Minderjährige unter 16 Jahren:
Spielmodus:
Einzelkämpfer-Modus steht zur Auswahl (jeder gegen jeden oder einer gegen alle)
keine Aufsicht und Begleitung während des Spiels
vorzeitiges Ausscheiden des Spielenden aufgrund von Treffern
keine Möglichkeit zum vorzeitigen Spielabbruch
Anlage:
Dunkelheit, Verneblung der Anlage
Stroboskoplicht, Lasereffekte, farbige Lichteffekte
spannungserzeugende Hintergrundmusik (ähnlich Actionfilmen)
Markierungsgeräte:
Handhabung der „Phaser“ waffenähnlich
Abgabe von Schüssen in schneller Abfolge hintereinander
Laserpointer
Kleidung und Sensoren:
Geräuscheffekte bei Treffern auf die Weste.

7.4.3  Anhaltspunkte für Beeinträchtigung von Jugendlichen bis 18 Jahren

1Die nachfolgend aufgelisteten Aspekte sprechen für eine Gefährdung auch von 16- und 17-Jährigen, so dass eine Zugangsbeschränkung für alle Minderjährigen erforderlich ist. 2Bei entsprechenden Anlagen kann auch ein Verstoß gegen die Menschenwürde vorliegen (BVerwG zu „Laserdrome“ vom 24. Oktober 2001, Az. 6 C 3.01, und BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2006, 6 C 17/06). 3Die Anlage ist dann gemäß Art. 7 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) zu untersagen.
Spielmodus:
Bonuspunkte für Kopfschüsse oder tödliche Treffer
kriegerische Hintergrundgeschichten
drastische Spielanweisungen (killen, vernichten, töten)
Anlage:
Kriegsszenarien, militaristische Gestaltung, zum Beispiel Nachbildung von Kampfgebieten, Panzern etc.
realitätsnahes Setting, Outdoor-Spiele (auf der Straße, im Wald oder Park)
„Selbstschussanlagen“, die Schüsse auf die Spieler abgeben
Waffengeräusche als Soundkulisse im Hintergrund
Markierungsgeräte:
Schussgeräusche, Vibrations- und Rückstoßeffekte
virtuelle Bomben oder Handgranaten, die gegen andere Spieler eingesetzt werden
Kleidung und Sensoren:
Vibrationseffekte bei Treffern auf die Weste
Ähnlichkeit mit militärischen Uniformen
Teilnehmer dürfen Outfit ohne Einschränkungen selbst bestimmen (auch Uniformen, Tarnkleidung etc.)
Tarnkleidung oder Maskierungen
Stirnbänder, die Kopftreffer ermöglichen.

7.4.4  Ausnahmefall: Zugang für Jugendliche ab 14 Jahren

1In Ausnahmefällen kann das Laserspiel bereits für Jugendliche ab 14 Jahren freigegeben werden, falls im Rahmen einer Gesamtschau eine Gefährdung dieser Altersgruppe nicht anzunehmen ist. 2Hierfür sprechen die folgenden entlastenden Anhaltspunkte:
Spielmodus:
sportlicher Wettkampf-Charakter (insb. bei Einführung)
Team-Modus
Sammeln von Punkten steht im Vordergrund
Aufsicht und Begleitung während des Spiels
Anlage:
helle und freundliche Gestaltung
realitätsfernes Setting
auch unbewegliche Ziele, nicht nur andere Spieler, sind zu treffen
keine bedrohliche Soundkulisse
Markierungsgeräte:
keine Waffenähnlichkeit
Kleidung und Sensoren:
keine Ähnlichkeit mit militärischen Uniformen
Verbot von Tarnkleidung oder Maskierungen.

7.5 E-Sports, LAN-Partys, Computerspiele-Messen

1Die Festlegung von Zugangsbeschränkungen zu E-Sport-Veranstaltungen ist als Einzelfallentscheidung gemäß § 7 vom Jugendamt zu begründen. 2Bei der öffentlichen Vorführung von Computerspielen ist neben den Einschränkungen bezüglich der Medieninhalte (Altersfreigabe) und des Gesamtkonzepts der Veranstaltung auch zu berücksichtigen, ob sonstige Gefährdungen von den Veranstaltungen für die Zuschauer ausgehen. 3Dabei sind sowohl physische als auch psychische Belastungen zu berücksichtigen. 4Gegebenenfalls kann bei Anordnungen gemäß § 7 entlastend berücksichtigt werden, ob eine Begleitung von Minderjährigen durch Personensorgeberechtigte oder Erziehungsbeauftragte erfolgt.

