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PfleWoqG
Text gilt ab: 01.08.2023
Fassung: 08.07.2008
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Gesetz zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung
(Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG)
Vom 8. Juli 2008
(GVBl. S. 346)
BayRS 2170-5-G

Vollzitat nach RedR: Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) vom 8. Juli 2008 (GVBl. S. 346, BayRS 2170-5-G), das zuletzt durch § 1 des Gesetzes vom 24. Juli 2023 (GVBl. S. 431) geändert worden ist
Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:
Art. 1
Zweck des Gesetzes
(1) Zweck des Gesetzes ist es,
1.
die Würde, die Interessen und Bedürfnisse sowie die kulturelle, ethnische, geschlechtliche und sexuelle Identität pflege- und betreuungsbedürftiger Menschen als Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mieterinnen und Mieter stationärer Einrichtungen und sonstiger Wohnformen im Sinn dieses Gesetzes (Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mieterinnen und Mieter) vor Beeinträchtigung zu schützen,
2.
die Selbstständigkeit, die Selbstbestimmung, die Selbstverantwortung, die Teilhabe am Leben der Gesellschaft sowie die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner oder Mieterinnen und Mieter zu wahren und zu fördern,
3.
in stationären Einrichtungen und sonstigen Wohnformen im Sinn dieses Gesetzes eine dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechende Betreuung und Wohnqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner oder Mieterinnen und Mieter zu sichern,
4.
die Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner oder Mieterinnen und Mieter zu gewährleisten,
5.
die Beratung in Angelegenheiten der stationären Einrichtungen oder sonstigen Wohnformen im Sinn dieses Gesetzes zu unterstützen,
6.
die Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern oder der den Initiatoren gegenüber den Mieterinnen und Mietern obliegenden Pflichten zu sichern.
(2) Die Selbstständigkeit und die unternehmerische Eigenverantwortung der Träger in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben bleiben unberührt.
Art. 2
Anwendungsbereich, Abgrenzungen
(1) 1Stationäre Einrichtungen im Sinn dieses Gesetzes sind Einrichtungen,
1.
die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder pflegebedürftige Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuungs- oder Pflegeleistungen zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten,
2.
die in ihrem Bestand von Wechsel sowie Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind sowie
3.
entgeltlich betrieben werden.
2Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege gelten nicht als stationäre Einrichtungen im Sinn des Satzes 1. 3Für stationäre Einrichtungen gelten vorbehaltlich der Abs. 3 bis 5 die Bestimmungen des Zweiten Teils.
(2) 1Besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe im Sinn dieses Gesetzes sind Wohnformen, in denen volljährige Menschen mit Behinderung im Sinn von § 2 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) oder von einer wesentlichen Behinderung bedrohte volljährige Menschen im Sinn von § 99 Abs. 2 SGB IX zusammenleben und diesen entgeltlich persönlicher Wohnraum im Sinn von § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) überlassen wird sowie Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Teil 2 des SGB IX zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden. 2Für besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe gelten vorbehaltlich der Abs. 3 bis 5 die Bestimmungen des Zweiten Teils.
(3) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Formen des Betreuten Wohnens, die zugleich die Voraussetzungen des Abs. 1 oder des Abs. 2 erfüllen, wenn die Mieterinnen oder Mieter oder Käuferinnen oder Käufer vertraglich lediglich dazu verpflichtet werden, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste, die Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen oder Informationen und Beratungsleistungen (Grundleistungen) von bestimmten Anbietern abzunehmen und die über die Grundleistungen hinausgehenden Betreuungs- und Pflegeleistungen (Zusatzleistungen) von den Bewohnerinnen oder Bewohnern frei wählbar sind.
(4) 1Ambulant betreute Wohngemeinschaften im Sinn dieses Gesetzes sind Wohnformen, die dem Zweck dienen, pflegebedürftigen Menschen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt und die Inanspruchnahme externer Pflege- oder Betreuungsleistungen gegen Entgelt zu ermöglichen, sodass ein Mindestmaß an gemeinsamer Lebensführung zu bewältigen ist. 2Ambulant betreute Wohngemeinschaften können trägergesteuert oder selbstgesteuert sein. 3Ambulant betreute Wohngemeinschaften sind selbstgesteuert, wenn
1.
die Selbstbestimmung der Mieterinnen und Mieter gewährleistet ist,
2.
die Mieterinnen und Mieter oder deren gesetzliche Vertretungs- oder Betreuungspersonen die Betreuungs- und Pflegedienste sowie Art und Umfang der Betreuungs- und Pflegeleistungen frei wählen können,
3.
die Pflege- oder Betreuungsdienste nur einen Gaststatus, insbesondere keine Büroräume in der oder in enger räumlicher Verbindung mit der ambulant betreuten Wohngemeinschaft haben und
4.
die ambulant betreute Wohngemeinschaft baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbstständig ist, insbesondere kein Bestandteil einer stationären Einrichtung ist, und sich nicht mehr als zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften der gleichen Initiatoren in unmittelbarer räumlicher Nähe und organisatorischem Verbund befinden.
4Für selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaften, in denen nicht mehr als zwölf pflege- oder betreuungsbedürftige Personen wohnen, gelten die Bestimmungen des Dritten Teils sowie die Art. 23 und 24. 5Liegen die Voraussetzungen nach Satz 3 nicht vor, ist die ambulant betreute Wohngemeinschaft trägergesteuert. 6Auf trägergesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaften und ambulant betreute Wohngemeinschaften, in denen mehr als zwölf pflege- oder betreuungsbedürftige Personen wohnen, finden die Bestimmungen des Zweiten Teils Anwendung. 7Bei trägergesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften ist anstelle einer Bewohnervertretung ein Gremium der Selbstbestimmung zur Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens einzurichten.
(5) 1Betreute Wohngruppen im Sinn dieses Gesetzes sind gemeinschaftlich betreute Wohnformen für Menschen mit Behinderung, die für ihre Bewohnerinnen und Bewohner eine individuelle Betreuung gewährleisten. 2Hauptziele betreuter Wohngruppen sind die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstverantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner, die Gewährung ihrer Selbstbestimmung sowie die Unterstützung ihrer Eingliederung und Teilhabe am Leben der Gemeinschaft. 3Für Betreute Wohngruppen gelten nur die Bestimmungen des Dritten Teils sowie Art. 23 und 24, wenn sie
1.
räumlich eigene Einheiten mit in der Regel bis zu zwölf Plätzen bilden,
2.
nur organisatorisch an eine zentrale Verwaltung angebunden, örtlich aber von ihr getrennt sind,
3.
Personen aufnehmen, die nicht in der Lage sind, allein und unabhängig von Betreuung zu wohnen,
4.
überwiegend Personen aufnehmen und betreuen, die nicht der permanenten persönlichen Anwesenheit von Betreuungskräften während des gesamten Tages und während der Nacht bedürfen, sowie
5.
Personen aufnehmen, die in der Lage sind, ihre Interessen und Bedürfnisse mitteilen zu können.
4Andernfalls finden auf Betreute Wohngruppen die Bestimmungen des Zweiten Teils Anwendung. 5Für Betreute Wohngruppen für Menschen mit seelischer Behinderung im Sinn der Sätze 1 und 2, die die Voraussetzungen des Satzes 3 erfüllen, findet dieses Gesetz keine Anwendung.
