Inhalt

Text gilt ab: 01.11.2007

2. Aufgaben der Polizei bei der Verfolgung von Verkehrsverstößen

2.1 Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten mit und ohne Unfallfolge

Bei der Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten ohne Unfallfolge ist wie nachfolgend beschrieben, bei Aufnahme von Straßenverkehrsunfällen und der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Unfallfolge ist nach der Bekanntmachung vom 30. April 1997 (AllMBl S. 355), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 12. November 2001 (AllMBl S. 676), zu verfahren.

2.2 Erteilung von Verwarnungen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten (Verwarnungsverfahren)

2.2.1 Allgemeines

Die Verwarnung ist ein wichtiges Mittel zur Verkehrserziehung. Sie dient dazu, den Verkehrsteilnehmer an die Beachtung der Verkehrsvorschriften zu erinnern, ihm durch ihn begangene geringfügige Verkehrsverstöße vorzuhalten und diese in einem vereinfachten Verfahren zu ahnden. Von ihr ist nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch zu machen. Auch soll hierdurch die Akzeptanz der Verkehrsvorschriften für die Zukunft erhöht werden.
Die Verwarnung ist ein Angebot an den Verkehrsteilnehmer, eine geringfügige Maßnahme mit präventivem Charakter zu akzeptieren, um ein förmliches Bußgeldverfahren zu vermeiden. Eine Verwarnung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn der Betroffene einverstanden ist. Andernfalls ist ein förmliches Bußgeldverfahren einzuleiten, das dem Betroffenen eine gerichtliche Prüfung des Sachverhalts ermöglicht.

2.2.2 Zuständigkeit

Verwarnungen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten können gemäß §§ 56, 57 OWiG erteilen:
die nach § 36 OWiG, § 26 Abs. 1 StVG in Verbindung mit §§ 2 und 4 ZuVOWiG zuständigen Verwaltungsbehörden;
die hierzu ermächtigten, im Außendienst tätigen Bediensteten dieser Behörden;
die hierzu ermächtigten Beamten und Angestellten der Polizei.
Zur Erteilung von Verwarnungen mit Verwarnungsgeld sind ermächtigt:
a)
die Polizeivollzugsbeamten der Bayerischen Landespolizei;
b)
die Mitarbeiter des Bayerischen Polizeiverwaltungsamtes im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens;
c)
die Polizeivollzugsbeamten der Bayerischen Bereitschaftspolizei, die während der Ausbildung zu Dienststellen des polizeilichen Einzeldienstes abgeordnet oder nach Ablegung der Anstellungsprüfung für den mittleren oder gehobenen Polizeivollzugsdienst zur Unterstützung des polizeilichen Einzeldienstes eingesetzt sind;
d)
die Angestellten nach Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Organisation der Bayerischen Staatlichen Polizei (POG) bei Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts;
e)
die Beauftragten der ermächtigten Gemeinden bei Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts, die im ruhenden Verkehr, bei Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit oder sonstiger Verstöße, die den Gemeinden zur Verfolgung übertragen sind, festgestellt werden.