7.6 Kampfsport und Show-Kämpfe

1Kampfsportveranstaltungen und Show-Kämpfe können die psychische und soziale Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen gefährden. 2Daher sind im Einzelfall Altersbegrenzungen nach § 7 zu prüfen. 3Die nachstehenden Ausführungen sollen dazu dienen, eine solche Entscheidung fachlich zu begründen. 4Da die Veranstalter solche Events oft auch an mehreren Standorten in Bayern durchführen, wird ein Austausch der betroffenen Jugendämter empfohlen.

7.7 Ultimate-Fighting, Mixed Martial Arts

1Beim Ultimate-Fighting handelt es sich um echte Wettkämpfe. 2Anders als beim Wrestling werden die Kämpfe nicht überzogenen und unrealistisch inszeniert. 3Der sportive Charakter erschließt sich dem Zuschauer allerdings nicht unmittelbar, da die Kämpfe sehr brutal sind und auch Blut fließt. 4Auch der Umstand, dass die Kämpfe teilweise in einem Drahtkäfig stattfinden, verstärkt dieses Bild. 5Es gibt zwar Regeln, die schlimmen Verletzungen vorbeugen sollen, ein am Boden liegender Gegner wird aber nicht geschont. 6Die Zurschaustellung von gewaltgeprägten Kämpfen von Männern und Frauen birgt das Risiko einer desorientierenden Wirkung im Hinblick auf den Einsatz von Gewalt als effektives Mittel zur Konfliktlösung und das Risiko einer desensibilisierenden Wirkung sowie einer Beeinträchtigung der Empathiefähigkeit der Zusehenden. 7Da das Ausmaß der Gewaltdarstellungen das übliche Maß an sportlicher Gewalt erheblich überschreitet und Gewalttabus unserer Gesellschaft, wie das Einschlagen auf einen am Boden liegenden Gegner, gebrochen werden, sind Minderjährige durch den Besuch dieser Veranstaltungen in ihrer Entwicklung erheblich beeinträchtigt. 8Durch die martialischen brutalen Kämpfe in Maschendrahtkäfigen haben diese Veranstaltungen ein hohes Wirkungsrisiko. 9Bei der Abwägung aller Risiken und der wenigen relativierenden Aspekte wird man wohl im Regelfall zu dem Ergebnis gelangen, dass Kindern und Jugendlichen der Besuch einer Ultimate-Fighting-Veranstaltung untersagt werden muss.

7.8 Wrestling

7.8.1 

1Beim Wrestling werden die Feindschaft zwischen den Kämpfern und wechselseitige Beleidigungen und Demütigungen inszeniert, um den Anschein echter Kämpfe und wütender Gegner zu erzeugen. 2Kampf und Gewalt werden als adäquate Mittel zur Lösung von Konflikten dargestellt. 3Eine aufpeitschende Kommentierung des Geschehens verstärkt diesen Eindruck und sorgt für eine emotional stark aufgeladene Atmosphäre. 4Aggressive, abwertende und anfeuernde Zwischenrufe aus dem Publikum sowie Schlachtgesänge heizen die Stimmung zusätzlich an.

7.8.2 

1Regeln für die kämpferischen Auseinandersetzungen gibt es zwar, diese werden von den Ringrichtern aber nicht oder nur sporadisch durchgesetzt. 2Unfaire unsportliche Attacken verstärken den Eindruck eines regellosen Kampfes. 3Besonders ist zu problematisieren, dass auch Gegner, die bereits am Boden liegen, nicht geschont werden. 4Angetäuschte Sprünge auf vermeintlich kampfunfähige, hilflose Gegner sind üblicher Bestandteil einer Show. 5Dasselbe gilt für angetäuschte Tritte an den Kopf.

7.8.3 

1Die Inszenierung von gewaltgeprägten Kämpfen birgt das Risiko einer desorientierenden Wirkung im Hinblick auf den Einsatz von Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung sowie das Risiko einer desensibilisierenden Wirkung auf die Zuschauer. 2Ob diese Wirkungen eintreten, hängt vor allem auch davon ab, ob das Geschehen im Ring als realitätsferne Inszenierung wahrgenommen und deshalb richtig bewertet und eingeordnet werden kann oder nicht.