Art. 3
Qualitätsanforderungen an den Betrieb
(1) 1Eine stationäre Einrichtung oder besondere Wohnform der Eingliederungshilfe muss unter der Verantwortung eines Trägers stehen. 2Der Träger muss die notwendige Zuverlässigkeit zum Betrieb einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe besitzen.
(2) Der Träger und die Leitung einer stationären Einrichtung und besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe haben sicherzustellen, dass
1.
die Würde, die Interessen und Bedürfnisse sowie die kulturelle, ethnische, geschlechtliche und sexuelle Identität der Bewohnerinnen und Bewohner vor Beeinträchtigungen, Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch geschützt werden,
2.
die Selbstständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner gewahrt und gefördert werden,
3.
die Leistungen nach dem jeweils allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse erbracht werden,
4.
eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse gesichert ist; hierzu gehört insbesondere, dass ausreichend fachlich geeignetes Personal eingesetzt wird, um unter Achtung der Menschenwürde eine nach Art und Umfang der Betreuungsbedürftigkeit angemessene individuelle Lebensgestaltung zu ermöglichen und bei Pflegebedürftigen eine humane und aktivierende Pflege zu gewährleisten, die erforderlichen Hilfen zu gewähren sowie freiheitseinschränkende Maßnahmen nur anzuwenden, wenn sie zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben unerlässlich sind,
5.
die ärztliche und gesundheitliche Betreuung gewährleistet wird, insbesondere
a)
die Arzneimittel ordnungsgemäß und bewohnerbezogen aufbewahrt und die in der Pflege und Betreuung tätigen Personen einmal im Jahr über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln beraten werden,
b)
ein ausreichender und der Konzeption der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe angepasster Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor Infektionen gewährleistet wird,
c)
von den Beschäftigten die für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Anforderungen der Hygiene nach dem allgemein anerkannten Stand hygienewissenschaftlicher Erkenntnisse eingehalten sowie
d)
bei außerklinischer Intensivpflege die einschlägigen Anforderungen an die ärztliche, gesundheitliche und pflegerische Betreuung schwerstpflegebedürftiger oder beatmungspflichtiger Menschen und der sachgerechte Umgang mit medizinischen Geräten beachtet werden,
6.
die hauswirtschaftliche Versorgung zur Verfügung gestellt oder vorgehalten sowie eine angemessene Qualität der sozialen Betreuung, des Wohnens und der Verpflegung gewährleistet werden,
7.
die Mitwirkung und die Mitbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner gewährleistet werden,
8.
der an der Person des Pflegebedürftigen orientierte Pflegeprozess umgesetzt und dessen Verlauf aufgezeichnet wird,
9.
die Eingliederung und möglichst selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben der Gesellschaft gefördert werden und die Konzeption darauf ausgerichtet ist, insbesondere die sozialpädagogische Betreuung und heilpädagogische Förderung zu gewährleisten,
10.
in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe für die Bewohnerinnen und Bewohner Bedarfsplanungen aufgestellt und deren Umsetzungen aufgezeichnet werden,
11.
eine fachliche Konzeption verfolgt wird, die gewährleistet, dass die Vorgaben der Nrn. 1 bis 10 umgesetzt werden und diese fachliche Konzeption mit der baulichen Umsetzung übereinstimmt.
(3) Der Träger einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe hat sicherzustellen, dass
1.
Pflege- und Betreuungskräfte in ausreichender Zahl und mit der für die von ihnen zu leistende Tätigkeit erforderlichen persönlichen und fachlichen Eignung vorhanden sind, insbesondere regelmäßige Qualifizierungsangebote für die Beschäftigten gewährleistet sind und die interkulturelle Kompetenz der Betreuungs- und Pflegekräfte gefördert wird, für besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe eine entsprechende Leitung und für jede stationäre Einrichtung der Pflege eine eigene Pflegedienstleitung tätig ist, soweit nicht ein Gesamtversorgungsvertrag im Sinn des § 72 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) besteht,
2.
ein Qualitäts- und Beschwerdemanagement betrieben wird und
3.
Supervision oder vergleichbare Maßnahmen für die Beschäftigten angeboten werden.
Art. 4
Anzeigepflichten
(1) 1Wer den Betrieb einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe aufnehmen will, hat seine Absicht spätestens drei Monate vor der vorgesehenen Inbetriebnahme der zuständigen Behörde anzuzeigen. 2Die Anzeige muss insbesondere folgende Angaben enthalten:
1.
den vorgesehenen Zeitpunkt der Betriebsaufnahme,
2.
den Namen und die Anschrift des Trägers und der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe,
3.
die Nutzungsart der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe und der Räume sowie deren Lage, Zahl und Größe und die vorgesehene Belegung der Wohnräume,
4.
den Namen, die berufliche Ausbildung und den Werdegang der Leitung der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe, bei stationären Einrichtungen der Pflege auch der Pflegedienstleitung und bei besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe auch der Bereichsleitung, sowie die Namen und die berufliche Ausbildung der Pflege- und Betreuungskräfte, soweit mit diesen Personen bereits vertragliche Bindungen eingegangen wurden,
5.
einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI, die wesentlichen Leistungs- und Qualitätsmerkmale der Einrichtung nach § 84 Abs. 5 SGB XI, soweit vorhanden den Personalabgleich nach § 84 Abs. 6 SGB XI sowie einen Vertrag zur integrierten Versorgung nach § 92b SGB XI oder die Erklärung, ob ein solcher Versorgungsvertrag oder eine Vereinbarung über die wesentlichen Leistungs- und Qualitätsmerkmale der Einrichtung als Teil der Pflegesatzvereinbarung oder ein Vertrag zur integrierten Versorgung angestrebt werden,
6.
die Vereinbarungen nach § 76 Abs. 1 SGB XII oder § 125 Abs. 1 SGB IX oder die Erklärung, ob solche Vereinbarungen angestrebt werden,
7.
die Einzelvereinbarungen auf Grund des § 39a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) oder die Erklärung, ob solche Vereinbarungen angestrebt werden und
8.
eine fachliche Konzeption, die insbesondere Angaben zu den angebotenen Pflege- und Betreuungsleistungen, zum Hygieneschutz und zur Gewaltprävention enthält.
(2) 1Die zuständige Behörde soll den Eingang der Anzeige nach Abs. 1 unverzüglich schriftlich oder elektronisch bestätigen und mitteilen, welche zusätzlichen Unterlagen sie benötigt. 2Sie prüft, ob Bedenken gegen eine Betriebsaufnahme bestehen und eine Betriebsuntersagung nach Art. 15 Abs. 3 oder sonstige erforderliche Anordnungen nach diesem Gesetz zu erlassen sind.
(3) 1Die zuständige Behörde kann weitere Angaben verlangen, soweit sie zur zweckgerichteten Aufgabenerfüllung erforderlich sind. 2Stehen die Leitung, die Pflegedienstleitung oder die Betreuungskräfte zum Zeitpunkt der Anzeige noch nicht fest, ist die Mitteilung vor Aufnahme des Betriebs unverzüglich nachzuholen.