2.2.3 Zulässigkeit der Verwarnung

a)
Eine Verwarnung darf nur bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten erteilt werden. Ob eine Ordnungswidrigkeit als geringfügig im Sinn von § 56 Abs. 1 OWiG angesehen werden kann, richtet sich nach der Bedeutung des Verstoßes und nach dem Vorwurf, der den Täter trifft. In der Regel ist eine Verkehrsordnungswidrigkeit dann als geringfügig anzusehen, wenn im bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog für die Zuwiderhandlung als Ahndungssatz ein Betrag unter 40 € ausgebracht ist.
b)
Eine Verwarnung darf in der Regel nicht erteilt werden
aa)
bei grob verkehrswidrigem oder rücksichtslosem Verhalten von Verkehrsteilnehmern;
bb)
bei Zuwiderhandlungen, für die im Tatbestandskatalog als Ahndungssatz ein Betrag von 40 € oder mehr ausgebracht ist.
In den unter Buchst. bb genannten Fällen kommt eine Verwarnung jedoch ausnahmsweise in Betracht, wenn wegen ganz besonderer Umstände des Einzelfalles (z.B. wenn – für den Täter ersichtlich – eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war) eine Verwarnung ausreichend ist.
c)
Eine Verwarnung ist unzulässig bei Kindern gemäß § 12 Abs. 1 OWiG und Personen, die nach §§ 18 und 19 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen.
Sie ist zulässig bei
Jugendlichen (§ 1 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes [JGG]), wenn sie nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sind, das Unrecht ihres Verhaltens einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, d.h. wenn sie vorwerfbar gehandelt haben (§ 12 Abs. 1 OWiG, § 3 JGG). Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten Jugendlicher kann davon ausgegangen werden, dass diese Voraussetzungen vorliegen, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen. Trotz vorwerfbaren Handelns ist von einer Verwarnung mit Verwarnungsgeld abzusehen, wenn die Tat ihre Ursache allein in der Unkenntnis, Unerfahrenheit oder Unbekümmertheit des Jugendlichen hat und anzunehmen ist, dass eine Ermahnung oder Verwarnung ohne Verwarnungsgeld ausreicht;
Heranwachsenden (§ 1 Abs. 2 JGG);
Ausländern
Sind diese mit den deutschen Verhältnissen nicht ausreichend vertraut, ist großzügig zu verfahren;
Mitgliedern der Stationierungskräfte, des zivilen Gefolges und deren Angehörigen;
Mitgliedern des Bundestags und des Landtags.
d)
Besteht kein öffentliches Interesse an einer Ahndung, weil die Bedeutung des Verstoßes und der den Täter treffende Vorwurf nach den Umständen des Einzelfalles besonders gering sind (unbedeutende Ordnungswidrigkeit), ist kein Verwarnungsgeld zu erheben, sondern von der Möglichkeit einer Belehrung, eines Hinweises oder einer Verwarnung ohne Verwarnungsgeld (mündliche Verwarnung) Gebrauch zu machen.
e)
Liegen bei mehreren Tatbeteiligten die Voraussetzungen für eine Verwarnung mit Verwarnungsgeld vor, kann ein Beteiligter, der mit einer Verwarnung einverstanden ist, auch dann verwarnt werden, wenn die übrigen Beteiligten eine Verwarnung ablehnen oder die Zahlung verweigern.
f)
Werden durch ein und dieselbe Handlung mehrere geringfügige Ordnungswidrigkeiten begangen (Tateinheit), für die jeweils eine Verwarnung mit Verwarnungsgeld in Betracht kommt, wird nur ein Verwarnungsgeld, und zwar das höchste der in Betracht kommenden, erhoben. Es ist jedoch zu prüfen, ob die Handlung trotz Verletzung mehrerer Vorschriften insgesamt noch geringfügig ist.
g)
Hat der Betroffene durch mehrere Handlungen verschiedene geringfügige Ordnungswidrigkeiten begangen oder gegen dieselbe Vorschrift mehrfach verstoßen, sind wegen der einzelnen Verstöße je gesonderte Verwarnungen zu erteilen (Tatmehrheit).
h)
Die ermächtigten Beamten und Angestellten der Polizei dürfen eine Verwarnung erteilen, wenn sie die Ordnungswidrigkeit entdecken oder im ersten Zugriff verfolgen und sich durch ihre Dienstkleidung oder in anderer Weise (z.B. durch den Dienstausweis) ausweisen. Die im Außendienst tätigen Bediensteten der Verwaltungsbehörden haben sich auszuweisen.
Die zuständigen Verwaltungsbehörden dürfen eine Verwarnung erteilen, solange das Verfahren bei ihnen anhängig ist.

2.2.4 Höhe des Verwarnungsgeldes

a)
Das Verwarnungsgeld wird in Höhe von 5, 10, 15, 20, 25, 30 und 35 € erhoben.
Maßgebend sind die im bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog ausgebrachten Beträge unter 40 €. Sie sind Regelsätze, die von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen ausgehen. Bei vorsätzlichem Handeln ist das Verwarnungsgeld in der Regel zu verdoppeln, wenn sich aus den Umständen des Falles ergibt, dass der Betroffene besonders verantwortungslos gehandelt hat; Nr. 2.2.3 Buchst. b bleibt unberührt. Ergibt sich dadurch im Einzelfall ein Betrag von 40 € oder mehr, ist ein Bußgeldverfahren einzuleiten.
In der Regel wird bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten von gewöhnlichen Tatumständen auszugehen sein. Sie können dann nicht mehr angenommen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände (solche können die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit oder auf den Verkehrsablauf, aber auch das Verschulden des Betroffenen sein) die Zuwiderhandlung im Einzelfall die Wertigkeit der Masse gleichartiger Verstöße erkennbar über- bzw. unterschreitet (atypischer Fall). Eine Folge des Verstoßes (z.B. konkrete Behinderung bei verbotswidrigem Parken) ist für sich allein noch kein Anlass, nicht mehr gewöhnliche Tatumstände anzunehmen.
b)
Ist im Tatbestandskatalog ein Verwarnungsgeld von mehr als 20 € vorgesehen, kann es bei offenkundig außergewöhnlich schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen bis auf 20 € ermäßigt werden. Im Übrigen bleiben die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen unberücksichtigt.
c)
Bei Fußgängern soll das Verwarnungsgeld in der Regel 5 €, bei Radfahrern 10 € nicht überschreiten, sofern der Tatbestandskatalog nichts anderes bestimmt. Die für vorsätzliches Handeln getroffene Regelung (Nr. 2.2.4 Buchst. a) bleibt unberührt.
d)
Bei Zuwiderhandlungen, die im bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog nicht enthalten sind, richtet sich die Höhe des Verwarnungsgeldes nach der Bedeutung des Verstoßes und dem Vorwurf, der den Täter trifft.
e)
Wird wegen eines Verkehrsunfalls eine Verwarnung erteilt, richtet sich die Höhe des Verwarnungsgeldes allein nach der dem Unfall zugrunde liegenden Ordnungswidrigkeit.