7.8.4 

1Die Gemeinsame Stelle Jugendschutz und Programm der Landesmedienanstalten hat bereits am 31. Juli 2000 beschlossen, dass eine Ausstrahlung von Wrestling erst ab 22.00 Uhr im Privatfernsehen erfolgen soll, da sie das Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren beeinträchtigen können. 2Diese Entscheidung sollte eine Orientierung für die Bewertung von Live-Veranstaltungen sein, ersetzt aber nicht die notwendige einzelfallspezifische Prüfung. 3Zu berücksichtigen ist dabei grundsätzlich, dass Besucher von Live-Veranstaltungen deutlich stärker der aggressiven Stimmung in den Arenen ausgesetzt sind und gegebenenfalls mitgerissen werden. 4Bei der Abwägung aller Risiken und relativierenden Aspekte wird man wohl im Regelfall zu dem Ergebnis gelangen, dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren durch den Besuch einer solchen Veranstaltung in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden.

7.8.5 

1Diese Risiken können allerdings minimiert werden, wenn die Jugendlichen in Begleitung einer volljährigen Begleitperson die Veranstaltung besuchen. 2Der erziehungsbeauftragte Begleiter kann helfen, das Geschehen richtig zu interpretieren und zeitnah auf problematische emotionale Reaktion der anvertrauten Minderjährigen zu reagieren. 3Auch die Risiken von Großveranstaltungen werden deutlich begrenzt. 4Der Besuch einer Wrestling-Veranstaltung von Minderjährigen ab zwölf Jahren in Begleitung eines Elternteils oder einer erziehungsberechtigten Person kann deshalb im Regelfall gestattet werden.

8. Jugendgefährdende Orte

1Jugendgefährdende Orte können Gebäude, aber auch Straßen und Plätze sein. 2Eine Gefahr droht bereits dann, wenn ein schädigender Einfluss auf das körperliche, geistige oder seelische Wohl realistisch erscheint. 3Als Beispiele können neben Drogenumschlagplätzen, dem Umfeld von Großstadtbahnhöfen sowie Industriebrachen vor allem solche Orte genannt werden, an denen der Prostitution nachgegangen wird, sogenannte Rotlichtbezirke, in denen sich vermehrt Porno-Shops, Peep-Shows und ähnliche Vergnügungsbetriebe befinden oder wo die Gefahr der Animation zu strafrechtlich verbotenen Sexualkontakten besteht. 4Aber auch Veranstaltungen, in deren Verlauf unvorhergesehene Jugendgefährdungen auftreten, können zum jugendgefährdenden Ort erklärt und Kinder und Jugendliche im Notfall zum Verlassen der Veranstaltung aufgefordert werden. 5„Zuständige Behörde oder Stelle“ ist gemäß Art. 55 Abs. 1 AGSG die Polizei. 6Gemäß § 8 Satz 3 hat die Polizei in schwierigen Fällen das Jugendamt über den jugendgefährdenden Ort zu unterrichten. 7Für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung ist ein gemeinsamer Informationsaustausch zwischen Polizei und Jugendamt unerlässlich. 8Die Kooperation von Jugendamt und Polizei wird zudem in Art. 56 Abs. 1 AGSG geregelt. 9Danach hat das Jugendamt bei der Polizei solche Maßnahmen zum Schutz junger Menschen anzuregen, die polizeiliche Aufgaben sind, und sie bei der Durchführung der Maßnahmen zu beraten und im Rahmen der eigenen Aufgaben zu unterstützen.

9. Alkoholische Getränke

9.1 Bier, Wein und Sekt

1Bier, Wein und Sekt dürfen an Jugendliche ab 16 Jahren abgegeben werden. 2Diese Regelung gilt auch für Getränke wie Apfel- und Beerenwein und damit hergestellte Mixgetränke mit nichtalkoholischen Getränken, zum Beispiel Radler, Weinschorle. 3Keine Beschränkungen gelten für entsprechende alkoholfreie Getränke, soweit ihr Alkoholgehalt 1,2 Volumenprozent nicht überschreitet. 4Nach ständiger Rechtsprechung ist alkoholfreies Bier kein alkoholisches Getränk im Sinn der Vorschrift.