(4) 1Der zuständigen Behörde sind unverzüglich Änderungen anzuzeigen, die Angaben gemäß Abs. 1 betreffen. 2Änderungen bezüglich der Angaben gemäß Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 müssen, soweit Pflege- oder Betreuungskräfte betroffen sind, spätestens sechs Monate nach Eintritt der Veränderung angezeigt werden.
(5) Wer beabsichtigt, den Betrieb einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe ganz oder teilweise einzustellen oder die Vertragsbedingungen wesentlich zu ändern, hat dies der zuständigen Behörde unverzüglich, im Fall der Betriebseinstellung spätestens sechs Monate vor der tatsächlichen Einstellung, anzuzeigen.
(6) 1Die stationären Einrichtungen und besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe haben der zuständigen Behörde besondere Ereignisse und die daraus eingeleiteten Maßnahmen unverzüglich anzuzeigen. 2Besondere Ereignisse im Sinn von Satz 1 liegen vor, wenn
1.
von tätigkeitsbezogenen Strafverfahren gegen Beschäftigte oder Dritte Kenntnis erlangt wurde,
2.
der unnatürliche Tod einer Bewohnerin oder eines Bewohners festgestellt wurde,
3.
der Verdacht von physischer oder sexualisierter Gewalt gegen Bewohnerinnen und Bewohner besteht,
4.
eine erhebliche Beeinträchtigung für Bewohnerinnen und Bewohner oder des ordnungsgemäßen Betriebs der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe zu befürchten oder eingetreten ist,
5.
die personellen Mindestanforderungen dauerhaft erheblich unterschritten werden oder
6.
ein Hausverbot nach Art. 5 erteilt wurde.
3Ein Strafverfahren ist tätigkeitsbezogen, wenn die zur Last gelegte Straftat im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Versorgung pflege- oder betreuungsbedürftiger Menschen oder Menschen mit Behinderung begangen wurde.
Art. 5
Hausverbot
Der Träger oder die Leitung einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe dürfen gegen Besucher von Bewohnerinnen und Bewohnern ein Hausverbot nur insoweit aussprechen, als dies unerlässlich ist, um eine unzumutbare Beeinträchtigung des Betriebs der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe abzuwenden.
Art. 6
Informationspflichten
Der Träger ist verpflichtet,
1.
den Bewohnerinnen und Bewohnern Einblick in die sie betreffenden Aufzeichnungen der Pflege- oder Bedarfsplanung und deren Umsetzung im Sinn des Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 und 10 zu gewähren und
2.
die Bewohnerinnen und Bewohner über vorhandene Beratungs- und Beschwerdestellen zu informieren.
Art. 7
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
Der Träger hat nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung Aufzeichnungen über den Betrieb zu machen und die Qualitätssicherungsmaßnahmen und deren Ergebnisse so zu dokumentieren, dass der ordnungsgemäße Betrieb festgestellt werden kann.
Art. 8
Leistungen an Träger und Beschäftigte
(1) Dem Träger ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern oder Bewerberinnen und Bewerbern um einen Platz in der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe Geld oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.
(2) Dies gilt nicht, wenn
1.
andere als die vertraglich aufgeführten Leistungen des Trägers abgegolten werden,
2.
geringwertige Aufmerksamkeiten versprochen oder gewährt werden,
3.
Leistungen im Hinblick auf die Überlassung eines Platzes in der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe zum Bau, zum Erwerb, zur Instandsetzung, zur Ausstattung oder zum Betrieb der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe versprochen oder gewährt werden.
(3) 1Leistungen im Sinn des Abs. 2 Nr. 3 sind zurückzugewähren, soweit sie nicht mit dem Entgelt verrechnet worden sind. 2Sie sind vom Zeitpunkt ihrer Gewährung an zu einem Zinssatz, der dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist marktüblichen Zinssatz entspricht, zu verzinsen, soweit der Vorteil der Kapitalnutzung bei der Bemessung des Entgelts nicht berücksichtigt worden ist. 3Die Verzinsung oder der Vorteil der Kapitalnutzung bei der Bemessung des Entgelts ist der Bewohnerin oder dem Bewohner gegenüber durch jährliche Abrechnungen nachzuweisen. 4Sätze 1 bis 3 gelten auch für Leistungen, die von oder zugunsten von Bewerberinnen und Bewerbern erbracht worden sind.
(4) 1Der Leitung, den Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung Geld oder geldwerte Leistungen für die Erfüllung der Pflichten aus den zwischen dem Träger und den Bewohnerinnen oder Bewohnern geschlossenen Verträgen versprechen oder gewähren zu lassen. 2Dies gilt nicht, soweit es sich um geringwertige Aufmerksamkeiten handelt.
(5) Die zuständige Behörde kann in Einzelfällen Ausnahmen von den Verboten der Abs. 1 und 4 zulassen, soweit der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner die Aufrechterhaltung der Verbote nicht erfordert und die Leistungen noch nicht versprochen oder gewährt worden sind.
Art. 9
Vertretung der Bewohnerinnen und Bewohner
(1) 1Die Vertretung der Bewohnerinnen und Bewohner (Bewohnervertretung) wirkt in Angelegenheiten des Betriebs der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe mit. 2Die Bewohnervertretung kann bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte fach- und sachkundige Personen ihres Vertrauens hinzuziehen. 3Diese sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
(2) Die Bewohnervertretung soll mindestens einmal im Jahr die Bewohnerinnen und Bewohner zu einer Versammlung einladen, zu der jede Bewohnerin oder jeder Bewohner eine Vertrauensperson beiziehen kann.
(3) 1Für die Zeit, in der eine Bewohnervertretung nicht gebildet werden kann, werden deren Aufgaben durch einen Bewohnerfürsprecher wahrgenommen. 2Seine Tätigkeit ist unentgeltlich und ehrenamtlich.
Art. 10
Kurzzeiteinrichtungen, stationäre Hospize
(1) 1Auf stationäre Einrichtungen und besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe oder Teile hiervon im Sinn des Art. 2 Abs. 1 und 2, die nur der vorübergehenden Aufnahme Volljähriger dienen (Kurzzeiteinrichtungen) finden Art. 8 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 sowie Art. 9 und 16 Abs. 2 keine Anwendung. 2Auf stationäre Hospize finden Art. 8 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 sowie Art. 9 und 16 Abs. 2 keine Anwendung. 3Nehmen die stationären Einrichtungen und besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe nach den Sätzen 1 und 2 in der Regel mindestens sechs Personen auf, findet Art. 9 mit der Maßgabe Anwendung, dass ein Bewohnerfürsprecher zu bestellen ist.
(2) Als vorübergehend im Sinn dieses Gesetzes ist ein Zeitraum von bis zu drei Monaten anzusehen.