2.2.5 Wirksamkeit der Verwarnung

a)
Die Verwarnung wird wirksam, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Verweigerungsrecht mit ihr einverstanden ist und das Verwarnungsgeld entsprechend den Bestimmungen der Verwaltungsbehörde entweder
aa)
sofort bezahlt oder
bb)
bar innerhalb der ihm eingeräumten Frist bei einer Polizeidienststelle einbezahlt,
cc)
innerhalb der ihm eingeräumten Frist bei der in der Zahlungsaufforderung bestimmten Stelle auf das in der Zahlungsaufforderung bestimmte Konto einzahlt oder
dd)
so rechtzeitig auf andere Weise überweisen lässt, dass der Betrag fristgerecht auf dem in der Zahlungsaufforderung bestimmten Konto eingeht.
Bei verspäteter Zahlung ist die Verwarnung wirksam, wenn das Verwarnungsgeld von der Verwaltungsbehörde angenommen wird.
Spätestens ab Erlass eines Bußgeldbescheides ist die Annahme der Verwarnung unwirksam (siehe Nr. 2.2.8).
Fehlen bei unbarer Zahlung die Angaben zur ordnungsgemäßen Zuordnung und Verbuchung des Betrages, ist die Zahlung nicht entsprechend den Bestimmungen der Verwaltungsbehörde geleistet mit der Folge, dass die Verwarnung nicht wirksam wird.
b)
Nach wirksamer Verwarnung kann die Tat nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden, unter denen die Verwarnung erteilt worden ist (§ 56 Abs. 4 OWiG). Die Verwarnung kann auf einen bestimmten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt beschränkt werden. In solchen Fällen kann die Tat in den Handlungsteilen, die von der Beschränkung nicht erfasst sind, weiter verfolgt werden.
Das Verfolgungshindernis wirkt nur gegenüber dem Betroffenen, der die Verwarnung mit Verwarnungsgeld angenommen hat, nicht aber zugunsten eines anderen Täters.

2.2.6 Verwarnungsverfahren

2.2.6.1 Persönliche Verwarnung

Es ist nach Möglichkeit persönlich zu verwarnen. Dazu sind auch Verkehrsteilnehmer, die eine Ordnungswidrigkeit im fließenden Verkehr begangen haben, anzuhalten, wenn das ohne Störung des Verkehrs möglich ist.
Wird die Verwarnung persönlich erteilt und zahlt der Betroffene das Verwarnungsgeld an Ort und Stelle, ist ihm über die Verwarnung, die Höhe des Verwarnungsgeldes und die Zahlung eine Verwarnungsbescheinigung auszuhändigen. Die Polizei verwendet dafür Vordrucke nach Anlage 1a und 1b.
Ist der Betroffene mit der Verwarnung einverstanden, entrichtet das Verwarnungsgeld aber nicht an Ort und Stelle, ist ihm eine Zahlungsaufforderung auszuhändigen. Dazu dient bei der Polizei der Vordruck nach Anlage 2.
Zahlt der Verwarnte rechtzeitig in bar, ist ihm eine ausgefüllte Verwarnungsbescheinigung (Anlage 1a oder 1b) zu übergeben.
Unterbleibt die Zahlung, ist zur Durchführung des Bußgeldverfahrens eine schriftliche Anhörung nicht mehr notwendig.
Macht ein Betroffener glaubhaft, dass er die Zahlungsfrist unverschuldet versäumt hat und zahlt er gleichzeitig das Verwarnungsgeld ein, kann die Zahlung angenommen und die Verwarnung als wirksam angesehen werden. Wurde jedoch bereits Anzeige wegen der Ordnungswidrigkeit erstattet, ist der Betroffene darauf hinzuweisen, dass die Verwarnung nur wirksam werden kann, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung noch kein Bußgeldbescheid erlassen war. Die Zentrale Bußgeldstelle ist in diesem Fall unverzüglich unter Angabe des Tages, an dem die Einzahlung entgegengenommen wurde, zu unterrichten.
War zum Zeitpunkt der Entgegennahme des Verwarnungsgeldes bereits ein Bußgeldbescheid erlassen, konnte die Verwarnung nicht mehr wirksam werden. Das verspätet bezahlte Verwarnungsgeld muss in solchen Fällen in der Regel zurückgezahlt werden. Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt kann dem Betroffenen jedoch auch die Anrechnung auf den im Bußgeldverfahren festgesetzten Gesamtbetrag anbieten.