9.2 Andere alkoholische Getränke

1Alle anderen alkoholischen Getränke sind Spirituosen (vormals „Branntwein“). 2Bei der Herstellung wird entweder reiner Alkohol zugegeben oder der Alkohol ist ausschließlich durch Gärung entstanden (so genannter Brand). 3Gesetzliche Definitionen finden sich im Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz und im Alkoholsteuergesetz. 4Zu den anderen alkoholischen Getränken zählen bspw. Wodka, Obstbrand, Weinbrand, Rum, Liköre und Whisky. 5Ferner auch alle Mixgetränke, die Spirituosen enthalten, zum Beispiel Longdrinks und Cocktails, auch wenn manche dieser Mixgetränke insgesamt einen geringeren Alkoholgehalt aufweisen als Wein oder Bier. 6Die Gesetzesformulierung „die andere alkoholische Getränke in nicht nur geringfügiger Menge enthalten“ bezieht sich nur auf Lebensmittel wie zum Beispiel Eisbecher mit Spirituosenzusatz, alkoholhaltige Pralinen, Früchte in Alkohol (Rumfrüchte), Torten oder Pudding mit Alkoholzusatz. 7„Nicht nur geringfügige Menge“ bezieht sich auf das Lebensmittel insgesamt, das heißt, der Alkohol muss wesentlicher Bestandteil, nicht nur Gewürzzutat sein. 8Nicht darunter fällt zum Beispiel eine Rumrosine in einem Eisbecher, wohl aber ein Zentiliter Likör im Eisbecher.

9.3 Alkopops

1Alkopops bestehen aus anderen alkoholischen Getränken, haben insgesamt einen Alkoholgehalt zwischen 1,2 und 10 Volumenprozent und werden trinkfertig in Behältnissen angeboten (§ 1 Abs. 2 Alkopopsteuergesetz). 2Auf der Flasche oder Dose muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Abgabe an Personen unter 18 Jahren verboten ist.

9.4 Abgabe

1Abgabe ist jede Form der Besitzverschaffung der Getränke und umfasst nicht nur den entgeltlichen Verkauf. 2Untersagt ist also gegenüber Kindern und Jugendlichen auch ein Ausschank zur Probe, zur Kundenwerbung oder im Rahmen von Veranstaltungen. 3Dabei geht es nicht nur um den eigenen Verzehr. 4Der Klarheit willen ist jede Abgabe untersagt, also auch wenn vorgeblich oder tatsächlich für Erwachsene der Alkohol besorgt werden soll. 5Die genannten Altersgrenzen gelten auch hinsichtlich der Gestattung des Verzehrs alkoholischer Getränke in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit (§ 9 Abs. 1). 6Daher dürfen Erwachsene nicht gestatten, dass in ihrem Verantwortungsbereich entgegen der Vorschriften des Jugendschutzgesetzes alkoholische Getränke von Minderjährigen konsumiert werden; bei Gewerbetreibenden reicht sogar Fahrlässigkeit aus. 7Andernfalls kann eine Ordnungswidrigkeit vorliegen (§ 28 Abs. 1 Nr. 10 und Abs. 4). 8Daher sollten schon aus eigenem Interesse Vorkehrungen getroffen werden, um sicherzustellen, dass tatsächlich auch kein Verzehr alkoholischer Getränke durch Kinder und Jugendliche der jeweiligen Altersstufen erfolgt. 9Als geeignete Maßnahme bietet sich eine entsprechende Aufsicht an. 10Zum Nachweis des Lebensalters siehe § 2 Abs. 2.

9.5 Jugendliche in Begleitung von Sorgeberechtigten

1Sind Personensorgeberechtigte (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3) anwesend, dürfen Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren Bier, Wein sowie Sekt (Nr. 9.1) konsumieren. 2Die Anwesenheit von erziehungsbeauftragten Personen reicht für die Ausnahme des § 9 Abs. 2 nicht aus. 3Kindern darf selbst in Begleitung ihrer Eltern der Verzehr von alkoholischen Getränken jeglicher Art nicht gestattet werden.

9.6 Automatenvertrieb

9.6.1 

1Das Vertriebsverbot für andere alkoholische Getränke und Lebensmittel nach § 20 Nr. 1 GastG, die solche Getränke in nicht nur geringfügiger Menge enthalten, gilt uneingeschränkt, sofern der Automat öffentlich zugänglich ist. 2Nicht erfasst werden dagegen Automaten auf einem Betriebsgelände, zu dem nur Betriebsangehörige Zutritt haben. 3Hier greift jedoch das Abgabeverbot gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 JArbSchG.