Art. 11
Qualitätssicherung
(1) 1Die zuständigen Behörden überwachen die stationären Einrichtungen und besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe durch wiederkehrende oder anlassbezogene Prüfungen. 2Die Prüfungen werden in der Regel unangemeldet durchgeführt und können jederzeit erfolgen. 3Prüfungen zur Nachtzeit sind zulässig, wenn und soweit das Überwachungsziel zu anderen Zeiten nicht erreicht werden kann. 4Die zuständigen Behörden überprüfen die stationären Einrichtungen und besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe daraufhin, ob sie die Anforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung und besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe nach diesem Gesetz erfüllen. 5Der Träger, die Leitung und die Pflegedienstleitung haben der zuständigen Behörde die für die Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte auf Verlangen unentgeltlich zu erteilen. 6Der zuständigen Behörde ist Einsicht in die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen (Geschäftsunterlagen) zu gewähren. 7Der Träger ist darüber hinaus verpflichtet, den zuständigen Behörden Fotokopien der Geschäftsunterlagen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. 8Die Aufzeichnungen nach Art. 7 hat der Träger grundsätzlich am Ort der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe zur Prüfung vorzuhalten und deren Herausgabe durch eine hierzu geeignete Person sicherzustellen.
(2) 1Die von der zuständigen Behörde mit der Überwachung beauftragten Personen sind befugt,
1.
die für die stationäre Einrichtung oder besondere Wohnform der Eingliederungshilfe genutzten Grundstücke und Räume zu betreten; soweit diese einem Hausrecht der Bewohnerinnen und Bewohner unterliegen, nur mit deren Zustimmung,
2.
Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen,
3.
Einsicht in die Dokumentation im Sinn des Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 und 10 sowie Aufzeichnungen nach Art. 7 der auskunftspflichtigen Person in der jeweiligen stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe zu nehmen,
4.
sich mit den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie der Bewohnervertretung oder dem Bewohnerfürsprecher in Verbindung zu setzen,
5.
bei Bewohnerinnen und Bewohnern mit deren Zustimmung den Pflege- und Versorgungszustand unmittelbar zu begutachten,
6.
die Beschäftigten zu befragen.
2Der Träger und die Leitung haben die Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden. 3Es steht der zuständigen Behörde frei, zu ihren Prüfungen weitere fach- und sachkundige Personen hinzuzuziehen. 4Diese sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
(3) 1Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung können Grundstücke und Räume, die einem Hausrecht der Bewohnerinnen und Bewohner unterliegen oder Wohnzwecken der auskunftspflichtigen Person dienen, durch die zuständige Behörde jederzeit betreten werden. 2Die auskunftspflichtige Person und die Bewohnerinnen und Bewohner haben die Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden. 3Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(4) 1Die zuständige Behörde prüft in jeder stationären Einrichtung und besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe grundsätzlich mindestens einmal im Jahr, insbesondere im Rahmen einer teilnehmenden Beobachtung unter Berücksichtigung der jeweiligen fachlichen Konzeption, die Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes. 2Sie kann die Prüfungen in einem Abstand von höchstens drei Jahren, beginnend mit dem Nachweis nach Nr. 3, durchführen, wenn
1.
eine stationäre Einrichtung nach der letzten Prüfung durch die zuständige Behörde bei einem Pflegequalitätstest des Medizinischen Dienstes ein hohes Qualitätsniveau erreicht hat oder geeignete und vergleichbare Nachweise anderer sachverständiger Dritter über die Wirksamkeit der Pflege- und Betreuungsmaßnahmen vorliegen,
2.
geeignete Nachweise von sachverständigen Dritten darüber vorliegen, dass die Anforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe im Übrigen insbesondere an die Prozess- und Strukturqualität erfüllt sind und
3.
der zuständigen Behörde die Erfüllung der Anforderungen gemäß Nrn. 1 und 2 nachgewiesen wurde und bis zum Ablauf von drei Jahren seit dem Nachweis kein Wechsel des Trägers, der Leitung der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe oder der Pflegedienstleitung in der gemäß Nrn. 1 und 2 geprüften Einrichtung und Wohnform erfolgt.
3Bei der Ermessensentscheidung nach Satz 2 ist insbesondere das Ergebnis der Prüfung nach Satz 2 Nr. 1 zu berücksichtigen. 4Satz 2 gilt nicht, wenn der Prüfrhythmus des Medizinischen Dienstes nach § 114c SGB XI verlängert wurde.
(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Abs. 1 haben keine aufschiebende Wirkung.
(6) Die Überwachung beginnt mit der Anzeige nach Art. 4 Abs. 1, spätestens jedoch drei Monate vor der vorgesehenen Inbetriebnahme der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe.
(7) 1Die zuständige Behörde hat bei der ersten Regelprüfung einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 1 oder 2 festzustellen. 2Abs. 2 gilt entsprechend. 3Liegen die Voraussetzungen nicht vor, hat die zuständige Behörde das Vorliegen der abweichenden Wohn- oder Einrichtungsform festzustellen. 4Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Feststellungen nach diesem Absatz haben keine aufschiebende Wirkung. 5Maßnahmen nach den Abs. 1, 2, 4 und 6 sowie nach diesem Absatz sind auch zur Feststellung zulässig, ob eine Einrichtung oder Wohnform eine stationäre Einrichtung oder besondere Wohnform der Eingliederungshilfe nach Art. 2 Abs. 1 oder 2 ist.
(8) Die Träger können die Landesverbände der Freien Wohlfahrtspflege, die kommunalen Spitzenverbände und andere Vereinigungen von Trägern, denen sie angehören, in angemessener Weise bei Prüfungen hinzuziehen.
(9) Die auskunftspflichtige Person kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
(10) Alle Organisationseinheiten innerhalb der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden, deren Prüfungen sich auf Grund dieses Gesetzes oder anderer Vorschriften auf stationäre Einrichtungen und besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe im Sinn des Art. 2 Abs. 1 und 2 erstrecken, sind verpflichtet, die Prüftermine zu koordinieren und die jeweiligen Ergebnisprotokolle auszutauschen.
Art. 12
Datenschutzrechtliche Bestimmungen bei Prüfungen der zuständigen Behörde
(1) 1Die Verarbeitung der durch Tätigkeiten nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 gewonnenen personenbezogenen Daten bedarf der Einwilligung durch die Bewohnerin oder den Bewohner. 2Im Übrigen bedarf die Verarbeitung der nach Art. 11 Abs. 2 gewonnenen personenbezogenen Daten keiner Einwilligung. 3Die Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner ist freiwillig; durch die Ablehnung dürfen keine Nachteile entstehen. 4In den Fällen des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 sind die Betroffenen darauf hinzuweisen, dass die Einwilligung verweigert werden kann. 5Die Einwilligung soll in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgegeben werden. 6Personen nach Art. 11 Abs. 2 Satz 3 dürfen personenbezogene Daten über Bewohnerinnen und Bewohner nicht speichern und an Dritte übermitteln.
(2) 1Die Informationspflichten nach den Art. 13, 14 und 21 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz- Grundverordnung – DSGVO) gelten im Anwendungsbereich des Art. 11 ausnahmsweise nicht. 2Die einschlägigen Informationen sind, soweit möglich, in allgemein und jedermann zugänglicher Form in der stationären Einrichtung und besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe auszuhängen oder auszulegen. 3Auf Verlangen erhält die betroffene Person zusätzlich Informationen von der zuständigen Behörde nach Maßgabe der allgemeinen gesetzlichen Regelungen. 4Die betroffene Person ist von der zuständigen Behörde auf die Beschränkung nach diesem Absatz und die Möglichkeit, Auskunft über die eingeschränkten Informationsrechte zu erhalten, hinzuweisen. 5Art. 15 DSGVO bleibt unberührt.