2.2.6.2 Schriftliche Verwarnung

a)
Kann der Betroffene bei einer Ordnungswidrigkeit, die im fließenden Verkehr begangen worden ist, nicht angehalten werden oder wird eine Ordnungswidrigkeit durch Anzeige Dritter bekannt, kann der Betroffene schriftlich verwarnt werden. Dafür sind Vordrucke nach Anlage 3a zu verwenden.
b)
Wird bei einer Ordnungswidrigkeit, die im ruhenden Straßenverkehr begangen worden ist, der Betroffene nicht an Ort und Stelle angetroffen, ist eine Verwarnung mit Zahlungsaufforderung nach Anlage 2 auszustellen. Das ausgefertigte Formblatt ist am Kraftfahrzeug anzubringen. Gegebenenfalls ist auch ein Versand an die Halteradresse möglich. Hierzu ist ein Vordruck nach Anlage 3a zu verwenden.
Geht das Verwarnungsgeld innerhalb von zwei Wochen nicht ein, ist der Betroffene nach Nr. 2.2.6.2 Buchst. a erneut schriftlich zu verwarnen. Im Falle des postalischen Versands erfolgt keine zweite Verwarnung.
Zahlt der Betroffene das Verwarnungsgeld bei der Polizeidienststelle in bar ein, ist nach Nr. 2.2.6.1 zu verfahren.
c)
Eine schriftliche Verwarnung (Vordruck nach Anlage 3a) ist auch dann zu erteilen, wenn sich erst aufgrund von Ermittlungen ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Verwarnung vorliegen. Sie kann auch erteilt werden, wenn bereits eine Anzeige vorgelegt wurde und eine Geldbuße nicht angemessen erscheint. Bei der Polizei ist zu dieser Entscheidung der Vorgesetzte der die Anzeige erstattenden Dienstkraft befugt.
d)
Betrifft die Verwarnung einen Halt- oder Parkverstoß und kann der Führer des Kraftfahrzeuges, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern (§ 25a StVG), ist das Verfahren einzustellen und nach den für die Durchführung des Kostenverfahrens nach § 25a StVG geltenden Richtlinien zu verfahren. Ansonsten gilt für die Einstellung des schriftlichen Verwarnungsverfahrens Nr. 2.3.7.

2.2.7 Zeugenfragebogen

Handelt es sich bei dem eingetragenen Fahrzeughalter um eine juristische Person oder sind Fahrzeughalter und -führer offensichtlich nicht die gleiche Person, geht an den Fahrzeughalter ein Zeugenfragebogen (siehe auch Nr. 2.3.1.2).

2.2.8 Verfahren bei nicht wirksamer Verwarnung

Wird eine Verwarnung nicht wirksam, weil der Betroffene mit ihr nicht einverstanden ist oder das Verwarnungsgeld nicht fristgerecht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß bezahlt, ist nach Nr. 2.3.1 zu verfahren.
Von der Unwirksamkeit einer Verwarnung kann in der Regel ausgegangen werden, wenn innerhalb von drei Wochen nach Erteilung der Verwarnung oder Absendung der schriftlichen Verwarnung das Verwarnungsgeld nicht bezahlt wird.
Geht das Verwarnungsgeld erst nach Abgabe der Anzeige an die Zentrale Bußgeldstelle ein, ist der Betrag an den Betroffenen zurückzuzahlen. Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt kann dem Betroffenen die Anrechnung des bereits bezahlten Betrages auf den Gesamtbetrag des Bußgeldbescheides anbieten. Eine Rückzahlung erfolgt, wenn das Verwarnungsgeld erst nach Zustellung des Kostenbescheides nach § 25 a StVG eingeht.

2.2.9 Beschaffung und Verwaltung der Vordrucke bei der Polizei

2.2.9.1 Beschaffung

Die Vordrucke nach Anlage 1a, 1b, 2 werden von den Polizeipräsidien bzw. von den Kommunen beschafft. Hinsichtlich der Vordrucke nach Anlage 2 hat die Beschaffung durch die Polizei in Abstimmung mit dem Bayerischen Polizeiverwaltungsamt zu erfolgen.
Die Verwarnungsblöcke enthalten 25 Vordrucke nach Anlage 1a und 1b dieser Bekanntmachung. Sie und die Blöcke selbst müssen fortlaufend nummeriert sein.
Änderungen der Vordrucke sind – von dienststellenbezogenen Angaben abgesehen – nur mit Zustimmung des Staatsministeriums des Innern zulässig.

2.2.9.2 Verwaltung der Verwarnungsblöcke

Die Polizeipräsidien verteilen die Verwarnungsblöcke an die nachgeordneten Dienststellen, die sie in erforderlichem Umfang an die für die Erteilung von Verwarnungen mit Verwarnungsgeld ermächtigten Beamten und Angestellten ausgeben. Die Verwarnungsblöcke sind wie Quittungsblöcke im Sinne der VV Nrn. 39.7 bis 39.10 zu Art. 70 Bayerische Haushaltsordnung (BayHO) zu behandeln und in einem besonderen Abschnitt des Quittungsbestandsbuchs (VV Nr. 17.2 zu Art. 71 BayHO) nachzuweisen.

2.2.9.3 Rückgabe der Verwarnungsblöcke

Aufgebrauchte Verwarnungsblöcke sind an die Dienststelle zurückzugeben. Dabei sind unbrauchbar gewordene Verwarnungsbescheinigungen mit abzuliefern.