9.6.2 

1Für Bier, Wein und Sekt gilt kein Abgabeverbot, wenn der Automat an einem für Kinder und Jugendliche unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder bei Aufstellung in einem gewerblich genutzten Raum, wenn durch technische Sicherung oder ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche keine alkoholischen Getränke entnehmen können. 2Gewerblich genutzt ist ein Raum, wenn es sich um ein Angebot an eine Vielzahl von Menschen handelt, zum Beispiel Automaten in Krankenhäusern oder öffentlichen Verkehrsmitteln (Fernbussen).

9.6.3 

1Das Entnahmeverbot kann durch ständige Aufsicht sichergestellt werden. 2Dies bedeutet zum einen den Überblick über die einzelnen Entnahmevorgänge, zum anderen muss die Aufsichtsperson sowohl räumlich als auch tatsächlich, das heißt, ohne Verletzung sonstiger Pflichten in der Lage sein, die Entnahme durch Minderjährige zu verhindern.

9.6.4 

Zu den technischen Vorrichtungen nach Abs. 3 Nr. 2 können auch Chipkarten-Lesegeräte gehören, wenn sichergestellt ist, dass die Automaten nur von Erwachsenen bedient werden können.

9.7 Versandhandel

Zum Versandhandel von Alkohol siehe die Rechtsauffassung und die Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel in der Anlage 1.

9.8 Alkoholkonsum im öffentlichen Raum

Nach Art. 30 LStVG können Gemeinden durch Verordnung auf bestimmten öffentlichen Flächen den Verzehr von alkoholischen Getränken einschränken.

10. Rauchen in der Öffentlichkeit, Tabakwaren, nikotinhaltige Erzeugnisse, E-Zigaretten (zu § 10)

10.1 Rauchen und Tabakwaren

1Tabakwaren sind alle aus der Tabakpflanze gewonnenen Genussmittel, auch wenn sie nicht zum Rauchen bestimmt sind. 2Dazu gehören auch Kau- und Schnupftabak sowie Tabak-Sticks zum Erhitzen. 3Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit kann feststellen, ob Shisha-Mischungen Tabak enthalten. 4Bei den Tabakwaren bzw. beim Rauchen gibt es kein Elternprivileg wie beim Alkohol (vgl. § 9 Abs. 2). 5Das Rauchverbot für Minderjährige gilt auch in Schulen, Einrichtungen der Jugendarbeit und Krankenhäusern, auch in dortigen „Raucherzimmern“, soweit diese öffentlich zugänglich sind. 6Die Verkaufsstellen von Tabakwaren müssen durch einen deutlich sichtbaren und gut lesbaren Aushang auf das Abgabeverbot hinweisen, § 3 Abs. 1. 7Auch für Jugendveranstaltungen gilt, dass auf das Rauchverbot hinzuweisen ist. 8Weitere Beschränkungen des Tabakkonsums werden durch das Gesundheitsschutzgesetz (GSG) bestimmt.

10.2 Nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse

1Zu anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen und deren Behältnissen zählen zum Beispiel elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) sowie E-Shishas, mithilfe derer nikotinhaltige Dämpfe konsumiert werden. 2E-Zigaretten gibt es als Einweg- und Nachfüllprodukte. 3Sowohl die E-Zigaretten selbst als auch nikotinhaltige Nachfüllbehälter für die Flüssigkeit (Liquid) werden vom Verbot umfasst. 4Aber auch nikotinhaltige Kaugummis und Lutschtabletten sind vom Verbot umfasst, sofern keine ärztliche Verordnung vorliegt.

10.3 Nikotinfreie E-Zigaretten

1Das Verbot gilt auch für nikotinfreie Erzeugnisse, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Nebel (Aerosol) mit dem Mund eingeatmet werden (nikotinfreie E-Zigaretten). 2Wasserpfeifen, in denen getrocknete Kräuter, Früchte oder Shiazosteine konsumiert werden, fallen nicht unter dieses Verbot, sofern kein elektronisches Heizelement zum Einsatz kommt.

10.4 Automatenvertrieb

1Es ist grundsätzlich verboten, Tabakwaren in der Öffentlichkeit in Automaten anzubieten, § 10 Abs. 2. 2Dies ist nur dann ausnahmsweise erlaubt, wenn der Automat an einem für Kinder und Jugendliche unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder durch technische Vorrichtungen oder durch ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Minderjährige Tabakwaren nicht entnehmen können (vgl. hierzu die Ausführungen zu Nr. 9).

10.5 Versandhandel

Die Rechtsauffassung und die Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel finden sich in der Anlage 1.