(3) Feststellungen, die aufgrund einer Handlung im Rahmen von Art. 11 Abs. 3 zufällig getroffen werden, dürfen zur Verhütung von dringenden Gefahren für Leben, Gesundheit oder Freiheit ohne Einwilligung der Bewohnerin oder des Bewohners verwertet werden.
Art. 13
Aufklärung und Anordnungen bei Mängeln
(1) Die zuständige Behörde ist berechtigt und verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zur Aufklärung zu ergreifen, wenn Zweifel daran bestehen, ob die Qualitätsanforderungen an den Betrieb im Sinn des Art. 3 erfüllt sind.
(2) 1Sind in einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes festgestellt worden (Mängel), so kann die zuständige Behörde gegenüber den Trägern Anordnungen erlassen, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner oder zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden Pflichten erforderlich sind. 2Bei erneuten und in Fortsetzung festgestellten Mängeln sowie erheblichen Mängeln soll eine Anordnung getroffen werden. 3Abweichend von Satz 2 kann die zuständige Behörde bei erneuten und in Fortsetzung festgestellten Mängeln nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 6 Alternative 1, Nr. 7, 8 Alternative 2, Nr. 10, Abs. 3 Nr. 2 und 3 oder Art. 20 Nr. 2 und 4 den Träger über die Möglichkeit der Abstellung der Mängel beraten. 4Hiervon unberührt berät und informiert die zuständige Behörde stationäre Einrichtungen und besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe.
(3) 1Wenn Anordnungen gegenüber zugelassenen stationären Pflegeeinrichtungen eine Erhöhung der nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch vereinbarten oder festgesetzten Entgelte zur Folge haben können, ist Einvernehmen mit den betroffenen Pflegesatzparteien anzustreben. 2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anordnungen der Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohnerinnen und Bewohner dienen. 3Die Pflegesatzparteien sind in diesem Fall von der Anordnung schriftlich in Kenntnis zu setzen. 4Gegen Anordnungen nach Satz 1 können neben dem Träger auch die Pflegesatzparteien Widerspruch einlegen und Anfechtungsklage erheben.
(4) 1Wenn Anordnungen gegenüber stationären Einrichtungen der Pflege oder besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe eine Erhöhung der Vergütung nach § 76 Abs. 3 SGB XII zur Folge haben können, ist über sie Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach diesen Vorschriften bestehen, anzustreben und die Anordnungen so weit wie möglich in Übereinstimmung mit Vereinbarungen nach § 76 Abs. 3 SGB XII auszugestalten. 2Für Anordnungen nach Satz 1 gelten für die Träger der Sozialhilfe Abs. 3 Satz 2 bis 4 entsprechend. 3Die Sätze 1 und 2 gelten für den Träger der Eingliederungshilfe mit der Maßgabe entsprechend, dass Anordnungen eine Erhöhung der Vergütung nach § 125 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zur Folge haben können und in Übereinstimmung mit Vereinbarungen nach § 125 Abs. 1 SGB IX auszugestalten sind.
(5) 1An einer Beratung nach Abs. 2 Satz 2 ist der Träger der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach § 76 Abs. 3 SGB XII bestehen, zu beteiligen, wenn die Abstellung der Mängel Auswirkungen auf Entgelte oder Vergütungen haben kann. 2Satz 1 gilt entsprechend für Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, sofern mit ihren Landesverbänden Vereinbarungen nach den §§ 72, 75 Abs. 1 bis 6 oder § 85 Abs. 1 SGB XI oder § 39a SGB V bestehen, sowie für Träger der Eingliederungshilfe, sofern die Abstellung der Mängel eine Erhöhung der Vergütung nach § 125 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zur Folge hat. 3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohnerinnen und Bewohner.
(6) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach den Abs. 2 bis 5 haben keine aufschiebende Wirkung.
(7) Ist den Bewohnerinnen und Bewohnern auf Grund der festgestellten Mängel eine Fortsetzung des Vertrags mit dem Träger nicht zuzumuten, soll die zuständige Behörde sie dabei unterstützen, eine angemessene anderweitige Unterkunft und Betreuung zu zumutbaren Bedingungen zu finden.
(8) 1Wird eine stationäre Einrichtung oder besondere Wohnform der Eingliederungshilfe auf einen Rechtsnachfolger übertragen (Trägerwechsel), gehen nach diesem Gesetz oder der Rechtsverordnung nach Art. 25 angeordnete Rechte und Pflichten auf den Rechtsnachfolger über, wenn diese nicht auf Grund des Verhaltens oder der Person des bisherigen Trägers erlassen wurden. 2Satz 1 gilt nicht, wenn der Trägerwechsel zu einer Unterbrechung des Betriebs der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe führt.
(9) 1Gegenüber kommunalen Trägern kann die zuständige Behörde Zwangsmittel nach dem Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. 2Hiervon unberührt bleibt die zuständige Behörde berechtigt, Zwangsmittel gegenüber anderen Trägerformen anzudrohen, festzusetzen und zu vollstrecken.
Art. 14
Beschäftigungsverbot, kommissarische Leitung
(1) Die zuständige Behörde kann dem Träger die weitere Beschäftigung der Leitung, eines oder einer Beschäftigten oder einer sonstigen Mitarbeiterin oder eines sonstigen Mitarbeiters ganz oder für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen die für ihre Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzen.
(2) 1Hat die zuständige Behörde ein Beschäftigungsverbot nach Abs. 1 ausgesprochen und der Träger keine neue geeignete Leitung eingesetzt, so kann die zuständige Behörde, um den Betrieb der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe aufrechtzuerhalten, auf Kosten des Trägers eine kommissarische Leitung für eine begrenzte Zeit einsetzen. 2Die kommissarische Leitung übernimmt die Rechte und Pflichten der bisherigen Leitung. 3Ihre Tätigkeit endet, wenn der Träger mit Zustimmung der zuständigen Behörde eine geeignete Leitung bestimmt.
(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Abs. 1 und 2 Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung.
Art. 15
Untersagung
(1) 1Die zuständige Behörde hat den Betrieb einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe zu untersagen, wenn die Anforderungen des Art. 3 nicht erfüllt sind und Anordnungen nicht ausreichen. 2Anordnungen reichen in der Regel nicht aus, wenn eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohnerinnen und Bewohner besteht und nicht zu erwarten ist, dass Anordnungen die Gefahr abwenden.
(2) Die zuständige Behörde kann den Betrieb untersagen, wenn der Träger
1.
die Anzeige nach Art. 4 unterlassen oder unvollständige Angaben gemacht hat,
2.
Anordnungen nach Art. 13 Abs. 2 nicht innerhalb der gesetzten Frist befolgt,
3.
Personen entgegen einem nach Art. 14 ergangenen Verbot beschäftigt,
4.
gegen Art. 8 Abs. 1 und 3 verstößt.
(3) 1Vor Aufnahme des Betriebs einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe ist eine Untersagung zulässig, wenn neben einem Untersagungsgrund nach Abs. 1 oder 2 die Anzeigepflicht nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 besteht. 2Kann der Untersagungsgrund beseitigt werden, ist nur eine vorläufige Untersagung der Betriebsaufnahme zulässig.