2.2.10 Abrechnung der Verwarnungsgelder und Behandlung von Zahlungen bei der Polizei

Die zur Erteilung von Verwarnungen mit Verwarnungsgeld befugten Polizeibeamten und Angestellten werden ermächtigt, bar gezahlte Verwarnungsgelder gegen Verwarnungsbescheinigungen nach Anlage 1a und 1b dieser Bekanntmachung entgegenzunehmen (VV Nr. 36.5 zu Art. 70 BayHO).
Sie liefern die eingenommenen Verwarnungsgelder nach Verbrauch eines Verwarnungsblockes mit diesem, sonst monatlich bei ihrer Dienststelle ab. Dies gilt entsprechend für im Vorhinein bekannte längere Abwesenheiten von der Dienststelle.

2.3 Anzeigenverfahren

Die Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten erfolgt in der Regel im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung. Eine Anweisung hinsichtlich der Beachtung wichtiger Punkte bei der Erstellung von Anzeigen ist dieser Bekanntmachung beigefügt (Anlage 5); im Übrigen sind die Handbücher der EDV-Verfahren und die Richtlinien der Zentralen Bußgeldstelle zu beachten.
Die Gestaltung der Bußgeldbescheide und deren Urschrift sowie einzelner Erfassungsbelege erfolgt in Abstimmung mit dem Staatsministerium des Innern.

2.3.1 Feststellung und Anhörung des Betroffenen

2.3.1.1 Tatortanzeigen

Dem Betroffenen ist grundsätzlich an Ort und Stelle Gelegenheit zu geben, sich zu der Beschuldigung zu äußern (Anhörung). Es dient der Verkehrserziehung, wenn er sofort angehalten und auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht wird. Vor der Anhörung ist er darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Hingegen braucht er nicht darauf hingewiesen zu werden, dass er auch schon vor seiner Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen kann (§ 55 OWiG).
Das Ergebnis der Anhörung ist auf dem Anhörbogen oder sonst in geeigneter Weise festzuhalten. Eine kurze Äußerung ist möglichst wortgetreu aufzuschreiben. Längere Ausführungen können zusammengefasst werden, müssen aber den wesentlichen Inhalt der Erklärung richtig wiedergeben.
Verweigert der Betroffene eine Äußerung, ist auch das zu vermerken. Zur Angabe seiner Personalien ist er jedoch im Rahmen des § 111 OWiG verpflichtet. Möchte sich der Betroffene schriftlich äußern, ist ihm hierzu Gelegenheit zu geben. Auch in diesem Fall ist er nach § 55 OWiG zu belehren. Nach Möglichkeit soll ihm ein Anhörbogen mitgegeben werden mit der Aufforderung, ihn ausgefüllt innerhalb einer Woche der angegebenen Polizeidienststelle zuzuleiten. Geht eine schriftliche Äußerung innerhalb der gesetzten Frist nicht ein, ist das zu vermerken. Das Anhörungsverfahren gilt dann als abgeschlossen.

2.3.1.2 Kennzeichenanzeigen

a)
Ein Betroffener, den die Polizei nicht am Tatort antrifft und dessen Personalien nicht bekannt sind, ist aufgrund des amtlichen Kennzeichens bzw. des Versicherungskennzeichens zu ermitteln. Das Polizeiverwaltungsamt sendet den auf der Vorderseite ausgefüllten Anhörbogen (Anlage 3b) dem Halter zur schriftlichen Äußerung zu und vermerkt das Datum der Versendung auf der Anzeige bzw. in der Akte/EDV-System. Wird der Anhörbogen nicht innerhalb einer angemessenen Frist (in der Regel zwei Wochen) zurückgesandt, sind die auf dem Anhörbogen verlangten Angaben zur Person des Halters – soweit noch erforderlich – über die zuständige Polizeidienststelle oder in anderer Weise zu ermitteln. Anschließend ist in der Regel ohne weitere Anhörung Anzeige gegen den Halter zu erstatten, wenn es sich um eine natürliche Person handelt, es sei denn, Halter und Betroffener sind offenkundig nicht identisch. Im Einzelfall – vor allem bei schwereren Verstößen – kann es jedoch geboten sein, den Halter zu vernehmen. Handelt es sich bei dem Halter um eine juristische Person oder sind Fahrzeughalter und Fahrzeugführer offensichtlich unterschiedliche Personen, wird anstelle des Anhörbogens ein Zeugenfragebogen (Anlage 4b) versandt.
b)
Sendet der Halter den Anhörbogen mit dem Vermerk zurück, dass nicht er selbst, sondern ein anderer als Fahrer in Betracht komme, ohne dass dieser erkennbar Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat, ist dem Fahrer ein Anhörbogen zur schriftlichen Äußerung (Anlage 3b) zuzusenden.
c)
Ergeht keine oder eine unzureichende Halterantwort, sollen weitere Ermittlungen erfolgen.
d)
Wird der Anhörbogen nur unvollständig ausgefüllt, sind weitere Ermittlungen zur Person des Betroffenen erforderlich.

2.3.1.3 Anzeigen durch Dritte

Anzeigen durch Dritte sind wie Anzeigen von Polizeibeamten zu behandeln. Nr. 2.3.4 – Vernehmung von Zeugen – ist zu berücksichtigen.