(4) 1Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung. 2Die vorläufige Untersagung wird mit der schriftlichen Erklärung der zuständigen Behörde unwirksam, dass die Voraussetzungen für die Untersagung entfallen sind.
Art. 16
Informationspflicht der zuständigen Behörde
(1) Die zuständige Behörde informiert und berät
1.
die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Bewohnervertretungen und Bewohnerfürsprecher über ihre Rechte und Pflichten,
2.
Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, über stationäre Einrichtungen oder besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe im Sinn des Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie über die Rechte und Pflichten der Träger und der Bewohnerinnen und Bewohner und
3.
auf Antrag Personen und Träger, die die Schaffung von stationären Einrichtungen oder besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe im Sinn des Art. 2 Abs. 1 und 2 anstreben oder derartige Einrichtungen oder Wohnformen betreiben, bei der Planung und dem Betrieb der stationären Einrichtungen oder besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe.
(2) Die zuständigen Behörden fördern die Unterrichtung der Bewohnerinnen und Bewohner und der Mitglieder der Bewohnervertretung über die Wahl und die Befugnisse sowie die Möglichkeiten der Bewohnervertretung, die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner in Angelegenheiten des Betriebs der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe zur Geltung zu bringen.
Art. 17
Erprobungsregelungen, Ausnahmeregelung
(1) Die zuständige Behörde kann auf Antrag des Trägers diesen von den Vorgaben des Art. 9, wenn die Mitwirkung in anderer Weise gesichert ist oder die Konzeption sie nicht erforderlich macht, oder von den Anforderungen der Rechtsverordnung nach Art. 25 teilweise befreien, wenn dies im Sinn der Erprobung neuer Betreuungs- oder Wohnformen dringend geboten erscheint und hierdurch der Zweck des Gesetzes nach Art. 1 Abs. 1 nicht gefährdet wird.
(2) 1Die Entscheidung der zuständigen Behörde ergeht durch schriftlichen Bescheid und ist erstmalig auf höchstens fünf Jahre zu befristen. 2Die Frist kann auf weitere fünf Jahre verlängert werden. 3Bei Bewährung kann die Befreiung durch die zuständige Behörde auf Dauer erteilt werden.
(3) 1Die Träger sind verpflichtet, die Erprobungen wissenschaftlich begleiten und auswerten zu lassen. 2Der von einem sachverständigen Dritten zu erstellende Bericht über die Ergebnisse der Auswertung ist zu veröffentlichen.
(4) Die Bestimmungen der Art. 11, 12, 13, 14 und 15 bleiben durch die Ausnahmegenehmigungen nach den Abs. 1 und 2 unberührt.

Abschnitt 3 Erstellung und Veröffentlichung von Ergebnisprotokollen

Art. 17a
Ergebnisprotokoll
(1) 1Die zuständige Behörde erstellt zeitnah, spätestens jedoch innerhalb von sechs Wochen, zu der Prüfung nach Art. 11 Abs. 4 ein schriftliches Ergebnisprotokoll über den Prüfgegenstand und die von ihr am Tag der Überprüfung dabei festgestellten Sachverhalte. 2Das Ergebnisprotokoll umfasst neben der Darstellung der am Tag der Überprüfung getroffenen Feststellungen der zuständigen Behörde in den nach Art. 3 Abs. 2 festgelegten und geprüften Qualitätsbereichen Angaben zu Strukturdaten und allgemeine Informationen. 3Strukturdaten im Sinn dieses Gesetzes sind Daten
1.
zur Art der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform,
2.
zu angebotenen Wohnformen,
3.
zu angebotenen und belegten Plätzen.
4Allgemeine Informationen im Sinn dieser Vorschrift sind Informationen über den Träger und Zielgruppe.
(2) Prüfungsmaßstab und damit Grundlage für die von der zuständigen Behörde am Tag der Überprüfung festgestellte Qualität nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 ist der jeweils allgemein anerkannte Stand pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse.
(3) 1Es sollen mindestens zehn Bewohnerinnen und Bewohner in die Feststellungen des Ergebnisprotokolls nach Abs. 1 einbezogen werden; die Auswahl der Bewohnerinnen und Bewohner erfolgt an Risikofaktoren und Unterstützungsbedarfe ausgerichtet entsprechend der Bewohnerstruktur. 2Personenbezogene und personenbeziehbare Daten sind zu anonymisieren.
Art. 17b
Einsichts- und Informationsrechte
(1) 1Dem Träger ist Gelegenheit zu geben, zu den nach Art. 17a enthaltenen Feststellungen in einer eigenständigen Gegendarstellung Stellung zu nehmen, wenn er nach seiner Würdigung der Sache zu einer anderen Bewertung als die zuständige Behörde gelangt; Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) bleibt unberührt. 2Die Frist für die Stellungnahme beträgt zwei Wochen. 3Sie beginnt mit der Bekanntgabe des Ergebnisprotokolls. 4Für die Berechnung der Frist gilt Art. 31 BayVwVfG.
(2) Der Träger hat das Ergebnisprotokoll nach Ablauf der Frist nach Abs. 1 unverzüglich der Bewohnervertretung zu übermitteln.
(3) 1Der Träger hat eine Kurzfassung eines Ergebnisprotokolls zeitnah, spätestens jedoch innerhalb von sechs Wochen, in geeigneter und verständlicher Form zu veröffentlichen. 2Die Kurzfassung beinhaltet Angaben zu Strukturdaten und allgemeine Informationen sowie eine Auflistung der geprüften Qualitätsbereiche. 3In der Kurzfassung ist auf das Einsichtsrecht nach Abs. 4 besonders hinzuweisen.
(4) 1Personen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, hat der Träger in den Räumlichkeiten der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe auf Verlangen Einsicht in die Ergebnisprotokolle zu gewähren. 2In der Regel liegt ein berechtigtes Interesse vor, wenn Personen in der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe leben, Personen für sich selbst oder einen Angehörigen einen Pflege- oder Betreuungsplatz suchen oder Personen in einer stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe tätig sind oder werden möchten.
Art. 17c
Nachprüfung
1Auf Antrag und auf Kosten des Trägers hat die zuständige Behörde eine zeitnahe Nachprüfung durchzuführen, wenn und soweit erhebliche Mängel der Pflege- und Betreuungsqualität betroffen sind und dem Träger das Zuwarten bis zur nächsten Regelprüfung nicht zumutbar ist. 2Der Bericht über die Nachprüfung wird ergänzend zu dem betroffenen Ergebnisprotokoll erstellt und muss der Bewohnervertretung übermittelt werden. 3Art. 17b Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
Art. 17d
Rechtsmittel
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Art. 17a und 17c haben keine aufschiebende Wirkung.
Art. 18
Beratung
Die zuständigen Behörden informieren und beraten auf Anfrage die Bewohnerinnen und Bewohner oder Mieterinnen und Mieter von selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften und Betreuten Wohngruppen für Menschen mit Behinderung über ihre Rechte und Pflichten.