2.3.2 Unterbrechung der Verfolgungsverjährung durch die Anhörung des Betroffenen

Durch die erste Vernehmung des Betroffenen wird die Verjährung unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Wurde ein Betroffener bereits an Ort und Stelle zu der Beschuldigung angehört und wird ihm später gleichwohl noch ein Anhörbogen übersandt, unterbricht das die Verjährung nicht mehr.
Die Verjährung wird auch durch die Bekanntgabe an den Betroffenen, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG).
Weiterhin unterbricht die Verjährung auch die Anordnung zu einer dieser Maßnahmen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG).
Eine Bekanntgabe in diesem Sinn ist auch die Übersendung des Anhörbogens zur ersten schriftlichen Äußerung (Anlage 3b). Wird der Anhörbogen an den Halter versandt, wird die Verjährung nur dann unterbrochen, wenn der Halter zugleich der Betroffene ist.
Die Unterbrechung der Verjährung tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem der Anhörbogen versandt wird. Auf der Anzeige oder in der Akte ist der Zeitpunkt der Versendung zu vermerken.
Liegt zwischen der Anordnung der Anhörung und dem Versand des Anhörbogens ein Tagesunterschied, gilt das Datum der Anordnung als Verjährungsunterbrechung.
Eine Versendung des Zeugenfragebogens unterbricht die Verjährung nicht.

2.3.3 Verfahren in besonderen Fällen

2.3.3.1 Verkehrsordnungswidrigkeiten Minderjähriger

Ein Kind kann nicht ordnungswidrig handeln (§ 12 Abs. 1 OWiG).
Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten Jugendlicher (§ 1 Abs. 2 JGG) ist in der Regel Anzeige zu erstatten, wenn der Jugendliche zurzeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug erscheint, das Unrecht seines Verhaltens einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§ 12 Abs. 1 OWiG, § 3 JGG). Die Voraussetzungen für eine Anzeige werden immer dann vorliegen, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen.
Bei allen Verfolgungen von Verkehrsverstößen Jugendlicher ist die Anschrift des gesetzlichen Vertreters anzugeben.

2.3.3.2 Anzeigen bei Heranwachsenden

Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten Heranwachsender (§ 1 Abs. 2 JGG) ist wie bei Erwachsenen zu verfahren.

2.3.3.3 Anzeigen bei Exterritorialen und Abgeordneten

Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten von Personen, die nach §§ 18 und 19 GVG der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen sind, ist von einer Verfolgung abzusehen. Auf die Bekanntmachung vom 6. Dezember 1993 (AllMBl 1994 S. 29) wird hingewiesen.
Die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten der Mitglieder des Bundestages und des Landtages unterliegt keiner Einschränkung.

2.3.3.4 Anzeigen gegen Angehörige ausländischer Berufskonsulate

Eine Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten von Mitgliedern konsularischer Vertretungen ist nicht zulässig, wenn sie diese in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben vorgenommen haben. Anlage 5 dieser Bekanntmachung ist zu beachten.

2.3.3.5 Anzeigen gegen Mitglieder der Stationierungsstreitkräfte

Verkehrsordnungswidrigkeiten von Mitgliedern der Stationierungsstreitkräfte, des zivilen Gefolges und deren Angehörigen können grundsätzlich verfolgt und geahndet werden.
Bei einem Verstoß gegen Verhaltensvorschriften können Führer von Dienst- und Privatfahrzeugen zur Anzeige gebracht werden.
Ist der Führer jedoch ein Mitglied der Truppe, ist diese Anzeige als Mitteilung an die zuständige Militärbehörde zu senden.
Sonstige Führer von Dienst- und Privatfahrzeugen unterliegen der deutschen Gerichtsbarkeit, die Verfolgung und Ahndung obliegt dem Polizeiverwaltungsamt.
Bei Verstößen gegen Vorschriften über Zustand, Ladung und Besetzung von Kraftfahrzeugen durch Mitglieder der Truppe ist sowohl bei Dienst-, als auch bei Privatfahrzeugen eine Mitteilung an die zuständige Militärbehörde zu richten.
Bei Verstößen dieser Art durch Mitglieder des zivilen Gefolges und Angehörigen von Mitgliedern der Truppe sowie Angehörigen des zivilen Gefolges ist Verkehrsordnungswidrigkeiten-Anzeige zu erstatten und der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt zuzuleiten.
Liegen Verhaltens- und Ausrüstungsverstöße in Tateinheit vor, ist neben der Mitteilung zusätzlich eine Ahndung der Verstöße, wie beschrieben, möglich.
Die Möglichkeit, in diesen Fällen Verwarnungen zu erteilen, bleibt unberührt.
Wird Ordnungswidrigkeiten-Anzeige erstattet, sind die besonderen Verfahrensvorschriften nach Anlage 5 zu beachten.

2.3.3.6 Anzeigen gegen Personen ohne festen Wohnsitz oder ohne ständigen Aufenthalt

Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten von Personen, die im Geltungsbereich der Strafprozessordnung keinen festen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, ist weitgehend von der Verwarnung nach §§ 56, 57 OWiG Gebrauch zu machen.
Erscheint eine Verwarnung wegen der Bedeutung der Tat oder der Schuld des Täters nicht möglich, ist nach § 132 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG zu verfahren und anzuordnen, dass der Betroffene eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldbuße und die Kosten des Verfahrens leistet und einen Zustellungsbevollmächtigten benennt. Die Höhe der Sicherheitsleistung ist unter Berücksichtigung der im bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog festgelegten Ahndungssätze und der voraussichtlich anfallenden Kosten zu bemessen. Im Übrigen gelten die Regelungen über die Erhebung und Behandlung von Sicherheitsleistungen in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren (SiL-Pol) in der jeweils geltenden Fassung (vgl. derzeit IMS vom 21. März 2002, geändert durch IMS vom 21. März 2005, jeweils Az.: IZ6-0742.11-1).

2.3.4 Vernehmung von Zeugen

Stellt ein Polizeibeamter eine Verkehrsordnungswidrigkeit fest, wird in aller Regel sein Zeugnis genügen.
Soweit sich bei Anzeigen durch Dritte die Aussage aus der Verkehrsordnungswidrigkeiten-Anzeige ergibt, entfällt das Erfordernis einer gesonderten Vernehmung. In diesen Fällen ist lediglich eine Niederschrift zur Person des Zeugen geboten.
Sind ausnahmsweise Zeugen zu vernehmen, soll das grundsätzlich schriftlich geschehen, es sei denn, dass der Zeuge ohne Schwierigkeit an Ort und Stelle mündlich vernommen werden kann. Der Vernehmungsbogen (Anlage 4a bzw. 4b: Formblatt zur Zeugenanhörung) ist dem Zeugen mit einem Freiumschlag zuzusenden.
Führt die schriftliche Vernehmung nicht zum Erfolg, sind die Zeugen vorzuladen (§§ 161a, 51 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG).

2.3.5 Anfrage beim Kraftfahrt-Bundesamt

Die Auskunft aus dem Verkehrszentralregister ist, soweit nicht automatisiert geschehen, durch die endsachbearbeitende Dienststelle einzuholen, wenn im Tatbestandskatalog für den infrage stehenden Tatbestand ein Ahndungssatz von 40 € oder mehr ausgebracht ist.

2.3.6 Abgabe der Anzeige an die Zentrale Bußgeldstelle

2.3.6.1 Bußgeldvorschlag

Erscheint nach Abschluss der Ermittlungen unter Berücksichtigung der Äußerung des Betroffenen und der etwaigen Zeugenaussagen ein Bußgeldbescheid gerechtfertigt, ist die Anzeige an die Zentrale Bußgeldstelle abzugeben. Von den Regelsätzen darf im Vorschlag nur dann abgewichen werden, wenn außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles das erfordern. Das Abweichen ist besonders zu begründen.
Kommt ein Fahrverbot nur für bestimmte Fahrzeuge in Betracht, ist im Feld Hinweise anzugeben, welche Fahrzeugarten (z.B. landwirtschaftliche Fahrzeuge) davon ausgenommen sein sollen.
In der Anzeige ist bei Beteiligung eines Verteidigers o. Ä. die Angabe erforderlich, dass dieser bevollmächtigt ist. Die Vertretungsvollmacht verbleibt grundsätzlich bei den Akten.
Bei Sicherheitsleistungen sind die Höhe der Sicherheitsleistung sowie der Zustellungsbevollmächtigte und die Zahlstelle (Staatsoberkasse, Justizkasse etc.) anzugeben. Etwaige Kostenvormerkungen werden entsprechend den Vorgaben der Zentralen Bußgeldstelle mitgeteilt. Die Auskunft aus dem Verkehrszentralregister wird zentral an die Zentrale Bußgeldstelle gesteuert.

2.3.6.2 Aufbewahrungsfristen

Betrifft die Anzeige eine Verkehrsunfallsache oder wird von der Dienststelle ein Fahrverbot vorgeschlagen, sind die Unterlagen drei Jahre, in allen übrigen Fällen ein Jahr aufzubewahren. Für das Bayerische Polizeiverwaltungsamt gelten hinsichtlich Aufbewahrungs- und Datenlöschfristen Sonderregelungen.

2.3.6.3 Zuständige Bußgeldbehörde

Zuständige Bußgeldbehörde ist gemäß § 36 OWiG, § 26 StVG in Verbindung mit § 4 ZuVOWiG die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt, wenn die Verkehrsordnungswidrigkeit in Bayern begangen und von der Polizei zur Anzeige gebracht oder durch Polizeibeamte entdeckt wurde.
Wurde die Verkehrsordnungswidrigkeit durch im Außendienst tätige Bedienstete ermächtigter Gemeinden im eigenen Gebiet entdeckt, ist die Gemeinde zuständige Bußgeldbehörde gemäß § 36 OWiG, § 26 StVG in Verbindung mit § 2 ZuVOWiG, soweit sie eine eigene Bußgeldstelle hat.