Art. 19
Qualitätsanforderungen in selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften
1Der beauftragte ambulante Betreuungs- oder Pflegedienst hat sicherzustellen, dass die zu erbringenden Betreuungs- und Pflegeleistungen, insbesondere im Bereich des sachgerechten Umgangs mit Arznei- und Betäubungsmitteln, der Hygiene, der hauswirtschaftlichen Versorgung, der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilisierung dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechen (Ergebnisqualität) und persönlich und fachlich geeignete Beschäftigte eingesetzt werden sowie die Qualität des Wohnens angemessen ist. 2Die Art. 6 und 8 gelten entsprechend.
Art. 20
Qualitätsanforderungen in Betreuten Wohngruppen
Der Träger von Betreuten Wohngruppen für Menschen mit Behinderung hat zu gewährleisten, dass
1.
Art und Umfang der Betreuung dem individuellen und sich verändernden Betreuungsbedarf der Bewohnerinnen und Bewohner angepasst werden,
2.
eine Rufbereitschaft außerhalb der Betreuungszeiten sichergestellt ist,
3.
eine angemessene fachliche Qualität der Betreuung gewährleistet und bei Pflegebedürftigkeit auch eine fachgerechte Pflege sichergestellt ist, die sich an dem jeweils allgemein anerkannten Stand der sozial- und heilpädagogischen sowie der pflegerischen Erkenntnisse orientiert,
4.
individuelle Bedarfsplanungen aufgestellt und deren Umsetzung dokumentiert werden,
5.
die Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner am Leben der Gemeinschaft und ihre selbstständige Lebensführung einschließlich der Haushaltsführung, der Ernährung und Körperpflege unterstützt wird,
6.
bei zeitlich befristeten Wohnplätzen entsprechende Trainingsprogramme, die zu einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung befähigen sollen, angeboten werden, deren Ergebnis aufgezeichnet und nach Ablauf der Maßnahme der Übergang in eine unbefristete Wohnform sichergestellt wird.
Art. 21
Externe Qualitätssicherung in selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften und Betreuten Wohngruppen
(1) 1Die Absicht der Gründung einer selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Satz 1 bis 4 haben die Initiatoren verbunden mit der Angabe der Pflegegrade der jeweiligen Mieterinnen und Mieter der zuständigen Behörde spätestens drei Monate vor Gründung anzuzeigen. 2Gleiches gilt für die Gründung einer Betreuten Wohngruppe im Sinn des Art. 2 Abs. 5 Satz 1 bis 3 mit der Maßgabe, dass die Anzeige durch den Träger ohne die Angabe der Pflegegrade der jeweiligen Bewohnerinnen und Bewohner vorzunehmen ist. 3Wird die selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaft nicht durch einen Initiator gegründet oder begleitet, haben die Mieterinnen und Mieter die Absicht der Gründung anzuzeigen. 4Die Anzeige muss eine Konzeption, Musterverträge zur Wohnraumüberlassung und zu den Pflege- und Betreuungsleistungen sowie ein Leistungsangebot enthalten. 5Wird beabsichtigt, eine selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaft oder Betreute Wohngruppe aufzulösen, muss dies der zuständigen Behörde unverzüglich angezeigt werden.
(2) 1Die Qualität der Betreuung und Pflege in den Wohnformen im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Satz 1 bis 4 soll insbesondere unter Berücksichtigung durchgeführter Qualitätssicherungsmaßnahmen von der zuständigen Behörde grundsätzlich einmal im Jahr angemeldet oder unangemeldet, in Wohnformen im Sinn des Art. 2 Abs. 5 Satz 1 bis 3 anlassbezogen überprüft werden. 2Zu diesem Zweck ist die zuständige Behörde oder sind die von ihr beauftragen Personen befugt,
1.
die von der selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaft oder betreuten Wohngruppe genutzten Grundstücke und Gemeinschaftsräume zu betreten; die anderen privaten und einem Hausrecht der Bewohnerinnen und Bewohner oder Mieterinnen und Mieter unterliegenden Räume, nur mit deren Zustimmung,
2.
sich mit den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Mieterinnen und Mieter oder dem Gremium im Sinn des Art. 22 Satz 1 in Verbindung zu setzen,
3.
Bücher oder sonstige Unterlagen einzusehen und hieraus Abschriften, Ablichtungen oder Auszüge anzufertigen.
3Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung können Grundstücke und Räume, die einem Hausrecht der Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mieterinnen und Mieter unterliegen, durch die zuständige Behörde jederzeit betreten werden. 4Der Träger, die Initiatoren, der ambulante Betreuungs- oder Pflegedienst und die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mieterinnen und Mieter haben die Maßnahmen nach den Sätzen 2 und 3 zu dulden. 5Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(3) Zur Durchsetzung der Qualitätsanforderungen der Art. 19 und 20 gelten die Bestimmungen des Art. 13 mit der Maßgabe entsprechend, dass die notwendigen Maßnahmen zur Aufklärung sowie Anordnungen sowohl bei selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften gegenüber den Initiatoren sowie bei Betreuten Wohngruppen gegenüber dem Träger als auch gegenüber den in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft oder Betreuten Wohngruppe tätigen Betreuungs- oder Pflegediensten ergehen können.
(4) 1Ambulanten Betreuungs- oder Pflegediensten, die in der selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaft oder in einer Betreuten Wohngruppe tätig sind, kann diese Tätigkeit untersagt werden, wenn die von ihnen erbrachten Leistungen den Qualitätsanforderungen des Art. 19 oder 20 nicht genügen und Anordnungen nicht ausreichen. 2Dem Initiator einer selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaft oder dem Träger einer Betreuten Wohngruppe kann der Betrieb dieser Wohnform untersagt werden, wenn die Qualitätsanforderungen des Art. 19 oder 20 nicht erfüllt sind und Anordnungen nicht ausreichen. 3Die Bewohnerinnen und Bewohner und Mieterinnen und Mieter sind vor der Untersagung zu hören. 4Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.
(5) 1Die zuständige Behörde hat bei der ersten Regelprüfung einer selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaft das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 4 Satz 1 bis 4 festzustellen. 2Bei Betreuten Wohngruppen hat sie bei der ersten anlassbezogenen Prüfung das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 5 Satz 1 bis 3 festzustellen. 3Abs. 2 gilt entsprechend. 4Liegen die Voraussetzungen nicht vor, hat die zuständige Behörde das Vorliegen der abweichenden Wohn- oder Einrichtungsform festzustellen. 5Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Feststellungen nach diesem Absatz haben keine aufschiebende Wirkung. 6Maßnahmen nach diesem Absatz sind auch zur Feststellung zulässig, ob eine Wohnform eine selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaft oder eine Betreute Wohngruppe im Sinn des Art. 2 Abs. 5 Satz 1 bis 3 ist.