2.3.7 Einstellung des Verfahrens

Ist die Einstellung des Verfahrens geboten, weil
a)
nach dem Ermittlungsergebnis ein ausreichender Tatnachweis oder die Feststellung des Täters nicht möglich erscheint,
b)
der mit weiteren Ermittlungen verbundene Aufwand außer Verhältnis zur Bedeutung der Tat stehen würde,
c)
nach den Umständen des Einzelfalles ein Verzicht auf Ahndung geboten oder gerechtfertigt erscheint oder
d)
die Verfolgung der Tat verjährt ist,
ist gemäß § 47 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 ZuVOWiG oder gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, § 170 Abs. 2 StPO die Einstellung des Verfahrens zu verfügen.
Die Einstellungsberechtigung knüpft an die Verfolgungszuständigkeit (vgl. Nr. 1.3.1) an. Sobald Verkehrsordnungswidrigkeiten im automatisierten Verfahren erfasst bzw. im manuellen Verfahren an die Zentrale Bußgeldstelle abgegeben worden sind, ist das Bayerische Polizeiverwaltungsamt für die Verfolgung und auch Einstellung der Verfahren zuständig.
Vor Abgabe steht die Befugnis der Einstellung dem Dienststellenleiter oder dessen Beauftragten zu.
Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt regelt die Befugnis zur Einstellung der Verfahren eigenständig in dienstbetrieblichen Vorschriften.
Bei Minderjährigen soll der gesetzliche Vertreter von der Einstellung des Verfahrens formlos verständigt werden.

2.3.8 Abgabe an die Staatsanwaltschaft

2.3.8.1 Zusammenhang zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit

Zwischen einer Straftat und einer Ordnungswidrigkeit besteht ein Zusammenhang (§ 42 Abs. 1 Satz 2 OWiG), wenn
a)
jemand sowohl einer Straftat als auch einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird (persönlicher Zusammenhang) oder
b)
wegen derselben Tat eine Person einer Straftat und eine andere einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird (sachlicher Zusammenhang).
In Fällen des Zusammenhangs erstattet die Polizei unverzüglich Anzeige an die Staatsanwaltschaft und fügt die Ermittlungsunterlagen bei (§ 53 Abs. 1 Satz 3 OWiG). Soweit dafür nicht Formblätter zu verwenden sind (z.B. für Verkehrsunfallanzeige), wird die Anzeige formlos erstattet.
Ein Bußgeldvorschlag ist dann zu machen, wenn einer der Betroffenen nur einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird.
Die Möglichkeit der Verwarnung bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleibt unberührt.
In den Fällen der § 41 Abs. 2 und § 43 OWiG gibt die Staatsanwaltschaft die Sache an die zuständige Polizeidienststelle ab. Diese legt dann eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige nach den Richtlinien dieser Bekanntmachung vor. Unter dem Feld Hinweise ist auf den Zusammenhang hinzuweisen.
Bei Vorliegen von Strafverfahren gegen eine Person und einem Verkehrsordnungswidrigkeiten-Verfahren gegen eine andere Person, jedoch mit sachlichem Zusammenhang, soll eine Trennung des Verfahrens in Straf- und Verkehrsordnungswidrigkeiten-Verfahren (gemischtes Verfahren) mit zeitgleicher Verfolgung nach Möglichkeit vermieden werden. Hier soll eine Abarbeitung nacheinander erfolgen.
Dadurch sollen zum einen der Verwaltungsaufwand minimiert und zum anderen nicht zwei voneinander abweichende Vorgänge in das Verfahren eingebracht werden.

2.3.8.2 Verfahren nach Einspruch

Wird gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt, leitet die Zentrale Bußgeldstelle die Unterlagen über die aktenverwahrende Dienststelle oder über den anzeigenden Beamten der Staatsanwaltschaft zu, soweit sie nach Prüfung den Bußgeldbescheid nicht zurücknimmt oder in den Fällen des § 69 Abs. 1 OWiG nicht selbst zu entscheiden hat. Einsprüche zu Fällen aus der technischen Verkehrsüberwachung werden vom Bayerischen Polizeiverwaltungsamt grundsätzlich direkt an die Staatsanwaltschaft übermittelt, wenn nicht aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls eine Beteiligung der Dienststelle oder des aufnehmenden Beamten vor Ort geboten ist. Soweit die Übermittlung über die Dienststellen vor Ort erfolgt, hat die Dienststelle die bei ihr verbliebenen restlichen Unterlagen beizufügen.

2.4 Sonstige Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Straßenverkehrs

Wegen anderer Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Straßenverkehrs können Verwarnungen nur erteilt werden, wenn dazu die Ermächtigung gegeben ist (§§ 57, 58 OWiG). Zur Einstellung solcher Verfahren ist die Polizei nicht befugt.
Sind bei Tateinheit oder zusammenhängenden Ordnungswidrigkeiten verschiedene Bußgeldbehörden sachlich zuständig, ist die Anzeige an die Behörde zu leiten, deren Zuständigkeit aufgrund der mit dem höheren Bußgeldrahmen bedrohten Tat gegeben ist. Bei gleicher Bußgeldandrohung ist die Anzeige an die Verwaltungsbehörde zu geben, die für die mit der Verkehrsordnungswidrigkeit zusammenhängenden Ordnungswidrigkeit zuständig ist.