Art. 22
Interne Qualitätssicherung in selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften
1Um die Selbstbestimmung der Mieterinnen und Mieter im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 zu gewährleisten, ist in selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften ein Gremium einzurichten, das diese interne Qualitätssicherungsfunktion ausübt und die Angelegenheiten des täglichen Lebens regelt. 2In diesem Gremium sind alle Mieterinnen und Mieter und für den Fall, dass diese ihre Angelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln können, die Vertretungs- und Betreuungspersonen vertreten und stimmberechtigt. 3Die Vermieterinnen und Vermieter sowie die Pflege- oder Betreuungsdienste haben in diesem Gremium kein Stimmrecht. 4Die stimmberechtigten Personen müssen eine Gremiumssprecherin oder einen Gremiumssprecher aus ihren Reihen bestimmen. 5Die Gremiumssprecherin oder der Gremiumssprecher leitet das Gremium und beruft die Sitzungen ein; die Aufgabe kann nicht auf Dritte übertragen werden.

Vierter Teil Ordnungswidrigkeiten, Zuständigkeit, Verordnungsermächtigung

Art. 23
Ordnungswidrigkeiten
(1) Mit Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
entgegen Art. 4 Abs. 1 Satz 1 oder Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 eine Anzeige nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erstattet,
2.
eine stationäre Einrichtung oder besondere Wohnform der Eingliederungshilfe betreibt, obwohl ihm dies durch vollziehbare Verfügung nach Art. 15 Abs. 1 bis 3 untersagt worden ist,
3.
entgegen Art. 8 Abs. 1 sich Geld oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren lässt.
(2) Mit Geldbuße bis zu zehntausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
der Rechtsverordnung nach Art. 25 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
2.
entgegen Art. 4 Abs. 4 bis 6 eine Anzeige nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erstattet,
3.
entgegen Art. 8 Abs. 4 Satz 1 sich Geld oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren lässt,
4.
entgegen Art. 11 Abs. 1 Satz 5 oder 6 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder Geschäftsunterlagen nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt oder entgegen Art. 11 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 3 Satz 2 eine Maßnahme nicht duldet,
5.
einer vollziehbaren Anordnung nach Art. 13 Abs. 2 oder nach Art. 14 zuwiderhandelt,
6.
entgegen Art. 5 gegen Besucher von Bewohnerinnen und Bewohnern ein Hausverbot ausspricht oder
7.
entgegen Art. 17b Abs. 3 und 4 eine Kurzfassung nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig veröffentlicht oder ein Einsichtsrecht nicht gewährt.
Art. 24
Zuständigkeit
(1) Zuständige Behörde für die Durchführung dieses Gesetzes und der darauf beruhenden Rechtsverordnung ist die Kreisverwaltungsbehörde.
(2) In kreisfreien Gemeinden, in denen die Aufgaben und Befugnisse der Gesundheitsämter von einem Landratsamt gemäß Art. 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesundheitsdienstgesetzes wahrgenommen werden, stehen die Befugnisse nach Art. 11 und 12 auch den Beauftragten des Landratsamts als staatliche Behörde für Gesundheit zu.
(3) 1Die Regierungen sind Aufsichtsbehörden. 2Insoweit sind sie übergeordnete Beschwerdestellen.
Art. 25
Rechtsverordnung
(1) Das Staatsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Durchführung dieses Gesetzes Regelungen zu erlassen
1.
für die Räume in stationären Einrichtungen, besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe, trägergesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften und Betreuten Wohngruppen im Sinn des Art. 2 Abs. 5 Satz 4, insbesondere die Wohn- und Aufenthaltsräume sowie Verkehrsflächen, sanitären Anlagen und die technischen Einrichtungen,
2.
für die Eignung der Leitung der stationären Einrichtung oder besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe, der Pflegedienstleitung, der Fachkräfte, die Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten sowie für den Anteil der Fachkräfte an dem vorhandenen Personal,
3.
über die Wahl der Bewohnervertretung und die Bestellung des Bewohnerfürsprechers sowie über Art, Umfang und Form ihrer Mitwirkung sowie die Beteiligung von Angehörigen, Betreuern und sonstigen Vertrauenspersonen der Bewohnerinnen und Bewohner, von der zuständigen Behörde vorgeschlagenen Personen sowie Mitgliedern der örtlichen Seniorenvertretungen und Mitgliedern von örtlichen Behindertenorganisationen bei der Vertretung der Bewohnerinnen und Bewohner,
4.
über die Aufbewahrungs- und Aufzeichnungspflichten der Träger, die Zusammenarbeit und die Bildung von Arbeitsgemeinschaften mit den für die Ausführung nach diesem Gesetz zuständigen Behörden, Pflege- und Krankenkassen, deren Landesverbänden, dem Medizinischen Dienst, dem zuständigen Träger der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe, dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, dem Prüfdienst des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. sowie zur näheren Bestimmung des Begriffs des sachverständigen Dritten im Sinn von Art. 11 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 und Art. 17 Abs. 3,
5.
um den Aufbau einer Dialog- und Beteiligungskultur unter Einbeziehung insbesondere der Betroffenen und von ehrenamtlich Tätigen zu unterstützen.
(2) 1Das Staatsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Unterricht und Kultus, der Finanzen und für Heimat sowie für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Weiterbildungen für Personen, die Leistungen in den Wohnformen des Art. 2 erbringen, zu regeln. 2Die Rechtsverordnung muss Bestimmungen enthalten über
1.
die staatliche Anerkennung von Weiterbildungsstätten sowie die Anerkennung abgeschlossener Weiterbildungen durch das Staatsministerium,
2.
die Erlaubniserteilung zum Führen einer Weiterbildungsbezeichnung sowie die Ausstellung von Zeugnissen durch die staatlich anerkannte Weiterbildungsstätte,
3.
die Voraussetzungen für die Zulassung zu Weiterbildungen sowie die Weiterbildungsbezeichnung,
4.
Inhalt, Gliederung, Dauer und Ausgestaltung der Weiterbildungsmodule sowie Art und Umfang der theoretischen und berufspraktischen Anteile der Weiterbildung,
5.
die Anrechnung von Unterbrechungen und Vorbildungszeiten,
6.
das Prüfungsverfahren, Art, Zahl und Umfang der Prüfungsleistungen und ihre Bewertung,
7.
Anforderungen an die Weiterbildungsstätte insbesondere hinsichtlich Zahl, Qualifikation der Lehrkräfte und der erforderlichen Räumlichkeiten sowie der Organisation der Weiterbildungsstätte.
(2a) Das Staatsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen zur ordnungsgemäßen Ausübung eines Gremiums der Selbstbestimmung in ambulant betreuten Wohngemeinschaften, insbesondere zu Aufgaben, Rechten und Pflichten sowie Organisation und Entscheidungsfindung, zu schaffen sowie Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung der vom Pflege- und Betreuungsdienst eingesetzten Beschäftigten zu regeln.
(3) Zur Qualitätssicherung der Weiterbildung in der Altenpflege kann das Staatsministerium einen Fachbeirat einsetzen und eine Geschäftsordnung erlassen.
(4) Das Staatsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung hygienerechtliche Bestimmungen für Wohnformen des Art. 2 Abs. 1 und 2 zu schaffen, die einen ausreichenden und der Konzeption angepassten Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor Infektionen sowie die Einhaltung der für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Anforderungen der Hygiene durch die Beschäftigten gewährleisten.
(5) Das Staatsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Modellvorhaben nach § 117 Abs. 2 SGB XI Abweichungen von Art. 11 und 17a zuzulassen.

Fünfter Teil Schlussvorschriften

Art. 26
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. August 2008 in Kraft.